Bülow

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Bülow, alte adelige mecklenburgische Familie, kommt schon im 13. Jahrh. vor u. hatte ihren Stammsitz wahrscheilich im Dorfe Bülow bei Rehna. Seit dem 14. Jahrh. verzweigte sie sich im nördlichen Deutschland in 9 Linien, von denen 2 jetzt gräflich sind; u. zwar die 1. Linie seit 1705 freiherrlich u. seit 1814 gräflich u. in Ostpreußen angesessen; die 2. Linie, seit 1816 gräflich u. in Pommern u. Schlesien begütert; sie folgt der Lutherischen Confession. Merkwürdig: 1) Dietrich v. B., geb. 1469 in Mecklenburg, Erzieher des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg, ward 1499 Bischof von Lebus; weihte 1506 die neugestiftete Universität Frankfurt a. O. ein u. ward erster Kanzler derselben; einer der größten Gelehrten seiner Zeit, machte er sich um Ausbreitung der Wissenschaften in Brandenburg sehr verdient. I. Erste Linie: 2) Heinrich Wilh. v. B., geb. 1748 zu Brunsrode im Herzogthum Braunschweig, Hof- u. Kanzleirath zu Wolfenbüttel; später entlassen, privatisirte er in Regensburg, war beim Congreß zu Rastatt u. ging darauf 1798 nach Paris, wo er, dem Directorium verdächtig, verhaftet wurde, ging dann nach Nordamerika u. starb 1810 in Hamburg; er schr.: Über Geschichte u. Verfassung des Corpus Evangel., Regensb. 1795; Über die Geschichtem Verfassung des deutschen Reichstags, ebd. 1791 f., 2 Thle.; Über die kaiserliche Wahlcapitulation, ebd. 1791 u. m. 3) Friedrich Wilhelm, Graf B. v. Dennewitz, Bruder des Vor., geb. 1755 zu Falkenberg in der Alkmark, trat 1779 in preußische Militärdienste, rückte zum Capitänaus, wurde 1793 Major u. Gouverneur des Prinzen Louis Ferdinand u. wohnte als solcher dem Feldzuge am Rhein bei, wo er durch seine Entschlossenheit den Überfall bei Marienborn vereitelte. 1795 bekam er ein Bataillon; 1806 commandirte er als Oberstlieutenant in dem belagerten Thorn; wurde 1808 Brigadegeneral u. 1811 Gouverneur von Ost- u. Westpreußen; 1813 lieferte er mit einem kleinen Corps das (erste glückliche) Treffen bei Möckern, nahm am 2. Mai Halle u. den 4. Juni Luckau. Nach dem Waffenstillstand erhielt er das Commando des 2. preußischen Armeecorps, rettete den 25. August durch den Sieg bei Großbeeren, wo er das meiste zum Sieg beitrug, Berlin u. machte durch die Schlacht von Dennewitz (den 6. Sept. 1813) seinen Namen unsterblich. An der Schlacht von Leipzig nahm er glorreichen Antheil, eroberte Holland u. Belgien, ging mit der Hälfte seines Corps (die andere Hälfte unter Borstel in den Niederlanden lassend), zur Hauptarmee, focht bei Laon u. zog mit in Paris ein. Hier wurde er General der Infanterie u. nach dem Frieden zum Graf B. von Dennewitz erhoben u. commandirender General in West- u. Ostpreußen. 1815 erhielt er das 4. Armeecorps, kam zwar zur Schlacht bei Ligny zu spät, trug aber wesentlich zu dem Sieg von Belle-Alliance bei. Das 15. preußische Linienregiment von seinem Corps, welches Napoleons Wagen nahm, erhielt seinen Namen. 1816 kehrte er nach Königsberg zurück, wo er den 25. Febr. d.i. st. Ihm wurde zu Berlin ein Denkmal gesetzt. Lebensbeschreibung von Varnhagen von Ense, Berl. 1853. Chef dieser Linie ist: 4) Graf Friedrich, einziger Sohn des Vorigen, geb. 1811, ist preußischer Rittmeister a. D. u. seit 1841 vermählt mit Hedwig geb. v. Auer; sein ältester Sohn Kurt ist 1843 geboren. 5) Adam Heinrich v. B., Bruder von B. 3), geb. 1760, trat im 15. Jahre in ein preußisches Infanterieregiment u. ging von da zur Cavallerie über, nahm aber bald seine Entlassung; später nahm er kurze Zeit Dienste bei der niederländischen Insurrection gegen Joseph II.[449] machte dann mit seinem Bruder, B. 2), eine Reise nach Amerika, die aber ihre Erwartung täuschte. Doch unternahmen sie dieselbe zum zweiten Male, um eine Speculation in Glaswaaren zu machen; aber auch diese mißlang, u. B. legte sich nun 1799 auf Schriftstellerei, reiste nach England, kam dort in Geldverlegenheiten u. sogar ins Schuldgefängniß; befreit kehrte er nach Berlin zurück, ward später wegen Herausgabe der Feldzüge von 1805 auf Verlangen Rußlands u. Österreichs 1806 in Berlin ins Gefängniß gesetzt u. dann nach Kolberg, Königsberg u. Riga transportirt, wo er 1807 st. Er übersetzte Mungo Parks Reisen aus dem Englischen, Hamb. 1799, u. schr.: Der Freistaat von NAmerika, Berl. 1797, 2 Bde.; Geist des neuen Kriegssystems (anonym), Hamb. 1799 (stellte zuerst die strategischen Grundsätze auf, welche später verarbeitet u. modificirt als richtig anerkannt wurden), 3. A. 1835; Physisches Staatswohl, Berl. 1800; Geschichte des Feldzugs von 1800, Berl. 1801; Das Leben des Prinzen Heinrich von Preußen, ebd. 1805, 2 Thle.; Lehrsätze des neueren Kriegs, ebd. 1805; Neue Taktik der Neueren, wie sie sein sollte, Lpz. 1805; Militärische Monatschrift, Berl. 1805–07; Feldzug von 1805, 1806, 2 Bde. Nach seinem Tode erschien: Gustav Adolf in Deutschland, Berl. 1808; Nunc permissum est. Coup d'oeil sur le Swedenborgianisme, 1809, worin er sich als Anhänger der Swedenborgischen Lehre zeigt. Vgl. Heinrich v. B., Köln 1807. II. Zweite Linie: 6) August Friedrich Wilhelm v. B., geb. 1762 zu Vörden in Westfalen, wurde Justizcanzlei- u. Oberappellationsrath zu Hannover u. Zelle, 1805 Geheimer Regierungsrath zu Münster, 1807 zu Berlin, 1810 Oberlandesgerichtspräsident zu Soldin u. 1810 Oberpräsident der preuß. Provinz Sachsen in Magdeburg. Zu Berlin 1820 von einem Schlagflusse befallen, ward er zu Geschäften untauglich u. st. 1827 zu Potsdam. Er schr. mit Hagemann: Praktische Erörterungen aus allen Theilen der Rechtsgelehrsamkeit, Hannov. 1798–1809, 5 Bde. (n. Aufl., 1.–3. Thl., 1806 u. 1814) u. später bis auf 10 Bde. fortgesetzt; Über die gegenwärtigen Verhältnisse des christlichen evangelischen Kirchenwesens in Deutschland, bes. im preußischen Staate, Magdeb. 1819. 7) Friedrich Ludwig Victor Hans, Graf v. B., Stiefbruder des Vor., geb. 1774 zu Essenroda, studirte in Göttingen, wurde 1801 Kriegs- u. Domänenrath in Berlin, 1804 Kammerpräsident in Magdeburg u. 1807 Staatsrath im Königreiche Westfalen, zum westfälischen Grafen erhoben u. Finanzminister. 1811 vom König Hieronymus abgesetzt, ging er auf seine Güter. Anfang 1814 wurde er preußischer Finanzminister u. 1816 in den Grafenstand erhoben; er gab jedoch Ende 1817 seinen Posten auf u. erhielt die Stelle als Minister des Handels u. der Gewerbe. Im Begriff, das Oberpräsidium von Schlesien zu übernehmen, st. er zu Landeck 1825._– Chef der 2. Linie ist: 8) Graf Hans Adolf Karl, Sohn des Vor., geb. 1807, ist seit 1850 großherzogl. Mecklenburg-Schwerinscher Staatsminister u. seit 1830 vermählt mit Luise geb. von B.-Cummerow; sein Sohn Hans ist geb. 1839._– III. Andere dieses Namens: 9) Ernst v. Bülow-Cummerow, geb. 1775 auf dem Familiengute Pritzau in Mecklenburg-Schwelin, wurde, 13 Jahr alt, Lieutenant in einem hannöverschen Regiment, nahm aber 1790 den Abschied studirte dann in Rostock u. Jena u. lebte seit 1802 auf seinen Gütern in Pommern. Während der französischen Occupation (1808) war er abwechselnd Mitglied der ständischen Commission, welche die Verwaltung von Pommern bildete; 1810–23 nahm er Theil an allen Berathungen der Reformen, welche damals die Verfassung u. Steuerverhältnisse des Landes erfuhren, u. gründete die Pommersche ritterschaftliche Bank. Seine Theilnahme am Pommerschen Provinziallandtage gab er auf u. widmete sich allein der Verwaltung seiner Güter. In Folge der Staatseinrichtungen von 1848 bildete er für Erhaltung der Rechte der Gutsbesitzer den Verein zum Schutz des Eigenthums u. starb 26. April 1851 zu Berlin. Er schr.: Der Punkt auf dem I, Berl. 1823; Die Verwaltung Hardenbergs, 1823; Über Preußens Finanzen, Berl. 1841; Preußen, seine Verfassung, seine Verwaltung, sein Verhältniß zu Deutschland, 3. Aufl. Jena 1843 f., 2 Bde., Nachtrag dazu, Berl. 1842; Über Preußens landschaftliche Creditvereine, ebd. 1843; Der Zollverein, ebd. 1844; Politische u. finanzielle Abhandlungen, ebd. 1844 f., 2 Hfte.; Die europäischen Staaten nach ihren inneren u. äußeren politischen Verhältnissen, Altona 1845; Das Bankwesen in Preußen, Berl. 1846; Die beabsichtigte neue Organisation der königlichen Bank u. die Betheiligung der Privatpersonen bei derselben, ebd. 1840; Das normale Geldsystem u. seine Anwendung auf Preußen, ebd. 1846; Preußen im Jan. 1847 u. das Patent vom 3. Februar, ebd. 1847, n. A. 1848. Die Taxen u. das Reglement der landschaftlichen Creditvereine, ebd. 1847; Die großen allgemeinen Creditinstitute, ebd. 1848; Die politische Gestalt Deutschlands u. die Reichsverfassung, ebd. 1848, Die Grundsteuer u. Vorschläge zu ihrer Ausgleichung, ebd. 1849; Beleuchtung des preußischen Staatshaushaltes, ebd. 1849; Preußen u. seine politische Stellung zu Deutschland u. den europäischen Staaten, ebd. 1849; Die Reaction u. ihre Fortschritte, ebd. 1849; Die Revolution, 1851; Die Reform der Verfassung, 1851. 10) Heinrich, Freiherr v. B., geb. 1790 in Schwerin, studirte in Heidelberg, machte die Feldzüge 1813 als Freiwilliger beim Wallmodenschen Corps mit, u. zeichnete sich als Adjutant des russischen Obersten v. Nostitz, bei dessen Streifzügen aus; er focht auch 1815 in Frankreich u. bestimmte sich nach dem 2. Pariser Frieden für das diplomatische Fach im preußischen Dienste, ward zuerst bei dem Gebietsaustausche in Frankfurt a. M. unter Wilhelm v. Humboldt verwendet, heirathete dessen Tochter u. folgte ihm dann 1817 als Legationsrath nach London, nach dessen Abgang wurde er Chargé d'affaires in London, trat dann als Geheimer Legationsrath ins Ministerium des Auswärtigen, wo ihm daselbst das Departement der commerziellen Verhältnisse zufiel, kam 1827 als Gesandter nach London u. erwarb sich hier die größten Verdienste um Erhaltung des europäischen Friedens durch thätiges Eingreifen u. besonnenes Benehmen bei den Beschlüssen u. Protokollen der Londoner Conferenz, sowohl seit 1830 in Hinsicht auf die französischen u. belgischen Verhältnisse als seit Juli 1840 wegen der orientalischen Frage. Er ging 1841 als preußischer Bundestagsgesandter nach Frankfurt, wurde im April 1842 Minister des Auswärtigen, trat aber 1845 wieder zurück (s.u. Preußen, Gesch.). Er lebte dann auf[450] seinem Gute Tegel u. st. 6. Febr. 1846 in Berlin. 11) Friedrich Rnbech Heinrich v. B., geb. 1791 zu Mustrup im Herzogthum Schleswig, nahm dänische Militärdienste, machte die Schlacht bei Dannewirke 1848 mit, commandirte an den Düppler Schanzen am 28. Mai desselben Jahres u. 1849 das Besatzungscorps auf der Insel Alsen, wurde Generalcommandant u. befehligte als solcher in der Schlacht bei Kolding u. bei Fridericia 1849. 12) Karl Eduard, geb. 1803 auf Berg bei Eilenburg, war ursprünglich zum Kaufmann bestimmt, studirte in Leipzig, widmete sich den literarischen Studien u. der poetischen Production u. stand, seit 1828 in Dresden lebend, mit Tieck in einem freundschaftlichen Verhältniß. Nach einigen größeren Reisen u. längerem Aufenthalte in Berlin, zog er sich 1849 auf das von ihm angekaufte Schloß Oltishausen im Thurgau in der Schweiz zurück u. starb 16. Sept. 1853. Er schr. Novellen (Stuttg. 1846–48, 3 Bde.), übersetzte u. bearbeitete eine große Anzahl älterer Novellen aus verschiedenen Sprachen, welche gesammelt erschienen als: Novellenbuch, Lpz. 1834–36, 4 Bde., u. Neues Novellenbuch, Braunschw. 1841; übersetzte Manzoni's Promessi sposi, Lpz. 1837, 2 Thle., gab heraus Schröders dramatische Werke, Berl. 1830, 4 Bde.; Simplicissimus, Lpz. 1836; mit Tieck den 3. Bd. von Novalis Schriften, Berl. 1846; Kleists Leben u. Briefe, Berl. 1848; Schillers Anthologie auf das Jahr 1782, Heidelb. 1850; mit Rüstow: Heinr. Dietr. v. Bülows Schriften, Lpz. 1853. 13) Hans v. B., Sohn des Vor., geb. 1825 in Dresden, studirte in Leipzig die Rechte u. widmete sich dann in Weimar unter Franz Liszt ausschließlich der Musik; 1853 unternahm er als Pianist eine Kunstreise, die ihm glänzende Erfolge verschaffte, u. ließ sich dann, seit 1857 mit Liszts ältester Tochter Cosima vermählt, in Berlin nieder. B. nimmt unter den Claviervirtuosen der Gegenwart eine der ersten Stellen ein; als Componist ist er noch wenig hervorgetreten.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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