Polnischer Thronfolgekrieg 1733-1737

Polnischer Thronfolgekrieg 1733-1737

Polnischer Thronfolgekrieg 1733-1737. Nach dem Tode des Königs August II. von Polen traten Stanislaw Lesczynski, schon früher einmal König, u. Kurfürst August von Sachsen, Sohn des verstorbenen Königs, als Bewerber auf Stanislaw lebte seit seiner Entsetzung durch Peter den Großen u. August II. im Elsaß u. seine Tochter war an Ludwig XV. von Frankreich vermählt, deshalb unterstützte ihn auch diese Macht u. die Bourbonischen Höfe, während August bes. in Österreich, Rußland u. Preußen Fürsprecher fand, u. als der Polnische Reichstag seinen Entschluß aussprach, keinen anderen als einen geborenen Polen zum König wählen zu wollen, erklärten Österreich u. Rußland, daß sie ihren Willen selbst mit Waffengewalt durchsetzen würden. Aber zu desto kräftigerem Widerstand fühlte sich der Reichstag bewogen u. erwählte am 13. Sept. 1733 Stanislaw Lesczynski, welcher von Meudon nach Warschau gereist war, zum König. Mit dieser Wahl unzufrieden, trennte sich ein Theil des Adels unter dem Fürsten Wisniowiecki von der Wahlversammlung, begab sich über die Weichsel unter den Schutz des anrückenden russischen Heeres u. wählte dort bei Kamien, unweit Praga, den 5. Oct. den Kurfürst von Sachsen als August III. zum König. Die Russen u. Sachsen zwangen nun Stanislaw Leszczynski Warschau zu verlassen u. nach Danzig zu gehen, wo er belagert wurde u. von wo er entfloh. August III. wurde aber in Krakau den 25. Dec. gekrönt. Dies Alles gab, obschon Österreich bei dem Kampfe in Polen nicht thätig gewesen war u. Karl VI. sogar seine Streitkräfte aus Schlesien, wo sie aufgestellt gewesen waren, zurückgezogen hatte, Frankreich u. dessen Verbündeten, Spanien, doch den Vorwand, einen Krieg in Italien u. Deutschland zu entzünden, dessen wahre Ursache der Wunsch war, für Don Carlos, den nachgeborenen Sohn der zweiten Gemahlin des Königs Philipp V. von Spanien, Elisabeth Farnese, eine Souveränetät in Italien zu erhalten. Dennoch führte der nun entstehende Krieg wegen dessen scheinbarer Veranlassung den obigen Namen.

Kaiser Karl VI. verkannte die Lage u. Stimmung Europas; er hielt den Premierminister Frankreichs, Cardinal Fleury, für zu ängstlich u. ruheliebend u. rechnete auf die Hülfe Englands u. Hollands, fand sich aber getäuscht; er zählte auf Preußen, welches sich aber für neutral erklärte, auf Rußland, das aber in Polen u. mit den Türken genug zu schaffen hatte, u. auf Dänemark, welches aber zu ohnmächtig war, u. wollte sich Sardinien durch Unterhandlungen zum Bundesgenossen erwerben, zögerte aber mit Abtretungen u. Zugeständnissen so lange, daß Frankreich Zeit gewann, Sardinien mehr zu bieten u. es insgeheim als Alliirten zu sich hinüberzuziehen. Frankreich verhieß nämlich dem König Karl Emanuel von Sardinien Mailand unter dem Titel eines Lombardischen Reiches u. übertrug demselben den Oberbefehl über sämmtliche Armeen in Italien, u. sardinische Truppen rückten unerwartet im Oct, 1733 in das Mailändische ein, nahmen dort Geschütz u. Magazine u. beschränkten Österreich bald auf Mantua, welcher Platz von den Sardiniern belagert wurde, während Franzosen zu deren Succurs die Alpen herabstiegen u. ein anderes französisches Heer Lothringen besetzte u. sich am 29. Oct. Kehls bemächtigte. Der Kaiser benutzte den Winter, um Vorbereitungen zum Kriege zu treffen, die Linien von Ettlingen, welche Philippsburg deckten zu befestigen, ein Heer in Italien zu sammeln u. das Deutsche Reich zum Krieg gegen Frankreich zu bewegen. Wirklich gelang ihm dies, u. trotz dem, daß Kurpfalz u. Kurköln neutral bleiben wollten, wurde der Reichskrieg, um die Gebietverletzung zu rächen, u. die Aufstellung eines Heeres von 120,000 Mann beschlossen. In der Lombardei unternahm nun Graf Mercy, welcher für Österreich den Oberbefehl führte, im Februar 1734 mit 6000 Mann eine große Recognoscirung gegen Mantua u. wollte eben die Operationen beginnen, als Krankheit ihn zum Commando unfähig machte. Erst im Mai begannen daher die Bewegungen. Die sardinisch-französische Armee stand an beiden Ufern des Po, die Sardinier am Oglio, die Franzosen zwischen Reggio u. Guastalla. Mercy setzte bei S. Benedetto über den Po u. trieb die Franzosen bis Padua zurück; seine Unterfeldherren griffen die französische Stellung bei Colonno an u. nahmen sie, mußten sie aber wieder räumen. Mercy führte das Heer nach S. Martino zurück u. beschloß den Franzosen[309] eine Schlacht zu liefern, welche in einer stark befestigten Stellung zwischen Parma u. dem Dorfe Crocetta standen. Gegen diese Stellung gingen die Österreicher den 28. Juli vor u. griffen sie am 29. an. Mercy befehligte den linken Flügel, der Prinz von Württemberg den etwas später anlangenden rechten, u. obgleich beide Anführer verwundet das Schlachtfeld verlassen mußten, nahmen die Österreicher doch alle französischen Schanzen, u. die Franzosen zogen sich unter die Mauern von Parma zurück. Doch auch die Österreicher zogen sich aus Mangel an Lebensmitteln nach S. Prospero u. Reggio zurück u. nahmen hinter dem Secchia eine Stellung. Die 1200 Mann starke Besatzung von Guastalia wurde gefangen. Im Juli erhielten die Kaiserlichen neue Verstärkungen u. den Graf Königseck zum Feldherrn. Am 14. Sept. überfielen 10,000 Österreicher den Herzog von Broglio; ein anderer Angriff am 19. Sept. wurde nach achtstündigem Kampfe abgeschlagen; an diesem Tage blieb auf Seite der Kaiserlichen der Prinz von Württemberg. Die Kaiserlichen zogen sich zurück, gingen über den Po u. nahmen eine Stellung zwischen dem Po u. Oglio. Der übrige Feldzug verstrich ziemlich unthätig, nur daß das von den Franzosen umzingelte Mirandola entsetzt wurde u. die Kaiserlichen in einem Winterfeldzuge, nachdem das verbündete Heer in die Winterquartiere gegangen war, Bozzolo, Sabionetta u. m. a. Plätze jenseit des Oglio nahmen. Unterdessen hatte der Infant Don Carlos sich zu Anfang des Jahres 1734 für mündig erklärt u. die Regierung über die ihm schon früher zuerkannten Herzogthümer Parma u. Piacenza angetreten. Ein spanisches Heer, welches der Herzog von Montemar unter diesem Prinzen befehligte, sammelte sich in Toscana u. drang durch den Kirchenstaat in das seit dem Frieden von Baden österreichische Königreich Neapel ein, während eine spanische Flotte vor Civita vecchia erschien, dort eine Abtheilung ließ u. mit der anderen am 20. Febr. Ischia u. Procida nahm. Gegen die Ansicht des Oberbefehlshabers Grafen Traun, welcher die Besatzungen in den Festungen stehen lassen u. so die Verstärkung von 20,000 Mann erwarten wollte, stellte man auf den Rath des Generals Caraffa nur zwei schwache Corps, eins von 6000 Mann in den Verschanzungen bei S. Angelo della Canina, das andere in Apulien auf. Die Spanier überwältigten aber erstere Linien, berannten Gaeta u. Capua, drangen gegen Neapel vor, welches dem Sieger die Schlüssel nach Aversa entgegen sendete, u. zogen am 10. April in Neapel ein. Binnen wenigen Wochen ergaben sich die Forts von Neapel u. Bajä, u. am 10. Mai hielt Karl, welcher sich als Karl III. zum König von Neapel erklärte, dort seinen Einzug. Nun erst sammelten sich die Reste der österreichischen Truppen, 9000 Mann, bei Bitonto, auein auch diese, nach Caraffas Abberufung unter dem Prinzen Belmonte stehend, wurden von Montemar am 25. Mai durch die Übermacht geschlagen, 5000 Österreicher blieben u. der Rest warf sich nach Bitonto u. Bari, wo sie bald darauf capitulirten; Gaeta fiel den 6. August, nur Capua, wo Graf Traun befehligte, hielt sich bis zum 24. Novbr. Montemar setzte nun nach Sicilien über, faßte bei Palermo festen Fuß, eroberte von hier aus 1735 Messina, Syracus u. Trapani, u. am 3. Juli 1735 ließ sich Karl als König beider Sicilien krönen.

In Deutschland hatte mittlerweile der Krieg auch begonnen. Indessen waren die vom Reichstag bewilligten Summen so gering, daß der Herzog von Bevern, welcher das Commando übernehmen sollte, im Frühjahr 1734 nur 12,000 statt 120,000 Mann vorfand. Das französische Heer unter dem Marschall von Berwick eröffnete den 9. April den Feldzug u. nöthigte Trarbach zur Übergabe, überschritt den Rhein in drei Colonnen u. umging die Linien von Ettlingen; der Herzog von Bevern zog sich eilig nach Heilbronn zurück u. übergab dort dem Prinzen Eugen den Oberbefehl. Dieser fand das Heer kaum 25,000 Mann stark; unthätig mußte er der Einnahme von Philippsburg zusehen, welches nach tapferer Vertheidigung des Barons von Wutgenau u. nachdem der Marschall von Berwick davor geblieben war, am 18. Juli an den Marquis von Asfeld übergeben wurde. Obgleich im Laufe des Feldzuges Eugens Heer auf 60,000 Mann wuchs, auch sich mehre Reichsfürsten, u.a. König Friedrich Wilhelm I. von Preußen u. dessen Sohn, der nachmalige Friedrich II., im Lager befanden. war es doch ganz undisciplinirt, Eugen selbst, alt u. doppelt vorsichtig, zog sich nach Bruchsal zurück u. ließ daher den Rest des Feldzuges unthätig verstreichen. Auch mißlangen seine Bestrebungen, den König Georg II. von England, welcher dem Kriege geneigt war, zu demselben zu bewegen, an der Friedensliebe Walpoles. Österreich fand sich deshalb bewogen, die von England mit Frankreich verabredeten Friedenspräliminarien nach vorhergegangenem Waffenstillstand am 1. April 1735 scheinbar anzunehmen, wonach Stanislaw den Titel König von Polen u. die Verfügung über seine polnischen Güter behalten, Karl III. als König beider Sicilien von Österreich anerkannt werden u. Sardinien die Gebiete von Tortona, Novara u. Vigevano abgetreten erhalten, dagegen alle andere österreichischen Besitzungen zurückgegeben, die Pragmatische Sanction von den Bourbonischen Höfen anerkannt, die Herzogthümer Parma u. Piacenza abgetreten, so wie der künftige Besitz von Toscana, mit Ausnahme Livornos (welches ein Freistaat werden sollte) dem Kaiser zugesichert werden sollte. Dieses Nachgeben war aber nur scheinbar, denn Österreich, theils weil sich ihm Spanien u. Sardinien näherten, theils weil Dänemark u. Sachsen Hülfe versprachen u. Rußland sogar 18,000 Mann an den Rhein rücken ließ, brach die Unterhandlungen ab u. begann den Kampf aufs Neue. Da jedoch der Ausgang desselben den gehegten Hoffnungen nicht entsprach, wurde der Kaiser dem Frieden geneigt u. trat durch den Grafen von Neuwied mit Frankreich aufs Neue in Unterhandlung, welches durch de la Beaume vertreten wurde. Währenddem wandte sich das Glück wieder den österreichischen Waffen zu, u. nun kam erst ein Waffenstillstand u. am 3. Oct. 1735 der Präliminarfriede in Wien mit Frankreich zu Stande. Die siegreichen Fortschritte des österreichischen Befehlhabers, Grafen Königseck, in Italien, veranlaßten Sardinien u. dann auch das nun allein stehende Spanien, einen Waffenstillstand einzugehen. Obgleich aber der Krieg nur factisch geendet war, dauerte es doch noch einige Jahre bis zum Definitivfrieden, welcher in Wien mit Frankreich den 8. Nov. 1738 unterzeichnet wurde. Sardinien trat demselben 3. Februar u. Spanien u. Neapel 21. April 1739 bei. Bedingungen: Stanislaw Lesczynski, König von Polen, entsagte der polnischen Krone, behielt jedoch den Titel u. erhielt den[310] lebenslänglichen Genuß von Bar u. Lothringen, das nach seinem Tode an Frankreich fallen sollte, Toscana wurde dem Herzog von Lothringen Franz überwiesen; Karl III., früher Prinz von Spanien, wurde als König beider Sicilien anerkannt, trat dagegen Parma u. Piacenza an Österreich ab, u. Sardinien erhielt die Gebiete von Novara u. Tortona, die Herrschaften San Fedele, Torre de Forti, Gravedo u. Campo maggiore, so wie die beiden Langhi. Er u. Frankreich erkannten die Pragmatische Sanction ausdrücklich an. Doch der Tod Karls VI. unterbrach nach Jahresfrist den kaum geschlossenen Frieden wieder.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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