- Wolfenbüttel
Wolfenbüttel, 1) Kreis des Herzogthums Braunschweig, zwischen den Kreisen Braunschweig u. Helmstedt, der preußischen Provinz Sachsen u. Hannover, hat mit dem abgesondert davon gelegenen Amtsbezirk Harzburg 13,88 QM. u. 54,600 Ew. in 2 Städten u. 102 Flecken u. Landgemein den; er wird eingetheilt in den Stadtgerichtsbezirk W. u. vier Amtsgerichtsbezirke; 2) Stadtbezirk darin, begreift die gleichnamige 3) Kreishauptstadt an der schiffbaren Ocker u. der braunschweigischen Staatsbahn; dieselbe war früher befestigt, jetzt sind die Wälle in Spaziergänge verwandelt, hat die zwei Vorstädte Auguststadt u. Gotteslager, Consistorium, Generalsuperintendentur, Cassationshof u. Obergericht, Kreisdirection, Kreis- u. Amtsgericht, altes Schloß (bis 1754 Residenz der Herzöge), drei evangelische Pfarrkirchen (darunter die alte Hauptkirche mit herzoglicher Gruft), eine katholische Kirche, Synagoge, Bibliothekgebäude mit Marmordenkmal Lessings u. 300,000 Bänden u. 10,000 Handschriften, Prediger- u. Schullehrerseminar, Gymnasium, vier evangelische Bürgerschulen, katholische u. jüdische Schule, lutherisches Fräuleinkloster, Sonntagsschule, Kleinkinderbewahranstalt, jüdische Erziehungsanstalt, Waisen- u. Krankenhaus, Leihhaus, Strafanstalt, Kaserne, Fabriken in Tapeten, Leder, Tabak, Leinwand, Handel mit Korn u. Garn; 8950 Ew. – W. kommt als Schloß (Dom Nestring) schon unter den sächsischen Kaisern vor u. gehörte den Grafen von Schladen, welche davon Vögte zu W. hießen. Heinrich der Löwe eroberte 1193 die Stadt u. Herzog Albert der Große von Braunschweig nahm sie 1255 den Vögten von W. ab u. zerstörte sie; Herzog Heinrich der Wunderliche baute sie 1283 wieder, u. sie wurde nun zuweilen u. seit 1416 definitiv Residenz der Herzöge von Braunschweig. Fest war sie mehr durch ihre nassen Gräben u. sumpfige Umgebung, als durch ihre Wälle u. Citadelle, doch hatte sie Casematten. 1542 wurde W., da der Herzog katholisch war, von den Sachsen u. Hessen beschossen u. eingenommen, nach der Schlacht von Mühlberg, 1547, aber wieder geräumt. Zu Anfang des Dreißigjährigen Krieges wurde W. von den Dänen besetzt, diese aber 1627 von den Kaiserlichen unter Pappenheim vertrieben. 1641 belagerte sie der Herzog August von Braunschweig; die Kaiserlichen machten einen Entsatzversuch, u. es kam bei W. zur Schlacht, in welcher zwar am 19. Juni die Kaiserlichen unter Piccolomini u. Erzherzog Leopold von den Schweden unter Königsmark, Guebriant u. dem Herzog von Braunschweig geschlagen wurden, aber W. fiel nicht, sondern wurde erst im Frieden von Braunschweig 1643 übergeben (s. Dreißigjähriger Krieg S. 324). Zum Andenken wurden die Glockenthaler (s.d.) geschlagen. Als 1671 die Stadt Braunschweig in den alleinigen Besitz von Braunschweig-W. kam, nahmen die Herzöge ihre Residenz theilweise in Braunschweig, bis Herzog Karl 1754 dieselbe ganz nach Braunschweig verlegte.[326] Vgl. Bege, Geschichte der Stadt W., Lüneb. 1832. st. Amtsgerichtsbezirk ebd. mit 13,100 Ew.; 5) das Fürstenthum W., so v.w. Braunschweig-W., od. auch im engeren Sinne so v.w. die früheren Districte W., Harz u. Schöningen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.