- Trapezunt
Trapezunt (Trebisonde, türk. Tarabosan, 1) türkisches Ejalet im nordöstlichen Theile von Kleinasien, grenzt an Siwas, Erzerum u. das Schwarze Meer; Gebirg: Antitaurus (zwar sehr hoch, doch nicht das ganze Jahr Schnee tragend); Vorgebirge: Jassun, Kara. Hermonassa, Jorus u.a.; Busen: von Vona; nur Küstenflüsse; Klima: heiß, durch Seewinde gewöhnlich abgekühlt; bringt Getreide, Tabak, Wein, vorzügliches Obst, auf den Gebirgen schönes Holz; Wild (Bären, Wölfe, Luchse); Metalle (wenig ausgebeutet); man beschäftigt sich mit Ackerbau, Viehzucht (Schafe, Ziegen, Geflügel, Bienen), Fischfang, Weben u. Färben der Leinwand, Verfertigung von Leder, Tapeten, Seife; treibt Handel mit Schiffholz, Wolle, Fischen, Wein, Kupfer, Blei u.a.m. Die Ew. (375,000 Männer nach der Zählung von 1859) sind Türken, Lashen, Griechen, Armenier, von denen die Lashen ihre eigne Verfassung haben, aber Tribut entrichten. Eingetheilt ist das Ejalet in 5 Liwa. 2) Liwa des gleichnamigen Ejalet, zählt nahezu 170,000 Männer. 3) Hauptstadt hier, am Schwarzen Meere; wohl befestigt, aber schlecht unterhalten; hat Citadelle, enge, unreinliche, doch gepflasterte Straßen, Häuser, meist mit Epheu überzogen, 10 griechische Kirchen, altes Schloß (fast verfallen), viele Moscheen u. Schulen, Bazars, griechischen Bischof; man webt u. färbt Leinwand (gegen 100 Färbereien), Leder, fertigt Baumwollenwaaren u. Seidenzeuge, treibt Handel mit Schiffsbauholz, Kupfer (von Erzerum), Wolle, Früchten gegen Zucker, Kaffee, Salz, Eisen, ferner Fischerei. T. hat regelmäßige Dampfschiffverbindung u. ist der Haupthandelsplatz für den Verkehr zwischen Europa u. Persien; 50,000 Ew.
T., im Alterthum Trapēzus, war eine Colonie von Sinope, lag im Gebiete der Makrones in Pontos, wurde erst zur Zeit der römischen Herrschaft von Bedeutung, indem Pompejus sie für eine freie Stadt erklärte, Trajanus sie zur Hauptstadt des Kappadokischen Pontos machte u. Hadrianus den Hafen vergrößerte u. verbesserte, wo ansehnlicher Handel getrieben wurde. Im 3. Jahrh. von sarmatischen Freibeutern eingenommen u. zerstört, wurde sie bald wieder aufgebaut u. von Justinian verschönert. Als 1204 Kaiser Alexios V. Komnenos den lateinischen Eroberern das Griechische Kaiserthum ließ, wendete sich sein Enkel Alexios nach Kleinasien, eroberte mit Hülfe seines Bruders David Paphlagonien, Tripolis, Kerasus, Sinope, Amastris etc u. gründete als Alexios I. das Trapezuntische Kaiserthum, dessen Residenz T. wurde; er verlor 1214 an den Kaiser von Nikäa, Theodoros Laskaris, Heraklea, Amastris u. Paphlagonien u. 1215 Sinope an den Sultan von Ikonion u. st. 1222; sein Nachfolger u. Eidam Andronikos I. verband sich mit Dschelal-Eddin von Turkestan gegen die Sultane von Ikonion u. Ägypten; doch verloren die Verbündeten 1230 die Schlacht bei Chalat, worauf Andronikos mit dem Sultan von Ikonion Frieden schließen u. sich zur Stellung einer Reiterschaar zu dessen Heer verpflichten mußte. Dadurch war das Kaiserthum von T. in Abhängigkeit von Ikonion gekommen. Ihm folgte 1235 Johann I., Sohn Alexios' I., 1238 dessen Sohn Johanniskos; diesen entthronte sein Oheim Emanuel I., welcher sich die Großkhane der Mongolen zu Freunden machte u. dadurch aus der Abhängigkeit von dem Sultan von Ikonion in die von den Mongolen kam. Sein Sohn erster Ehe, Andronikos II. folgte ihm 1263, ließ aber 1266 das Reich seinem Halbbruder Georg; dieser herrschte bis 1280 u. gerieth durch Verrath der Kronvasallen (Archonten) in mongolische Gefangenschaft. Sein jüngerer Bruder Johann II. bestieg den Thron; da ihm auch die Byzantiner ihren Thron anboten, so nahm er zwar den Titel Römisch-griechischer Kaiser an, hatte aber nicht den Muth sich in Besitz des Byzantinischen Reichs zu setzen; seine Vasallen machten öfter Meutereien, die Fürsten von Iberien thaten Einfälle in sein [761] Land, die Turkomannen entrissen ihm den Bergdistrict von Chalybia u. sein Bruder Georg machte nach der Rückkehr aus der mongolischen Gefangenschaft wieder Ansprüche auf den Thron; doch erhielt er sich, u. ihm folgte 1297 sein älterer Sohn Alexios II., welcher die Turkomannen schlug, die Genueser, welche sich in seinen Staaten niedergelassen hatten u. die Zölle verweigerten, züchtigte u. 1330 starb. Sein Sohn Andronikos III. wurde ermordet, u. dessen achtjähriger Sohn Emanuel II. folgte nun in dem von zwei Parteien zerrütteten Reiche. Die eine Partei, Scholarier, bildete der aus Constantinopel eingewanderte Hofadel, die andere, Mesochaldier, die einheimische Volkspartei. Die Häupter derselben stifteten mehre Dynastien, welche zwar ihre Abhängigkeit vom Kaiser anerkannten, aber dessen Besitzungen so beschränkten, daß ihm am Ende nur die Hauptstadt u. die Festung Kerasus übrig blieb. Der Bürgerkrieg zwischen den beiden Parteien endigte sich mit dem Sieg der Scholarier, welchen diese der Unterstützung des Byzantinischen Hofs zu danken hatten; dabei wurde auch der minderjährige Kaiser von seinem Oheim Basilios I. 1332 vom Thron gestoßen, u. dieser beherrschte das Reich unter den Parteikämpfen bis 1340, worauf seine Gemahlin Irene den Thron eine Zeitlang behauptete; nachdem auch ihre Schwägerin Anna, welche ihr folgte, nach 13 Monaten erdrosselt worden war, wurde ihr Vetter Johann III. Kaiser. Dieser vergeudete die von den Vorfahren aufgehäuften Schätze, weshalb er abgesetzt u. 1344 in ein Kloster gesperrt, die Regierung aber seinem Vater Michael übergeben wurde, nachdem derselbe den Scholariern eine Capitulation beschworen hatte, daß er ohne sie nichts in der Regierung unternehmen wolle. Ein erneuter Bürgerkrieg begann, in dessen Folge zwar der Kaiser seine Unabhängigkeit wieder erhielt; aber jetzt fielen muhammedanische Emire in das Land, welche dasselbe verwüsteten; die Vasallen entzogen sich der Abhängigkeit vom Kaiser u. die Genueser bekriegten denselben, bis er sich dazu verstand den in der Revolution ihren Landsleuten zugefügten Schaden zu ersetzen. Nach diesen Vorgängen wurde Michael ebenfalls in ein Kloster geschickt u. 1349 Alexios III. zum Kaiser gewählt, welcher seinen Vater Basilios II. als Mitregenten annahm. Er herrschte unter den Parteikämpfen bis 1390 u. hatte sich alle Höfe von Constantinopel bis Tiflis durch Verschwägerung befreundet. Auf ihn folgte sein Sohn EmanuelIII.; unter ihm wurde das Reich durch die Niederlage bei Ankyra dem Timur (1402) zinsbar, nach Timurs Tod (1404) aber wieder von der mongolischen Herrschaft befreit. Sein Sohn Alexios IV., seit 1412, mußte von den Turkomannen den Frieden durch Geschenke erkaufen. Zum Mitregenten wurde ihm sein jüngerer Sohn Alexander 1426 gegeben; aber dessen älterer Bruder Kalo-Johann, welcher früher Mitregent gewesen, jedoch wegen eines Mordanschlags auf seinen Vater vertrieben worden war, griff den Vater mit Hülfe der Genuesen (zwischen 1445 u. 1449) an u. ließ ihn ermorden. Nun wurde Kalo-Johann Kaiser. Unter ihm verbrannten die Turkomannen T. Der Untergang des Byzantinischen Reichs durch Muhammed II., 1453, brachte auch das Trapezuntische Reich seinem Sturze nahe. Kalo-Iohann wendete das Unglück noch einmal ab, indem er an Muhammed II. einen jährlichen Tribut von 2000 Goldstücken zahlte; um sich aber von diesem Tribut wieder zu befreien, verband er sich später mit dem Turkomannenfürsten Hassan, doch st. er 1458; sein Sohn war damals erst 4 Jahre alt; daher bemächtigte sich dessen Oheim David des Reichs, mußte es aber 1461 an die Türken übergeben. Dem Kaiser wurde freier Abzug für seine Person, seine Familie u. Verwandten gestattet, auch seine Schätze durfte er mit sich nehmen u. bekam einen Landstrich bei Adrianopel angewiesen; doch ließ ihn Muhammed II bald darauf ermorden. 1855 litt die Stadt sehr durch eine Feuersbrunst. Vgl. Fallmerayer, Geschichte des Kaiserthums von T., Münch. 1827.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.