- Demetrĭos
Demetrĭos (Demetrius). I. Fürsten. A) Könige von Macedonien: 1) D. I., Poliorketes, d. i. der Städteeroberer, Sohn des Antigonos, geb. 337 v. Chr., nahm seit 317 an den Feldzügen seines Vaters in Asien Theil, wo er aber seine Feldherrntalente u. Muth nicht selten durch seinen Ungestüm verdunkelte, wie er denn 312 bei Gaza von den Ägyptiern geschlagen wurde u. ohne Glück gegen die Syrer focht. In den folgenden Jahren war er gegen die Ägyptier glücklicher u. 307 v. Chr. nach Griechenland gegen Kassander gesendet, eroberte er Megara u. nahm Athen, wo er die Demokratie wieder herstellte, belagerte 306 die Stadt Salamis auf Cypern, nach deren Einnahme er seinen Beinamen bekam, u. schlug die ägyptische Flotte. Jetzt nahm Antigonos u. D. den Titel als König an. Nach einem vergeblichen Versuche, die Rhoder zu bezwingen (304), entsetzte er das von Kassander belagerte Athen; hier ergab er sich darauf der Schwelgerei, bis er 302 seinem Vater nach Asien zu Hülfe zog, wurde aber durch die Niederlage bei Ipsos, gegen Seleukos, Lysimachos u. Kassander (301), wo sein Vater fiel, seiner Macht beraubt. Von Athen, wo er Hülfe erwartet hatte, abgewiesen, ging er nun nach Thracien, dann nach Syrien zu Seleukos, dessen Tochter er heirathete, u. von hier nach Griechenland, wo er Salamis, Ägina u. Athen eroberte u. die Spartaner schlug. 297 zog er nach Macedonien, um dem Alexander im Thronstreite mit seinem Bruder, dem König Antipater, beizustehen, aber nachdem er den Antipater besiegt hatte, ließ er 294 den Alexander tödten u. wurde selbst König von Macedonien. Er züchtigte nun zunächst die empörien Böoter u. besiegte den Epirerkönig Pyrrhos, welcher die Ätolier gegen D. 289 unterstützt hatte. Als er sich zur Wiedervereinigung der von seinem Vater beherrschten Länder in Asien rüstete, verbanden sich Seleukos, Ptolemäos u. Lysimachos wider ihn, u. seine eignen Truppen verließen ihn; er floh deshalb nach Griechenland u., nach einer vergeblichen Belagerung Athens, nach Asien, wo er, schwer erkrankt, sich 286 seinem Schwiegervater Seleukos ergab u. nach dreijähriger Gefangenschaft 283 in Apamea starb. 2) D. II., Enkel des Vor., Sohn des Antigonos Gonatas, folgte 240 seinem Vater als König von Macedonien, s.d. (Gesch.), u. st. 230 v. Chr. B) Könige von Syrien: 3) D. I., Soter (der Retter), Sohn des Seleukos IV., lebte in Rom als Geißel u. wurde nach seines Vaters Ermordung, 176 v. Chr., von seinem Oheim Antiochos IV. vom Throne ausgeschlossen; heimlich aus Rom entkommen, ging er nach Syrien, bemächtigte sich 161 v. Chr. des Thrones u. regierte bis 151, wo er auf der Flucht vor dem Empörer Alexander Balas blieb s. Syrien (Gesch.). 4) D. II., Nikator (der Sieger), Sohn des Vor., war mit seinem Vater in Rom u. wurde nach Ermordung des Alexander Balas 147 v. Chr. König; 145 von Diodotos vertrieben, kämpfte er gegen die Parther, wurde aber 140 von denselben gefangen, jedoch von dem König Arsakes gütig behandelt u. sogar Schwiegersohn des Königs. Erst 130 nach dem Tode des Antiochos Sidetes bestieg D. wieder den Thron von Syrien, wurde jedoch 126 von dem Gegenkönig Alexander Zebina geschlagen u. getödtet, s. ebd. 5) D. III., Euchares (Eukäros), Sohn von Antiochos VIII., regierte seit 84 v. Chr. mit seinem Bruder Philippos gemeinschaftlich; von Philippos vertrieben starb er in Parthien im Exil, s. ebd. C) Könige von Georgien: 6) D. I., Sohn Davids II., regierte 1130–1150 n. Chr., s. Georgien (Gesch.). 7) D. II., Thawdadebuli (der Selbstopferer), Sohn Davids IV., regierte 1272 bis 1288, s. ebd. 8) D. III. (od. I. als König von Karthli), Sohn Alexanders, regierte 1424–1469, s. ebd. D) König von Kroatien: 9) D. (Zwonimir [Swinimir]), erst Herzog von Kroatien u. Dalmatien, erhielt vom Papst Gregor VII. den Königstitel u. machte beide Länder 1076 zu einem päpstlichen Lehnreiche, s. Kroatien (Gesch.). E) Hospodare der Moldau: 10) D. I., Kantakuzenos, seit 1673, wurde 1678 abgesetzt, s. Moldau. 11) D. II., Kantemir, 1710–1711, wo er mit dem Czaar Peter d. Gr. nach Rußland ging, s. ebd. F) (Dmitri), Fürsten, Großfürsten u. Czare [832] von Rußland: 12) D. I., Alexandrowitsch, Sohn des Großfürsten Alexander I. Newsky, wurde 1258 von diesem zum Fürsten von Nowgorod ernannt, aber 1264 nach seines Vaters Tode von seinen Unterthanen vertrieben u. durch Jaroslaw I. ersetzt, erlangte aber nach dessen Tode 1272 das Fürstenthum wieder, erhielt auch nach dem Tode des Großfürsten Wasilei 1276 Wladimir u. wurde Großfürst; er kriegte gegen seinen Bruder, Andreas, mit wechselndem Glück um beide Fürstenthümer u. st. 1294, s. Russisches Reich (Gesch.). 13) D. II., Michailowitsch, Sohn des Großfürsten Michael; folgte diesem als Fürst von Nowgorod 1320 u. 1323 in Wladimir; von Georg III. vertrieben, ging er zu den Tataren u. da er hier den ebenfalls dahin geflohenen Georg III. ermorden ließ, wurde er 1326 hingerichtet, s. ebd. 14) D. III., Constantinowitsch, früher Fürst von Susdal, wurde von den Tataren 1360 zum Großfürsten von Moskau erhoben, aber schon 1363 zu Gunsten des Folgenden entsetzt u. st. 1383, s. ebd. 15) D. IV., Iwanowitsch Donski, Fürst von Moskau, erlangte, erst 12 Jahr alt, 1363 von den Mongolen seine Ernennung zum Großfürsten, wogegen der Vorige zurücktrat. Er verlegte die Residenz nach Moskau, s. Russisches Reich (Gesch.). D. st. 1389; er war vermählt mit Eudokia, Tochter des Vor. 16) D. V., jüngster Sohn Iwans II., geb. 1582; wurde von seinem mütterlichen Oheim Boris Fedorowitsch, welcher Anfangs Reichsstattmeister, dann Mitregent des Czars Fedor Iwanowitsch war, nach des Letzteren Tode mit seiner Mutter Marta nach Uglez verwiesen u. daselbst 1591 ermordet. Nach anderen Angaben rettete ihn seine Mutter, indem sie ein anderes ähnliches Kind unterschob. Wegen der Ungewißheit seines Todes geschah es, daß später mehrere falsche D. auftraten. Dieselben waren: 17) D., hieß nach Angabe Derer, die ihn für unecht halten, Grischka Otrepiew u. war aus einer adeligen, aber armen Familie in Jaroslaw; Anfangs Mönch kam er 1603 nach Polen, täuschte die Polen durch außerordentliche Ähnlichkeit mit D. V., heirathete die Starostentochter Marina Mniszech, erhielt Unterstützung, fiel in Rußland ein, ließ, als Boris Gudenow 1605 starb, dessen Sohn Fedor II. u. seine Mutter hinrichten u. bestieg den Thron der Czaren, wurde aber 1606 durch einen, von Wasilei Schuiskoi angestifteten Aufruhr gestürzt u. ermordet. Daß er der echte D. gewesen sei, wird von dem Dichter Niemcewicz u. den meisten polnischen Geschichtsschreibern behauptet, von den russischen Schriftstellern geleugnet. Schon 1607 trat 18) ein zweiter falscher D. auf, der als Iwan Bolotnikow zu Socola in Westpreußen Schullehrer gewesen war; er schlug den Czar Schuiskszi bei Sendomir, vermochte Marina Mniszeck, ihn für ihren Gemahl auszugeben, wurde jedoch, im Begriffe Moskau anzugreifen, bei Kaluga 1610 von den Tataren auf der Jagd ermordet. 19) Ein dritter falscher D. war ein Diakon, Sidore; dieser bemächtigte sich auf Rath seines Vormundes, Johann Zarusky, eines Polen, der Stadt Pleskow, wurde aber von den Einwohnern vertrieben, von den Kosacken gefesselt nach Moskau geliefert u. daselbst 1613 hingerichtet. 20) Ein vierter falscher D. trat als vorgeblicher Sohn von D. Grischka u. der Marina Mniszeck auf; Anfangs von Wladislaw von Polen unterstützt, später verlassen, floh er nach Schweden u. zum Herzog von Holstein, der ihn auslieferte, worauf er 1565 in Moskau erdrosselt wurde, s. Russisches Reich (Gesch.).
II. Staatsmann: 21) D. Pharios, von Pharos, Statthalter der illyrischen Königin Teuta über Korkyra u. Admiral; wurde an jener im Kriege mit den Römern zum Verräther, indem er diesen Korkyra überlieferte, u. erhielt die Statthalterschaft über das der Teuta abgenommene Illyrien, 229 v. Chr. Als er später den Römern untreu wurde, nöthigte ihn der Consul Ämil. Paulus 219 nach Macedonien zu fliehen, von wo er vergebens Versuche zur Wiedereroberung Illyriens machte.
III. Heiliger: 22) St. D., tapferer Krieger aus Thessalonich; der Kaiser ließ ihn wegen seines Eifers für das Christenthum festnehmen u. 307 n. Chr. hinrichten; Tag in der lateinischen Kirche 8. Oct., in der griechischen 26. Oct.; die Griechen halten seinen Festtag für die Schiffer gefährlich, die nur 10 Tage vor od. nach demselben in See gehen.
IV. Geistliche: 23) D., Bischof von Alexandrien, erst Freund, dann aus beleidigtem Stolze heftiger Gegner des Origenes, den er, weil er sich 228 von einem fremden Bischofe in Cäsarea zum Presbyter hatte weihen lassen, erst aus dem geistlichen Stande u. später wegen angeblicher Ketzereien aus der Kirchengemeinschaft ausschloß; erst um 247. 24) D. Mysos, Archidiakon in Constantinopel, überbrachte 1559 den lutherischen Theologen einen Brief vom Patriarchen Joasaph, wegen einer Verbindung der Griechischen mit der Protestantischen Kirche. Nach einem längeren Aufenthalte bei Melanchthon, um den Zustand der evangelischen Kirche genau kennen zu lernen, gab ihm dieser mit einem Schreiben an den Patriarchen eine griechische Übersetzung der Augsburgischen Confession mit, erhielt aber keine Antwort.
V. Schriftsteller: 25) D. Phalereus, aus Phaleron in Athen, geb. um 345 v. Chr., studirte unter Theophrastos u. dem Komiker Menander die Wissenschaften u. wurde 317 v. Chr. unter Kassander Befehlshaber von Athen, wo er sich so großes Verdienst erwarb, daß ihm 360 Bildsäulen gesetzt wurden. Von Demetrios Poliorketes 307 vertrieben, ging er erst nach Theben, dann nach Alexandria, wo er unter Ptolemäos Lagi zur Anlegung der dortigen Bibliothek mitwirkte. Ptolemäos Philadelphosverwies ihn nach Oberägypten, wo er 283 v. Chr. starb. Er war ein großer Staatsmann, Gelehrter u. Redner. Ihm wird ein (wohl vom Sophisten Demetrios aus Alexandria unter Marc Aurel verfaßtes) rhetorisches Werk Περὶ ἑρμηνείας (über die rednerische Darstellung) beigelegt; herausgeg. in der Sammlung der griech. Rhetoriker von Aldus, von Gale u. Walz, einzeln von P. Victorius, Florenz 1562; von Schneider, Altenb. 1779, von Göller, Lpz. 1837, u. im 9. Bd. von Walz Rhetores graeci; vgl. H. Dohre, De vita et rebus Demetrii Phal., Kiel 1825. 26) D. aus Alexandria, Mathematiker, verdient um die Lehre von den Curven. 27) D. von Lampsakos; er schr. einen Commentar zu Dionysios Periegetes, 1806 von Hase in Paris entdeckt. 28) D. Pepagomenos, griechischer Arzt des 13. Jahrh., schr. auf Befehl des Kaisers Michael Paläologos eine Abhandlung über das Podagra, herausgeg. von Adrian Turnebus, Par. 1558; von I. St. Bernard, Leyden 1743; übersetzt von Musurus in Henr. Stephani med. art. princ., ebd. 1721; er schr. auch über die Falken- u. Hundekrankeiten. [833] 29) D. Kydonios aus Thessalonich, in der Mitte des 14. Jahrh.; übersetzte unter And. seines Freundes Thomas von Aquino Summa, auch Augustins Werke u.a. ins Griechische u. st. auf Kreta. Er schr.: De contemnen da morte, von Kuinöl herausgeg., Lpz. 1786; seine Briefe von Matthäi, Moskau 1776 u. Dresden 1789. 30) D. Chalkondylas, s. Chalkondylas 2).
VI. Künstler: 31) D., griechischer Bildhauer um 415 v. Chr., welcher namentlich durch seine Portraitstatuen bekannt wurde, bei denen er eine streng naturalistische Richtung verfolgte, indem er selbst zufällige Unschönheiten nicht unberücksichtigt ließ. Er fertigte die Minerva Musica (so genannt wegen der Eigenschaft, welche die Schlangen der Gorgo auf ihrem Schilde besaßen, beim Tönen der Cither zu wiederhallen). 32) D., Baukünstler 420–380 v. Chr., vollendete nebst Päonios aus Ephesos den ersten Tempel der Göttin Diana in Ephesos. 33) D., Goldschmied in Ephesos; fertigte silberne Tempelchen als Nachahmung des Dianentempels in Ephesos. Er trieb dieses Gewerbe ins Große; u. da er sich, wahrscheinlich bei den festlichen Spielen in Ephesos auf großen Gewinn rechnend, getäuscht sah, schob er die Schuld auf die, vom Apostel Paulus verkündigte christliche Lehre u. erregte gegen dieselbe einen Aufruhr (Apostelgesch. 19, 24 ff.).
Pierer's Lexicon. 1857–1865.