Strālsund

Strālsund

Strālsund, 1) Regierungsbezirk der preuß. Provinz Pommern, gebildet aus Schwedisch-Pommern nebst Rügen; grenzt an die Ostsee, den Regierungsbezirk Stettin u. an das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin; Größe: 79,68 QM., einschließlich 6,37 QM. Wasser u. (1858) 203,106 Ew. (worunter 739 Katholiken u. 230 Juden); bildet fruchtbare Ebene, nur auf Rügen sind kleine Berge. Flüsse: Peene, Trebel, Recknitz, Barthe. Bemerkenswerthe Landseen: Franzburger See, Borgwall, Bläksee; Producte: Getreide, Vieh, Seefische; in einigen Gegenden, bes. auf Rügen, Linnenfabrikation. Eintheilung in vier Kreise: Rügen, Franzburg, Greifswald u. Grimmen; 2) (in Urkunden Stralesund, Sundia, Sund, Stralow), Hauptstadt des Regierungsbezirks u. vormaligen Schwedisch-Pommerns, im Kreise Franzburg, am Strela-Sund, d.h. der Meerenge, welche die Insel von dem Festlande scheidet (der nördlichste Theil heißt Gellen), nur durch drei Brücken mit dem Lande verbunden. Festung zweiten Ranges, mehr durch Lage, indem es durch große Teiche gedeckt wird, als durch Kunst fest, doch hat es mehre Bastions u. Ravelins, auch sind diese Werke seit 1816 retablirt u. die Wasserpässe, welche zur Stadt führen, durch Werke geschützt worden. Südöstlich von dem Hafen liegt die Insel Dänholm, seit 1849 mit einem Marineetablissement. S. hat nicht sehr breite, aber ziemlich parallele Straßen, zwei öffentliche Plätze (alter u. neuer Markt), drei Land-, zwei Wall- u. fünf Wasserthore; Denkstein u. granitnes Grabdenkmal mit Broncebild Schills; sie ist Sitz der Regierung, eines Hauptzollamts, eines Kreisgerichts, Oberpostamts, Telegraphenbureaus u. hat sechs Kirchen, darunter die Marien-, St. Nicolai- u. die Jakobskirche, Gymnasium mit Bibliothek u. Münzcabinet, Rathhaus mit ganz alterthümlicher Façade u. Bibliothek, nebst Kunstmuseum, seit 1834 Theatergebäude, Schifffahrts-, Gewerb- u. Realschule, Waisenhaus, Jungfrauenstifter, Hospitäler, Arbeitshaus, Zucht- u. Werkhaus, Irrenanstalt, Taubstummeninstitut, Militärknabenerziehungsanstalt, drei Buchhandlungen, Wasserkunst, welche die Stadt mit Kochwasser versieht; Fabriken in Tuch, Wollenzeugen, Leinwand, Spielkarten, Spiegel, Leder, Zucker, Stärke, Tabak, Seife, Lichtern, Meubeln, Papier; Hafen, worin etwa 330 Seeschiffe aus- u. eben so viel einlaufen, Schiffbau, Seehandel, bes. mit Getreide, Malz, Mastvieh, Wolle u. Butter; Wollmarkt; Eisenbahnverbindung (Vorpommersche Bahn) über Greifswald, Anklam u. Pasewalk nach Stettin u. Passow zum doppelten Anschluß an die Berlin-Stettiner Bahn; Freimaurerloge: Gustav Adolf zu den drei Strahlen; 1862_: 24,214 Ew. (einschließlich 2278 Militär). Von hier gehen Dampfschiffe nach Ystadt, Stettin u. Putbus. – Jaromar I., Fürst von Rügen, gründete S. 1209. Es wurde zwar bald wieder zerstört, aber schon Jaromars Sohn, Wizlaf I., erbaute die Stadt von Neuem (1234). Die Lübecker überfielen u. zerstörten sie 1249, aber sie erhob sich bald schöner u. wurde in die Hansa aufgenommen. Wizlaf IV. bekriegte sie 1314; sie begab sich jedoch in den Schutz des Kurfürsten Waldemar von Brandenburg, welcher den Frieden vermittelte. Aber schon 1316 brach der Krieg von Neuem aus u. Wizlaf belagerte S. zu Land u. zur See, mußte jedoch abziehen. 1390 war ein großer Aufstand in S., in welchem die Bürger den Rath verjagten, aber Herzog [900] Wratislaw IV. von Pommern setzte ihn wieder ein. 1402 ängstigten die Dänen S. zur See; 1407 u. 1450 fanden wieder Aufstände, 1523 in der Osterwoche ein Bildersturm u. 1524 die Einführung der Reformation u. Vertreibung des alten Rathes statt. Im Dreißigjährigen Kriege wollte S. keine kaiserliche Besatzung einnehmen u. wurde deshalb 1628 von Wallenstein belagert, welcher (der Sage nach) prahlte, er müsse S. haben, wenn es auch mit Ketten an den Himmel geschmiedet wäre, aber dennoch mußte er am 24. Juli die Belagerung aufheben, weshalb der 24. Juli noch heute ein kirchlich gefeierter Denk- u. Danktag in S. ist. Im Westfälischen Frieden 1648 wurde S. an Schweden abgetreten; 1678 mußte es sich dem Kurfürsten von Brandenburg ergeben, nachdem es fast ganz in den Grund geschossen war, wurde jedoch schon 1679 im Frieden von St. Germain an Schweden zurückgegeben. 1715 belagerten es die Preußen, Dänen u. Sachsen wieder. Karl XII. von Schweden vertheidigte es, wurde aber endlich genöthigt die Stadt zu verlassen, worauf sie sich ergab (s. Nordischer Krieg S. 90), doch wurde sie 1720 an Schweden zurückgegeben. 1807 wurde S. von den Franzosen unter Mortier seit Ende Januars blockirt. Als jedoch nur die Division Granjean davor blieb, das übrige Corps aber gegen Kolberg rückte, drängten die Schweden die Franzosen bis hinter die Peene u. schlossen später, als die Franzosen wieder vordrangen, den Waffenstillstand von Schlettau, welchen Gustav IV. jedoch nach dem Frieden von Tilsit brach, worauf Brune vor S. rückte u. es einschloß. Die Schweden räumten im Juli S. u. der Magistrat schloß mit den Franzosen eine Capitulation (s. Preußisch-russischer Krieg gegen Frankreich 1806–1807). Die Werke wurden geschleift. 1809 rettete sich Schill (s.d.), von den Franzosen in die Enge getrieben, nach S. u. fiel dort heldenmüthig (31. Mai), sein Corps aber ward größtentheils gefangen (s. Österreichischer Krieg gegen Frankreich 1809 S. 492). 1815 wurde S. preußisch, u. Preußen stellte die geschleiften Festungswerke wieder her. Am 5. April 1849 wurde S. von den Dänen in Blockadezustand erklärt. Vgl. Zober, Geschichte der Belagerung S-s durch Wallenstein im I. 1628, Strals. 1828; C. F. Fabricius, Der Stadt S. Verfassung u. Verwaltung, ebd. 1831; Mohnike u. Zober, Stralsundische Chroniken, ebd. 1833 ff., 3 Bde.; Kruse, Bruchstücke aus der Geschichte der Stadt S., Strals. 1846 ff., 2 Bde.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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