Petrus

Petrus

Petrus, 1) St. P., ursprünglich Simon, einer der zwölf Apostel Jesu, Sohn des Jonas aus Bethsaida, Bruder des Andreas, ein Fischer; er wurde durch seinen Bruder mit Jesu bekannt, welcher ihn bald darauf bei einem, auf sein Wort unternommenen reichen Fischzug (Petri Fischzug, Lukas 5, 1–11) zum Apostel berief u. ihn wegen seiner Thatkraft u. Begeisterung zum Unterschied von Simon von Kana u. Simon Zelotes den Namen Kephas od. P., d.i. Fels, beilegte. Begeistert für Jesum vertheidigte er ihn bei seiner Verhaftung in Gethsemane mit gewaffneter Hand u. folgte ihm in die Wohnung des Hohenpriesters. Hier aber verleugnete er seinen Herrn dreimal (Petri Verleugnung), bereuete jedoch dies gleich darauf bitterlich. Nach Jesu Himmelfahrt u. bes. seit Empfang des Heiligen Geistes am Pfingstfeste trat er als begeisterter Sprecher der Gemeinde auf, vertheidigte das Evangelium furchtlos vor dem Hohen Rathe u. befestigte die Bekenner desselben im Glauben durch überwältigende Reden u. wunderbare Thaten. Er verkündigte das Evangelium Anfangs blos den Juden in Palästina u. Samaria, bis ihn ein Wunder (Apost. 10) zur Heidenbekehrung führte, welche er mit Paulus vor dem Joch des Mosaischen Gesetzes schützte. Jedoch wurde er darin später schwankend. Nach der Hinrichtung des älteren Jakobus verhaftet, entkam er, wurde von dem Apostelrath zunächst nach Samarien gesendet, um, nebst Johannes, die dortigen Bekenner des Christenthums zu stärken. Zwar kehrte er bald nach Jerusalem zurück, ging aber dann als Apostel der Beschneidung nach Syrien u. vielleicht selbst nach Europa. Die Apostelgeschichte berichtet davon nichts, aber die älteste Tradition läßt ihn in Pontus, Galatien, Kappadocien, Proconsularasien, Bithynien u. zuletzt in Rom das Evangelium verkündigen. Nach Luk. 4,38 war er verheirathet, die Sage nennt seine Frau Concordia od. Perpetua. Die Frage über den Aufenthalt u. Tod des P. in Rom, für welche es neue historische Zeugnisse aus dem 2. Jahrh. gibt, ist noch nicht zum Abschluß gebracht worden. Der Sage nach soll er dort unter Nero im Jahr 67 mit dem Kopfe unterwärts gekreuzigt worden sein, weil er sich für unwürdig hielt, in derselben Weise wie Jesus zu sterben. Ihm zu Ehren werden in der katholischen Kirche Peter Paul, Petri Kettenfeier u. Petri Stuhlfeier (s.d.a.) begangen. Von ihm finden sich im N. T. unter den Katholischen Briefen zwei Sendschreiben, Briefe des P., wahrscheinlich an Gemeinden aus Juden u. Heidenchristen. Der erste Brief aus Babylon, um das Jahr 61 bis 65 geschrieben, legt den Lesern die Treue gegen das Evangelium mitten unter Verfolgungen u. den christlichen Wandel unter den Heiden an das Herz. Die Echtheit dieses Briefes, welcher eine gewisse Verwandtschaft mit dem Epheserbrief u. dem des Jakobus hat, neuerlich bes. von Schwegler bestritten, wird von den meisten Theologen anerkannt Der zweite Brief an dieselben Leser tadelt das unsittliche Leben der Irrlehrer u. ermahnt zur Treue gegen das Christenthum. Wichtig darin ist die Lehre von der Wiederkunft des Herrn u. vom Untergang der Welt durch Feuer. Von den meisten Theologen wird die Echtheit bestritten. Vgl. Mayerhoff, Einleitung in die petrinischen Schriften, 1835; Weiß, Der petrinische Lehrbegriff, 1855; Commentare zu den Briefen gibt es u.a. von Steiger (1832), Dietlein (1851), Wiesinger (1856), Baur (1856), Fronmüller (1860) Außerdem werden dem P. noch ein Evangelium (s.u. Apokryphen), eine Offenbarung u. Briefe an Clemens u. Jakobus beigelegt, welche offenbar untergeschoben sind. 2) St. P., ein Schüler des Theonas u. 300 der Nachfolger desselben als Bischof von Alexandrien, wurde 311 in der Diocletianischen Verfolgung enthauptet, u. zwar soll er der letzte Märtyrer in Ägypten gewesen sein; sein Tag ist der 25., in der Griechischen Kirche der 29. Novbr. Er schr. u.a.: Περὶ μετανοίας. 3) P Fullo, d.i. der Walker, Mönch in Constantinopel, war ein Anhänger des Monophysiten Eutyches u., weil er Unruhen angestiftet hatte, zweimal aus dem Kloster vertrieben worden; den Zeno, den Schwiegersohn des Kaisers Leo, bei welchem er sich in Gunst gesetzt hatte, begleitete er auf dessen orientalischem Feldzug nach Antiochien, wiegelte hier die Apollinaristen gegen den Patriarchen Martyrios auf, u. als derselbe die Stadt verlassen hatte, setzte sich P. 471 selbst auf den Patriarchenstuhl. Er ordnete nun sogleich die Einführung der monophysitischen Formeln an, wurde aber in Kurzem von Leo wieder abgesetzt u. nach einer Oase in Afrika verbannt. Unter Basiliskos kehrte er 476 nach Antiochien[919] zurück u. wurde wieder Patriarch, ward aber 478 vom Kaiser Zeno von Neuem abgesetzt u. nach Pontus verbannt; s.u. Monophysiten. 4) P. Mongus, Archidiakonus in Alexandria unter dem Patriarchen Äluros, folgte diesem 477 als Patriarch, von der monophysitischen Partei gewählt; da dies der Kaiser Zeno aber für eine Empörung erklärte, so ließ er den P. zum Tode verurtheilen. P. entging indeß dem Tode durch die Flucht u. wußte sich sogar bei dem Kaiser durch einen Vorschlag zur Vereinigung der Parteien (Henotikon) einzuschmeicheln, worauf er 482 wieder Patriarch wurde. Indeß nun sagten sich die Monophysiten in Ägypten von ihm als Abtrünnigen los u. bildeten die Secte der Akephalen (s.u. Monophysiten); P. starb 490. 5) P. Siculus, griechischer Mönch, ging 868 auf Befehl des Kaisers Basilius Macedo nach Tephrika, dem Sitze der Paulicianer an der arabischen Grenze, um von demselben gefangene Priester auszuwechseln; P. blieb neun Monate unter den Paulicianern u. lernte während dieser Zeit ihre Lehren u. Einrichtungen, sowie ihre Geschichte kennen u. schr. nach seiner Rückkehr: Ιστορία περὶ τῆς κενῆς καὶ μα-ταίας αἱρέσεως τῶν Μαν, χαίων τῶν καὶ Παυ λικιανῶν λεγομήνων, herausgeg. von Rader, Ingolst. 1604, u. von Gieseler, Gött. 1846, dazu Appendix 1849. 6) P. Venerabilis (Peter der Ehrwürdige), geb. 1094 in Montboissier, aus einer Adelsfamilie der Auvergne, wurde in einem Benedictinerkloster bei Clermont erzogen, trat 1111 in den Orden zu Clugny, wurde Lehrer in der Abtei Vezelay, dann Prior von Domaine im Bisthum Grenoble u. zuletzt unter Papst Calixt II. Abt von Clugny; er war durch Geistesbildung u. Frömmigkeit gleich ausgezeichnet u. st. 25. Decbr. 1155. Er schr.: Illustria miracula; Contra Petrobrusianos; Contra Judaeos; Contra nefandam sectam Sarracenorum; Epistolae u. Sermones in Marriers u. Quercetanus Bibliotheca cl uniacensis, im 22. Bde. der Bibliotheca maxima Patrum u. im. 5. Bde. von Martene u. Durano Thesaurus novus; Lebensbeschreibung von Wilkens, Lpz. 1857. 7) P. Lombardus (Peter von Novara), genannt Magister sententiarum, geb. bei Novara in der Lombardei, studirte erstin Bologna, dann in Rheims u. zuletzt in Paris, wo er den königlichen Prinzen Philipp unterrichtete u. dafür ein Canonicat in Chartres erhielt; in der Mitte des 12. Jahrh. dieser Pfründe verlustig geworden, setzte er seine Vorlesungen in Paris fort u. wurde 1159 Bischof von Paris, starb aber schon 1160 od. 1164. In seinem Hauptwerke Sententiarum libri IV. suchte er zwischen der positiv-kirchlichen u. speculativ-dialektischen Richtung zu vermitteln, indem er die Lehren der Dogmatik aus der Bibel u. den Kirchenvätern unter gewissen Titeln zusammenstellte u. durch Nachweisung u. wissenschaftliche Begründung derselben die Glaubens- u. Lehrsätze im Gegensatze der willkürlichen menschlichen u. irrthümlichen Meinungen feststellte. Das Buch wurde vielfach commentirt u. genoß bis zur Reformation ein fast classisches Ansehen als Compendium der Dogmatik bei akademischen Vorlesungen, wiewohl einzelne Sätze nicht die allgemeine Billigung der Theologen hatten. Diejenigen, welche der dogmatischen Methode des P. in den Sententiae folgten, hießen Sententiarii. Die beste Ausgabe der Sententiae ist von Joh. Aleaume Löw. 1546. Außerdem schrieb P. noch Commentare über die Psalmen, das Hohe Lied, Paulinische Briefe. 8) P. Blesensis, s. Peter 51). 9) P. de Vineis, s. Peter 52). 10) P. Perusinus, Rechtsgelehrter, so v.w. Baldus 1). 11) P. Dresdensis, s. Peter 62). 12) P. Mogilas, s. Mogilas.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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