- Rotterdam
Rotterdam, 1) Bezirk der niederländischen Provinz Südholland; 2) Hauptstadt darin, an der Merve (Maas) u. dem sich in dieselbe ergießenden Flüßchen Rotte, 21/2 Meilen von der Mervemündung in die See. Die Rotte wird kurz vor ihrer Mündung breit u. tief u. bildet einen sehr guten Flußhafen, welcher sich tief in die Stadt erstreckt, große Seeschiffe aufnehmen kann u. mittelst Kanälen, über welche bewegliche Brücken führen, außer dem Hauptbassin, mehre Nebenhäfen, so den Wein-, Schiffbauer-, Leuwen-, neuen Hafen, den Häringsvliet etc. bildet. Das Versanden der Merve ist der Schifffahrt etwas hinderlich. R. ist Sitz von vier Friedensgerichten, einer Admiralität, eines Handelsgerichts etc. R. ist in Form eines Dreiecks gebaut u. hat sechs Thore nach der Landseite. Die hohe Straße scheidet die äußere Stadt (Buitenstadt) von der inneren Stadt (Binnenstadt), längs der Merve (Maas) zieht sich der Quai mit Alleen (de Boompjes) hin, er ist der vornehmste Theil der Stadt u. hat schöne Aussicht nach der Merve. Von den 15 Kirchen ist die bedeutendste die Laurenzkirche (Große Kirche), mit den Grabmälern der Admirale de Witt, van Brakel, Coortenaar u.m.a., Judensynagoge. Von anderen Gebäuden sind das Rathhaus, der Justizpalast, das Admiralitätsgebäude (Zeekantor) mit Magazinen u. Werften, der Palast der Ostindischen Compagnie, das mit Säulen geschmückte Gebäude des Deich- u. Wasserbauwesens, das Landhaus (Schielandscher Palast), die Bank, die Börse mit Bibliothek u. Sammlung physikalischer Instrumente, der Yacht-Club, das Theater, das Waisen-, Männerhaus (männliches Hospital), mehre Armenhäuser etc. merkwürdig. Auf der großen Maasbrücke steht die 6 Fuß, mit dem Fußgestell 16 Fuß hohe bronzene Bildsäule des Erasmus von Rotterdam, welcher hier geboren wurde u. dessen Geburtshaus man noch zeigt; im Park seit 1860 das Standbild des niederländischen Dichters Tollens. Von gelehrten Anstalten befinden sich in R. eine Akademie der Wissenschaften, eine gelehrte Gesellschaft: Verschiedenheit u. Übereinstimmung, eine Gesellschaft der Philosophie, der Naturkunde, eine Zweiggesellschaft der Amsterdamer Gesellschaft der freien Künste, eine Jennersche Gesellschaft zur Beförderung der Einimpfung der Blattern, eine Missionsgesellschaft, ein Anatomisches Theater, ein höheres Gymnasium, eine hohe Schule für Bau- u. Zeichnenkunst, eine Seecadettenschule etc. Im Schielandschen Palaste befindet sich die städtische Gemäldesammlung (Museum Boymans). Der Handel R-s ist höchst bedeutend u. übertrifft jetzt in mehren Zweigen den von Amsterdam, am bedeutendsten ist der Handel mit England u. Deutschland. R. vertreibt bes. Colonialwaaren, Getreide, Flachs, Krapp, Wein, Tabak. Jährlich laufen etwa 1800 Schiffe ein u. aus. Hier hat auch die Nationalgesellschaft der niederländischen Dampfschifffahrt ihren Sitz u. entsendet täglich Schiffe nach England, nach anderen Punkten der Niederlande (Middelburg, Antwerpen), Frankreich, Hamburg u. die Maas u. den Rhein aufwärts. Ein Kanal, 1827 = 1830 erbaut, führt nach Helvoetsluys. R. hat bedeutende Fabriken in Näh- u. Stecknadeln, Korkpfropfen, Papier, Farben, Firniß, Tuch, Bleiweiß u. Bleizucker, Scheidewasser, Vitriolöl, Seife, Salz etc., auch große Schiffswerfte, Branntweinbrennereien (Genever) u. ist durch Eisenbahnen mit Amsterdam, dem Haag, Utrecht etc. verbunden. Der gesellige Ton ist in R. freier, als in den übrigen holländischen Städten, viele Kaffeehäuser bestehen, desgl. mehre Clubs u. gesellige Vereine, welche auch den Fremden zugänglich[402] sind; belebt sind die Promenaden an der Maas (bes. die Plantage u. das neue Werk); auch andere Lustorte gibt es, z.B.: Pontegat, Pax intrantibus, Croowyk, die Ysselmondische Veer etc., Einw: 106,000, wovon 1/3 Katholiken u. 9000 Juden, – R. wurde im 11. u. 12. Jahrh. erbaut u. wahrscheinlich nach dem kleinen Flusse Rotte benannt. Es erhielt 1272 Mauern u. Stadtrechte u. wuchs bald zu Ansehen u. Macht. Franz von Brederode nahm R. 1480 ein u. vertheidigte es gegen Erzherzog Maximilian. 1563 brannte es größtentheils ab; 1570 wurde es von den Spaniern eingenommen; doch schon 1372 wieder frei geworden nahm es seitdem die Reformation an. 1589 erhielt es, als die erste der sogenannten kleinen Städte, von Wilhelm I. von Oranien Sitz u. Stimme, bei den Staaten von Holland. Im 16. Jahrh. wurde es wieder dreimal vergrößert, bes. flüchteten sich in jener Zeit viele Bewohner des platten Landes aus Flandern u. Brabant vor den Spaniern nach R., welches damals Wall u. Graben erhielt. Seitdem nahm der Wohlstand R-s immer zu, selbst in den nahrungslosen Zeiten 1795–1813 verlor es verhältnißmäßig wenig, u. seitdem ist die Merve (Maas) mit Schiffen bedeckt; 3) Insel, nordwestlich von Ceylon; 4) holländisches Fort auf der Westküste von Celebes.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.