- Presburg
Presburg (Posony), 1) Verwaltungsgebiet in Ungarn; 630,42 QM., 1,651,000 Ew.; 2) Comitat darin, an das österreichische Land unter der Enns grenzend; 58,87 QM., an den Karpaten u. den Flüssen Donau, March (die Grenze gegen Österreich) u. Waag u. mehren Kanälen; 183,242 Ew. (Magyaren, Slawaken, Deutsche), der Mehrzahl nach Katholiken; 3) Hauptstadt hier, königliche Freistadt an der Donau u. an der Eisenbahn von Wien nach Pesth, Congregationsort des Comitats, Sitz des Erzbischofs von Gran; hat eine Schiffbrücke u. ist von Gräben mit Schlägen (Linien) umgeben. P. besteht aus der inneren u. äußeren Stadt u. den Vorstädten, hat 7 größere Plätze: Rathhausplatz mit Hauptwache, Kalk-, Getreide-, Geflügelmarkt mit Florianssäule, Fischermarkt mit Dreifaltigkeitssäule, Barmherzigenplatz, Theaterplatz mit Promenade); 11 katholische Kirchen (unter ihnen die Domkirche, 1090 von St. Ladislaw erbaut, wo die Könige von Ungarn gekrönt wurden, mit Marmorkapelle des St. Johann Eleemosinarius u. bleierne Statue des St. Martin 100 Centner schwer, Palffysche Grabmonumente; die Franciscanerkirche, 1272 von König Ladislaw IV. erbaut), 7 Kapellen, 4 Mönchs-, 3 Nonnenklöster, 2 evangelische Kirchen, Synagoge. An der Donau befindet sich eine mit steinernem Geländer umgebene Rampe, wo die Könige von Ungarn nach vollzogener Krönung in ungarischer Tracht hinaussprengten u. das Schwert nach allen vier Himmelsgegenden schwangen, zum Zeichen, daß sie das Reich gegen die ganze Welt schützen wollten. Merkwürdige Gebäude sind das Schloß auf einem Berge oberhalb der Stadt, sonst Kaserne, 1811 aber abgebrannt, die Mauern sind stehen geblieben; Landhaus (Kammer), worin der ungarische Reichstag gehalten wird, erzbischöflicher Palast, Comitatshaus, Rathhaus, Theater mit Redoutensaal, Kaserne, großes Kornmagazin, Paläste des Fürsten Grassaikowits, Batthiany, der Grafen Esterhazy, Zichy. In P. sind auch die königliche Oberstudiencommission, königliche Akademie mit juristischer Facultät u. Bibliothek, katholisches Erzgymnasium, öffentliche Oberrealschule mit 6 Klassen, evangelisches Lyceum mit Gymnasium u. Bibliothek, philosophische u. theologische Studien, katholisches geistliches Seminar, katholische Hauptschule, Musterschule, 5 katholische, 2 evangelische Trivialschulen, 2 evangelische Bürgerschulen, Bildungsinstitut für Erzieherinnen, 2 Mädchenconvicte, 3 katholische u. 2 evangelische Mädchenschulen, jüdische Haupt- u. Trivialschule, Musikschule, Technische Zeichnenschule, Schwimmschule, allgemeines Krankenhaus, Irrenhaus, Bürgerspital, Taubstummeninstitut, Spital der Barmherzigen Brüder, das der Elisabethinerinnen, Krankenhaus für evangelische Handwerksburschen u. Dienstboten, königliches Armeninstitut, Stiftung für evangelische Hausarme, Künstlerwittwenverein, Versatzamt, Arbeitshaus; Fabriken in Tuch, Tabak, Öl, Rosoglio, Bleistiften, Spiegeln; Speditionshandel, Handel mit Wein u. Getreide. Es erscheinen hier 2 Zeitungen, bestehen 4 Buch- u. 2 Kunsthandlungen, 3 Buchdruckereien. P. hat Kirchenmusik-, ungarischen Forst-, Naturforscher- u. Casinoverein, bürgerliche Schießstätte, Liedertafel; eine Gymnastische Lehr-, eine Fecht-, Turn- u. Reitanstalt; Spaziergänge vor dem Theater in einer 170 Schritt langen Linden- u. Akazienallee. Auch die Gärten des Erzbischofs, Fürsten Palffy, Grafen Viczay, die Donauinsel Müchlan, nach Vorbild des Praters in Wien, am jenseitigen Donauufer etc., sind besucht; 43,000 Ew. – P. kommt seit der Zeit der sächsischen Kaiser als Breciburg od. Preciburg vor; hier 907 Niederlage der Baiern durch die Ungarn. 7. Nov. 1491 Friede zwischen König Wladislaw u. Maximilian I., s. Ungarn (Gesch.). Nachdem die Türken 1547 Ofen eingenommen hatten, wurde P. die Hauptstadt von Ungarn, nachdem schon 1537 die königliche Kammer von Ofen hierher verlegt worden war, u. seit 1563 wurden hier die Könige von Ungarn gekrönt. 1515 großer Brand. 1604 wurde der erzbischöfliche Sitz von Gran hierher verlegt. Im Oct. 1619 wurde P. von Bethlen Gabor genommen, aber 1621 von den Kaiserlichen wieder erobert. 1645 wurde das Schloß neu erbaut. 1648 wurde P. vom Erzherzog Leopold Wilhelm befestigt; 1785 wurde die Akademie von Ofen hierher verlegt; 26. Dec. 1805 wurde hier der Presburger Friede zwischen Österreich u. Frankreich geschlossen, welcher den Österreichischen Krieg von 1805 (s.d.) endigte; 3. u. 12. Juni 1809 Gefecht um den dortigen Brückenkopf, u. da die Österreicher denselben nicht übergeben wollten, so wurde P. vom 26._– 29. Juni von den Franzosen unter Davoust beschossen. 1811 brannte das Schloß ab. Im April 1848 Unruhen u. Judenverfolgungen; im December d. J. wurde die Stadt von den Österreichern unter Windischgrätz u. im Juni 1849 von den Russen unter Paniutin besetzt.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.