Einsiedel [2]

Einsiedel [2]

Einsiedel, alte Adelsfamilie in Sachsen, Preußen u. der Lausitz; wahrscheinlich besaß sie zuerst im 13. Jahrh. Schloß Gnandstein in der Leipziger Kreisdirection; sicher kommt aber vor: 1) Konrad, starb vor 1365. 2) Konrad, Sohn des Vorigen, wird zuerst urkundlich als Besitzer von Gnandstein u. Priesnitz erwähnt u. starb um 1390. 3) Konrad, auf Gnandstein u. Priesnitz, der gemeinschaftliche Stammvater aller noch bestehenden Linien, kommt im Anfang des 15. Jahrh. vor; dessen zweiter Sohn 4) Konrad auf Gnandstein, wurde 1426 in der Schlacht bei Außig von den Böhmen gefangen, ging nach seiner Befreiung nach Palästina, wurde dort ebenfalls gefangen, kehrte erst nach 20 Jahren in sein Vaterland zurück u. wurde nur durch Angabe geheimer Zeichen an seinem u. seiner Gemahlin Körper wieder aufgenommen. Seine von Lehnsvettern in Besitz genommenen Güter erlangte er aber nicht wieder, sondern erhielt einen Jahrgehalt. 5) Nikolaus, des Vor. jüngerer Bruder, war Schwiegervater des durch den Prinzenraub berüchtigten Kunz v. Kaufungen. 6) Hildebrand, Sohn des Vor., war Obermarschall, Land- u. Kriegsrath bei Friedrich dem Sanftmüthigen, stellte durch seinen Rath den Frieden nach dem Bruderkriege her, kaufte Kohren u. Salis u. mehrere benachbarte Güter von dem in den Prinzenraub complicirten Georg v. Meckau, erwarb Gnandstein durch Tausch von seinem Vetter u. st. 1461. 7) Heinrich, ebenfalls geschickter Staatsmann, durch welchen bes. die Theilung der sächsischen Länder zwischen Ernst u. Albrecht geschah; er erwarb Scharfenstein u. st. 1507. 8) Heinrich Hildebrand, des Vorigen dritter Sohn, Rath des Kurfürsten von Sachsen, war der Reformation geneigt, weshalb Herzog Georg von Sachsen seinen Unterthanen verbot, ihm ferner Zinsen zu zahlen u. Frohnen zu leisten. Nach Georgs Todewirkte er sehr eifrig im Reformationsgeschäft u. erleichterte die Lasten seiner Unterthanen nach Kräften; er war höchst wohlthätig u. st. 1557; seine Söhne stifteten 4 Linien: a) Saliser Linie, gestiftet von 9) Heinrich, kursächsischem Geheimen Rath, Oberhofrichter in Leipzig u. Amtshauptmann in Colditz; diese Linie starb nach 1763 mit Victor August, hessen-kasselschem Generallieutenant, wieder aus. b) Scharfensteiner Linie, gestiftet von 10) Haubold, er zeichnete sich als Staatsmann unter den Kurfürsten Moritz u. August von Sachsen aus u. st. 1592. 11) Heinrich Hildebrand, zweiter Sohn des Vor., kurfürstlich sächsischer Geheimer Rath u. Vice-Oberhofrichter, erwarb zu Scharfenstein u. Weißbach 1619 noch Löbichau u. 1629 Wolkenburg u. st. 1651. Von seinen zwei Söhnen[557] erhielt 12) Rudolf Haubold, st. 1654, Wolkenburg u. Löbichau, u. 13) Heinrich Hildebrand, st. 1675, Scharfenstein u. Weißbach, wozu er noch Lumpzig erwarb. Aus dem Hause Scharfenstein stammte auch 14) Fr. Hildebrand, geb. 1750 zu Lumpzig bei Altenburg; wurde um 1766 Page am Weimarischen Hofe, 1770 Regierungsassessor, 1775 Hofrath, 1776 Kammerherr bei der Herzogin Anna Amalie, 1803 Weimarischer Geheimer Rath, 1807 Oberhofmeister u. Präsident des Oberappellationsgerichts in Jena u. st. 1828; er schr. das Lustspiel: Die eifersüchtige Mutter, Weim. 1774; Neueste vermischte Schriften, Dessau 1783 f., 2 Thle.; Grundlinien zu einer Theorie der Schauspielkunst, Lpz. 1797; Die Brüder, Lustspiel nach Terenz, ebd. 1802; Gedichte u. Briefe über Neapel. c) Gnandsteiner Linie, gestiftet von 15) Hildebrand, kursächsischem Landrath u. Obersteuereinnehmer; u. d) Syhraische Linie, gestiftet von 16) Abraham, welcher als Gelehrter bekannt ist. Beide Linien bestehen noch.

Rudolf Haubolds (s. oben 12), des Begründers der Wolkenburger Linie, einziger Sohn 17) Hans Haubold, kurfürstlich sächsischer u. königlich polnischer Geheimer Rath u. Oberhofmeister, erwarb 1696 Gersdorf, Ehrenberg, die Standesherrschaft Reibersdorf mit Seidenberg, 1699 Oppurg, Knau u. Wolperndorf u. starb 1701. 18) Johann Georg, der älteste Sohn des Vor., geb. 1694, erhielt die väterlichen Güter, war kurfürstlich sächsischer u. königlich polnischer Oberhofmarschall, wurde 1745 von dem sächsischen Reichsvicariat in den Reichsgrafenstand erhoben u. st. 1760; seine beiden Söhne begründeten die Reibersdorf-Gersdorfer u. die Wolkenburger Linie: A) Reibersdorf-Gersdorfer Linie: 19) Graf Johann Georg Friedrich, ältester Sohn des Vorigen, königlich sächsischer Cabinetsminister, geb. 1730, st. 1811. Von seinen beiden Söhnen erhielt der ältere, 20) Graf Georg, die Standesherrschaft Reibersdorf mit Seidenberg. Er war unter König Friedrich August III. bevollmächtigter Minister am russischen Hofe, wo er sich eben so als geschickter Diplomat, wie durch sein glanzvolles Leben auszeichnete. Von seinem Posten abgerufen, lebte er ohne Anstellung in Dresden u. st. 1840. Da er kinderlos war, kam Reibersdorf mit Seidenberg an seinen Bruder 21) Graf Heinrich, der bereits Gersdorf mit Böhringen besaß, jedoch das Lehn nicht übernahm, sondern dasselbe dem Folgenden überließ; er st. 1845. 22) Graf Curt, ältester Sohn des Vor., geb. 1811, ist gegenwärtig Chef dieser Linie; dessen Sohn Hans ist geb. 1844; sein jüngerer Bruder, Graf Alexander, geb. 1813, besitzt Gersdorf. B) Wolkenburger Linie, gestiftet von 23) Graf Detlev Karl, jüngstem Sohn von E. 18), geb. 1737, sächsischer Conferenzminister, machte sich bes. im Siebenjährigen Kriege sehr verdient, nahm 1787 seine Entlassung u. trug, durch Errichtung einer Tuchmanufactur u. Eisengießerei in Mückenberg, das er 1778 erwarb, einer Spinnmaschine in Wolkenburg etc., wesentlich zur Vervollkommnung des Manufacturwesens in Sachsen bei. Eben so wirkte er thätig für Hebung der Landwirthschaft in Sachsen; er erbaute 1793–1805 die Kirche in Wolkenburg u. st. 1810 in Mückenberg. Von seinen Söhnen war der älteste: 24) Graf Karl, geb. 1770, königlich sächsischer Gesandter in Stuttgart, München u. Brüssel; er st. 1841 in Nürnberg. Dessen Sohn 25) Graf Karl, geb. 1801, Obristlieutenant a. D. in der österreichischen Armee u. Mitglied der 1. Kammer der sächsischen Ständeversammlung, besitzt die Rittergüter Wolkenburg, Kaufungen, Bräunsdorf u. Antheil an Mückenberg; sein ältester Sohn, Karl, geb. 1834, ist Lieutenant in der österreichischen Armee. 26) Graf Detlev, zweiter Sohn von E. 23), geb. 1773 in Wolkenburg, wurde 1802 Geheimer Finanzrath, 1813 Cabinetsminister u. Staatssecretär der inneren u. äußeren Angelegenheiten, war seit dem Jahre 1817 auf den König Friedrich August u. seit 1827 auf den König Anton von Sachsen von dem größten Einflusse; auch erwarb er sich um die Ordnung des sächsischen Finanzwesens Verdienste, allein seine Abgeneigtheit gegen eine Veränderung der veralteten Verfassung, sein Halten zur pietistischen Partei, sowie der, obschon unbegründete Verdacht, einer zu großen Wahrnehmung seiner Privatinteressen regten 1830 gewaltige Stimmungen gegen ihn auf; er nahm seine Entlassung u. zog sich auf seine Güter zurück, auf denen er noch lebt. 27) Graf Adolf, Bruder des Vor., geb. 1776, war Obrist in preußischen Diensten u. st. 1821. Sein einziger noch lebender Sohn, 26) Graf Clemens, geb. 1817, besitzt das Rittergut Ratibor in der sächsischen Oberlausitz u. einen Antheil von Mückenberg. Sein Sohn, Detlev Adolf, ist geboren 1848.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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