Heß [1]

Heß [1]

Heß, eine der Katholischen Confession folgende, in Österreich angesessene Familie, welche 1584 vom Kaiser Rudolf II. den Reichsadel erhielt u. 1791[306] in den erbländisch österreichischen Freiherrenstand erhoben wurde. Die Erste Linie in Böhmen, welche 1770 die Aufnahme in das Consortium der böhmischen Stände erlangt hatte, erlosch im Mannsstamme mit 1) Freiherr Hermann, geb. 1775; er war Oberstlandesforstmeister des Königreichs Böhmen, Geh. Rath u. Präsident des bestandenen k. k. Appellations- u. Criminalobergerichts in Wien u. st 1855. Es blüht nur noch die Zweite Linie, welche 1849 in den erbländisch österreichischen Freiherrenstand erhoben wurde, u. deren jetziger Chef ist: 2) Freiherr Heinrich, Vetter des Vor. u. Sohn des verstorbenen Regierungsraths Reichsritters Franz Joseph, geb. 1788 zu Wien, trat 1805 als Fähnrich in das Infanterieregiment Gyulay, wurde 1806 bei der Aufnahme von Wien, 1807 u. 1808 bei den trigonometrischen Vermessungen Ungarns verwendet u. 1809 in den Generalstab versetzt. 1813 zum Hauptmann ernannt, machte er die Feldzüge von 1813 u. 1814 mit, u. that sich, zur leichten Division des Feldmarschalllieutenants Bubna gehörend, bei Genf u. Lyon hervor. 1815 befand er sich im großen Hauptquartier, wurde 1822 Oberstlieutenant, bekleidete 1821–23 die Stelle eines österreichischen Truppencommissärs bei dem Occupationscorps in Turin u. wurde 1829 zum Oberst u. 1830 zum Chef der Generalstabsabtheilung des mobilen Corps in Oberitalien ernannt; 1834 zum Generalmajor befördert, erhielt er 1839 die Leitung der Geschäfte des Generalquartiermeisterstabes u. 1842 zum Feldmarschalllieutenant avancirt, wurde er 1844 mit einem Glückwunschschreiben an Sultan Abdul Medschid gesendet. Im Mai 1848 zum Generalquartiermeister der Armee von Italien ernannt, wurde er für Radetzky bei dessen Feldzügen von 1848 u. 49 das, was Gneisenau einst für Blücher gewesen war, u. hatte an Radetzky's Siegen wesentlichen Antheil. Er wurde 1849 zum wirklichen Geh. Rath, Feldzeugmeister u. Chef des Generalstabes der gesammten Armee ernannt. Am 20. April 1854 schloß er als außerordentlicher österreichischer Bevollmächtigter in Berlin die Convention mit Preußen ab (s. Österreich) u. ward, als die orientalischen Verwickelungen einen für den Kaiserstaat bedrohlichen Charakter annahmen, im Juni 1854 an die Spitze des großen österreichischen Heeres gestellt, welches aus der 3. u. 4. österreichischen Armee u. dem Banater Armeecorps zusammengesetzt war u. an den Ostgrenzen des Reichs Stellung nahm, u. trat 1855, als die Ausficht auf Frieden die Demobilisirung der Armee herbeiführte, wieder in seine frühere Stellung als Armeestabschef ein. Während der Dauer seines Commandos in Galizien u. Siebenbürgen rief er durch Benutzung militärischer Arbeitskräfte jene Eisenbahnen ins Leben, die nach dem Osten führend von gleich großer strategischer wie mercantilischer Bedeutung sind. Im Italienischen Feldzug von 1859 bekleidete H., als sich der Kaiser Franz Joseph nach der Schlacht von Magenta (4. Juni) selbst an die Spitze der Armee gestellt hatte, kurze Zeit die Stellung des Generalstabschefs, übernahm aber nach der Schlacht bei Solferino (24. Juni) factisch den Oberbefehl über das gesammte österreichische Heer in Italien. Er ist seit 1841 in zweiter Ehe mit Anna geb. Freiin v. Diller vermählt u. adoptirte in Ermangelung eigner Leibeserben den Freiherrn Friedrich v. Diller (geb. 1847), Sohn seines Schwagers; eine Bestätigung dieser Adoption erfolgte vom Kaiser Franz Joseph 1854.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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