- Marche [3]
Marche (spr. Mahrsch, Mark). M. hatte seinen Namen, weil es die Grenze zwischen Poitou u. Berri machte, u. hieß auch M. Limosine, weil sie vor der Mitte des 10. Jahrh. einen Theil von Limousin bildete. Der erste bekannte Graf ist Boso I. der Alte, seine Vorfahren heißen Grafen von Charroux, nach dem Hauptorte von M. Er erhielt auch Perigord, u. nach seinem Tode (um 968) erbte sein ältester Sohn Helias Perigord (s.d.), der zweite, Aldebert (Adelbert) I., Obermarche u. der dritte, Boso II., Niedermarche. Obermarche hielt der Vicomte Guido von Limoges seit 975, wo Aldebert von demselben gefangen worden war, besetzt; als Aldebert um 995 st., so war sein Sohn Bernhard noch minderjährig, u. Graf Boso II., dessen Oheim, wurde sein Vormund. Als Boso II. 1006 von seiner Gemahlin Almodis vergiftet worden war, folgte ihm sein Sohn Helias I L, doch wurde diesem vom Herzog Wilhelm dem Großen von Aquitanien Perigord zugetheilt, u. Bernhard erhielt ganz M.; er st. 1047, u. ihm folgten Aldebert II. (weil Aldebert II. von Perigord mit gezählt wird) bis 1088, dessen Sohn Boso III. bis 1091, dann dessen Schwester Almodis, vermählt mit Roger II. von Montgomeri, Grafen von Lancaster. Roger hatte lange Krieg mit Hugo VI. von Lusignan, dem Oheim der Almodis, welcher seiner Nichte M. streitig machte. Nach ihrem Tode 1116 folgten ihr ihre Söhne Aldebert IV., Endes u. Boso IV., unter denen das Haus Lusignan einen großen Theil von M. abriß. Von den 3 Brüdern starb zuletzt Aldebert, u. ihm folgte sein Sohn Bernhard II. bis 1150. Dessen Sohn Aldebert V., von den Herren von Lusignan u. von England angegriffen u. von seinen eignen Unterthanen verlassen, verkaufte was ihm noch von M. übrig geblieben war, 1177 an den König von England, zumal da er keine Söhne hatte u. auch seine einzige Tochter, die Marquise von Comborn, kinderlos war. Doch widersetzten sich die Herren von Lusignan der Veräußerung an England, u. als Aldebert 1180 in Constantinopel auf einem Kreuzzuge starb, so ertheilte der Herzog Richard von Aquitanien u. der König von England M. an Mathilde, Tochter des Grafen Wulgrin III. von Angouleme u. Urenkelin Rogers II. von Montgomeri u. der Almodis, als der nächsten Anverwandten Aldeberts IV. Sehr beunruhigt wurde Mathilde von denen von Lusignan, die, bereits im Besitz des größten Theils von M, das ganze Land an sich reißen wollten, bis sie sich entschloß, Hugo IX. von Lusignan zu heirathen.1199 erhielt sie auch noch den Theil von M., welchen die Engländer besaßen, von der Königin Eleonore. Als Mathilde 1208 st., folgte ihr ihr Sohn Hugo X., welcher 1213 Partei für König Johann von England gegen Frankreich nahm. Er erbte 1218 als Gemahl der Isabella, Erbtochter des Grafen Aimar von Angouleme, diese Grafschaft. 1242 machte König Ludwig IX. einen Rachezug gegen Hugo, weil derselbe seinen Bruder, den Grafen Alfons von Poitiers, beleidigt hatte Unter Hugo XI. (1249–60) kam auch die Grafschaft Penthlèvre durch dessen Gemahlin Jolantha zu M. In M. u. Angouleme folgte ihm 1260 sein ältester Sohn Hugo II.; 1265 befahl er die Annahme des Landrechts von Montferrand; in Obermarche wurde es angenommen, aber Bellac u. Niedermarche blieben bei dem Römischen Recht, daher seitdem in M. verschiedenes Recht galt. Sein Sohn Hugo XIII., welcher ihm 1282 folgte, verpfändete 1301 M. an den König [858] Philipp den Schönen von Frankreich, u. als Hugo 1303 st., so setzte sich sein Bruder Guido in Besitz von M. u. Angouleme, obgleich Hugo durch ein zweites Testament seinen Vetter Gottfried eingesetzt hatte; aber König Philipp zog beide Grafschaften für sich ein u. verglich sich 1308 mit Guido u. dessen beiden Schwestern Maria u. Isabella.
König Philipp V. erhob M. zu einer Pairie u. gab es seinem Bruder Karl als Apanage, u. dieser vertauschte M. mit Ludwig I., Herzog von Bourbon, gegen die Grafschaft Clermont, welche König Philipp, von Valois dem Herzog Ludwig zurückgab, u. nach Ludwigs Tode erhielt sein dritter Sohn 1) Jakob I. M. u. die Herrschaft Montaigut. Dieser diente zuerst unter dem Herzog Johann von Normandie im Bretagneschen Kriege, kämpfte 1346 bei Crecy u. rettete, obgleich schwer verwundet, doch den König Philipp; 1349 wurde er Generalcapitán von Languedoc u. 1354 Connetable, welche Würde er 1356 niederlegte, da seine Expedition gegen die Engländer verunglückte; er kämpfte aber gleichwohl für den König, wurde bei Poitiers gefangen, aber 1360 befreit. Darauf übertrug ihm König Johann das Geschäft, den Engländern die im Vertrag von Bretigni bedungenen Provinzen zuzustellen, u. die erste, welche er auslieferte, war die Grafschaft Ponthieu, die er einst für seine, dem König geleisteten Dienste erhalten hatte. 1361 zog er gegen die Banden der Tard-venus in Lyonnois u. blieb gegen sie bei Brignais. Sein Sohn 2) Johann zog 1366 mit Bertrand von Guesclin gegen Peter den Grausamen von Castilien, wurde Lieutnantgeneral in Limousin, kämpfte mit dem Herzog von Berri gegen die Engländer in Guienne, erhieltdurch seine Gemahlin Katharine 1374 die Grafschaften Vendome u. Castres, machte die Belagerung von Taillebourg 1384 mit, begleitete 1388 den König Karl VI. nach Geldern u. 1391 nach Languedoc u. st. 1393. In Vendome folgte ihm sein zweiter Sohn Ludwig, in M. u. Castres 3) Jakob II., sein ältester Sohn; er zog mit Johann von Burgund 1396 den Ungarn gegen die Türken zu Hülfe, wurde bei Nikopolis von Letztern gefangen u. ranzionirte sich 1397. Zurückgekehrt nach Frankreich wurde er Grand-Chambellan. Zu einem Zuge gegen die Engländer waren ihm vom König 100.000 Thlr. gegeben worden; indeß er hatte dieses Geld auf unnütze Dinge verwendet, sich aber verbindlich gemacht, dasselbe zurückzuzahlen. Als er nun 1409 von der Burgundischen Partei, welcher er seit 1407 angehörte, unter die Commission gewählt war, welche die Mißbräuche in der Verwaltung untersuchen u. abschaffen sollte, so begann er sein berüchtigtes Werk damit, daß er seinen Schuldbrief von jenen 100,000 Thlrn. vertilgen ließ. 1411 unterlag er mit seiner Partei der Orleansschen bei Tours u. wurde gefangen u. erst 1412 befreit. 1415 heirathete er (nach dem Tode seiner ersten Gemahlin, Beatrix von Navarra) die Königin Johanna II. von Neapel u. Sicilien, aber dit Unordnung in ihrem Reiche u. ihr schlechter Lebenswandel bestimmte ihn sie verhaften zu lassen; sie wurde jedoch 1416 durch einen Volksaufstand befreit, u. M. selbst verhaftet; dies veranlaßte ihn, sich 1419 wieder von ihr zu trennen u. 1422 nach Frankreich zurückzukehren. Er wurde 1424 Gouverneur von Languedoc u. entfernte die Engländer u. Burgunder daraus, übergab aber 1425 das Gouvernement auf königlichem Befehl dem Grafen von Foix gegen eine Pension. Er ging 1435 in ein Kloster in Besançon u. st. 1438 das. Seine einzige Tochter 4) Eleonore war 1429 an Bernhard von Armagnac vermählt, welcher 1435 den Titel eines Grafen von la M. annahm u. vom König Karl VII. darin bestätigt wurde; er st. 1462 u. sein ältester Sohn 5) Jakob von Armagnac folgte ihm in M. u. Pardiac, erhielt auch nach seiner Vermählung mit Louise, Tochter Karls von Anjou, Grafen von Maine, das Herzogthum Nemours. Ein unruhiger, treuloser, listiger Mann, machte er oft Verschwörungen gegen den König Ludwig XI. u. wurde deshalb 1475 in seinem Schloß Carlac belagert, gefangen u. 1477 hingerichtet. Die Grafschaft M. wurde an 6) Peter von Bourbon, Herr von Beaujeu, den vierten Sohn Karls I., Herzogs von Bourbon, gegeben; dieser wurde 1488 nach dem Tode seines ältern Bruders, Johann, Herzog von Bourbon u. st. 1503 in Moulins mit Hnlerlassung einer Tochter Susanne, vermählt an Karl von Bourbon, Grafen von Montpensier.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.