Belgrad

Belgrad

Belgrad, 1) (Festung B.), türk. Ejalet an der Donau, besteht aus einem bloßen Complex, der in Serbien noch von den Türken besetzten Festungen ohne sonstiges Terrain. Das Ejalet Festung B. ist daher auch nicht weiter in Liwas u. Müdirate getheilt, sondern besteht aus den Plätzen Belgrad, Semendere, Ada-Kala, Fethijül-Islam, Bugerditen, Sukul u. Usidsche; 2) ein Kreis, der eine Stadt, 120 Dörfer u. die 5 Bezirke: Kosmai, Podunawa, Kolubara, Poßawa u. Turija zählt; 3) (Weißenburg, Darol Dschihad, d.h. Haus des heiligen Krieges bei den Türken, Alba graeca), Hauptstadt des Fürstenthums Serbien u. wichtige Festung am Einfluß der Save in die Donau, Residenz eines türkischen Pascha, des serbischen Fürsten, Sitz der höchsten Landesbehörden u. eines griechischen Bischofs u. mehrerer Consulate, besteht aus 4 Theilen: die eigentliche Festung, das Oberschloß, liegt in der Mitte des Ganzen, auf hohen Felsen, ist mit Mauern u. hohen Thürmen (der höchste Benovisa) u. dreifachen Gräben umgeben u. beherrscht die Stadt u. die Donau; die Unterstadt (Palanka) umgibt das Oberschloß im Süden u. Osten, ärmlich u. schlecht gebaut, die Raitzenstadt westlich gegen die Save hin, u. die Wasserstadt, der schönste Theil von B., mit öffentlichen Plätzen, nördlich in der Gabel zwischen der Save u. Donau. Die Lage in der Gabel, welche jene beiden an dieser Stelle sehr breiten Flüsse bilden, macht es strategisch wichtig u. ziemlich fest, doch überhöhen es die Hügel von Jemeklub u. Kumodrasch. Ebenso wichtig ist die Stadt als Handelsplatz, da sie den Waarenverkehr zwischen Wien u. Constantinopel größtentheils vermittelt. Der Pascha von B. residirt im Oberschloß, wo sich die Hauptmoschee u. ein Arsenal befindet. Öffentliche Gebäude: viele Moscheen, zwei griechische Kirchen, eine Synagoge, das Senatsgebäude u. Militärhospital; seit 1855 Evangelische Kirchengemeinde, türkische Freimaurerloge Alakotsch; 32,000 Ew. serbischen, griechischen, türkischen u. jüdischen Stammes. – B. steht auf der Stelle des alten Singidunum, es gehörte zu Obermösien u. war das Standquartier der römischen Legio IV. Flavia Felix. Es wurde 1073 von dem Ungarnkönig Salomon eingenommen, kam später wieder an die Byzantiner u. wurde im 12. Jahrh. von dem Kaiser Emanuel Komnenos befestigt. Im 14. Jahrh. war die Stadt im Besitz der Serbier; diese stellten sie 1342 als Castell wieder her u. verkauften sie 1423 an Sigismund von Ungarn. 1442 wurde B. vergebens von Murad II. belagert u. dieser von den Ungarn, Böhmen u. Deutschen geschlagen; 1456 wieder durch die Türken unter Muhammed II. belagert, entsetzten Hunyades u. Capistran die Stadt u. erfochten dort einen großen Sieg; 1521 wurde B. von Solyman II. durch Capitulation erobert u. die auf 400 Mann geschmolzene Besatzung treulos ermordet; 1636 machten die hier in dem Blutbrunnen eingesperrten Ungarn,[537] nachdem sie sich befreit hatten, einen Aufstand, der aber gedämpft wurde; den 6. Sept. 1688 wurde B. von dem Kurfürsten Maximilian Emanuel von Baiern erstürmt u. fast die ganze Besatzung niedergemacht; 1690 ging es durch den Großvezier Mustapha Kiuperli durch Sturm wieder verloren; 1693 wurde B. wieder hart von den Österreichern unter dem Herzog von Croy belagert, aber nicht genommen, u. darauf die Werke in vollkommenen Stand gesetzt; 1698 verbrannten 150 Magazine hier mit allen Vorräthen an Mehl, Korn, Gerste, Zwieback; im Juni 1717 belagerte Prinz Eugen B. u. griff den 150,000 Mann starken Großvezier, welcher ihn durch eine Circumvallationslinie einschloß, mit 40,000 M., während 20,000 M. vor der Festung blieben, in der Nacht vom 16.–17. August an, sprengte die feindlichen Linien nach hartem Gefecht u. schlug die Türken gänzlich. B. ergab sich mit 20,000 M. am 18. August u. verblieb im Passarowitzer Frieden den Österreichern, bis es 1739, von den Türken belagert, durch die Unentschlossenheit des Feldmarschalls Wallis sehr bedrängt, u. eben als dieser das Verlorene wieder gewinnen wollte, durch den durch Schuld des Generals Neipperg unbedachten Frieden von B. den Türken zurückgegeben wurde. Jedoch wurden die neuen Befestigungen zuvor gesprengt. Neipperg u. Wallis wurden wegen des Belgrader Friedens verhaftet u., so lange Karl VI. lebte, gefangen gehalten. 1755 erregten die Janitscharen hier einen Aufstand, in Folge dessen der Statthalter Achmed Kiuprili Pascha floh; den 2. Decbr. 1787 mißlang ein Überfall durch 4 ungarische Regimenter auf der Wasserseite, indem die Schiffe vor B. im Nebel vorbeisegelten; 1789 nahm Laudon B. nach kurzer Belagerung, doch gab es Österreich im Frieden von 1791 wieder heraus. Nach der Empörung der Serbier seit 1804 blockirt, wurde es von diesen am 13. Decbr. 1806 mit Sturm genommen u. blieb bis 1812 der Sitz der serbischen Regierung, bis es endlich von den Türken wieder erobert wurde; 1821, beim Aufstand der Griechen, wurden die Werke ansehnlich verstärkt. Am 6. Juli 1852 große Feuersbrunst. 4) Dorf am Bosporus, bei Constantinopel, genannt nach den, bei der Einnahme B-s 1521 hierher verpflanzten Bulgaren.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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