- Pompēji
Pompēji, 1) Stadt in Südcampanien, im Hintergrunde eines Meerbusens, an der Mündung des Sarnus, 5 Stunden von dem jetzigen Neapel entfernt. P. war Stapelplatz mit einem Hafen, reich u. hatte 40–45,000 Ew. Ihre Erbauung wird dem Hercules zugeschrieben. Bewohner waren nach verschiedenen Zeiten Osker, Tyrrhener u. Römer. Im Bundesgenossenkriege kämpfte es mit Herculanum gegen Rom; Sulla gründete hier eine römische Colonie, welcher 1/3 des Stadtgebiets zugetheilt war. In der reizenden Umgegend waren Landhäuser, unter anderen Ciceros. 63 v. Chr. verheerte ein Erdbeben die Stadt, sie wurde bald darauf wieder neu aufgebaut, aber 20. Nov. 79 n.Chr., während die Einwohner eben in dem Theater waren, durch einen Aschenregen des Vesuv zugleich mit Herculanum (s.d.) gänzlich verschüttet. Zwei Colonien, welche Titus nach P. sendete, siedelten sich wohl in der Umgegend an, ohne jedoch die Stadt wieder aufzubauen. Ein Hügel wölbte sich über der vergessenen Stadt u. wurde zum Weinbau benutzt, bis 1721 unter König Karl III. von Neapel, bei Grabung eines Brunnens, die Entdeckung der sogenannten Villa des Arrius Diomedes gemacht wurde u. man nun bald die ganze Stadt mit ihren zum Theil wohlerhaltenen Straßen, Thoren, Theater, Amphitheater, Marktplätzen, Mauern, Landhäusern etc. auffand. Doch befindet sich das jetzige P., da die Ausbrüche des Vesuv nach u. nach die Küste ganz verändert[343] haben, tiefer im Innern, 1/2 Stunde östlich vom Flecken Torre del Annunciata. Die Aufgrabung begann namentlich seit 1748; viel thaten hierbei die Franzosen (unter Murat) u. die Österreicher während der Occupation. Zwar traf man nicht so große Kunstschätze wie in Herculanum, wohl aber Alles besser erhalten, als dort, da P. nicht durch einen Steinregen verschüttet u. später mit Lavaströmen überzogen, sondern blos mit Asche, Sand u. Bimsstein überdeckt worden war. Jetzt ist bereits der dritte Theil der Stadt ausgegraben u. liegt frei. Die Straßen von P., deren 18–20 fast ausgegraben sind, sind gerade u. mit Lava gepflastert, an den Seiten gehen Trottoirs, unter welchen häufig die Wasserableitungen hinlaufen. Wo Straßen sich kreuzen, findet sich gewöhnlich ein Brunnen, daran Reliefs u. andere Ornamente. Die Häuser sind im Durchschnitt klein u. gewöhnlich von 1 Stockwerk, doch finden sich auch deren von 2–3 Stockwerken. Die Säulen der Gänge sind von Stucco, die Mauern von Lava u. Tuff, mit Stucco überzogen, geglättet u. bemalt. Die meisten Malereien sind Arabesken; historische Gemälde nehmen nur einen geringen Raum ein; die Fußböden sind mosaikirt. Die doppelten Stadtmauern sind 20–25 Fuß hoch, mit einem Zwischenraum von 20 Fuß; in unregelmäßigen Zwischenräumen findet man dreistockige Thürme. Die Steine sind ohne Mörtel zusammengefügt. Durch die Mauer führen 8 Thore, von denen das Herculanum-, das Sarnus- od. See-, das Isis- (vom Isistempel) u. das Nolathor aufgedeckt sind. Das wohlerhaltene Herculanumthor hat drei Abtheilungen, durch deren mittlere die Gräberstraße führt. Öffentliche Plätze: Forum civile, ein Parallelogramm mit Säulenhallen von Travertin u. von öffentlichen Gebäuden umgeben, so dem Jupiter-, Quirinus-, Venustempel, dem Hause der Decurionen, dem Chalcidicum mit der Cryptoporticus; Forum triangulare, von einer Säulenporticus umgeben, dabei der Herculestempel; Forum nundinarium, der Gemüsemarkt, länglich viereckig, mit Porticus umgeben; dahinter Laden, Magazine; daran der Isis-, Jupiter- u. Junotempel, ferner das Odeum, halbrund, mit einem Dach bedeckt, welches von Säulen getragen wurde; das Theater aus Tuff u. Parischem Marmor gebaut, fast in allen seinen Theilen noch erhalten; Forum boarium, nahe am Sarnusthore, dabei das Amphitheater mit Raum für mehr als 20,000 Zuschauer (hier wurde ein Menschenskelet ausgegraben); außerdem sind ausgegraben eine Basilica, die Curie, die öffentlichen Bäder, Grabmäler, zahlreiche Häuser, welche, wie die Straßen, verschiedene alte u. neuere Namen erhalten haben, so das Haus des C. Sallustius, des Ädilen Pansa, des dramatischen Dichters (von den Darstellungen an den Wänden); nach den dabei gefundenen Statuen das Haus des Faun, des Mars, der Dioscuren, der Bacchanten, der Venus etc.; nach Fürsten, in deren Gegenwart sie ausgegraben wurden, das Haus des Kaisers Joseph, des Kaisers Franz, des Königs von Preußen, des Großherzogs von Toscana. In der Mitte des Forum ist ein Brunnen. Die ganze breite Straße, welche vom Forum nach den Theatern führt, ist mit Läden besetzt, an welchen, wie an den übrigen Wohnungen, Namen u. Stand der Inwohner zu lesen, sowie am Chalcidicum öffentliche Anzeigen noch sichtbar sind. Die Wichtigkeit der Ausgrabung von P. besteht darin, daß man hier nicht allein eine ganze antike Stadt wiedersieht, sondern auch Privatwohnungen mit ihrer ganzen inneren Einrichtung. Die transportabeln Gegenstände wurden in einem eigenen Museum aufbewahrt, seit 1758 in Portici, seit Anfang des 19. Jahrh. in dem Museo Borbonico in Neapel (s. d). Vgl. Millin, Description des tombeaux, qui ont été découvertes à P., Neap. 1813; Mazzois, Les ruines de P., Par. 1818, Fol.; Gell u. Gandy, Pompejana. Lond. 1817– 30, neue Folge 1832, 12 Lieferungen; Cooke, Delineations, Lond. 1827, 2 Bde. mit 90 Kupfern u. dem Texte von Donaldson; Zahn, Die schönsten Ornamente u. merkwürdigsten Gebäude aus P., Herculanum u. Stabiä, Berlin 1828 f., 2. Folge 1842 f.; Derselbe, Neu entdeckte Wandgemälde in P., Stuttg. 1828; Ternite, Wandgemälde aus P. u. Herculanum, mit Text von K. O. Müller, fortges. von Welcker, Berl. 1841 ff.; H. Roux, Herculanum u. P., mit Text von L. Barré, deutsch von A. Kaiser, Hamb. 1841, 6 Bde.; Raoul-Rochette, Choix de peintures de P., Par. 1844; J. Overbeck, P. in seinen Gebäuden, Alterthümern u. Kunstwerken, Lpz. 1856; D'Aloë, Die Ruinen von P., deutsch von Lossow, Berl. 1857. 2) (P. praesidium), befestigter Ort in Mösien, zwischen. Horrea Margi u. Naisus.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.