- Blitz
Blitz, 1) feurige Lufterscheinung bei einem Gewitter. Die Alten glaubten (nach Aristoteles), daß der B. eine Entzündung brennbarer Dünste in der Luft sei; nach der Erfindung des Schießpulvers nahm man Entzündung von salpeterigem Salz u. Schwefel als Entstehungsart des B-es an, um für das Zerschmettern durch den B. beim Einschlagen u. für den Donner eine Erklärung zu erhalten. Auch gegenwärtig bestehen über viele einzelne, den B. begleitende Umstände Zweifel, obgleich große Physiker in neuester Zeit, namentlich Arago u. Dove, sich vielfältig damit beschäftigt haben. Doch steht es fest, daß der B. eine elektrische Entladung zwischen entgegengesetzt elektrischen Wolken, od. auch zwischen einer Wolke u. einem Punkte der Erdoberfläche ist. Wall fand 1708 zuerst Analogie zwischen dem B. u. Donner u. dem Licht u. Knistern des geriebenen Bernsteins: Nollet 1743 eine zwischen der entdeckten Elektrisirmaschine u. dem B.; Winkler in Leipzig stellte (wenig beachtet) zuerst 1746 u. Franklin 1747 die Elektricität als Ursache des B-es auf, Letzter bildete 1751 diese Theorie mehr aus. Namentlich seine berühmten Versuche mit einem Drachen, welcher mit einer die Elektricität aufsaugenden, od. richtiger gesagt, die entgegengesetzte Elektricität ausströmenlassenden Spitze versehen war u. am unteren Ende der Schnur bedeutende Funken gab, wenn er einer Gewitterwolke sich näherte, legten den unzweideutigen Beweis davon ab, daß der Blitz ein elektrischer Funken im Großen ist, welcher, da er mit unberechnenbarer Schnelligkeit sich fortbewegt, den bekannten Sehgesetzen zu Folge wie eine Rakete langgezogen, als Strahl (Blitzstrahl) erscheint. Die Bildung der B-e, als elektrischer Funken, geht meist von einer schön gebildeten Wolke aus u. strömt meist zu einer anderen Wolke, in geringerer od. weiterer Schrecke, in einem od. in mehreren Strahlen, mit weißem, röthlichem, violettem Lichte über. Sie erregen dort neue B-ausströmungen, so daß bisweilen die Erleuchtung durch den B. als eine kurze Zeit andauernd erscheint. Durch Versuche mit dem sich drehenden Farbenkreisel, bei welchem die Farben nicht zu Grau verschwammen, sondern auf der Scheibe umhersprangen, hat aber Dove dargethan, daß solche flackernde B-e aus einzelnen getrennten Entladungen bestehen. Überhaupt unterscheidet man nach Arago 3 Klassen der B-e: a) zickzackförmige mit scharfen Rändern; b) B-e, welche größere Theile der Wolke od. diese ganz erleuchten, bei denen man sagt, die Wolke öffnet sich; c) B-e in Form sich langsam fortbewegender Ballen. Über den Ursprung dieser verschiedenen Formen ist man noch nicht klar. Das Zickzack entsteht wahrscheinlich, indem der B. wegen der Verdichtung der rasch gedrängten Luft plötzlich von seinem Wege abgeleitet wird, vielleicht auch durch Einwirkung der Gestaltung des unter der Wolke befindlichen Bodens. Auch ist es möglich, daß bisweilen der plötzlich scharf[893] beleuchtete Rand einer dunklen Wolke, hinter welcher der B. ausbricht, für die Bahn des B-es gehalten wird. Selten u. nur bei sehr starker elektrischer Spannung wendet sich der B. von der Wolke erdwärts, u. es erfolgt das als Einschlagen des B-es bekannte Phänomen, wobei der B., wie ein anderer elektrischer Funken, nach Umständen zündet, od. schmelzend, od. mechanisch durch Risse od. Zersplitterung zerstörend wirkt. Zuweilen fahren B-e auch in die Höhe, denn am 1. Mai 1700 wurden in Steiermark auf dem Gipfel eines von der Sonne beschienenen Berges 7 Personen durch einen B. erschlagen aus einer Wolke, die auf der halben Höhe des Berges lag. Mit einem B-schlag zwischen Wolken ist nun häufig ein Rückschlag, d.h. ein plötzliches Zusammenströmen der vorher vertheilten Elektricitäten in den genäherten Punkten der Erde verbunden, der zwar nie zündend, oft aber für Menschen u. Thiere tödtlich gewesen ist. Der B. leitet das Phänomen des Donners ein, den man sich gewöhnlich dadurch entstehend denkt, daß eine große Zahl fast völlig gleichzeitiger Explosionen, welche auf einer Linie hinter einander u. also in verschiedenen Entfernungen vom Beobachter liegen, wegen der verhältnißmäßig langsamen Fortpflanzung des Schalls nach einander gehört werden; doch beruht er wohl auch noch auf anderen Bedingungen. In seltenen Fällen sind sogar in großer Höhe über dem Beobachter B-e ohne Donner gesehen worden. Dagegen ist das Wetterleuchten am scheinbar hellen Horizont, bei welchem man keinen Donner hört, nach zuverlässigen Erfahrungen nur der Wiederschein sehr entfernter Gewitter, welches um so wahrscheinlicher ist, als man noch nie einen Donner eines mehr als 4 deutsche Meilen entfernten B-es gehört, wohl aber den Schein von Gewittern bis auf 25 Meilen gesehen hat. Bei der Entstehung des B-es wird die elektrische Spannung u. die damit verbundene gegenseitige Abstoßung der Wolkentheilchen plötzlich aufgehoben. Dieselben stürzen zusammen u. verursachen meist momentan einen reichlicheren Regen. Ist der B. aber gebildet u. findet er einen elektrischen Leiter, so nimmt er an ihm seinen Fortgang. Als solche Leiter sind bes. Metalle u. Wasser bekannt. Ob ein, zu einem brennbaren Körper gelangender B. zündet od. nicht (heißer od. kalter Schlag), hängt nicht blos von der Zündbarkeit der Körper, sondern auch davon ab, ob die Leitung verschiedenartig u. zu mehreren Malen unterbrochen ist. So hat man Fälle, daß selbst an Schießpulver ein B., ohne zu zünden, herabgefahren ist; dagegen bildet sich in trockenen, mit eisernen Nägeln befestigten Brettern, wenn sie der B. trifft u. von einem Nagel zum andern überschlägt, um jeden Nagel eine Flamme. Bei Entzündung von Häusern bricht oft die Flamme an mehreren Orten zugleich, oft aber auch mehrere Stunden später aus, bis dahin ist es nur ein glimmender Funke, welchen der B. entzündet hat, an Intensivität hat er vor einem andern nichts voraus. Metalle schmelzen gewöhnlich vom B. nur da, wo die Leitung unterbrochen (wie durch Rosten) od. wo der B-strahl der Leitung übermächtig war. Der B. aus Wolken schlägt wegen größerer Nähe leichter auf hohe Erdgegenstände, als auf niedrige, nun so mehr, wenn diese stumpf, od. wenn sie in Spitzen auslaufen, weil hier die Wolkenelektricität zum Theil ohne Funkenerzeugung entladet. Bäume sind leitend für den B., wenn sie weniger Harztheile haben; selten schlägt er daher in Nadelhölzer, doch auch selten in Buchen, häufig in Eichen. Ranch u. animalischer Dunst leiten auch den B. leicht, deshalb schlägt er oft in Essen, Ställe, volle Kirchen, selbst wenn zu einem andern Erdgegenstande, z.B. einer Berghöhe od. einer Thurmspitze, sein Weg näher gewesen wäre, u. trifft deshalb auch oft Menschen u. Vieh. Sicherungsmaßregeln gegen den B.: man vermeide während Gewittern den Aufenthalt an höheren Orten; man verhalte sich nicht in der Nähe von Leitern für den B., stelle sich z.B. nicht unter Bäume, bes. Eichen, nicht in die Nähe von Gemäuer, bes. wenn an solchem metallene Stoffe (z.B. Klingeldrähte) sind; man errege keine Ausdünstung; vermeide das Zusammensein mit vielen Menschen od. Thieren; hüte sich während Gewittern an zugige Orte, welche Luftströmungen bewirken, unter Schornsteine, in Abtritte, in Zimmer, wo an zwei Seiten Fenster geöffnet sind, zu gehen. Die Wirkung des betreffenden B-es auf Geschöpfe ist heftige Erschütterung der Nerven, wodurch das Bewußtsein benommen, wirklicher Tod od. auch Scheintod (Asphyxia de fulmine tactorum, Sideratio) bedingt werden kann. Nur auf der zur Leitung dienenden Körperfläche zeigen sich gewöhnlich entzündete Streife od. Brandflecken, während innere Organe ihrem Zusammenhange nach unverletzt bleiben. Hierbei bleiben die Kleider oft völlig unbeschädigt; oft aber werden sie stellenweise verbrannt, zerrissen u., was von Metall an ihnen ist, zuweilen geschmolzen. Oft erfolgt auch nur eine, auch wohl nur partielle Nervenlähmung. Bei Rettungsversuchen an vom B. getroffenen Menschen muß man die vielleicht nur unterdrückte, nicht vernichtete Lebenskraft durch einen schnellen Reiz wieder anfachen; daher Übergießungen mit kaltem Wasser in frischer reiner Luft, Reiben mit flüchtigen Mitteln, Einblasen von Luft, Salmiakgeist, als Reizmittel für das Geruchorgan etc. Die Griechen betrachteten den B. (Astrape) als unmittelbare Wirkung des Zeus, welchem die Kyklopen die Blitzstrahlen (Keraunoi) verfertigten; mit diesen war seine Rechte bewehrt, u. er schleuderte sie herab, um Frevler zu züchtigen u. den Menschen Zeichen zu geben. In letzterer Beziehung wurden die B-e bes. bei den Etruskern von besonderen Priestern beobachtet u. gesühnt, u. in ihrer Religion hatte sich dazu eine ganz besondere Blitztheorie (Ars fulguratoria) ausgebildet, welche in besonderen Büchern (Libri fulgurales) aufgezeichnet war, s. Etruskische Religion. Von den Etruskern war diese Lehre auch zu den Römern übergegangen. In alter Zeit war es bei den Römern blos Sitte, die B-e zu sühnen, zur Kaiserzeit wurden sie auch befragt, abgehalten u. herabgezogen. Zunächst unterschied man die bei Tage erscheinenden u. die nächtlichen, u. schrieb diese dem Summanus (s.d.), jene dem Jupiter zu; die eigentlichen Blitze hießen Fulmina. das blose Wetterleuchten aber Fulgora. Die Deutung der Blitze, welche in das Gebiet der Auguren gehörte, gab von jedem Blitze an, ob er warnend, Gefahr verkündend, Erwartung täuschend, Verderben anzeigend etc. war. Als glücklich galten die von links, als unglücklich die von rechts kommenden. Blitzbeobachtungen wurden bes. bei Inaugurationen u. beim Amtsantrin der Magistrate,[894] nie bei Comitien angestellt. Von den Mitteln, welche man zur Abhaltung des B-es anwendete, ist wenig bekannt; das Bepflanzen der zu schützenden Stellen mit weißen Weinstöcken sollte dazu dienen. Aber das Herabziehen des B-es, welches schon die Könige Numa u. Tullus Hostilius versucht hatten, wollten die Priester noch zu Alarichs Zeiten verstehen. Zu aller Zeit wurden die B-e, welche eingeschlagen hatten u. eine Sühnung verlangten, sorgfältigst behandelt. Diese Sühnung geschah durch Bestattung, je nach dem Orte, wo der B. eingeschlagen hatte, öffentlich od. privatim, in alter Zeit nach der Anweisung des Pontifices, später unter Zuziehung etruskischer Haruspices (Fulguratores). Das Blitzgrab bestand in einem Sarge, welcher aus Seitenstücken gemauert, aber ohne Boden war, u. einem darüber von 4 Mauern gebildeten, in dem Umfange des Sarges bis an hie Erdoberfläche hinausgeführten, oben offenbleibenden schornsteinartigen Schacht, welcher mit der Inschrift: Fulgur conditum, versehen war. Ein solches Grab, von seiner Ähnlichkeit mit einem Brunnen, Puteal, von dem dabei von den Haruspices gebrachten Opfer Bidental (s.d.) genannt, wurde zu den Loca religiosa gerechnet, welche Niemand betreten durfte. Wenn ein Mensch vom Blitz erschlagen war, so durfte er nicht nach gewöhnlicher Weise verbrannt, sondern mußte an der Stelle, wo er gefunden wurde, begraben werden. In der nordischen u. altdeutschen Mythologie ist der Blitzgott Thor, in der indischen hat Schiwa den B. als Attribut. In Wappen soll der B. die blitzschnell überfallenen Feinde bedeuten, man nannte früher auch wohl Pfeilspitzen B-e. Auf dem Theater wird der B. meist durch, in ein Licht geblasenen Bärlappensamen od. Colophonium nachgeahmt. 2) schnell entstehender u. schnell vergehender Lichtschein im Dunkeln, z.B. bei Schießpulver; 3) B. im Auge, vorübergehende Lichterscheinung, die man als Augentäuschung bei einer starken Reizung der Netzhaut auch ohne äußeres Licht erhält; sie entsteht meist durch Schlag od. Stoß auf das Auge (Funken aus dem Auge sprühen), auch bei galvanischen Experimenten; 4) so v.w. Silberblick.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.