Bruch [5]

Bruch [5]

Bruch (Med.), 1) (Fractura), durch plötzliche Gewalt bedingte Trennung eines Knochens in zwei od. mehr Theile, s. Knochenbruch; 2) (Hernia), Krankheitszustand, wobei ein in einer Höhle enthaltener Theil aus dieser heraustritt, dabei aber gewöhnlich noch mit der diese auskleidenden Haut u. von den äußeren Hautbedeckungen überkleidet bleibt, od. auch eine solche Ortsveränderung erleidet, daß er aus einer Höhle in die andere tritt. I. Brüche kommen selten am Kopfe als Hirnbrüche, od. an der Brust als Lungenbrüche, am häufigsten am Unterleibe vor. Obgleich bei richtiger Behandlung nicht unmittelbar gefährlich u. wenig die Gesundheit störend, können Brüche doch immer durch unzweckmäßiges Verhalten od. bei vorgerückten Jahren Gefahr herbeiführen. Man unterschied sie in A) falsche Brüche, Krankheiten der Hoden od. ihrer Häute, die blos äußerliche Ähnlichkeit mit Brüchen haben, namentlich der Wasser-, Blut-, Fleisch- u. Krampfaderbruch; B) eigentliche Brüche erscheinen an allen Stellen des Unterleibs bes. aber am vorderen u. unteren Theile desselben, entweder durch zufällig entstandene od. durch natürliche, zum Ausgange für Gefäße, Nerven etc. bestimmte Öffnungen, vorzüglich den Bauchring, den Schenkelring u. Nabel. a) Nach dem Orte des Vorkommens heißt der B. Leistenbruch (Hernia inguinalis, gr. Bubonocele), Hodensack-, Schenkel- (H. cruralis), Nabelbruch (H. umbilicalis). Der Leistenbruch ist beim männlichen Geschlechte der häufigste; hier ist der Leistenkanal od. der Bauchring der Ort des Durchgangs; senkt derselbe wachsend sich in den Hodensack herab, so wird er zum Hodensackbruch. Die hervorgefallenen Theile sind gewöhnlich Gedärme od. das Netz; dann noch Brüche des eiförmigen Lochs, Sitzbein-, Mittelfleisch-, Scheiden-, Bauch-, Rücken- u. Zwerchfellbrüche. b) Nach den Theilen, welche in die Brüche treten, unterscheidet man Darmbruch (Hernia intestinalis, gr. Enterocele), enthält gewöhnlich einen Theil des Dünndarms; Netzbruch (H. omentalis, gr. Epiplocele), enthält einen Theil des Netzes; Darmnetzbruch, welcher Darm u. Netz zugleich enthält; Harnblasenbruch (Cystocele), bei dem ein Theil der Harnblase der ausgetretene Theil ist. Er kann auch mit einem [352] Darmbruch verbunden sein; ist überhaupt selten. Vgl. I. Reichel, Die am häufigsten vorkommenden Arten der Unterleibsbrüche, Lpz. 1854. II. Die Entstehung der Brüche erfolgt meist dadurch, daß die Eingeweide das Bauchfell durch die zufälligen od. natürlichen Öffnungen (Bruchpforte, s.d.) vor sich herschieben u. dasselbe in einen Sack (Bruchsack) erweitern, nicht aber zerreißen. Der B-sacksteht noch mit der Bauchhöhle in Verbindung. Der in der Öfsnung u. ihr zunächst gelegene Theil heißt der Bruchsack-Hals, der vom Unterleibe am meisten entfernte der Boden des B-sacks. Er erreicht häufig einen enormen Umfang u. verwächst bald mit den benachbarten Theilen, fehlt selten, wenn das Bauchfell durch eine Verletzung getrennt wurde, immer bei der als angeborener B. bezeichneten Art von Leisten- u. Hodensackbrüchen, wo bei Knaben bei verspätetem Austritt des Hodens aus der Bauchhöhle zugleich ein Stück Darm od. das Netz sich mit herausdrängt. III. Ursachen der Brüche sind vorzüglich Schwäche der Bauchbedeckungen im Ganzen od. an einzelnen Stellen; der weitere Bauchring der Männer m. ht sie zu Leisten-, der weitere Schenkelring der Frauen diese zu Schenkelbrüchen geneigt; widernatürliches Offenbleiben des Bauch- od. Nabelri das nach der Geburt, eine besondere Anlage. Erblichkeit, starke Ausdehnung des Unterleibs durch die Schwangerschaft od. Wassersucht, Fettleibigkeit u. schnelles Magerwerden darnach, Vergrößerung einzelner Eingeweide, langes Stehen, starkes Reiten, auf den Unterleib pressend wirkende Kleidungsstücke, erschlaffende Diät u. feuchtes Klima. Gelegenheitsursachen sind: Anstrengungen des Körpers mit zur Seite od. rückwärts gebogenem od. stark ausgestrecktem Körper, starke Entfernung der Schenkel von einander, das Aufhängen u. Ausdehnen des Körpers, Fallen auf die Füße, die Knie od. den Hintern, ein starker Druck auf den Unterleib, vorzüglich aber die gleichzeitige heftige Zusammenziehung des Zwerchfells u. der Bauchmuskeln beim Erbrechen, der Geburt, bei Aufhebung schwerer Lasten, Drängen, um den Urin od. Koth auszuleeren, Husten, Singen, Blasen von Instrumenten etc. IV. Brüche verrathen sich durch den Ort u. die Veranlassung der Geschwulst, welche schmerzlos u. ohne Veränderung der Haut ist u. leicht von selbst, od. in der Rückenlage, od. durch gelinden Druck zurücktritt, aber auch bald wieder erscheint, wenn der Kranke aufsteht, u. sich durch Anstrengungen beim Athmen vermehrt, in der Rücklage verkleinert, bisweilen ein Kollern vernehmen läßt, od. Kolik, Leibesverstopfung u. Erbrechen veranlaßt. V. Die Behandlung der Brüche hat die Zurückbringung u. Zurückhaltung der vorgefallenen Theile durch ein passendes Bruchband zum Zweck. Ein leicht zurückzuhaltender u. durch ein B-band zurückhaltbarer B. hat keine Gefahr. Kleine u. neue Brüche gehen gewöhnlich von selbst in der Rückenlagezurück. Ehe die B-bänder die jetzige Vollkommenheit erreicht hatten, wurden von den Wundärzten, oft auch von eigenen herumziehenden Bruchschneidern, die in Deutschland von den Medicinalpolizeien unterdrückt sind (vgl. Norcia), zur völligen Verschließung des Kanals, durch welchen der B. erfolgte, das Glühende Eisen, Ätzmittel, die Castration, der Goldene Stich, die Königliche Naht, die Ligatur, der Einschnitt, die Vereiterung des Sackes u. der B-schnitt angewendet. Das Zurückbringen eines B-es (Repositio, gr. Taxis) gelingt namentlich bei Leisten- u. Schenkelbrüchen am besten des Morgens, wenn Därme leer u. Urinblase entleert ist, in einer Lage, wo die Bauchdecke so viel wie möglich erschlafft u. die Stelle des B-es die erhöhteste ist, daher in der Rückenlage, mit erhöhtem Hintern, angezogenen Knieen u. gegen die Seite des B-es geneigtem Körper. Die Handgriffe selbst bestehen darin, daß man den B. in die hohle Hand nimmt u. vermittelst der Finger den zuletzt vorgefallenen Theil in der Richtung, in welcher er hervorgetreten ist, zurückzubringen sucht u. dann den Boden des B-es allmählig zurückdrückt. Ist der B. völlig zurückgebracht, so verhütet man das Wiederhervortreten desselben durch ein zweckmäßig angelegtes, genau passendes Bruchband (s.d.). Der anhaltende Druck desselben kann nach u. nach Verwachsung der B-öffnung, od. die Radicalheilung bewirken, was aber seltener bei Erwachsenen, als bei Kindern der Fall ist. So lange dafür keine sichern Zeichen vorhanden sind, darf es nicht abgelegt werden. Schwer od. ganz unmöglich ist die Zurückbringung bei widernatürlicher Verwachsung der vorgefallenen Eingeweide mit dem B-sack od. den benachbarten Theilen, od. unter sich, od. bei, die Weite des B-kanals übersteigender Vergrößerung derselben. Ein B-band mit einer hohlen Pelotte od. ein Suspensorium schaffen Erleichterung u. können die Vergrößerung des B-es verhindern. Das Zurückgehen erfolgt auch nicht wegen Einklemmung des B-es (Incarceratio), wobei die vorgefallenen Eingeweide durch die B-mündung festgehalten werden. Es entstehen dann Schmerzen in dieser, welche sich über den ganzen Unterleib ausbreiten, hartnäckige Verstopfung u. Austreibung des Unterleibs; der B. schwillt an, wird schmerzhaft, gespannt, heiß; es erfolgt Würgen, Erbrechen, zuletzt Kothbrechen, Fieber mit krampfhaftem Pulse, Schluchzen, kaltem Schweiße; endlich wird der B. rosenroth, lividbrandig, wobei der Darm schwarz, weich, od. auch hart u. lederartig wird, u. es erfolgt der Tod. Die Ursachen der Einklemmung liegen entweder in der Öffnung, durch welche der B. erfolgte, im B-sacke od. in den in ihm enthaltenen Theilen. Die Einklemmung hat entweder einen entzündlichen od. krampfhaften Charakter, od. es liegen Koth od. Winde zum Grunde. Sie wird gehoben durch die Taxis, als das Hauptmittel; kommt man damit nicht aus, so muß der Bruchschnitt (Herniotomie, Celotomie, Bruchoperation) vorgenommen werden, wobei die allgemeinen Bedeckungen des B-sacks eingeschnitten werden u. die Öffnung, durch welche die Eingeweide außgetreten waren, durch Einschneiden erweitert wird, worauf die Eingeweide zurückgebracht werden. Die Radicalcur besteht in Verschließung der B-pforte durch Erregung von Entzündung, ist aber nicht ohne Gefahr. Auch wendet man die Erweiterung der B-öffnung durch Haken od. andere Instrumente ohne Einschnitt an. VI. Bei Hausthieren kommen vorzüglich Bauch- u. Nabelbrüche vor, selten Leistenbrüche, wegen der horizontalen Richtung des Unterleibs; Schenkelbrüche gar nicht. Bauchbrüche werden, wenn sie jung sind, mit kaltem Wasser u. Weinessig, welchem etwas Weingeist zugesetzt ist, gewaschen; bei älteren, Einreibungen von Kamphergeist u. Terpentinöl od. ein Liniment, das aus kaustischem Salmiakgeist u. Kampheröl besteht. Nabelbrüche sind vorzüglich bei Kälbern häufig, die durchgetretenen [353] Theile werden zurückgebracht, die Hautränder zusammengenäht od. abgebunden, od. man ätzt die ganze Geschwulst recht stark, wodurch sich der B-sack zusammenzieht. Leistenbrüche u. die sogenannten Fleischbrüche sind sehr gefährlich, letztere bestehen in einer Verdickung u. Entartung der Fleischhaut des Hodensacks u. werden nur durch Castration gehoben.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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