Perugia

Perugia

Perugia (spr. Perudscha), 1) Delegation im Kirchenstaat, Theil des alten Umbrien, zwischen der Legation Urbino-Pesaro, den Delegationen Macerata, Camerino, Spoleto u. Viterbo u. dem ehemaligen Toscana, 73,17 QM.; 253,000 Ew. Das Land ist durch den Hauptrücken der Apenninen, welcher es durchzieht, zum großen Theil sehr gebirgig, hat aber auch größere Ebenen, wird vom Tiber mit dem Chiasco, Nestore u.a. durchflossen u. bringt Getreide, Wein, Früchte, Ol, Seide, Hausvieh, Bienen. 2) (Lagodi P.), See hier, nahe an den Grenzen von Toscana, mit 3 Inseln; der alte Trasimenus. 3) Hauptstadt hier, hoch über dem Tiber gelegen, Sitz des Delegaten, eines Bischofs u. eines Civiltribunals, mit Wällen u. Mauern, einem festen, 1540 erbauten Schloß, der Kathedrale S. Lorenzo mit Glasgemälden, 45 Pfarrkirchen (darunter S. Pietro fuori di mura, S. Agostino, S. Bernardino, S. Domenico mit dem Grabmal Benedicts XI., S. Francesco de' Conventuali mit der heiligen, von den Peruginern verehrten Standarte, S. Francesco del Monte, S. Maria nuova u.a.), 48. Klöster, großes Waisenhaus, Lombard, schöne öffentliche Plätze (Piazza-Grimano, mit Triumphbogen, welcher Augusts Namen trägt, Piazza del Papa mit der Statue Julius' III., Domplatz, Piazza del supramuro mit ungeheuern Substructionen), Palazzo pubblico, Sitz der Delegation u. der Magistratspersonen mit Archiv, Palazzo Bracceschi mit etrurischen Alterthümern, Palazzo Donini, degli Oddi, de' Marchesi Bourbon di Sorbello; Universität (gegründet 1320, mit 400 Studenten, Botanischem Garten, Mineralogischem Cabinet, Bibliothek), im Gebäude der Universität befinden sich noch die Akademie der schönen Künste mit Gemäldesammlung u. das Archäologische Museum mit etrurischen Graburnen, Sarkophagen, Sculpturen, Inschriften, Münzen etc.; die Börse (Cambio), Casa Connestabile, Collegio Pio (Schulanstalt für 60 Zöglinge), Musikschule, 2 Philodramatische Akademien, 2 Theater, Literarischer Verein; Spaziergänge auf dem Corso, der Piazza di Sopramuro u. im Graben der Festungswerke; Manufacturen in Seidenwaaren, Hüten, Leder, Handel mit Getreide, Vieh, Wolle, Öl, Obst, gebrannten Wassern, Wein, jährlich im August u. November große Messen, zugleich mit Viehmärkten; 19,000 Ew.

Perugia hieß im Alterthum Perusĭa, es war eine der Zwölfstädte Etruriens, angeblich gegründet von Aulestes. 310 v. Chr. wurde sie nach harter Belagerung von dem römischen Consul Q. Fabius erobert u. dann zum Municipium mit dem Rechte einer Colonie gemacht. Die zweite Eroberung erfuhr sie, als sie in dem nach ihr benannten Perusinischen Kriege zwischen Octavianus u. Antonius, im Winter 41–40 v. Chr, die Partei des Antonius ergriff. Antonius wurde hier von Octavianus u. dessen Feldherrn Salvidienus u. Agrippa belagert, Hunger wüthete (daher der Perusinische Hunger im Alterthum zum Sprüchwort wurde), tapfere Ausfälle wurden zurückgeschlagen u. Antonius mußte endlich capituliren, worauf Octavianus die Magistratspersonen hinrichten ließ u. die Stadt von seinen Soldaten geplündert u. niedergebrannt wurde. Durch Augustus wieder aufgebaut, erhielt sie den Namen Perusia Augusta. Totila zerstörte sie nach siebenjähriger Belagerung, doch wurde er durch Narses wieder vertrieben. Später waren die Longobarden Herren von P., wurden aber von Karl dem Großen verjagt, dessen Sohn Ludwig der Fromme sie nebst anderen Städten Etruriens dem Papst schenkte. In den Kämpfen zwischen Ghibellinen u. Guelfen, in denen es auf Seite der Letzteren stand, litt es sehr. Im 14. Jahrh. machte sich P. viele umliegende Städte, Dörfer u. Castelle unterthan, kam dann unter die Herrschaft der Baglioni, der Sforza u. Malatesti, bis 1416 sich Andreas Baccio di Montone der Regierung bemächtigte; 1420 erkannte Papst Martin V. ihn an; er fiel 1424 im Kriege gegen Neapel, u. P. kam wieder an den Papst. 1479 hier Sieg der Florentiner über die Päpstlichen. Zu Ende des 15. Jahrh. warf sich Giovanni Paolo Baglioni zum Oberherrn auf; seit 1503 wiederholt verbannt u. zurückgeführt, regierte er sehr despotisch, bis ihn Papst Leo X. nach Rom lockte u. 1520 dort enthaupten ließ. Papst Paul III. erbaute, um gleichartigen Versuchen zur Unabhängigkeit zu begegnen, die Veste in der Stadt, welche aber theils durch die Zeit, theils durch die Revolution 1849 fast zerstört worden ist. 1708 wurde P. vom Herzog von Savoyen erobert. Am 31. Mai 1849 wurde P. von den Österreichern unter Liechtenstein besetzt, im Februar 1854 durch Erdstöße beschädigt. Im Juni[886] 1859 Aufstand zu Gunsten der Piemontesen, welche aber am 20. Juni von den päpstlichen Soldaten unter Obrist Schmidt unterdrückt wurde. In der neueren Kunstgeschichte ist P. berühmt als der Mittelpunkt der Umbrischen Malerschule, aus welcher Rafael hervorgegangen ist, s. Malerei, S. 782. Vgl. Crispolti, Perugia Augusta, Par. 1648; Morelli, Pitture e sculture della città di P.. 1683; Passeri, Vite de' pittori etc. Perugini, 1732; Mariotti, Lettere pittoriche Perugine, 1788; Derselbe, Saggio di mem. istor. civ. ed eccles. della città di P., 1806; G. B. Vermiglioli, Origines Perusiae; Ders., Le antiche iscrizioni di P., 1804 u. 1818; Saggio sulla grande iscrizione etrusca scoperta nel 1822, Par. 1824; Saggio di bronzi etruschi trovati nell' agro Perugino, Par. 1843.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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