- Francke
Francke, 1) Elias, geb. in der Neumark, ging, nachdem er sich gründlich vorgebildet hatte, nach Frankreich, wo er sich die Gunst des Cardinals Richelien erwarb. Später wurde er Stückhauptmann a. Feuerwerker bei der schwedischen Armee des Feldmarschalls von Falckenberg, kehrte dann in sein Vaterland zurück, wo er Artilleriemeister wurde, aber in Schlesien bei der Steinauer Schanze in kaiserliche Gefangenschaft gerieth; 1646 wurde ihm die Aufsicht über alle Zeughäuser u. Magazine in der Kurmark Brandenburg, wie über das allgemeine Salpeterwesen im ganzen Lande übertragen; er st. 1660. 2) Johann, Arzt u. Pharmakolog, welcher zu Ende des 17. u. Anfang des 18. Jahrh. in Ulm lebte u. 1727 daselbst starb; er schr.: Castorologia, Augsb. 1685; Von der Flachsseide, Ulm 1718, u. viele botanische Abhandlungen. 3) August Hermann, geb. 23. März 1663 in Lübeck, wo sein Vater Stiftssyndicus war, siedelte bereits 1666 mit seinen Eltern nach Gotha über, studirte seit 1679 in Erfurt u. Kiel Theologie u. Philologie, ging 1684 als Mentor eines jungen Theologen nach Leipzig, wo er seine Studien fortsetzte u. 1685 mit Paul Anton das Collegium philobiblicum stiftete; lebte dann in Lüneburg bei Sandhagen, wo er zu seiner späteren theologischen Richtung geführt wurde, ging 1688 nach Hamburg, wo er eine Privatschule errichtete, aber bereits 1689 wieder nach Leipzig, wo er exegetisch-praktische Vorlesungen über die Panlinischen Briefe zu lesen begann, aber, wegen seines großen Zuhörerkreises beneidet u. als Haupt der Pietisten verschrieen, bereits 1690 von der theologischen Facultät veranlaßt wurde, seine Vorlesungen wieder einzustellen. Er verließ Leipzig u. wurde in demselben Jahre Diakonus an der Augustinerkirche in Erfurt; aber hier verketzert u. sogar als Sektenstifter im Sept. 1691 aus der Stadt verwiesen, erhielt er im Decbr. 1691 einen Ruf als Professor der griechischen u. orientalischen Sprachen in Halle u. zugleich als Pastor an der Georgskirche. Hier wirkte er sehr segensreich durch seine praktischen Predigten, durch Abhaltung von Erbauungsstunden erst in seinem Hause, dann in der Kirche, durch Katechisationen mit der Jugend, durch unermüdliche Seelsorge an seinen Kirchkindern, durch Abfassung erbaulicher u. belehrender Schriften, bes. aber anch als akademischer Lehrer; seit 1699 war er Professor der Theologie u. seit 1715 Pfarrer zu St. Ulrich. Aber auch hier blieb er nicht ohne Anfechtung u. gerieth wegen seines Eifers im Predigen in Mißhelligkeiten mit den anderen Geistlichen der Stadt. Er st. 8. Juni 1727 u. schr.: Mannductio ad lectionem sacr. scripturae, Halle 1693, 1704; Observationes bibl., ebd. 1695; Praelectiones hermen., ebd. 1717; Methodus studii theolog., ebd. 1723; Viele Predigten u.m.a., s.d. Folg.; Lebensbeschreibung von Guerike, Halle 1827, von Leo, Zwickau 1848, Ros. Koch, Bresl. 1854; A. H. Niemeyer, Übersicht von F-s Leben u. Verdiensten um Erziehungs- u. Schulwesen, Halle 1788. Das bleibendste Verdienst erwarb sich F. durch die Franckeschen Stiftungen, welche zu Ostern 1695 als Armenschule eröffnet wurden, woran sich dann ein Waisenhaus, ein Lehrerseminar, eine Lateinische Schule u. ein Pädagogium für junge Leute höheren Standes reiheten, welche Anstalten 1701 in Einem Gebäude vereinigt wurden. Mit diesen Instituten verband F. die Cansteinsche Bibelanstalt u. unter dem Schutze der königl. dänischen Regierung ein Missionsinstitut für Ostindien, zuletzt noch eine Apotheke, Buchhandlung u. Buchdruckerei. Die Direction der Franckeschen Stiftungen, welche F. bis an seinen Tod selbst geführt hatte, übernahm nachher sein Sohn Gotthelf (s.d. Folg.) u. sein Schwiegersohn Joh Anast. Freylinghausen. Die bis jetzt noch bestehenden Institute begreifen eine Zahl von 800 Seelen u. bedürfen einen jährlichen Unterhalt von 190,000 Thlrn., welche dieser kleine Staat selbst aufbringt. Am 5. Novbr. 1829 (am Tage wo er vor 134 Jahren die ersten 4 Waisenkinder zu sich genommen hatte) wurde ihm im Bereiche der Waisenhausanstalt ein Denkmal gesetzt. Vgl. Schulze, Knapp u. Niemeyer, Franckes Stiftungen, eine Zeitschrift, Halle 1792 ff., 3 Bde. 4) Gotthelf August, Sohn des Vor., geb. 21. März 1696 in Halle, studirte in Jena Theologie, wurde 1720 Pfarrer an dem Zucht- u. Arbeitshause in Halle, 1723 Adjunct der Liebfrauenkirche u. der theologischen Facultät, 1726 Professor der Theologie, 1727 nach dem Tode seines Vaters Inspector der ersten Diöces des Saalkreises u. Director des Waisenhauses, 1767 erhielt er den Titel eines Consistorialraths u. st. 2. Sept. 1769; er schr.: Programmatum in Academia Fridericiana publice propositorum pentas, Halle 1735, mit literarischen Mittheilungen aus dem Nachlasse seines Vaters als Aug. Herm. Franckii reliquiae programmatum et aliorum opusculorum; Sammlung exegetischer u. kirchenhistorischer Abhandlungen, ebd. 1764; besorgte 1725–1768 die Berichte der königlich dänischen Missionaren in Ostindien u. gab mehrere Schriften seines Vaters heraus, wie: Lectiones paraeneticae, ebd. 1729 f., 7 Bde. [461] Introductio in psalterium, ebd. 1734; Collegium pastorale über Hartmanns Pastorale Evangelicum. ebd. 1741 ff., 2 Bde. u.a.m. 5) Heinrich Gottlieb, geb. 1705 in Teichwitz bei Weida im Voigtlande, studirte seit 1724 in Leipzig die Rechte, wurde 1737 Advocat daselbst, 1748 Professor des deutschen Staatsrechts an der Universität, 1749 kaiserlicher Hofpfalzgraf, 1762 Professor der Moral u. Politik, 1780 Decemvir der Universität u. st. 1781; er schr.: Verbesserte genealogische Fragen, Frkf. u. Lpz. 1733 u. ö.; Tricamerarius S. R. I. e dilplomatibus restitutus etc., Lpz. 1736; Kaiser Francisci Wahlcapitulation u. Reversales, ebd. 1745, 2. A. 1762; Sammlung der Reichshofraths-Conclusorum aus den Jahren 1761_–62, Regensb. 1762, 2 Bde.; Neue Beiträge zu der Geschichte, Staats-, Lehn- u. Privatrechte des kurfürstlichen Hauses Sachsen, 1 Thl., Altenb. 1767; er gab heraus den 5. u. 6. Bd. von Kreysigs Beiträgen zur Historie der sächsischen Lande u. den 3. Bd. von Schöttgen u. Kreysigs Diplomata et scriptt. etc. 6) Georg Sam., geb. 1763 in Hörnerkirchen, wurde 1787 Rector in Husum, 1806 Hauptprediger in Sonderburg, 1811 Professor der Theologie in Kiel; er starb das. 1840 u. schr: Kanzelreden, 1793; Lehren u. Meinungen unserer vornehmsten neuen Weltweisen über die Unsterblichkeit der Seele, Lpz. 1796; lnstituiones psychol. emp. et log., Alt. 1802; De operationibus spiritus sancti, 1810; De hist. dogmatum Arminianorum, 1813; Über die neueren Schicksale des Spinocismus, Kiel 1811; Theologische Encyklopädie, 1819; Grundriß der Vernunfttheologie, 1824. 7) Joh. Valent., Sohn des Vor., geb. 1792 in Husum, wurde 1815 Privatdocent in Kiel, 1819 Subrector in Flensburg u. 1821 Professor der klassischen Philologie, Literatur u. Päda gogik in Dorpat; er schr.: Examen crit. J. Juvenalis vitae. Alt. 1820; Über die Richterschen Inschriften, 1828; u. gab den Kallinos heraus. 8) Karl Phil., geb. 1805 in Schleswig, studirte seit 1823 in Göttingen, Heidelberg u. Kiel die Rechte; nachdem er seit 1827 in der Kanzlei der Herzogthümer in Kopenhagen gearbeitet hatte, kam er 1835 in das Generalzollkammer- u. Commerzcollegium, wo er die Zoll- u. Handelsangelegenheiten leitete. Nach der Incorporirung Schleswigs, 24. März 1848, legte er seine Ämter nieder u. wurde unter der provisorischen Regierung der Herzogthümer Präsident des Regierungscollegiums; von Schleswig in das Parlament nach Frankfurt gewählt, gehörte er zur erbkalserlichen Partei; von der neuen, nach dem Waffenstillstand von Malmoe eingesetzten gemeinsamen Regierung der Herzogthümer (Oct. 1848) wurde er zum Bevollmächtigten bei der Centralgewalt in Frankfurt ernannt, ging nach Anflösung der Nationalversammlung nach Schleswig zurück, wo er im Aug. 1849 in der Regierung der Herzogthümer Departementschef der Finanzen, im Juni 1850 auch interimistisch des Äußeren wurde. Nachdem die Unterwerfung der Herzogthümer unter die Bundesversammlung im Jan. 1851 von der Landesversamlung angenommen worden war, verließ F., proscribirt, sein Vaterland, wurde im Octbr. d. I. Präsident der Landesregierung in Koburg u. nach der Regelung der Gotha-Koburgschen Angelegenheit als geheimer Staatsrath Vorstand der Ahtheilung für Koburg.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.