- Reims
Reims (Rheims, spr. Rängs), 1) Arrondissement im französischen Departement Marne, 35,5 QM., 136,000 Ew.; 2) Hauptstadt darin, an der Vesle u. an der Eisenbahn von Epernay nach Mezières, welche sich hier nach Tergnier (Paris-Brüssel-Lüttich) verzweigt; Erzbischof, Handelsgericht, Börse, kaiserliches Collegium, früher Universität (gestiftet 1547, aufgehoben 1793), Kathedrale (schon 406 gebaut, im 12. Jahrh. abgebrannt, sonst mit vielen Kostbarkeiten (z.B. ein mit Goldblech überzogenes, mit Edelsteinen verziertes Evangelienbuch, auf welches die Könige den Eid ablegten u. die Ste. ampoule, mit dessen Inhalt die französischen Könige gesalbt, s. Ampulla 3), bis mit Karl X. Krönungsort der französischen Könige (vgl. Krönung, S. 843); der Erzbischof von R. verrichtete als Primas des Reichs seit 1179 stets die Krönung R. besitzt ferner: Rathhaus, Gymnasium, Secundärschule der Medicin, Botanischen Garten, Akademie der Wissenschaften, Hospitäler, römische Alterthümer (Triumphbogen), Wasserkunst; hat Handel, Fabriken von Wollen- u. Baumwollenwaaren, vorzüglich Kasimirs u. Shawls, Lichtern, Seife, Pfefferkuchen u.a.; 47,500 Ew. R. ist der Geburtsort[8] von I. B. Colbert. – R. hieß früher Durocortorum, später aber Remi, u. war die Hauptstadt der Remi u. des Belgischen Galliens. Chlodwig wurde hier vom Erzbischof St. Remigius getauft u. beschenkte das dasige Capitel mit großen Gütern. Später fiel R. bei den verschiedenen Theilungen stets an Austrasien u. war eine der beiden Hauptstädte dieses Landes, bis sie bei der Theilung unter Ludwig des Frommen Kinder an Karl den Kahlen u. so zu Neustrien kam, bei welchem sie nun blieb. Die Grafen von Vermandois (s.d.) eigneten sich seit dem 9. Jahrh. ihren Besitz mehrmals zu, aber der König machte sie ihnen wieder streitig. Endlich gab Ludwig IV. die Stadt u. Grafschaft R. dem Erzbischof Artaldus. Diesem aber machten wieder die Grafen von Vermandois den Besitz streitig, bis der Bischof dem Grafen Renald das Recht, sie als Graf von R. zu haben, abgekauft haben soll. Seitdem waren die Erzbischöfe wenigstens unbezweifelt Herren der alten Stadt, wie sie zur Römerzeit gewesen war, doch baute sich allmälig eine weit größere neue Stadt an, welche im 14. Jahrh. vom König Johann mit Mauern umgeben wurde. Ludwig VII. der Jüngere u. dessen Sohn Philipp August schenkten dem Erzbischof den herzoglichen Titel u. bestätigten das bisher oft bestrittene Recht desselben die Könige von Frankreich zu salben u. zu krönen, was denn seitdem bei allen Monarchen Frankreichs, mit Ausnahme Heinrichs II., welcher sich zu Chartres krönen ließ, Napoleons I., bei welchem dies in Paris geschah, Ludwigs XVIII., Ludwig Philipps u. Napoleons III., bei denen keine Krönung Statt fand, zu R. geschah. Concilien wurden zu R. gehalten 813 von Karl dem Großen, 1049 vom Papst Leo XIV. u. 1147. R. wurde im Febr. 1814 von den Russen besetzt, am 5. März die schwache russische Besatzung von den Franzosen u. den Bürgern übermannt u. der russische General Fürst Gagarin gefangen, am 12. März die Stadt abermals von den Russen u. Preußen unter St. Priest erobert, am folgenden Tage aber von den Franzosen unter Napoleons Leitung angegriffen u. genommen, am 19. März von den Russen unter Winzingerode aufs Neue erobert. Vgl. I. Justinus (Baron I. Taylor), R., la ville des sacres, Par. 1860.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.