Gladiatōren

Gladiatōren

Gladiatōren (röm. Ant.), Männer, welche in den Gladiatorenspielen (Munera gladiatoria), Anfangs blos bei Leichenbegängnissen, dann zur Volksbelustigung, bei verschiedenen Religionsfeierlichkeiten, bes. an den Saturnalien u. den Minervenfesten, später selbst bei Gastmählern, auf Kosten des Staates od. einzelner Magistrats- od. Privatpersonen, auf Leben u. Tod kämpften. Nach ihren verschiedenen Waffen u. der verschiedenen Art zu fechten hatten die G. verschiedene Namen. A) Wenn keine ordentlichen Gladiatorenspiele statt hatten, so fochten zur bloßen Ergötzung die Bestiarii Morgens u. Vormittags gegen wilde Thiere, u. Meridiani Mittags nach den Thierkämpfen; sie waren mit kurzer Tunica bekleidet u. kämpften ohne Schutzwaffe, waren übrigens nicht eingeübt; Bustuarii waren solche, welche am Todtenhügel bei einer Bestattung, u. Orbicularii, welche im Hause bei einem Gastmahl kämpften. Gegenüber den Meridiani u. Catervarii, welche Letzteren nicht einzeln, sondern truppenweis kämpsten, hießen B) die eigentlichen G., welche immer gegen anders Bewaffnete kämpften, Ordinarii; die ausgezeichnetsten G. waren in der Kaiserzeit die kaiserlichen (Gladiatores postulaticii, fiscales, caesariani, aulici); Pegmares hießen die alten ausgedienten G., welche auf einem Bretergerüst den wilden Thieren entgegengestellt wurden. Bei einem Gladiatorenspiel kämpften G. mit verschiedenen Waffen gegen einander; es trat ein Retiarius u. ein Secutor auf. Der Retiarius, mit einer Tunica bekleidet, hatte in der Rechten ein Netz (Rete), in der Linken eine dreizackige Lanze (Tridens, Fuscina); der Secutor war mit Helm, Schild u. Schwert bewehrt. Glückte es dem Retiarius, den Secutor mit dem Netz zu fangen, so durchbohrte er den gefangenen Gegner mit dem Dreizack; wo nicht, so rettete er sich durch die Flucht; gewöhnlich siegte er auch noch auf der Flucht, indem er das Netz von Neuem auswarf. Statt des Retiarius kämpfte später auch ein Laquearius gegen den Secutor; dieser führte ein kurzes Schwert u. ein Seil, welches er seinem Gegner um den Hals zu werfen u. denselben so zu fangen suchte. Laquearii kämpften auch mit einander. Gegen den Retiarius stellte man auch den Mirmillo, welcher auf gallische Weise mit Helm, großem Schild u. Schwert bewaffnet war; mit dem Mirmillo kämpfte auch ein Threx, ein auf thracische Weise mit kleinem rundem Schild u. kurzem krummem Säbel bewaffneter Gladiator. Die Samnites führten als nationale Waffe den oben breiten u. unten keilförmig zulaufenden Schild, Helm mit Busch, Brustharnisch u. Schienen am linken Beine. Außer diesen kommen noch vor: Dimachaeri, welche in jeder Hand ein kurzes Schwert führten (erst spät vorkommend); Ardabatae, zu Pferde kämpfend, mit einem das ganze Gesicht deckenden Helm u. einem Speer versehen; Essedarii, welche auf Streitwagen gegen einander fochten. Anfangs waren die G. nur Kriegsgefangene, Sklaven od. verurtheilte Verbrecher, dann auch Freigeborene, später selbst Vornehme, ja Kaiser nahmen Theil.

Die ersten Gladiatorenspiele in Rom wurden 265 v. Chr. von M. u. D. Brutus zu Ehren ihres verstorbenen Vaters u. zwar auf dem Forum boarium gegeben; so wurden sie auch in anderen Städten u. selbst von Cäsar in Rom noch auf dem Markte aufgeführt.[372] Erst um 20 v. Chr. wurden dazu eigene Theater mit offener Arena in Rom erbaut, zuerst von C. Scribonius Curio. Die eigentlichen G. wurden in verschiedenen Städten von besonderen Lehrern (Lanistae) in besonderen, vom Staate od. später von den Kaisern unterhaltenen Schulen (Ludi gladiatorii) bei genau beobachteter Diät (Sagina gladiatoria) unterwiesen; zur Einübung dienten ihnen die Fechterstäbe (Batualia). Die Vorsteher der kaiserlichen Fechterschulen hießen Procuratores ludi gladiatorii Caesaris. Auch die Lanistae hielten auf eigene Hand solche Ludi gladiatorii u. verkauften od. vermietheten ihre Leute zu Gladiatorenspielen; ja selbst reiche u. vornehme Römer hielten gegen das Ende der Republik für sich G. Wollte Jemand, welcher nicht selbst G. hatte, ein Gladiatorenspiel geben (Editor, Munerator, Munerarius), so miethete er die G. paarweise (wie sie im Gefechte zusammenpaßten) u. kündigte die Spiele durch öffentlichen Anschlag (Edictum) an; die weiteren Anordnungen, wobei die Anzahl der G. u. die Namen der ausgezeichnetsten G. genannt wurden, enthielt ein vorher ausgegebenes, weithin in die Provinzen versendetes Programm (Libellus); unter den Kaisern geschah die Anzeige durch die Staatszeitung. Am Tage des Gefechtes wurden die G. auf dem Kampfplatze in Procession aufgeführt u. ihre Waffen untersucht. Zuerst hielten sie eine Art Vorspiel zu dem Kampfe (Praelusio) mit stumpfen Waffen, od. die Ventilatio, das Werfen u. Fangen der Hasta; dann begann auf ein Zeichen mit der Tuba der ernstliche Kampf, mit Drängen, Stich u. Hieb. Der sich als überwunden bekennende Verwundete hob den Zeigefinger in die Höhe, wodurch er das Mitleid der Zuschauer anflehte; wenn diese die geballte Faust mit eingezogenem Daumen empor hielten, so erhielt er Gnade für sein Leben (Missio); streckten diese aber die Hand aus, so wurde die Tödtung damit ausgesprochen. Der todte G. wurde mit Haken von dem Schauplatz durch die Libitina porta in das Spoliarium geschleppt u. dort begraben. Den Sieger lohnte ein Palmenzweig (Palma gladiatoria), häufig auch Geld. Oft siegreiche od. alte G. (wenn sie nicht begnadigte Verbrecher waren) wurden von ihrer Verbindlichkeit befreit u. bekamen zum Zeichen dafür ein hölzernes Schwert (Rudis), daher hießen sie Rudiari; sie weiheten nun ihre Waffen in dem Tempel des Hercules u. lebten in Ruhe; manche verdangen sich aber auch wieder für hohen Lohn (Auctoramentum) zu Gladiatorenspielen u. solche hießen Auctorati.

Gewisse Staatsbeamtete, z.B. die Ädilen, mußten solche Spiele veranstalten, um sich damit dem Volke für die auf sie gefallene Wahl dankbar zu beweisen. Augustus gab besondere Gesetze über die G., nach denselben durften jährlich nur zweimal Gladiatorenspiele gehalten werden u. nur 60 Paare auftreten; die Aufführung wurde von der Erlaubniß des Senates abhängig gemacht; die Oberaufsicht den Prätoren übertragen u. diese selbst zur Veranstaltung derselben verpflichtet, wozu sie einen Beitrag aus der Staatskasse erhielten. Unter den späteren Kaisern fielen alle Beschränkungen wieder weg. Erst Constantin der Große verordnete ihre Aufhebung, doch hörten sie erst unter Honorius ganz auf. Außer in Rom waren die Gladiatorenspiele auch in anderen Theilen Italiens gewöhnlich, wie in Etrurien, woher sie wahrscheinlich stammten; selbst in die Provinzen wurden sie verpflanzt, wie durch Scipio nach Carthago. Die Hauptheimat der G. aber war Campanien, wo eine große Anzahl Gladiatorenschulen gehalten wurden; aus diesen ging auch öfter für Rom große Gefahr hervor. Dort, namentlich in Capua, sammelten Spartacus, Crixus u. Önomaus ihre Massen, mit denen sie den gefährlichen Gladiatorenkrieg gegen Rom führten, s.u. Sklavenkrieg. Unter Nero brach ein Gladiatorenaufstand in Präneste aus. In dem Kriege des Otho gegen Vitellius wurden G. in die Heere aufgenommen u. leisteten hier die besten Dienste im Handgemenge. Übrigens waren die G. die Vorgänger der in später Zeit so übel berüchtigten Banditen in Italien. Auch der bildenden Kunst dienten G. zu Sujets, s. Fechter.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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