Staatsdiener

Staatsdiener

Staatsdiener, 1) im weiteren Sinne alle diejenigen Personen, welche vermöge einer besonderen vom Inhaber der Staatsgewalt unmittelbar od. mittelbar ausgehenden Verpflichtung dem Staate od. für die Zwecke desselben Dienste leisten. In diesem Sinne sind zu den S-n auch alle Personen zu rechnen, welche nur vorübergehend dem Staate dienen, dagegen alle diejenigen auszuschließen, welche durch ihren Dienst, wenn er auch dem Staate gilt, doch nur eine allgemeine Bürgerpflicht erfüllen, wie z.B. beim gemeinen Kriegsdienst; ebenso aber auch alle, welche blos Privatinteressen von Individuen, Anstalten u. Corporationen im Staate dienen, sollten dieselben auch nach den bestehenden Gesetzen einer Autorisation od. Bestätigung des Landesherrn bedürfen, wie z.B. bloße Hofdiener, Gemeindebeamte, Advocaten, Ärzte u. die Diener der Kirche; endlich auch alle, welche den Auftrag zur Mitwirkung für öffentliche Zwecke nicht vom Inhaber der Staatsgewalt haben, sondern diese Mitwirkung entweder kraft eigenen Rechtes od. als Repräsentanten des Volks im Gegensatz zur Regierung ausüben, daher Mitglieder der Kammern, Beamte der ständischen Körperschaften, Kreisdeputirte u. Geschworene etc. Indessen hat man nach manchen Gesetzen wenigstens in einzelnen Beziehungen Gemeindebeamte, Advocaten u. Ärzte unter den Begriff der S. mitgestellt u. dieselben dann nur als mittelbare S. von den eigentlichen unmittelbaren S-n geschieden. 2) Im engeren Sinne sind die S. od. Staatsbeamten nur diejenigen Personen, denen vom Inhaber der Staatsgewalt ein Staatsamt, d.h. ein aus der Staatsgewalt fließendes Regierungsrecht, innerhalb gewisser Grenzen zu stetiger, berufsmäßiger Verwaltung übertragen ist. In diesem Sinne hat sich der Staatsdienst als ein besonderes Verhältniß erst seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. entwickelt. Im ganzen Alterthum läßt sich ein Analogon des heutigen Staatsdienstes nicht finden. In den Republiken waren die Magistrate keine Diener der Staatsgewalt, sondern verrichteten die Geschäfte als zeitige Inhaber der Staatsgewalt selbst; wo dagegen. die Staatsverfassung eine monarchische war, erscheinen die Personen, welche der Staatsherrscher zur Besorgung der Staatsgeschäfte sich auswählte, immer nur als persönliche Diener des Regenten, ihr Verhältniß zu letzterem war auf die Willkür des Herrn gestellt u. daher keine festen Rechtsnormen über den Umsang der Dienstpflicht, über eigene Rechte des Dieners etc. ausgebildet. Die gleiche Erscheinung bietet auch das Mittelalter bar. Wie die ganze Staatsidee auf den Grundlagen einer Patrimonialherrschaft erwachsen war, so folgten diesem Charakter auch die Verhältnisse des öffentlichen Dienstes. Die Beamten erscheinen auch hier nur als Bedienstete der Fürsten u. Landesherrn, mit der vorwiegenden Bestimmung die fürstlichen Gerechtsame zu verwalten. Daher hießen sie auch gewöhnlich landesherrliche Dienerschaft, u. der Fürst konnte sie ebenso willkürlich entlassen, wie er sie gewählt hatte. Erst mit der mehr u. mehr in das Bewußtsein tretenden Idee des Staats als eines Fürst u. Volk verbindenden Gemeinwesens u. mit dem zugleich sich regenden Streben nach möglichster Fixirung der öffentlichen Verhältnisse gelangte man auch über den Staatsdienst zu festeren Grundsätzen. Die Überzeugung,[628] daß der berufstreue u. tadellose Beamte um so mehr auch einen Anspruch auf eine gesicherte Lebensstellung habe, je größeren Aufwand die Vorbereitung für den Staatsdienst erfordert, daß darin selbst eine Sicherung des gesammten öffentlichen Rechtszustandes, eine Garantie ebenso gegen fürstliche u. ministerielle Willkür, wie gegen die Bestechlichkeit der Beamten zu finden sei, beförderte dies Streben sehr. So entwickelte sich der Staatsdienst in dem modernen Staatsleben zu einem eigenthümlichen politischen Institut, dessen Bedeutung für das gesammte politische Leben um so höher steht, je zahlreicher mit den erweiterten Staatszwecken auch die Anzahl der S. geworden ist. Als sogenannte Bureaukratie bildet die Klasse der S. meist einen eigenen, wegen der ihm innewohnenden Intelligenz u. übertragenen Machtbefugnisse oft einflußreichen Stand. Die rechtliche Seite des Staatsdienerverhältnisses ist fast überall durch neuere Gesetze geordnet, welche die Namen Staatsdienerpragmatiken, Staatsdieneredicte, Staatsdienstgesetze führen u. denen zuweilen ausdrücklich der Charakter als Staatsgrundgesetze (s.d.) beigelegt worden ist. Derartige Gesetze sind für Baiern das Edict vom 26. Mai 1818 (Beilage IX. der Verfassungsurkunde), für Württemberg die Dienstpragmatik vom 26. Juni 1821, im Königreich Sachsen das Staatsdienstgesetz vom 7. März 1835, in Hannover das Staatsdienstgesetz vom 8. Mai 1852, in Kurhessen das Gesetz vom 8. März 1831, im Großherzogthum Hessen die Dienstpragmatik vom 12. April 1820, in Baden vom 30. Jan. 1819, in Braunschweig Gesetz vom 12. Oct. 1832, in Sachsen-Weimar Gesetz vom 8. März 1850, in Koburg-Gotha Gesetz vom 3. Mai 1852, in Altenburg Edict vom 18. April 1831 u. Gesetz vom 8. Dec. 1861, in Schwarzburg-Rudolstadt vom 1. Mai 1850, in Lippe-Detmold Gesetz vom März 1850, in Waldeck Gesetz vom 27. April 1850. Meist haben sich indessen diese Gesetze nur auf den Civilstaatsdienst erstreckt; die Militärdienstpragmatik dagegen beruht häufig nur noch auf Verordnungen des Landesherrn als Kriegsherr. Doch sind darüber neuerdings mehrfach auch besondere Gesetze ergangen (z.B. für Baden Militärdienstpragmatik vom 31. Dec. 1831), welche im Ganzen den nämlichen Grundsätzen folgen.

A) Rücksichtlich der Eintheilungen der S. werden außer der Eintheilung in unmittelbare u. mittelbare (s. oben) unterschieden: a) ordentliche u. außerordentliche S-n; je nachdem, das Amt, zu welchem der Diener berufen ist, ein dauerndes, in dem regelmäßigen Organismus der Staatsverwaltung begründetes Amt betrifft, od. der Wirkungskreis des Beamten sich nur auf ein vorübergehendes, durch außerordentliche Bedürfnisse hervorgerufenes Geschäft bezieht; b) je nach den verschiedenen Branchen des Staatsdienstes Civil- u. Militärdiener, u. bei dem Civilstaatsdienst Justiz- u. Verwaltungsbeamte, letztere wieder mit der Eintheilung in Regierungs-, Finanz- (Steuer- u. Cameral-) u. Polizeibeamte; c) höhere u. niedere S. nach der Stufenfolge des Dienstes. Die Grenze zwischen beiden wird dabei sehr verschieden bestimmt. Im Allgemeinen können zu den höheren S-n alle diejenigen gerechnet werden, denen eine selbständige, zugleich eine wissenschaftliche Vorbildung erfordernde Administration übertragen ist. Subalternbeamte heißen die S., welche ihre Amtsthätigkeit nur nach specieller Anweisung eines vorgesetzten Beamten auszuüben haben, wie Registratoren, Kanzlisten, Actuare, Boten u. dgl. d) Andere, früher vorgekommene Eintheilungen, wie die in käufliche u. nichtkäufliche, persönliche u. Erbämter sind jetzt für den eigentlichen Staatsdienst veraltet, da die Nichtkäuflichkeit u. Persönlichkeit des Staatsdienstes jetzt durchaus die Regel bildet u. selbst Anwartschaften nicht mehr ertheilt zu werden pflegen. Nur im Hofdienst kommen zuweilen noch Erbämter als Ehrenstellen vor. H) Über das rechtliche Princip, welches dem Staatsdienstverhältniß zu Grunde zu legen ist, sind auch noch gegenwärtig die Ansichten getheilt. Nach der früheren Auffassung wurde dabei gewöhnlich entweder der Gesichtspunkt eines privatrechtlichen Mandats od. eines Precarium (nach Böhmer) od. wohl gar nur einer Dienstmiethe (Locatio conductio operarum, z.B. nach Struben) zu Grunde gelegt; noch Andere nahmen ihre Zuflucht zu einem sogenannten Innominatcontract nach der Formel Do ut facias. Später wurde die Theorie eines besonderen, deutschrechtlichen Dienstvertrages aufgestellt, bei welchem dann noch zwischen einem Hauptvertrage (Ertheilung u. Annahme des Amtes) u. einem Nebenvertrag (über die Besoldung) unterschieden wurde (von Seuffert, von der Benke). Erst seit Gönner wurde die staatsrechtliche Seite des Verhältnisses mehr hervorgehoben, wonach die Übertragung der Dienstfunctionen an den Beamten an sich eine sogenannte Lex specialis bildet, welche eben deshalb nur als ein einseitiger Willensact der übergeordneten Staatsgewalt aufgefaßt werden kann u. dem Beamten in Bezug auf das ihm übertragene Amt gegenüber der Staatsgewalt keine Rechte, sondern nur Pflichten auferlegt. Es kann daher auch, selbst wenn Verhandlungen wegen Übernahme des Amtes vorausgegangen sind, vom Diener doch nie die Übertragung des Amtes, sondern höchstens eine diesfallsige Entschädigung erzwungen werden. Privatrechtlich ist an dem Verhältniß nur dasjenige, was als Bestandtheile der individuellen Rechtssphäre des Beamten betrachtet werden kann, daher Anspruch auf eine versprochene Besoldung u. besondere Dienst- od. Standesehre. Doch bleibt dies Element immer von untergeordneter Bedeutung u. bestimmt das Wesen des Staatsdienstes nicht, so daß es sehr wohl auch einen Staatsdienst ohne diese privatrechtliche Seite geben kann. Auch originiren die hierauf bezüglichen Ansprüche nicht nothwendig aus einem Vertrag, sondern es bildet mindestens für das, was unmittelbar mit der Anstellung gewährt wird, lediglich diese Anstellung u. damit wieder nur die Lex specialis den eigentlichen Rechtstitel. C) Der Beginn des Staatsdienstverhältnisses erfolgt mit der Ausfertigung des Anstellungs- (Bestallungs-) decretes. Dasselbe pflegt für höhere Beamte unmittelbar vom Landesherrn, für niedere dagegen nur vom Departementsminister vollzogen zu werden. Vor dem Beginn der amtlichen Thätigkeit wird dem Ernannten in der Regel noch ein Amtseid abgenommen, auch findet bei einem umfassenderen Geschäftskreis u., bes. wenn der neue Beamte Unterbeamte hat, meist eine feierliche Einführung durch einen andern höhern Beamten Statt. Für die Auswahl, welche dem Staate bei der Bestimmung des Subjectes zusteht; gilt zunächst als Regel, daß kein Unterthan zum Eintritt in den Staatsdienst gezwungen werden kann, daß dagegen[629] es jedem Unterthanen freisteht, unter Nachweis der erlangten Befähigung, sich um den Eintritt in den Staatsdienst zu bewerben. Für diese Befähigung wird heutzutage ebensowenig mehr ein gewisser Geburtsstand erfordert, als wenigstens der Regel nach ein bestimmtes Vermögen; nur wird bei Kassenbeamten meist die Bestellung einer angemessenen Caution verlangt. Dagegen gilt für den höheren Staatsdienst jetzt als allgemeine Vorbedingung theils der Nachweis eines ordentlichen Universitätsstudiums, theils die Bestehung einer od. mehrer Prüfungen. D) Die Pflichten des S-s richten sich nach der Natur des ihm übertragenen Amtes. Im Allgemeinen hat der S. dabei den höchsten Fleiß zu beweisen u. dem ihm übertragenen Amte sich ganz u. ausschließlich zu widmen, daher ihm auch meist die Betreibung anderer Erwerbszweige untersagt ist; ferner die nöthige Amtsverschwiegenheit zu bewahren, den Befehlen seiner vorgesetzten Dienstbehörden den verfassungsmäßigen Gehorsam zu erweisen u. überhaupt das Beste des Staates nach Kräften zu erstreben. In letzter Hinsicht gilt es als nicht mit der Stellung des S-s vereinbar, wenn derselbe, sei es auch als gewählter Volksvertreter, eine consequent auf Sturz od. Lähmung der Regierung gerichtete Opposition treibt. Um die S. davon abhalten zu können, haben deshalb mehre neuere Staatsdienergesetze den Eintritt der S. in die Ständeversammlung von der Ertheilung eines Urlaubes abhängig gemacht, welcher ohnehin bei allen zeitweiligen Unterbrechungen der Amtsthätigkeit durch Krankheit, Erholungsreisen etc. nachgesucht werden muß. Doch soll die Verweigerung dieses Urlaubes nicht auch dazu benutzt werden, um den S. des Gebrauches seiner staatsbürgerlichen Rechte überhaupt in einem einseitigen Interesse der jeweiligen Regierungsvertreter verlustig zu machen, weshalb in manchen Staaten über die Urlaubsertheilung nur die unmittelbar vorgesetzte Dienstbehörde, nicht das Ministerium zu entscheiden hat. Sollten dem niederen S. Befehle, welche ihm zur Befolgung zugehen, nicht als verfassungsmäßig erlassen erscheinen, so bleibt ihm zunächst frei deshalb eine Vorstellung an die vorgesetzte Behörde zu richten; tritt aber darauf in dem Befehle eine Änderung nicht ein, so erkennen die neueren Verfassungs- und Dienstgesetze als Grundsatz an, daß die in gehöriger Form erlassenen Befehle der vorgesetzten Behörde von den Subalternbeamten unbedingt zu befolgen sind, die Verantwortung deshalb aber dann nicht den Subaltern, sondern nur die vorgesetzte Behörde trifft. Über die besondern Amtspflichten entscheiden die wegen der Führung des Amtes bestehenden Gesetze u. Instructionen. Erweist sich der Beamte in seiner Dienstpflicht als nachlässig od. untreu, so können theils gerichtliche, theils außergerichtliche (administrativ-disciplinarische) Zwangsmittel eintreten. Die gerichtlichen Mittel können entweder in Civilklagen bestehen, welche der Fiscus od. Privatpersonen (s.u. Syndikatsklage) wegen der erlittenen privatrechtlichen Benachtheiligungen anstellen können; od. sie gehören dem Gebiete des Strafrechts an, indem die Strafvorschriften wegen gemeiner od. wegen der sogenannten Amtsverbrechen (s.d.) zur Anwendung gebracht werden. Die disciplinaren Mittel bestehen in Verweisen u. Ordnungsstrafen u. dienen zur Aufrechthaltung des Gehorsams, eines der Würde u. Stellung eines S-s angemessenen Betragens, Bestrafung von Unfleiß u. dgl. Ihre Zuerkennung erfolgt entweder durch die unmittelbar vorgesetzten Behörden, od. auch durch besondere Disciplinargerichtshöfe. Erheblichere Verurtheilungen führen außer der Strafe zugleich zur Dienstentsetzung, bei welcher man verschiedene Grade unterscheidet: Cassation, wenn der Entsetzte mit dem Amte zugleich der bürgerlichen Ehre verlustig geht; Remotion, wenn ihm blos das Amt mit Gehalt u. Rang entzogen wird; Dimission, wenn der Entsetzte zwar Rang, nicht aber den Gehalt behält; Abschied (in Ungnaden), wenn ihm sogar ein Theil der Besoldung als Pension gelassen wird. Um übrigens dem Staate das Mittel zu gewähren auch ohne eigentliche Dienstverfehlungen minder taugliche Subjecte zeitig noch aus dem Dienste wieder zu entfernen, ist nach den neuesten Staatsdienstgesetzen vorgeschrieben, daß die ersten Anstellungen auf eine gewisse Reihe von Jahren (2–5 Jahre) nur provisorisch erfolgen u. daß erst nach Ablauf dieser Zeit die Anstellung in eine definitive, unwiderrufliche u. lebenslängliche, übergeht. Während dieser provisorischen Zeit kann alsdann der S. auch ohne besondere Angabe von Gründen aus dem Dienste entlassen werden. Eine Ausnahme findet in dieser Beziehung nur bei den Beamten, welche ein Richteramt bekleiden, im Interesse der nothwendigen Selbständigkeit der Richter Statt. E) Die Rechte der S. beziehen sich theils auf ihre amtliche Stellung im Staate u. die Ausübung der Amtsfunctionen, theils auf die mit dem Amt ihnen gewährten Ehren u. Vermögensansprüche. In erster Beziehung beschränken sich indessen diese Rechte auf den Anspruch, daß der Staat bei Verwaltung des Amtes dem S. die nöthigen äußeren Mittel zur Erfüllung seiner Dienstpflichten, daher auch den nöthigen Schutz gegen Beleidigungen u. Widersetzungen gewähre, u. daß der Staat die amtlichen Handlungen des S-s gegen Jedermann vertrete. Als Ehrenrechte kommen der (indessen jetzt meist aufgehobene) privilegirte Gerichtsstand, bei gewissen Klassen der persönliche Adel, die Hoffähigkeit etc. vor; zu den Vermögensrechten gehört insbesondere der Anspruch auf Ersatz des in Ausübung des Amtes gemachten Aufwandes u. eines etwa dabei erlittenen Schadens, sowie auf Gewähr der bei der Anstellung zugesicherten Gage od. Besoldung. Der Anspruch auf letztere ist ein rein persönlicher, daher nicht cessibel u. nicht vererblich. Doch pflegt der Wittwe u. den Kindern verstorbener S. noch ein sogenanntes Gnadenquartal als der Betrag einer Vierteljahrsbesoldung gewährt zu werden, u. außerdem ist meist durch Errichtung besonderer Wittwenkassen, an welche die S. gewisse Procente als Beiträge abzugeben haben, für die Hinterbliebenen gesorgt. Die Besoldung selbst wird meist in dem Anstellungsdecret genau festgesetzt. Sie besteht in ihrem Grundstock regelmäßig in einer festen jährlichen Geldrente od. auch einer Rente von Naturalien (Standesgehalt); außerdem kommen als Nebeneinkünfte die sogenannten Dienstaufwandgelder (Functionsgehalt), z.B. für Dienstpferde, Logis, Bureaubedürfnisse, u. die Repräsentationsgelder, d.i. eine Aversionalsumme für Ausgaben zur Repräsentation des Staates u. der Ehre des Fürsten, vor. Nur auf den Standesgehalt ist regelmäßig dem S. ein fester Anspruch eingeräumt; dagegen können die andern Einkünfte ihm auch willkürlich entzogen[630] werden. Remunerationen, Theuerungszulagen etc. sind nur als besondere Gnadenerweisungen zu betrachten u. hängen lediglich von der Gnade des Fürsten ab. F) Die Beendigung des Staatsdienstverhältnisses erfolgt von selbst mit dem Tode des S-s; auch kann dieselbe durch freiwillige Aufgabe (Resignation), Entsetzung od. Entlassung u. Versetzung erfolgen. Die freiwillig nachgesuchte Entlassung wird dem S. nach allgemeinem Herkommen nie verweigert; nur darf der S. nicht einseitig u. nicht vor der Zeit sein Amt aufgeben, sondern hat zu erwarten, bis die Resignation angenommen worden ist. Auch darf der Staat die Entlassung jedenfalls so lange verweigern, als über die ordnungsmäßig erfolgte Erledigung der Geschäfte seitens des abtretenden Beamten Gewißheit vorliegt. Erfolgte aber das Nachsuchen zu einer Zeit, wo der S. an sich noch diensttüchtig war, so verliert derselbe alsdann zugleich auch jeden Anspruch auf seine Besoldung; geschah indessen die Bitte in Folge höheren Alters od. sonst geminderter Dienstfähigkeit, so erkennen die meisten Staatsdienstgesetze dem Beamten einen Anspruch auf eine Pension, deren Höhe dann meist als ein verhältnißmäßiger Theil des Dienstgehaltes im Anschluß an die Zahl der Dienstjahre nach einer bestimmten Scala ausgeworfen wird, zu. Hinsichtlich der Entsetzung od. unfreiwilligen Entlassung, abgesehen von deren Eintritt bei einer Verurtheilung des S-s, ist man gegenwärtig gemeinrechtlich darüber einverstanden, daß zwar stets die Ausübung der öffentlichen Functionen, nicht aber auch der Genuß der mit Verleihung des Amtes verbundenen wohlerworbenen Vermögensrechte dem Beamten willkürlich entzogen werden darf. Insbesondere kann daher auch eine unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand wegen angeblich überkommener Dienstunfähigkeit nicht ohne Fortgewähr des vollen Diensteinkommens verfügt werden, wenn nicht durch Particulargesetze ein Anderes bestimmt ist. Solche Bestimmungen bestehen indessen nach den Dienstpragmatiken in den meisten Ländern. Nach denselben ist der Staat berechtigt den S. nach Erreichung eines bestimmten Alters od. bei sonst nachgewiesener Dienstuntüchtigkeit mit einer meist geringeren Besoldungsquote (Pension) auch wider seinen Willen in den Ruhestand od. auch, wenn wegen neuer organischer Veränderungen seine Dienste entbehrlich geworden sind, mit einem sogenannten Wartegeld in Disponibilität zu versetzen. Eine bloße Versetzung, d.h. die Übertragung eines anderen Amtes, muß sich der S., wenn dadurch nur sein Gehalt u. Rang nicht geschmälert wird, in der Regel gefallen lassen; richterliche Beamten dürfen in der Regel nicht wider ihre Einwilligung versetzt werden. Eine blos vorübergehende, zeitliche Entziehung des Amtes (Suspension) kann als provisorische Maßregel da verfügt werden, wenn der S. in eine Untersuchung verwickelt wird u. die daneben fortdauernde Ausübung. des öffentlichen Amtes entweder mit öffentlichem Ärgerniß verbunden od. dem Zwecke der Untersuchung entzogen sein würde. Nach manchen neueren Gesetzen tritt für die Zeit der Suspension auch ein mindestens theilweise Entziehung des Gehaltes ein. Doch muß, wenn später die Untersuchung mit der Freisprechung des S-s endigt, eine Restitution des provisorisch Entzogenen eintreten. Außerdem kommt nach einigen Particularrechten die Suspension auch als Disciplinar- u. Criminalstrafe vor. G) Bei der Frage, in wiefern, wenn ein Privatmann durch Handlungen des S-s widerrechtlich verletzt worden ist, der Staat dem Dritten für den demselben erwachsenen Schaden zu haften habe, müssen verschiedene Fälle von einander getrennt werden. Handelt es sich blos um privatrechtliche Geschäfte, welche der S. mit Dritten im Namen des Staates abgeschlossen hat u. wobei es lediglich von der Willkür der Privatperson abhing, ob sie sich auf das Geschäft einlassen wollte, z.B. Abschluß von Lieferungen etc., so kommen lediglich die privatrechtlichen Grundsätze über die Haftpflicht des Geschäftsherrn aus den Handlungen seiner Bevollmächtigten zur Anwendung, da hier der Staat nicht in seiner öffentlichen Bedeutung, sondern nur als eine juristische Person im privatrechtlichen Sinne dem Privatmann entgegentritt. Wo dagegen die staatsrechtliche Stellung der S. zu den Unterthanen als solchen in Betracht kommt u. der Einzelne verpflichtet ist der Amtsgewalt des S-s sich zu fügen u. dessen Maßnahmen Vertrauen zu schenken, da muß der Staat als Garant für die Handlungen seiner Beamten für verpflichtet betrachtet werden. Ausgenommen bleiben indessen davon Verletzungen, welche durch Entscheidungen der Richter als solcher in streitigen Rechtsangelegenheiten herbeigeführt worden sind, theils weil die Ausübung des Richteramtes ganz unabhängig von allen Einflüssen der Staatsgewalt gestellt ist, theils weil den verletzten Parteien in dieser Hinsicht zur Abhülfe die ordentlichen u. außerordentlichen Rechtsmittel gegeben sind. Nur wo der richterliche Beamte zugleich Diener der Administration ist u. seinen Handlungen öffentliche Glaubwürdigkeit beizumessen ist, wie z.B. bei Depositalsachen u. im Grundbuchs- u. Hypothekenverkehr, kann sich bei vorgekommenen Veruntreuungen etc. der Staat der regelmäßigen Haftpflicht nicht entschlagen. Vgl. v. d. Becke, Von Staatsämtern u. S-n, Heilbronn 1797; Gönner, Der Staatsdienst aus dem Gesichtspunkt des Rechts u. der Nationalökonomie betrachtet, Landshut 1808; A. W. Heffter, Über die Rechtsverhältnisse der S., in den Beiträgen zum deutschen Staats- u. Fürstenrecht, Berl. 1829; Meisterlin, Die Verhältnisse der S., Kassel 1838; Perthes, Der S. in Preußen, Hamb. 1838; Sundheim, Von der Haftungspflicht des Staats für Schadensstiftung seiner Beamten, Gießen 1827.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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