- Delaroche
Delaroche (spr. D'larosch), Paul, geb. 1797 in Paris, Maler der neueren Romantischen Schule, Anfangs der Landschaftsmalerei zugewandt, bildete er sich unter Le Gros für das historische Fach. Im Jahre 1824 erhielt er von der Akademie die große goldene Medaille, wurde 1832 Mitglied des Instituts u. 1833 Professor der Akademie. Das erste Werk, womit er 1822 auftrat, war Joas durch Josaphat dem Tode entrissen; mehr Aufsehen erregte aber der Tod der Königin Elisabeth von England (1827) u. der Tod Mazarins (1829, gestochen von Girard), Richelieu's Rhonefahrt zur Hinrichtung des Cinq-Mars mit diesem (1830), der Tod des Herzogs von Guise (1835, alle drei in der Gallerie des Herzogs von Orleans), der Tod des Duranti im Louvre, Cromwell u. die englischen Prinzen, Cromwell am Sarge Karls I. (gestochen von H. Dupont), der Tod der Jeanne Gray (1837), die Einnahme des Trocadero, die Kinder Eduards, Scene aus der Bartholomäusnacht. Auf einer Reise in Italien 1834 wandte sich D. der altitalienischen Kunst zu u. suchte seitdem die Einfachheit derselben in seinen religiösen Darstellungen nachzuahmen, namentlich in der Sta. Amalia, Sta. Căcilia, Flucht in Ägypten etc. 1844 vollendete er das große Wandgemälde in der Ecole des beaux arts zu Paris, die Apotheose der bildenden Künste darstellend, sein bestes u. zugleich eins der bedeutendsten Werke der neueren Malerei überhaupt; das Bild ist 50 Fuß breit, 15 Fuß hoch, umsaßt 74 Figuren über lebensgroß u. schmückt nach Art eines Frieses die Halbrotunde des Preisvertheilungssaals; es ist in Öl auf, mit siedendem Öl getränkten Stein gemalt. Nach Vollendung dieses Werkes begann er im Auftrage des Königs für die Victoriengallerie in Versailles die Darstellung der ersten Zusammenkunft Ludwig Philipps mit der Königin von England in Eu u. begab sich 1844 zum zweiten Male nach Rom, um Studien zu drei großen Bildern (die Schlacht der Franken u. Longobarden, die Krönung Karls d. Gr., die Taufe Chlodwigs) für das Versailler Schloß zu machen. Er kehrte 1845 nach Paris zurück u. starb daselbst 4. Nov. 1856. In Deutschland wurde er vorzugsweise bekannt durch seinen Napoleon in Fontainebleau (im städtischen Museum zu Leipzig), die Verurtheilung der Königin Marie Antoinette (1851), Pilger auf dem St. Petrusplatze zu Rom (in der Raczynski'schen Gallerie zu Berlin), die Girondisten im Gefängniß (1856). D. war Mitglied der Akademien S. Luca, von Paris, Amsterdam u. Petersburg; der König von Preußen ehrte ihn mit dem Orden pour le merite. Die Größe u. Bedeutung der Kunstschöpfungen D-s liegt bes. in der echt poetischen Auffassung tragischer Momente aus dem Leben historisch bedeutsamer Personen. Die Wahrheit des Ausdrucks seiner Köpfe, in denen sich die psychischen Vorgänge in aller Lebhaftigkeit abspiegeln, die individuelle Durchbildung seiner Gestalten, üben einen fesselnden Zauber auf den Beschauer, der noch erhöht wird durch den edlen Styl u. die ungemeine Correctheit seiner Zeichnung, die Wärme u. Durchsichtigkeit des Colorits, die Breite des Vortrags u. bisweilen durch wirkungsvolle Contraste von Licht u. Schatten. D. ist nicht eigentlich Historienmaler, in so fern er das epische Element, die breite Darstellung historischer Begebenheiten verschmäht, aber die meisten seiner Bilder knüpfen sich an bedeutungsvolle Vorgänge im Leben der Völker an u. schildern in dramatischer Weise den gewaltigen Eindruck, den die historische Begebenheit in der Seele derer hervorruft, denen eine wichtige Rolle in der Entwickelung derselben zugetheilt war. Seine biblischen Bilder zeichnen sich durch tiefe Innigkeit des Gefühls u. eine feierliche religiöse Stimmung aus. Von seinen Zeichnungen sind noch zu erwähnen: der Abschied Karls I. von seinen Kindern, der Herzog von Guise bei der Belagerung von Metz u. ein umgeschlagenes Boot in der Brandung (in der Ravenet'schen Gallerie zu Berlin). Für das Album der Herzogin von Montpensier malte er das letzte Gastmal der Girondisten in Aquarell.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.