Hildesheim [2]

Hildesheim [2]

Hildesheim, 1) Landdrosteibezirk im Königreich Hannover, 791/4 QM., 371,000 Ew.; besteht aus dem Fürstenthum H., den Fürstenthümern Göttingen u. Grubenhagen u. der Grafschaft Hohnstein; 2) Fürstenthum im vorigen (ehemaliges Hochstift, großes u. kleines Stift), 32 QM., 144,000 Ew.; Berge: Vorberge des Harzes, Ausläufer des Wesergebirges, Deister; Flüsse: Innerste, Leine, Fuse, Ocker, Ecker; bringt Eisenstein, Sand- u. Kalkstein, Mergel, Salz, fruchtbar, namentlich an Korn u. Flachs; H. hat zwei Curien (ritterschaftliche u. der Städte u. freie Grundbesitzer); 3) Amt darin, 1/12 QM., 3650 Ew.; 4) Hauptstadt darin (Hildesia, Bennopolis), an der Innerste, Sitz eines katholischen Bischofs, Domcapitels u. katholischen Consistoriums, der Landdrostei, eines Obergerichtes, eines Amtsgerichtes u. der Provinzialstände; eng u. winkelig gebaut, in neuerer Zeit verschönert, besteht aus Alt- u. Neustadt, hat drei öffentliche Plätze u. in Spaziergänge verwandelte Wälle, Domkirche mit vom Bischof Bernward 1022 gegossenen bronzenen Thüren, vor[377] dem Chor die angebliche Irmensäule u. außerhalb der Chorapsis der tausendjährige Rosenstock, wurde angeblich 818 von Ludwig dem Frommen gegründet, die Michaelis- u. die Godehardikirche, jene 1022 von Bernward gegründet, letztere ist im Byzantinischen Style erbaut u. wird seit 1855 restaurirt; in der Stadt sind 4 (früher 8) protestantische Kirchen u. 4 katholische Pfarrkirchen, neben mehreren noch im Gebrauche stehenden Kapellen; das ehemalige fürstbischöfliche Schloß, jetzt Obergericht, protestantisches (Andreanum) u. katholisches (Josephinum) Gymnasium, Seminar für katholische Geistliche, Dombibliothek, Bibliothek des Andreanums, städtisches Museum (für Kunst, Geschichte u. Naturwissenschaften) mit Bibliothek, allgemeine Gewerbeschule, Armen- u. Erziehungs-, auch Kinderpflegeanstalt, wo 5–600 Kinder unentgeldlich beschäftigt u. unterrichtet werden (im aufgehobenen Karthäuserkloster), 2 Waisenhäuser, Pandesirrenanstalt, Staatsgefängniß, 10 protestantische u. 6 katholische Hospitäler, Rolandsche Stiftung; Fabrikation von Tabak, Leder, Tapeten, Segeltuch, mechanische Flachsbereitungsanstalt u. Handspinnerei, Weberei in Damast u. Drell, Garn- u. Leinenhandel, Möbeltischlerei, Eisengießereien, Wagenfabrik; Eisenbahnverbindung mit Lehrte (Anschluß an die Braunschweig-Hannoversche Bahn) u. Zweigbahn zum Anschluß an die Hannover-Göttinger Bahn; Freimaurerlogen: Zum stillen Tempel u. Pforte zum Tempel des Lichtes; 16,300 Ew. Nahe bei der Stadt die aufgehobenen Stifter St. Bartholomäus u. St. Moritz, bei letzterem der Marktflecken Moritzberg, welcher eine Vorstadt von Hildesheim bildet, ebenfalls in der Nähe die Zwergslöcher, Höhlen im Liasschiefer, in denen sich Glaubersalz bildet; in einer Entfernung von drei Stunden Schloß Söder, mit Gemäldegallerie des Grafen Stolberg (Brabeck). – Die Stadt H. verdankt wahrscheinlich ihren Ursprung der Kapelle, welche nach der Verlegung des, von Karl dem Großen in Elze gegründeten Bischofssitzes nach H. vom ersten Bischof Gunthar angelegt wurde; 996 vom Bischof Bernward zum Theil befestigt; 1196 ließ sich eine flandrische Colonie zwischen der Stadt u. dem Moritzberge nieder, wurde 1332 in einer Fehde der Stadt H. gegen ihren Bischof zerstört; zu Anfang des 12. Jahrh. wurde die Neustadt angelegt; im 14. Jahrh. begannen die Streitigkeiten der Bürgerschaft mit dem Capitel; im 15. Jahrh. mit Wall u. Graben umgeben; 1434 schloß H. ein Schutz- u. Trutzbündniß mit Hannover, seit welcher Zeit (1440) bis 1803 die Stadt ihre Schutzfürsten aus dem Hause Braunschweig-Lüneburg erwählte; auch gehörte H. zur Hansa; in der H-er Stifsfehde kam H. mit seinem Bischof in die Acht, erwarb aber die wichtigsten Privilegien, so daß es seitdem factisch freie Stadt war; 1542 Einführung der Reformation; 1583 Vereinigung der Alt- u. Neustadt; 1632 wurde H. von Pappenheim eingenommen, 1634 von der protestantischen Partei (Braunschweig) wieder erobert; 1802 von den Preußen, 1806 von den Franzosen besetzt u. zum Königreich Westfalen geschlagen; 1813 wurde Stadt u. Fürstenthum hannöverisch. Vgl. Geschichte der Diöcese u. Stadt H., Hildesh. 1857 ff.; Kratz, Der Dom zu H., Hildesh. 1840; Cappe, Die Münzen der Stadt u. des Bisthums H., Dresd. 1855.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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