Mine [2]

Mine [2]

Mine (v. lat. Mina, franz. Fourneau), 1) Bergwerk: 2) eine unter der Erdoberfläche angebrachte Onanlität Pulver, welche nach Belieben im passenden Augenblick entzündet werden kann. Den Gebrauch unterirdischer Gänge bei den Belagerungen kannten schon die Römer. Durch Cuniculi suchten sie heimlich in die Stadt zu kommen od. bis unter die Stadtmauer vorzudringen, um sie zu untergraben. Gegen diesen Angriff zog man einen unterirdischen Gang um die Mauern. welcher den feindlichen Mineur auffing. Der Vertheidiger ging auch von diesem Gang aus vor, um die Belagerungsmaschinen des Belagerers zu untergraben. Das Schießpulver wurde zuerst 1487 gegen das Schloß Sarezanella in Italien in Minen angewendet, schlug aber fehl. Petro Neverra, ein Spanier, warf 1500 durch eine Pulvermine eine Mauer ein. Von nun an wurden die M-n vielfach angewendet, ohne immer günstig zu wirken. Als Mittel gegen die Minen des Angreifers trieb der Belagerte Gegenminen aus dem Graben der Festung ins Feld vor. Erst durch Vauban kamen die Minen als Angriffsmittel ziemlich aus dem Gebrauch u. werden jetzt nur dann angewendet, wenn die mit Gegenminen versehene Festung die Fortschritte des Belagerers über der Erde bedeutend erschweren. A) Die Gegenvertheidigungsminen einer Festung laufen um eine mit Minen versehene Fronte in besonderen gemauerten Gängen (Minen-[Contre-] gallerien); liegt eine solche Gallerie hinter den Futtermauern des Hauptwalles, so heißt sie Gallerie majeure (Gallerie d'escarpe), hinter dem bedeckten Wege, also hinter der Contrescarpe, Gallerie magistrale (Gallerie de contrescarpe, Magistralgallerie), weiter vorwärts unter dem Glacis Gallerie d'enveloppe, unter dem Fuß des Glacis Gallerie commandante. Breite 3 Fuß, Höhe 6 Fuß. Oft legt man mehrere od. wenigstens zwei derselben zugleich u. parallel an, die zweite innere, niedrigere heißt dann Halbgallerie u. verbindet sie durch Communications- (Verbindungs-) gallerien. Zur Vertheidigung bringt man Schußspalten an u. Abschnitte durch crencitirte Mauern. Am Eingang der Gallerien od. wo solche zusammenstoßen, befinden[282] sich Kuppelgewölbe (Minengewölbe), zur Aufbewahrung Alles zum Miniren Nöthigen. Aus den Gallerien gehen meist parallel mit den Capitalen der Werke gemauerte, 3 Fuß weite, 4–41/2 Fuß hohe Minengänge (Capitalgallerien) unter das freie Feld vor, die am Ende nicht ausgemauert sind, auch an den Seiten thürähnliche Öffnungen zum Vortreiben der Minen haben. Diese Minengänge sind entweder Hauptminengänge (halbe Gänge) od. Nebengänge. Gehen sie von einer Gallerie commandante ins Feld, so heißen sie Horchgänge (Branchen, Strecken, Ecoutes), aus deren Spitze die Minenäste (Zweige, Rameaux) abgehen, die nicht über 3 Fuß breit u. 4 Fuß hoch, mit Holz ausgesetzt (ausgetrempelt) u. horizontal (söhlig) od. geneigt (steigend, fallend) sind. Zuweilen werden sie von den Belagerern auch zu Tage gegraben, d.i. die Erde wird bis auf die Sohle der Gallerie ausgegraben, die Auszimmerung eingesetzt u. das Ganze zugeworfen. Die Minengallerien u. Minengänge bilden zusammen ein Minengewebe (Araignée) od. ein System von Vertheidigungsminen. Zuweilen sind die Gegenminen als Stockwerks- (Etagen-) minen zwei- od. dreifach in verschiedener Höhe über einander gebaut, so daß sich die Horchgänge in verschiedene Tiefen senken. Die Minenarbeit geschieht an der Spitze des Ganges (vor Ort) durch eine Mineurbrigade, d.i. 6 Mineurs u. 12 Handlanger, nach 8 Stunden werden die Mineurs abgelöst. Geübte Mineurs können in gutem Boden in 24 Stunden 24 Fuß, in mittlerem 18 Fuß, in schlechtem 12 Fuß, mit holländischen Rahmen noch einmal so weit vorrücken. Bei Wendungen wird in der Breite des neuen Ganges fortgearbeitet u. dann in der neuen Richtung fortgefahren; an der Wendung legt man einen 1/2 – 3 Ellen tiefen Raum (Retraite) zum Ausruhen für die Mineure u. zum Aufbewahren des Minengeräthes an. Technik, Kunstausdrücke u. Minengeräth sind dem Bergbau entlehnt. Während der Arbeit wird der Feind durch die in den Horchgängen ausgesetzten Horchwachen behorcht. Trommeln, auf denen Erbsen liegen, in den Minen aufgestellt, verrathen durch Bewegung der Erbsen den nahenden Feind. Trockner, fester Boden trägt den Schall bis 45, lockerer Sand 24–36 Fuß weit. Die Stickluft vertreibt man durch Schmiedeblasebälge, durch Luftröhren, Ventile, Zugösen od. besondere Maschinen. Ist der Minenaft vollendet, so wird rechtwinklich die Minenkammer (Minenosen) für die Ladung angesetzt. Oft liegen drei Minenkammern in Form eines Dreiecks neben einander, dreifache (Dreiecks-, T-, Kleeblatt-) Minen, od. zwei Minen so, daß ihre Wirkungssphären zusammen greifen u. nur einen Trichter bilden. In den Minenherd wird die Pulverladung in offenen Tonnen od. Säcken in feste Pulver- (Zünd-) kasten (Koffer) gebracht. Zu diesem führt eine 1–11/2 Zoll weite Leitrinne (Auget), in welcher sich als Feuerleitung eine Zündwurst od. Zündschnur od. Rakete befindet. Die Zündung selbst erfolgt durch Granatzünder, Lunte, Feuerschwamm od. am sichersten durch Galvanische Batterien. Das Besetzen (Aussetzen, Verdämmen) der Minen mit einer Bohlenwand, Erde, Rasen etc. ist nicht unbedingt nothwendig, da die Wirkung dieselbe ist, wenn die Ladung um 1/4 vermehrt u. die Verdämmung um 1/3 vermindert; ganz kann sie wegfallen, wenn man die Ladung um 21/3 mal vermehrt. Richtige Theorien über Minenladung wurden von Belidor ausgestellt u. von dem Engländer Müller, dem Preußen Lesehore, von der Lahr, den Franzosen Mouze, Gumbez, le Brun u. Marescot erweitert. Es gibt gewöhnliche (gehörig geladene), überladene u. schwache Minen. Bei gewöhnlichen M-n hat die durch das Herauswerfen der über der Kammer liegenden Erde entstandene Vertiefung (Minentrichter) die Tiefe der Ladung unter der Erdfläche zum Halbmesser. Die Entfernung der Ladung von dem Erdhorizont heißt die kürzeste Widerstandslinie. Bei überladenen Minen ist der Halbmesser des Trichters 11/2 – 3 mal größer als die kürzeste Widerstandslinie, Belidor nennt sie Druckkugeln (Globes de compression), da sie nicht nur einen großen Trichter ausheben, sondern auch alle in angemessener Entfernung neben od. unter ihnen befindlichen hohlen Räume etc. eindrücken. Das Pulvergas wirkt nämlich kreisförmig, sein Druck erstreckt sich als Radien aus dem Mittelpunkt der Wirkungssphäre nach allen Seiten. Schwache Minen sollen keinen Trichter ausheben, sondern nahe Gänge u. Schächte eindrücken. B) Angriffsminen werden zur Eroberung einer Festung angewendet, die gemauerten Gallerien u. Horchgänge fallen weg; man steigt mittelst eines 5–6 Fuß tiefen, mit Minenhölzern verkleideten Schachtes, des Minenschachtes (Minenbrunnens, Puit) in die Erde hinab, bis auf die Tiefe, wo man die Minenkammer anlegen will, treibt aus der nach dem Feinde zugewendeten Seite des Schachtes (dem Stoße) einen Minengang vor u. legt am Ende desselben die Minenkammer an. Auch kann durch einen fallenden Gang bis zu dem Horizont, wo man die Kammern anlegen will, hinabgegangen werden. Die Druckkugeln wurden vielfach angewendet, z.B. bei Schweidnitz 1762, bei Valenciennes 1794. Durch Schachtminen, die circa 12 Fuß tief, mit 300–500 Pfund Pulver geladen sind u. in 5–6 Stunden hergestellt werden können, stürzt man die Minenarbeiten der Belagerten um u. sichert die eignen Batterien u. sonstigen Baue vor Sprengen durch Minen der Festung. Breschminen öffnen die Umwallung einer Festung, man geht mit einer Gallerie od. Sappe über den Graben, bricht unter dem Schutz einer Blendung in den Fuß der Futtermauer u. legt die Minen. Zur Deckung der Mineure gegen Granaten etc. dient hier eine Bedachung von Bohlen, das Sacramentshäuschen. C) Durch Demolirungsminen zerstört man vertheidigungslose Werke, die man aufgeben muß. Auf eine Würfelklaster in schlechtem Mauerwerk rechnet man 16 Pfund, in festem 30–35 Pfd. Pulver. D) Flatterminen sind einfache Minen, die weniger als 10 Fuß unter der Erdoberfläche liegen; sie. werden bes. vor Feldschanzen angewendet u. hier meist 6 Fuß tief gelegt. Sie liegen 30–60 Schritt vor dem ausspringenden Winkel, es liegen oft zwei über u. mehrere neben u. hinter einander. Statt der Fladderminen hat man auch 4–8 gefüllte Bomben in einem Kasten vereinigt u. zum Sprengen eingerichtet (Bombenminen). Beim Minenkriege will der Vertheidiger Zeit gewinnen u. den Feind aufhalten, der Angreifende die Vertheidigungsarbeiten des Belagerten vernichten. Der Angreifende sucht durch Druckkugeln alle Gallerien einzustürzen, die entstandenen Trichter richtet er durch Krönen mit Schanzkörben zu einem Logement ein, von dem schnell mit neuen Gallerien vorgegangen wird. Auch durch überraschendes Anbringen[283] von Schachtminen werden die Gallerien des Belagerten eingestürzt. Der Vertheidiger kann überladene Minen selten benutzen, da sie seine eignen Gallerien einstürzen würden, er muß sich begnügen, die feindlichen Mineurs zu behorchen u. wenn er sie hört, eiligst eine Kammer anlegen u. durch eine Quetschmine die Arbeiten des Gegners zerstören. Nach Sprengung einer feindlichen überladenen M. muß er aus den noch brauchbaren Gallerien vordringen, um den Trichter mit neuen Minen zu umringen u. das Logement zu zerstören. Der vorgehende Mineur muß mit einem spitzigen Visitireisen untersuchen, ob er auf einen feindlichen Gang stößt. Bemerkt der Gegner ein solches Eisen, so schießt er, sobald es zurückgezogen wird, durch die entstandene Öffnung. Nach Explosion einer M. sind schnell die Gänge aufzuräumen u. die Luft zu reinigen, daß die Arbeit wieder beginnen kann. Selbst dem geschicktesten Vertheidiger ist es kaum möglich, durch Gegenminen die Belagerung länger als 3–4 Wochen aufzuhalten. Sind von dem Angreifer sämmtliche Gallerien zerstört, ist Bresche gelegt, so geht man, um sie zu erweitern, mit Minen unter die Bresche, u. muß der Vertheidiger durch Fladderminen, die während des Sturmes spielen, das Nehmen derselben erschweren. E) Schwimmende Minen bestehen aus mit Pulver geladenen Kästen od. Fässern od. aus an Bretern befestigten Bomben, die auf Flößen liegen; sie haben den Zweck feindliche Brücken etc. zu sprengen u. sind so eingerichtet, daß die Ladung durch Anstoßen an dem zu sprengenden Gegenstand entzündet wird. 3) beim Börsenspiel die Partei der Haussiers, wenn sich zwischen diesen u. den Baissiers ein förmlicher Kampf ausbildet, s.u. Börse V.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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