Teplitz

Teplitz

Teplitz (Teplice, d.i. Warmort), 1) Amtsbezirk des böhmischen Kreises Leitmeritz; 37 QM. u. 21,000 Ew.; 2) Herrschaft des Fürsten Clary darin; 3) Stadt hier, seit 1848, nach Aufhebung der Patrimonialverhältnisse, freie Badestadt, in dem Biela-thale an der Zweigbahn Aussig-T. der Prag-Bodenbacher Eisenbahn, bildet mit dem Dorfe Schönau (s.d.) einen zusammenhängenden Ort von 8000 Ew.; T. ist Hauptort des Amtsbezirks, Sitz des Bezirks-, eines Hauptzoll-, Steuer-, Post- u. Telegraphenamts, Bergcommissariats u. Finanzwachcommissariats, zur Zeit der Badesaison einer, unter dem Vorstande eines Polizeiobercommissärs der Prager Polizeibehörde stehenden Curinspection zur Überwachung der Badeanstalten u. Aufrechterhaltung der Ordnung; hat fürstlich Clarysches Schloß mit Schloßkirche, Theater u. prachtvollem Garten; ferner Dechanteikirche, Lorettokapelle, evangelische Kirche (seit 1862 neugebaut, an Stelle des im J. 1847 erbauten Bethauses), Rathhaus, fürstliches Amthaus, mehre Hospitäler u. die verschiedenen Badehäuser; auf dem Gottesacker liegt I. G. Seume, welcher hier 13. Juni 1810 starb, begraben. Die berühmten heißen Quellen haben ihren Ursprung in den Stadtbädern im tiefsten Punkte der Stadt in Syenitporphyr; die dasige Ur- od. Hauptquelle u. die daneben entspringende Frauenbadquelle speisen in dem der Stadt gehörigen Stadtbadehause das Männer- u. Weiberbad, wo je die verschiedenen Geschlechter gemeinschaftlich baden, u. 27 Badelogen, darunter 3 mit Doucheapparat. Von der Urquelle werden ferner gespeist die 10 Badelogen des Fürstenbades, dem Fürsten Clary gehörig, die zwei Badelogen des einem Privatmann gehörigen Gürtlerbades u. das Sofien- od. Judenbad, welches der Judengemeinde in T. gehört u. drei Badelogen u. ein Communbad enthält. Von der Frauenquelle bekommt das Herrenhausbad sein Wasser, dasselbe gehört dem Fürsten Clary u. hat acht Badelogen. Temperatur der Haupt- od. Urquelle od. des Sprudels + 39,5° R., jedoch kann diese Wärme in dem Stadtbad in einem eigenen Abkühlungsreservoir bis auf 30° R., u. wenn die atmosphärische Luft kühl ist, auch noch mehr gemindert werden. Temperatur der Frauenbadquelle + 37° R. Die Quelle des Militär- od. Sandbades, welches der Stadtgemeinde gehört, quillt aus dem Sande des Badebodens u. hat 27–28° R.; dieses Bad ist zunächst zum Gebrauch der zur Cur hier anwesenden Militärpersonen bestimmt. Die Gartenquelle im Curgarten hinter dem Herrenhause ist mit einem tempelartigen Gebäude überbaut u. in drei Reservoirs (Trink-, Augen- u. Badquell) gefaßt; Temperatur 20–21° R. Das Steinbad, der Stadtgemeinde gehörig, welches ehemals auf einer sumpfigen Wiese mitten unter kalten Quellen hervorkam, 1759 aber gefaßt u. mit dem jetzigen Gebäude versehen wurde, hat 20 Badelogen u. 2 Communbäder; Temperatur 30–31° R.; Stephansbad (ehemaliges Tempelbad), der Stadt gehörig, mit einem griechischen Tempel überbaut, hat 7 Badelogen u. erhält sein Wasser aus der Stephans- (Tempelbad-) quelle von 29–30° R. In Schönau: Schlangenbad, 1773 gefaßt, 1796 mit einem Gebäude versehen, 1820 neu eingerichtet u. mit 15 Bädern versehen, hat zwei Quellen, die eine zu 34°, die andere zu 31° Wärme; es gehört der Gemeinde Schönau; u. das Neubad, früher das Schwefelbad (weil man ihm sonst Schwefelgehalt zuschrieb), dem Fürsten Clary gehörig, hat sechs Badelogen u. bekommt sein Wasser theils aus der eigenen, theils aus der Sandbadquelle; Temperatur: 34–35° R. Douchebäder gibt es, außer in dem Stadthausbade, auch in dem Fürsten-, Gürtler-, Herrenhaus-, Schlangen- u. Neubad; Moorbäder werden in dem Stadt-, Herrenhaus- u. Schlangenbad verabfolgt (das Moor kommt von Dreihunken am Fuß des Erzgebirges). Das Wasser der teplitzer Quellen ist geruch- u. farblos (durch ein[377] reines Glas betrachtet, sieht es meergrün), der Geschmack ist etwas fad u. laugig, gibt aber, abgekühlt, ein gutes Trinkwasser. In den Zuleitungsröhren u. steinernen Einfassungen der Bäder setzt es den sogenannten Badesinter, ein bräunliches Eisenoxyd, ab. Bei dem Erdbeben von Lissabon 1755 wurden die Quellen Anfangs trübe, flossen dann 11/2 Stunde dunkelgelb u. dick, dann gelblich roth u. sehr häufig hervor, so daß es alle Bäder überschwemmte. Die Quellen gehören zu den alkalisch-salinischen Mineralwassern. Die Bestandtheile der einzelnen Quellen sind nicht wesentlich verschieden; die Hauptquelle enthält z.B. in 1 Pfund Wasser: 0,434 schwefelsaures Kali, 2,684 kohlensaures Natron, 0,080 kohlensaures Mangan, 0,018 kohlensaures Lithian, 0,037 kohlensaures Eisen-oxydul, 0,019 kohlensaures Strontian, 0,325 kohlensauren Kalk, 0,053 kohlensaure Bittererde, 0,312 Kieselerde, 0,105 Chlorkalium, 0,433 Chlornatrium, 0,056 Jod, 0,130 Fluor-Silicium-Natrium, 0,001 phosphorsaures Natron, 0,090 Quellsäure, 0,022 Thonerde, zusammen 4,799. T. ist von jeher bes. äußerlich als Bad, selten innerlich gebraucht worden u. seine Heilkraft gründet sich auf die natürliche Wärme des Wassers, mit Kohlensäure u. Salzen verbunden. Vorzüglich wirkt es in chronischen Rheumatismen, in Gicht, oft in chronischen Geschwüren u. Hautausschlägen, in äußerlichen Geschwülsten u. Verhärtungen im Zellgewebe u. in Drüsen; in örtlicher Schwäche, sowie bei Contracturen, Steifigkeiten u. Lähmungen, als Folgen schwerer Verwundungen, bei Stockungen sexueller Exeretionen, bei krampfhaften convulsivischen Nervenkrankheiten, bes. metastatischen etc. Als nachtheilig ist der Gebrauch von T. zu widerrathen bei acuten Entzündungen, hektischen Fiebern, Wechselfiebern, Skorbut, ausgebildeten Wassersuchten, Bluthusten, Blutbrechen u.a. schwächenden Blutflüssen, bei der Lustseuche, wo noch Quecksilber nöthig ist, überhaupt bei jedem auf Zersetzung mit Lebensschwäche u. Abzehrung beruhenden Krankheitsprocesse u. großer Erschlaffung der Fasern. In dem Curgarten ist eine Trinkanstalt, wo man allerhand Mineralwässer haben kann. Zu den Spatzier- u. Vergnügungsorten in u. unmittelbar bei der Stadt gehören vor allen der Schloßgarten, welcher den Versammlungspunkt der Badegesellschaft um Mittag bildet, dann der Gartensalon, die Meierei, die Königshöhe (nach dem König Friedrich Wilhelm III. genannt, dem hier 3. Aug. 1841 ein Denkmal gesetzt worden ist), der Curgarten, die Schlackenburg (eine aus Sandstein u. Glasziegeltrümmern gebaute Burgruine mit Restauration), Belvedere, Stefanshöhe, Mont de Ligne, Turner Park, Fasanerie, der Schloßberg (s. unten); in der Umgegend Propstau, die Schweizermühle, die obere Bergschenke, Mariaschein, Graupen, die Wilhelmshöhe, die Rosenburg, Heinrichsruhe, das Mückenthürmchen, der Schweißjäger, Eichwald, Doppelburg, Dux, Ossegg mit der Salesiushöhe u. Riesenburg, Bilin, der Millischauer u.a.

Hirten, welche Schweineheerden in die Gegend von T. trieben, sollen um 762 die Hauptquelle durch das Geschrei ihrer dort sich verbrennenden Schweine gefunden haben. Kolostug, Herr der Gegend, soll hierauf an jenem Orte eine Burg erbaut u. seine Unterthanen um dieselbe sich niedergelassen haben. Reste davon soll das hinter der Stadtkirche gelegene alterthümliche Gebäude mit den zwei Thürmchen sein. Die eigentliche Geschichte gedenkt T. erst 1153, wo Judith, Gemahlin des Herzogs Wladislaw von Böhmen, hier ein Benedictinernonnenkloster für Nonnen stiftete, welches im Hussitenkriege zerstört wurde. Darauf kam T. an die Krone Böhmen, u. König Sigmund verpfändete es an Jakubek v. Wrzowec; unter ihnen machte sich bes. Wolfgang, in der Mitte des 16. Jahrh., um T. als Curort sehr verdient, indem er die ersten zweckentsprechenden Bäder anlegte; er baute auch das Schloß auf dem Schloßberg (Dobrowska Hora) wieder auf u. legte die Schloßkirche an. Durch Heirath kam T. mit Schloß 1578 an Janus von Schönberg, welcher es 1585 an Radislaw Kinsky verkaufte. Dieser ließ die Quelle des jetzigen Stadtbades fassen u. erbaute das Fürstenbad. Sein gleichnamiger Vetter, welcher ihm 1615 im Besitz von T. folgte, vermehrte die Zahl der Bäder u. vergrößerte das Schloß auf der Dobrowska Hora, um welche er einen Thiergarten anlegte. Im Dreißigjährigen Kriege verödete T. fast ganz, u. Wilhelm von Kinsky, seit 1611 Nachfolger Radislaws, kam 25. Februar 1634 bei Wallensteins Ermordung in Eger mit um. Seine Güter wurden verschenkt u. T. erhielt der General Graf Aldringen. 1639 wurde das Schloß auf dem Schloßberge von den Schweden genommen u. 1655 von dem Kaiser geschleift. Als 1664 das Aldringen Geschlecht mit Graf Paul im Mannesstamme erlosch, erhielt dessen Schwester Anna, vermählt an Hieronymus von Clary, T.; sie wurde zugleich mit ihren Söhnen in den Freiherrenstand erhoben u. nahm den Namen Aldringen mit an. Ihr Sohn Marcus, welcher in den Grafenstand erhoben wurde, baute die 1654 fast ganz abgebrannte Stadt wieder auf; sein Neffe Franz Karl verschönerte T. durch den größten Theil der noch jetzt bestehenden Anlagen; dessen Sohn Franz Wenzel, welcher ihm 1751 folgte, ließ das Schloß bei der Stadt in seiner dermaligen Gestalt bauen. Die Glanzperiode des Bades begann aber unter seinem Bruder Johann. 1778 war T. in Folge des Baierischen Erbfolgekrieges kurze Zeit von den Preußen besetzt. 1793 brannte T. wieder zum großen Theil ab. Am 30. Aug. 1813 wurde die Schlacht bei Kulm in der Nähe von T. geschlagen u. im September u. October war T. langedas Hauptquartier der alliirten Monarchen, welche hier 9. Septbr. den Allianztractat gegen Napoleon schlossen 1835 hier Conferenz zwischen den Monarchen von Österreich, Preußen, Rußland u. Sachsen; 1849 zwischen dem Kaiser von Österreich u. den Königen von Preußen u. Sachsen; 24. Juli 1860 zwischen dem Kaiser von Österreich u. dem Prinzregenten von Preußen. Am 12. u. 13. August 1860 wurde hier von böhmischen u. sächsischen Gesangvereinen u. Liedertafeln das Teplitzer Sängerfest abgehalten. Am 29._– 31. Aug. 1862 wurde das 1100jährige Jubelfest der Heilquellen gefeiert u. dabei ein Denkmal enthüllt, welches die Heilquellen versinnbildlicht. Vgl. Schmelkes, T. u. seine Mineralquellen, Lpz. 1841; Küttenbrugg, Die Thermalbäder zu T., Prag 1844; Hoffmann, T. u. sein romantisches Thal, Berl. 1849; Dietrich, Der Cur- u. Badeort T., Meißen 1851; Berthold, Das Stadtbad zu T., ebd. 1855; Derselbe, Das Fürstenbad u. Gürtlerbad zu T., ebd. 1857; Derselbe, Das T-er Moorbad, ebd. 1857; Derselbe, Das Steinbad nebst dem Stefansbade u. Sandbad zu T., ebd. 1857; Dinter, Die Heilquelle von T., Dresd. 1858; Arno, Fremdenführer[378] durch T. u. seine Umgebungen, Meiß. 1855; Pohlig, Vademecum für den Badegast in T., Tepl. 1856; Seiche, Das Verhalten des Curgastes zu Teplitz-Schönau, ebd. 1859; Fr. Cservenka, Fremdenführer durch den Curort Teplitz-Schönau u. Umgebungen, ebd.; Derselbe, Das Teplitzer Sängerfest, ebd.; Derselbe, Plan von T., ebd. 1853; T. mit seinen Umgebungen, Wien 1831. Vgl. Der Schloßberg bei T. (Roman) von A. W. Lorenz, 1829, 2 Bde. 4) (T. u. Neustädter-T.), Badeorte im Bezirk Neustadtl des österreichischen Herzogthums Krain, mit warmen Mineralquellen; 5) (T.-Pöstyen), s. Pöstyén; 6) Badeort, so v.w. Tüffer.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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