- Ungern-Sternberg
Ungern-Sternberg, ein von den Grafen Sternberg (s.d.) abstammendes Geschlecht, aus welchem Hans von S. 1211 dem Orden der Schwertbrüder in Livland aus Böhmen ungarische Hülfsvölker zuführte, das Land mit erobern half u. von seiner Heerführerschaft den Namen Ungar bekam; er machte sich später mit größeren Besitzungen in Livland ansässig u. ist der Stammvater der Nordischen Linie des Geschlechts Sternberg geworden. Dieselbe erhielt 1531 den Reichs- u. 1653 den schwedischen Freiherrnstand u. nahm ihren jetzigen Namen an. Die Familie blühte im 15. Jahrh. in den drei Linien Pürkel, Linden-Errastfer u. Kidipaeh-Lechtigall u. breitete sich in Esthland, Schweden, Ostfriesland u. Baden aus. I. Zur Nordischen Linie gehören: 1) Freiherr Matth. Alexander, geb. zu Ende des 17. Jahrh. in Schweden; wurde 1742 Oberstlieutenant der königlich schwedischen Leibgarde, 1746 Reichstagsmarschall, 1753 Feldmarschall u. erhielt 1757 den Oberbefehl über die Schweden in Pommern, mußte jedoch den Preußen weichen u. wurde 1758 von dem Graf Rosen im Commando abgelöst, worauf er sich auf seine Güter zurückzog; 1760 ging er wieder nach Stockholm, wurde Präsident der Societät der Wissenschaften u. starb daselbst 1763. 2) Freiherr Alexander, geb. 22. (10.) April 1806 auf seinem Landsitze Noistfer bei Reval in Esthland; studirte die Rechte in Dorpat, widmete sich aber den Schönen Wissenschaften; er kam 1829 nach Petersburg u. ging 1830 nach Deutschland, wo er erst in Dresden u. dann in Manheim lebte u. darauf die Schweiz u. Oberitalien bereiste, lebte dann längere Zeit in Weimar u. seit 1843 in Berlin; er schr.: Die Zerrissenen (Novelle) Stuttg. 1832; Novellen, ebd. 1832–34, 5 Thle.; Lessing u. Molière (Charakterbilder), ebd. 1834; Galathee, ebd. 1836; Schiffersagen, ebd. 1837, 2 Bde.; Fortunat (ein Feenmärchen), Lpz. 1838, 2 Thle.; Palmyra od. Tagebuch eines Papageis, Stuttg. 1838, 2 Bde.; Psyche, Frankf. 1838, 2 Bde.; Kallenfels, Berl. 1839, 2 Bde.; Saint Sylvan, Frankf. 1839, 2 Bde.; Georgette, Stuttg. 1840; Alfred (Satire auf das moderne Literatenthum). Dessau 1841; Der Missionär, Lpz. 1842, 2 Bde.; Diane (ein Criminalgemälde der modernen Gesellschaft), Berl. 1842, 3 Thle.; Gesammelte Erzählungen u. Novellen, Dessau 1844–45, 4 Bde.; Jena u. Leipzig (Novelle), Berl. 1844, 2 Thle.; Paul (Tendenzroman für Regeneration des Adels), Lpz. 1845, 3 Bde.; Das Buch der drei Schwestern, Lpz. 1847, 2 Bde.; Die gelbe Gräfin, 1847, 2 Bde.; Berühmte deutsche Frauen, 1848; Tutu (Poetische Excursionen), 1848; Die Royalisten (Roman), Brem. 1848, u. als Fortsetzung dazu: Die beiden Schützen, 1849, u. die Kaiserwahl, 1850; Wilhelm (Roman), Berl. 1849, 2 Bde.; Neupreußische Zeitbilder (Roman), ebd. 1849, 2 Bde.; Braune Märchen, Brem. 1850; Der deutsche Gilblas (komischer Roman), ebd. 1850 f., 2 Bde.; Ein Fasching in Wien, Wien 1851; Ein Carneval in Berlin, Lpz. 1852; Macargan (Roman), ebd. 1853; Die Ritter von Marienburg, ebd. 1853, 3 Bde.; Selene, Berl. 1853; Das stille Haus (Geisterroman), ebd. 1854; Die Nachtlampe (Sagen u. Märchen), ebd. 1854 f., 4 Bde.; Erinnerungsblätter, ebd. (die späteren Leipzig) 1855 ff., 6 Bde.; Die Dresdner Gallerie (Geschichten u. Bilder), Lpz. 1857 f., 2 Bde.; Dorothea von Kurland (biographischer Roman), ebd. 1859, 3 Bde.; Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans (biographischer Roman), ebd. 1861, 3 Bde.; Künstlerbilder, ebd. 1861, 3 Bde.; Peter Paul Rubens (biographischer Roman),[222] ebd. 1862; Kleine Romane u. Erzählungen, ebd. 1862, 3 Bde. II. Die Badische Linie, gehörend zu der Kidipaeh-Lechtigaller (s. oben), erhielt 1819 das Indigenat in Baden; Chef derselben ist: 3) Freih. August, Sohn des 1848 verstorbenen Freiherrn Wilhelm, geb. 1817, ist badenscher Legationsrath u. Vorstand des großherzoglich Geheimen Cabinets.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.