Teleki

Teleki

Teleki, ein altes, wahrscheinlich aus Dalmatien nach Ungarn unter dem ursprünglichen Namen Garazda von Mecsevics eingewandertes Adelsgeschlecht; aus demselben zeichneten sich zuerst Nikolaus I. u. dessen Vetter Ladislaus, genannt Szilagyi, als Feldoberster des Königs Sigmund von Ungarn aus. Michael, der Sohn von Ladislaus, war Wojwode von Siebenbürgen; seine Tochter Elisabeth vermählte sich mit Johann Hunyady u. wurde so die Mutter des Königs Matthias (s.d. 5) Corvinus von Ungarn. Im 15. Jahrh. trennte sich das Haus Garazda in drei Linien: Zagorhid, Szék u. Teleki, welche letztere jedoch schon nach kurzer Zeit den Namen u. die Güter der zweiten erbte u. sich deshalb Teleki von Szek nannte. Aus dieser Linie stammte: 1) Michael I., um 1610 unter Sigmund Bathori Hauptmann der Leibwache; er erwarb durch Vermählung mit Anna, der Erbtochter des Johann Garazda von Zagorhid, auch die Güter der ältern Linie u. wurde dadurch alleinige. Stammhalter der Familie. 2) Michael II., Enkel des Vor., geb. 1634, war als Staatsmann u. Feldherr berühmt; er war erst Hauptmann der fürstlichen Leibwache, später Geheime Rath u. Oberlandesgeneral des Fürsten Michael Apafi, brachte größtentheils durch seine Bemühungen die freiwillige Unterwerfung Siebenbürgens unter Österreich zu Stande, wurde 1685 in den Reichsgrafenstand erhoben, ward 1690 nach dem Tode Michael Apafi's Gubernator von Siebenbürgen u. fiel 21. Aug. 1691 in der Schlacht bei Zernest; er war mit Judith geb. von Ver vermählt, u. seine Söhne Michael 111. u. Alexander I. haben die zwei noch blühenden Linien des Geschlechts gestiftet. I. Michaels Hauptlinie, Stifter: 3) Michael III., Sohn des Vor, war kaiserlicher General; seine Söhne Johann I. u. Samuel I. (st. 1783 als kaiserlicher General) theilten diese Hauptlinie in zwei Unterlinien: A) Ältere Unterlinie, Katholischer Confession, zerfiel durch die Söhne des Stifters Johann I., nämlich Paul I. u. Johann II., in zwei Zweige, deren jetzige Chefs sind: 4) Graf Stephan, Sohn des 1823 verstorbenen Grafen Michael V., geb. 1822, ist seit 1851 mit Henriette geb. Seidl von Waldau vermählt. 5) Graf Alexander, Sohn des 1860 verstorbenen Grafen Johann III., lebte seit 1849 als politischer Flüchtling in England u. hat mit Erlaubniß der Königin von England den Namen seiner Gemahlin, einer geb. Baronesse Harley, angenommen. B) Jüngere Unterlinie, Reformirter Confession, hat zum gegenwärtigen Chef: 6) Grafen Max, Urenkel des Stifters Grafen Samuel I. u. Sohn des 1849 verstorbenen Grafen Emmerich II., geb. 1813. II. Alexanders Hauptlinie, Gründer: 7) Alexander I., Bruder von T. 3), war siebenbürgischer Gubernialrath u. st. 1754; seine vier Söhne, Ladislaus II., Ludwig I., Alexander II. u. Samuel IV., stifteten der Reihe nach vier Unterlinien, welche jetzt sämmtlich der Reformirten Confession folgen: A) Erste Unterlinie: 8) Graf Ladislaus III., geb. 1764, studirte in Göttingen u. unternahm dann 1786 u. 87 von Deutschland aus eine größere Reise durch Mittel- u. Westeuropa, er wurde Obergespan des Somogyer Comitats, Mitglied derungarischen Septemviraltafel u. Obercurator des Helvetischen Donaubezirks; er erwarb sich namentlich durch Förderung der Wissenschaft vielfache Verdienste u. st. 23. März 1821. Er schr.: Über die Reform u. die Ausbildung der Ungarischen Sprache, 1806. 9) Graf Joseph IV., ältester Sohn des Vorigen aus dessen erster Ehe mit Maria geb. Gräfin Teleki, aus der nunmehr ausgestorbenen Pauls Linie, geb. 24. Oct. 1790 in Pesth, studirte seit 1806 die Rechte, worauf er eine Anstellung als Honorarnotar bei der Gerichtstafel des Pesther Comitats erhielt u. seit 1808 in der kaiserlichen Statthalterei angestellt war; von 1812–15 bereiste er Deutschland, England, Frankreich, Holland u. die Schweiz; 1818 wurde er Statthalterei secretär, in demselben Jahre auch zum Vicecurator des Pesther reformirten Seniorats erwählt, 1824 Baron der kaiserlichen Tafel, dabei auch Obercurator der Theißer Superintendenz u. der Saros-Pataker Hochschule, 1827 Obergespan des Czanader u. 1830 des Szaboltschen Comitats, 1832 Hofrath u. Referendar bei der Hofkanzlei, 1840 kaiserlicher [343] Kronhüter u. 1840–48 Gouverneur von Siebenbürgen; er st. 16. Februar 1855 als Präsident der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Pesth, deren Mitbegründer er war u. welcher er in Gemeinschaft mit seinen Brüdern eine Bibliothek mit 30,000 Bänden zum Geschenk gemacht hatte. Da er unvermählt geblieben war, so wurde nach seinem Tode diese Linie durch seinen Bruder Samuel (geb. 1792) repräsentirt. Er schr.: Die Vervollkommnung der Ungarischen Sprache durch neue Wörter u. Ausdrücke, 1816; Die Einrichtung u. Ausarbeitung eines vollständigen Wörterbuches, 1817; Das Zeitalter der Hunyadys, Pesth 1852, 5 Bde. 10) Graf Ladislaus IV., Halbbruder des Vor., Sohn von T. 8) aus dessen zweiter Ehe mit Johanna geb. Freiin von Meszaros, geb. 11. Nov. 1811 in Pesth, studirte Jurisprudenz u. Staatswissenschaften in Pesth, im Reformirten Collegium in Patak u. in Berlin. Nach Ungarn zurückgekehrt, wurde er 1837 vom Fogarascher District als Deputirter in den Siebenbürgischen Landtag gewählt, wo er 1839 u. 1842 einen Sitz einnahm. 1843 trat er als Magnat in das Oberhaus des Ungarischen Reichstags in Presburg, näherte sich sogleich den Führern der liberalen Partei, bes. Déak u. Kossuth, u. stellte sich mit dem Grafen Ludwig Batthyanyi an die Spitze der Magnatenopposition. Nach der Märzrevolution von 1848 wählte ihn das Pesther Comitat als zweiten Deputirten des Ungarischen Landtags, im September 1848 sandte ihn das ungarische Ministerium in besonderer Mission nach Paris, um bei dem drohenden Ausbruche eines Kampfes zwischen Ungarn u. Österreich dort die ungarischen Interessen zu vertreten. Nach der Invasion der Russen u. der Capitulation Görgey's bei Vilagos (1849) protestirte er im Namen Ungarns gegen die Maßregeln Österreichs, bes. gegen die häufigen Executionen, u. wurde dafür selbst auf die Liste der Vierzig gesetzt, welche in contumaciam zum Tode verurtheilt u. in effigie gehängt wurden. Seitdem lebte er abwechselnd in Paris u. in Genf in stetem Verkehr mit der ungarischen Emigration u. ging 1859 bei Ausbruch des Italienischen Kriegs nach Turin, um dort im Sinne der ungarischen Nationalpartei zu wirken. Als das österreichische Octoberdiplom von 1860 (Verleihung einer Verfassung) erschien, versuchte T. sogleich auch dies Ereigniß in diesem Sinne zu benutzen u. ging im Nov. 1860 mit einem englischen Paß versehen unter dem Namen John Harrold nach Dresden, wurde aber dort 18 December verhaftet u. 21. December an das Landgericht in Wien ausgeliefert, jedoch nach einer persönlichen Unterredung mit dem Kaiser unter den drei Bedingungen amnestirt, daß er sich nicht mehr aus der Österreichischen Monarchie entferne, seine Verbindungen mit den auswärtigen Feinden der Österreichischen Monarchie abbreche u. sich vor der Hand jeder politischen Thätigkeit enthalte. T. nahm diese Bedingungen an u. wurde darauf sofort in Freiheit gesetzt. Im April 1861 wurde er vom Bezirke Abony zum Deputirten in den Landtag gewählt, galt dort sofort als der Führer der Linken, kam vermöge seiner ganzen politischen Richtung bald mit seinen für die Amnestie gegebenen Versprechen in Conflict u. erschoß sich aus Verzweiflung darüber in der Nacht vom 7.,8. Mai 1861 in Pesth. Er schr.: die Tragödie A Kegyencz (der Günstling), Pesth 1842; Le bon droit de la Hongrie, Par. 1849. Jetziger Chef ist: 11) Graf Alexander, Neffe des Vor. u. Sohn des 1857 verstorbenen Grafen Samuel, geb. 1829. 12) Graf Dominik,, Vetter des Vor., Sohn des 1817 verstorbenen Grafen Joseph (Bruders von T. 8), geb. 1810 in Maros Vasarhely (Siebenbürgen), trat erst auf dem ungarischen u. dann (1834) auf dem siebenbürgischen Landtage als Anhänger der Oppositionspartei auf, unternahm 1842 u. 1843 eine größere Reise ins Ausland u. leitete nach seiner Rückkehr die politische Zeitung Erdelyi Hirado (Siebenbürger Bote), nahm aber an den politischen Bewegungen von 1847 u. den folgenden Jahren keinen Antheil, sondern beschäftigte sich mit Hebung der Landwirthschaft u. dem Unterrichts- u. Erziehungswesen. In neuester Zeit nahm er wieder seinen Sitz im ungarischen Oberhaus ein, wo er namentlich für die Union Siebenbürgens mit Ungarn wirkte. B) Zweite Unterlinie, theilte sich in zwei Zweige, deren jetzige Chefs sind: 13) Graf Alexis, Sohn des 1824 verstorbenen Grafen Dominik, geb. 1799; 14) Graf Nikolaus, Sohn des 1810 verstorbenen Grafen Ludwig III., geb. 1804, wirklicher Beisitzer der königlichen Gerichtstafel in Siebenbürgen. C) Dritte Unterlinie, mit dem Chef: 15) Graf Alexander, Sohn des verstorbenen Grafen Adam; u. D) Vierte Unterlinie, welche zum dermalgen Chef hat: 16) Grafen Samuel, Sohn des 1861 verstorbenen Grafen Franz, geb. 31. October 1819.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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