Passau [2]

Passau [2]

Passau, ehemals Bisthum, aus einigen Theilen am linken Donauufer, der Stadt P., der Grafschaft Neuenburg, der Herrschaft Riedenburg etc. bestehend; 18 QM., 53,000 Ew. Der Bischof war Suffragan von Salzburg. Wappen: ein springender, rother Wolf in silbernem Felde.- Das Bisthum P. wurde zu Anfang des 7. Jahrh., als das Erzbisthum Lorch verfiel, von Theudo I., Herzog von Baiern, gestiftet u. das Stift Lorch 737 vom Herzog Odilo nach P. verlegt, weshalb auch die Bischöfe den erzbischöflichen Titel annahmen. Der erste Bischof hier war Vivilo u. das Bisthum begriff Anfangs Österreich ob u. unter der Enns. Unter den nachfolgenden Bischöfen zeichneten sich Urolf (805–807) u. Wiching (898) als Verbreiter des Christenthums unter den Slawen aus. Bischof Burkhard rettete in der großen Niederlage der Baiern bei Presburg 907 durch die Ungarn den jungen König Ludwig nach P. Nach der Mitte des 10. Jahrh. war Piligrin (Pilgrim) Bischof, welcher christliche Lehrer nach Ungarn sendete u. so das Christenthum dahin verpflanzte, sich auch um die kirchliche Verfassung u. Bereicherung des Stifts verdient machte. Er kommt auch im Nibelungenliede vor, indem er, ein Verwandter Rüdigers von Bechlaren, die nach Hunnenland ziehenden Nibelungen in P. aufnahm. Sein Nachfolger Christian erhielt 993 die Stadt P. mit der Pfalz u. Münz- u. Zollrecht u. wurde 995 von der herzoglichen Hoheit eximirt u. Reichsfürst; dafür gab er den von den Bischöfen bisher prätendirten Titel als Erzbischof auf, da Salzburg zum Erzbisthum erhoben war. Berengar (seit 1014) u. Engelbert (bis 1064) vergrößerten die Besitzungen des Stifts sehr, auch die Zehenten von den Nordufern der Donau kamen an dasselbe. Engelberts Nachfolger, Altmann, war im Investiturstreit als Anhänger des Papstes ein Gegner des Kaisers Heinrich IV., weshalb er von Gregor VII. zum apostolischen Notar für ganz Deutschland gewählt, aber vom Kaiser in die Achterklärt u. aus P. vertrieben wurde; er st. 1091 in Österreich. Ihm folgte Ulrich I., welcher sein Gut Merdingen in Schwaben dem Stifte schenkte; dann Reginar (st. 1138); Reginbert von Hagenau, dann Konrad, Sohn Leopolds des Heiligen von Österreich. Als Konrad 1164 Erzbischof von Salzburg wurde, setzte Kaiser Friedrich I. drei ghibellinisch gesinnte Bischöfe nach einander ein, welche aber nicht lange regierten; dann Theobald aus dem Hause Andechs, der 1190 auf dem Kreuzzuge starb. Wolfker hatte lange, aber endlich siegreiche Kämpfe mit den Grafen von Bogen u. Ortenburg; er vermehrte auch die Besitzungen des Stifts, nahm an einem Kreuzzuge Theil u. wurde endlich Patriarch von Aquileja. Mangold, Graf von Berg, Theobalds Bruder, kämpfte siegreich gegen die Bogen, focht für Kaiser Friedrich II. gegen Otto IV. bei Constanz u. brachte viele Güter an das Stift. Er vollendete auch die Befestigung von P. Sein Nachfolger Ulrich II., Graf von Berg, st. 1221 vor Damiette. Gebhard, Graf von Playen, ein Anhänger des Kaisers Friedrich II., erhielt die Herrschaft Rotenburg von den Ortenburgern zurück u. st. 1232. Rüdiger von Randeck war ein Anhänger des Kaisers u. Gegner Friedrichs II. des Streitbaren von Österreich, aber bald wechselte er die Rolle zwar zum Nutzen des Stifts, welchem der Herzog alle von Österreich innegehabten Lehen zurückgab, aber er mußte wegen der Angriffe des Papstes auf ihn das Bisthum aufgeben. Ihm folgten Konrad, Sohn Kasimirs II. von Polen, welcher bald Herzog von Masovien wurde; Berthold von Sigmaringen, welcher sich um die Erhaltung von Urkunden, u. Otto (1254-65), welcher sich bes. um die Entwickelung[729] des Municipalwesens u. die Ausbildung des Bürger- u. Bauernstandes verdient machte; Wladislaw, Herzog von Schlesien, wurde nach wenigen Wochen Erzbischof von Salzburg; Peter, vom Papst ernannt, st. 1280; Wichhard von Polheim bis 1283; Gottfried st. 1285. Bernhard von Brambach war thätig für das Wohl des Landes, hob Handel, Schiffbau, Gewerbe (bes. blühten unter ihm die Messerschmiede), hatte auch großen Einfluß im Weltlichen auf den Reichstagen u. st. 1313. Nach Otto von Lonsdorf war die Wahl streitig zwischen Gebhard von Waldsee u. Albrecht I., Sohn des Herzogs Albrecht I. von Österreich; jener starb bald, dieser, welcher ihm nun unangefochten folgte, st. 1322 u. hatte zum Nachfolger Albrecht II. von Sachsen, Sohn des Herzogs Albrecht; dieser stürzte das Stift in große Schulden u. st. 1342; Gottfried von Weisseneck verbesserte die Finanzen des Stifts wieder u. st. 1362; Albrecht III. (1362–1380) wurde von den rebellirenden Passauern aus der Stadt vertrieben, aber von dem bischöflichen Hauptmann Hans von Traun gerächt; mit den Herren von Ehrenfels (welche ihn gefangen nahmen) u. den Grafen von Schaumberg hatte er blutige Fehden, die letztern endigte erst Johann von Scherfenberg. Nach ihm wurden Rupert von Berg u. Georg von Hohenlohe gewählt; für den Erstern war Böhmen, Baiern u. P., für Letztern aber Österreich, u. erst nach drei Jahren behielt Georg die Oberhand. Die Stadt hatte vom Kaiser Wenzel die Reichsfreiheit zugesichert erhalten; da der Bischof Georg dies nicht anerkennen wollte, kam er in große Feindschaft mit den Bürgern u. mußte fliehen; doch wurde nach Wenzels Tode 1419 die Stadt dem Bischof wieder unterworfen. Leonhard verschönerte P., hob Handel u. Schifffahrt u. verbesserte die berüchtigten (Schinderlinge genannten) bischöflichen Münzen. Unter Ulrich III. von Nußdorf (1451–1479) wurde das Bisthum in Wien gegründet, wodurch die Diöcese P. an Umfang verlor. Nach ihm war wieder eine zweispältige Wahl: Friedrich von Mauerkirchen u. Georg Hasler, Letzter von Friedrich V. (III.) eingesetzt; als aber P. von Baiern erobert wurde, setzte Herzog Georg der Reiche den Grafen Friedrich von Öttingen ein, welcher 1490 in Linz starb. Wieguslaus Fröschel von Marzoll war ein gelehrter Prälat; ihm folgte Ernst, Herzog von Baiern, vorher sein Coadjutor; unter diesem begann die Reformation. Da er die Priesterweihe nicht annehmen wollte, so resignirte er nach langem Besitz des Bisthums u. hatte zum Nachfolger Wolfgang I., Grafen zu Salm, einen klugen, friedliebenden Mann, welcher die Finanzen des Stifts verbesserte. Sein Nachfolger, Wolfgang II. von Closen (1555–61), war ihm unähnlich; Urban von Treubach erregte durch seinen Eifer gegen die Protestanten viel Unruhe. Philipp, Graf von Camberg, bemühte sich 1694 vergebens um die Wiedererlangung des erzbischöflichen Titels; Leopold, Erzherzog von Österreich, abdicirte; unter Leopold Wilhelm ward, als Wien 1723 zum Erzbisthum erhoben wurde, die Diöcese P. wieder verkleinert, u. trotz der damaligen Zusage des Kaisers, daß in Zukunft keine Zerstückelung der Passauer Diöcese Statt finden sollte, wurde 1783 unter Kaiser Joseph II, das ganze Land ob der Enns u. das Innviertel von P. getrennt u. an die neu errichteten Bisthümer zu Linz u. St. Pölten gegeben; der neu postulirte Bischof, Graf Auersperg, gab, ungeachtet der Remonstrationen des Capitels, auf die Drohungen von Wien aus seine Einwilligung dazu. 1802 kam P. unter dem Fürstbischof Grafen von Thun durch Reichsdeputationsschluß an Baiern u. wurde 1803 säcularisirt; der jetzige Bischof ist Heinrich von Hofstätter, seit 1839.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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