Lydien

Lydien

Lydien, eine Landschaft Kleinasiens, in der früheren Zeit östlich vom Lykos, ja noch früher sogar bis zum Halys u. südlich zum Mäander reichend, später, unter den Römern viel kleiner, lag zwischen Phrygien, Karien u. dem Ägäischen Meere, wo der Küstenstrich Jonien hieß, etwa 300 QM. groß, das jetzige Sarukhan u. einen Theil von Sighla begreifend. Gebirge: Messogis mit Mykale, Paktyes, Thorax u. Koressos, Tmolos mit Sipylos, Mimas u. Gallesios; Vorgebirge: Trogylion, Korykeion, Argennon, Meläna u. Myonnesos; an der Küste macht das Ägäische Meer den Hermeischen od. Smyrnäischen Meerbusen; Flüsse: Hermos, machte die nördliche Grenze, mit dem Hyllos, Lykos, Kogamos u. Paktolos, Meles, Halos, Kaystros mit Phyrites; Landseen: Gygäa (Kaloë), Saloe (Sale), Pegasos, Selenusiä (Selenuntes); Ebenen: die Kilbianische, Kaystrische, Hyrkanische u. die Katakekaumene. Das Land war sehr fruchtbar,[643] u. selbst die Berge waren bebaut; das Klima war gemäßigt u. gesund, aber Erdbeben thaten oft Schaden; die Hauptproducte waren Wein, Safran u. früher Gold. Städte, außer den griechischen in Jonien (s.d.), waren eigentlich lydische bes. Thyatira, Apollonis, Magnesia am Sipylos, Sardes, Hypäpa, Philadelphia (s.d. a.). Die Einwohner (s. unten), waren zur Zeit ihrer Freiheit betriebsam, tapfer u. streitbar; namentlich war ihre Reiterei sehr tüchtig; aber nach ihrer Unterwerfung unter die Perser wurde ihre Kraft systematisch gebrochen, indem schon Kyros ihnen die Waffen nahm u. sie im Tanzen u. Singen unterrichten ließ u. so die Weichlichkeit begründete, welche den Lydiern nachher eigen war; dagegen blieb ihr Handelsgeist u. ihre Betriebsamkeit, welche ihnen Quellen des Wohlstands wurden. Sie waren Erfinder der kostbarsten u. weichlichsten Kleider u. Tapeten, der wohlriechendsten Salben, der leckerhaftesten Gerichte, der Münzen, musikalischen Instrumente, Musikarten, des Bretspiels, der Kunst Wolle zu färben, Erz zu schmelzen. Sie sollen auch zuerst Gasthöfe eingerichtet haben. Die Sittlichkeit der Lydierinnen war sehr verrufen, u. es gereichte keiner zur Schande, sich durch Prostitution eine reiche Mitgift erworben zu haben. Ihre vorzügliche Gottheit war Kybele, auch Artemis u. Bakchos wurde verehrt u. der Phallusdienst war hier herrschend.

Die Lydier, vorher Mäonier genannt, weshalb auch das Land Mäonia hieß, waren wahrscheinlich thrakischer Abkunft u. mit den Karern u. Mysiern verwandt; doch da ihre Einwanderung in die vorgeschichtliche Zeit fällt, so galten sie im Alterthum als Eingeborne. Sie standen unter Königen (Kandaules), anfangs aus dem Hause der Atyaden, als deren ältester bekannter Atys genannt wird. Unter dessen Sohn, Tyrrhenos, sollen Lydier wegen einer Hungersnoth nach Italien ausgewandert sein. Der ältere Sohn des Atys, Lydos, folgte seinem Vater u. gab dem Lande den Namen L. Omphale, die Tochter des letzten Königs Jardanos, gebar dem Herakles den Argon (Alkäos), welcher um 1200 regierte u. die Dynastie der Herakliden stiftete, aus welcher bis 720 22 Könige regierten, welche unter phrygischer Oberherrschaft standen. Unter ihnen wanderten Joner in die Küstenländer. Der vorletzte der Herakliden, Melas, um 730, Nachfolger des Alyattes, wurde von dem Lydier Moxos nach einjähriger Herrschaft abgesetzt; ihm folgte als letzter heraklidischer Kandaules Myrsilos, Sohn des Myrsos, welchen Gyges (s.d.), sein Liebling, mit Hilfe der Königin um 716 (od. 728) v. Chr. entthronte. Mit Gyges begann die Dynastie der Mermnaden. Gegen einen Aufruhr des Volks behauptete er sich durch einen Ausspruch des Delphischen Orakels; er fing Eroberungskriege an u. nahm Kolophon, begann auch einen Krieg mit Smyrna u. Milet, welchen letztern sein Sohn Ardys (678 bis 629 v. Chr.) glücklich fortsetzte. Auf Ardys folgte sein Sohn Sadyattes 129–617 v. Chr.), er kriegte 6 Jahr gegen Milet; sein Sohn Alyattes (617–560) besiegte die Kimmerier u. vertrieb sie aus Kleinasien, beendigte den von seinem Vater begonnenen Krieg gegen die Milesier u. vernichtete das Phrygische Reich. Ihm folgte 560 sein Sohn Krösos (s.d. 1), dieser regierte Anfangs sehr glücklich u. ruhmvoll, nöthigte alle kleinasiatische Griechen (Miletos u. die Insulaner ausgenommen) zu einem jährlichen Tribut u. dehnte seine Herrschaft über ganz Kleinasien, außer Kilicien u. Lykien, aus. Er residirte in Sardes u. war als der reichste Fürst bekannt. Nachdem er ein Orakel in Delphi eingeholt hatte, ging er gegen die Perser über den Halys u. drang in Kappadocien ein. Hier kam es zu der unentschiedenen Schlacht bei Thyatira; Krösos zog sich nach Sardes zurück, Kyros folgte ihm, besiegte ihn bei Sardes u. nahm ihn gefangen, ließ ihm aber königliche Titel u. Würde. Mit Krösos endigte 546 v. Chr. das Lydische Reich, u. L. wurde eine persische Satrapie, welche von den Persern immer als die wichtigste angesehen wurde, u. deren Hauptstadt, Sardes, oft Residenz des Königs war. L. theilte nun Persiens Schicksale bis zu dessen Sturz, bis endlich Philetäros, Schatzmeister des Königs Lysimachos, L. 238 v. Chr. seinem neuen Reiche von Pergamos einverleibte. Menke, Lydiaca; Berl. 1843.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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