Cicĕro [1]

Cicĕro [1]

Cicĕro, eine zur Tullia gens gehörige plebejische, in den Ritterstand erhobene Familie aus Arpinum, so genannt, weil sich dieselbe bes. mit dem Anbau der Küchenerbse (Cicer) beschäftigte; 1) Marcus Tullius C., Großvater von C. 5), ein Mann von alter Sittenstrenge, st. 106 v. Chr. 2) Marcus Tull. C., Sohn des Vor., lebte theils zu Rom, theils zu Arpinum u. widmete seine Zeit dem Studium der Wissenschaften u. der Erziehung seiner Söhne. 3) Lucius Tull. C., Bruder des Vor., begleitete den Antonius nach Asien u. besuchte 103 v. Chr. auf Rhodos die Vorträge der dortigen Rhetoren. 4) Lucius Tull. C., Sohn des Vor., studirte die Wissenschaften in Athen, lebte dann in Syracus u. st. 68 v. Chr. 5) Marcus Tull. C., Sohn von C. 2), geb. 3. Jan. 106 v. Chr. auf einem alten Familiengute, unweit Arpinum (welche Stadt in Latium, zum Andenken noch seinen Namen in ihrem Siegel führt). Von seinem Vater trefflich erzogen, kam C. früh nach Rom in das Haus des Aculeo, wo er von dem Redner Crassus zu den Wissenschaften angeleitet wurde. Ebenfalls frühzeitig genoß er den Unterricht des Dichters Archias, dann, von einem Feldzuge unter Sulla gegen die Marser im I. 89 v. Chr. zurückgekehrt, des Stoikers Diodotos u. des Platonikers Philo. Hierauf trat er in seinem 27. Jahre, 81 v. Chr., als Redner vor Gericht zur Vertheidigung des P. Quintius gegen Hortensius u. im folgenden Jahre des Roscius von Ameria gegen Sullas Creaturen, bes. Chrysogonus, siegreich auf. Noch mehr bildeten ihn Reisen, die er, zum Theil um Sullas Nachstellungen zu entgehen, zum Theil um seine Gesundheit zu stärken, seit 79 unternahm. In Athen, wo er den Freundschaftsbund mit Atticus schloß, waren in der Philosophie der Akademiker Antiochos Askalonita, der Epikureer Zeno u. der Rhetor Demetrios, in Kleinasien Xenokles, Menippos u. A., auf Rhodos Apollonios Molon in der Beredtsamkeit seine Lehrer, so wie nach seiner Rückkehr nach Rom, im J. 77, Muc. u. Q. Scävola in der Rechtskunde u. der Komiker Roscius in der Declamation. Bald nach seiner Rückkehr wurde er im I. 75 Quästor in Sicilien, welchen Posten er mit großer Uneigennützigkeit u. Gerechtigkeit verwaltete. Nachdem er nach Rom zurückgekehrt war, trat er in den Senat u. wurde hier die Stütze u. das Organ der conservativen Partei. Unausgesetzt wirkte er als Sach walter u. übernahm im I. 70 für die Sicilianer die Anklage gegen Verres (s.d.), Im J. 69 wurde er Ädil. Als Prätor, 66 v. Chr., sprach er mit Erfolg für den Manilischen Vorschlag, wegen der Erwählung des Pompejus als Feldherrn gegen Mithridates, zog sich aber dadurch die Unzufriedenheit des Senats u. der Patricier zu. Trotz deren Gegenwirken wurde er 63 v. Chr. Consul. Zu dem höchsten Staatsamte lediglich durch sein eigenes Verdienst gelangt, begann er seine ganze Kraft daran zu setzen, um den unheilvollen Zuständen abzuhelfen, in welche das römische Staatsleben versunken war. Obwohl plebejischer Abkunft, hielt er sich von vornherein zu der Partei der Optimaten, als derjenigen, auf deren Kraft u. Einigkeit die Erhaltung der bestehenden Staatsformen beruhte, während er mit unnachsichtiger Strenge die Demagogen verfolgte u. das unruhige Gesindel, welches sich in der Hauptstadt nach u. nach eingenistet hatte, im Zaume zu halten suchte. Seinen Mitconsul Antonius, welcher des Einverständnisses mit den Führern des Pöbels dringend verdächtig war, entfernte er dadurch, daß er ihm die Provinz Macedonien abtrat, u. Catilina, den Hauptführer der Verschworenen, brachte er dahin, daß dieser die Stadt verlassend sich zu den bewaffneten, von ihm angeworbenen Insurgentenhaufen gesellte u. so als offenbarer Feind des Vaterlandes, trotz seiner mächtigen Schützer unter den Senatoren, angeklagt u. verurtheilt werden konnte. Eine sonst nur für siegreiche Feldherren vom Senate angeordnete Supplication u. die Begrüßung als Pater patriae war sein Lohn, aber auch von vielen Seiten ein bitterer Haß, den zum Theil seine Eitelkeit ihm zuzog (er verfaßte selbst die Geschichte seines Consulats ruhmredig in Versen u. vermochte den L. Hirtius, eine eigene Schrift darüber abzufassen). Die Früchte seines Wirkens, welches auf Erhaltung der alten Verjassung gerichtet war, sah er bald nach seinem Rücktritt vom Amte durch Pompejus u. Cäsar verkümmert, in deren Hand das Schicksal des römischen Staates ruhte. Beiden war der Einfluß Ciceros unbequem, u. als dieser eine ihm von Cäsar angebotene Legatenstelle ausschlug, gab sich der Demagog Clodius dazu her, ihn anzuklagen, daß er als Consul römische Bürger (die Mitverschworenen Catilina's) indicta causa habe hinrichten lassen. Bis ins Innerste verletzt, begab er sich im April 58 v. Chr. selbst ins Exil. Seine Landgüter wurden von Clodius verwüstet, sein Haus in Rom angezündet, in seine Habe theilten sich seine Feinde. In Sicilien vom Prätor Virgilius abgewiesen, fand er Aufnahme bei Cn. Plancius in Macedonien. Je unangenehmer ihm die Entfernung von Rom war, was er durch seine Klagen in seinen Briefen aus der Ferne bekundete, desto angenehmer überraschte ihn (nach 16 monatlicher Entfernung) die Kunde von seiner Zurückberufung. Der Volkstribun Annius Milo unter Mitwirkung des Pompejus hatte bes. dazu beigetragen. Er wurde von den Römern bei seiner Rückkunft im Sept. 57 wie ein triumphirender [137] Feldherr empfangen u. trat wieder in Beziehung zu Pompejus, für den er eine freundschaftliche Gesinnung hegte, u. auch zu Cäsar, der ihm geistig näher verwandt war. Aber er lehnte es ab, den ehrgeizigen Plänen der Feldherren hülfreiche Hand zu bieten, suchte so viel als möglich zu vermitteln u. die Katastrophe hinauszuschieben, welcher der römische Staat unaufhaltsam entgegeneilte. Seine gerichtliche Thätigkeit wieder aufnehmend (in diese Zeit fallen seine Reden für Sestius, Cölius, Balbus, Plancius, Milo, Rabirius, gegen Vatinius u. Piso), beschäftigte er sich, nachdem er auch Augur geworden, außerdem eifrig mit den Wissenschaften, namentlich auf seinen Landgütern bei Puteoli (Academia) u. bei Tusculum (Tusculanum), wurde dann im Mai 51 Statthalter von Cilicien, als welcher er die Parther schlug. Im darauf folgenden Bürgerkriege war er auf des Pompejus Seite, stand erst in Capua, folgte dem Pompejus nach Griechenland, kehrte nach der Schlacht bei Pharsalus nach Rom zurück (im Oct. 47), wo er von Antonius verächtlich, dagegen von Cäsar mit Achtung behandelt wurde, u. lebte bis zum Tode Cäsars im März 44 zurückgezogen, nur mit literarischen Arbeiten beschäftigt. Nach Cäsars Ermordung erklärte sich C. für Brutus u. Cassius gegen Antonius. Noch einmal erhob der greise Staatsmann seine Stimme, um in den vom Sept. 44 bis April 43 gehaltenen 14 Philippischen Reden den Senat anzuspornen, daß er das Ansehen der Verfassung wieder herstelle u. den Antonius für einen Verräther des Vaterlandes erkläre. Er drang zwar durch, aber die Heere verließen den ohnmächtigen Senat, Octavianus, an welchen sich C. angeschlossen hatte, verband sich mit Antonius u. C. mußte vor den siegreichen Fahnen des Antonius u. Octavianus fliehen. Antonius verurtheilte ihn im October 43 v. Chr. zum Tode; zwar entkam er aus dem Tusculgnum den abgeschickten Mördern, als er aber, nach Astura u. Circeji geflüchtet, unentschlossen auf der Küste hin u. her irrte, kam er endlich auf sein Formianisches Landgut, wo ihn der Centurio Herennius u. der Kriegstribun C. Popilins Länas (dieser verdankte C-s Beredtsamkeit sein Leben) ereilten; der Letztere hieb ihm das Haupt u. die rechte Hand ab, 7. Dec. 43 v. Chr., u. eilte damit nach Rom zu Antonius, dessen Gemahlin, Fulvia, die Zunge, mit glühenden Nadeln durchstach; Kopf u. Hand wurden auf der Rednerbühne aufgesteckt. Seine Gattin, Terentia, die er zärtlich geliebt zu haben scheint, entließ er, wegen ihres ungestümen, hoffärtigen Wesens, im J. 46, 3 Jahre vor seinem Tode; sie schenkte ihm einen Sohn, Marcus Tull. C., u. eine Tochter, Tullia. C. war sehr wohlhabend, er besaß einen Palast in Rom, mehrere Landgüter (das Tusculanum, Formianum) u. mehrere andere Besitzungen in Italien, aber seine Bau- u. Kauflust brachte ihn sehr oft in Geldverlegenheit. Nicht minder bedeutungsvoll als sein öffentliches Wirken war C-s literarische Thätigkeit. Seine umfangreichen Schriften gehen uns ein Bild des Culturzustandes seiner Zeit, namentlich in Bezug auf das Staats- u. Rechtswesen. Als Staatslehrer verwarf er die Theorien der griechischen Philosophen, in so fern sie auf Construction eines Idealstaates gerichtet waren, u. behielt das innerhalb der menschlichen Gesellschaft Erreichbare im Auge. Vor der bestehenden Religion zeigte er die größte Achtung u. sah in ihr ein wichtiges Bollwerk gegen die Umtriebe der Demagogen. Lebensbeschreibung von Plutarchos, Marobin (Par. 1745, 2 Bde.), Facciolati (Padua 1760), Middleton (aus dem Englischen von Seidel, Danz. 1791, 4 Bde.), Brückner, Gött. 1852; Seine vorhandenen Schriften sind: A) Rhetorische, in denen er sich die Griechen zu Mustern gewählt hat (sämmtlich herausg. von Schütz, Lpz. 1804–8, 3 Bde); es sind: a) De inventione, eine Rhetorik; b) De oratore, Schilderung eines vollkommenen Redners (herausg. von Ellendt, Königsb. 1840, 2 Bde., von O. Jahn, Lpz. 1851); c) Brutus od. De claris oratoribus, kurze Geschichte der Beredtsamkeit bei den Griechen u. Römern (herausgeg. von Ellendt, Königsb. 1825, 2. A. 1844, R. Stern, Hamm 1837; Meyer, 1838; Peter, 1839; O. Jahn, 1849); d) Orator od. De optimo genere dicendi, zeichnet das Ideal eines Redners (herausgegeben u.a. von Müller, Darmst. 1819; von F. Göller, Lpz. 1838); e) Topica, über Beweismittel u. Scheingründe; f) De partitione oratoria, Compendium der Rhetorik; g) De optimo genere oratorum, Einleitung zu der (verlorenen) Übersetzung der Reden des Äschines u. Demosthenes gegen u. für Ktesiphon; Scripta rhetor. minora, herausgeg. von Wetzel, Lpz. 1823. Rhetorica ad Herennium sind nicht von ihm. B) 59 Reden (Orationes) für den P. Quintius, für S. Roscius Amerinus, für Q. Roscius Comodus, gegen O. Cäcilius (wegen der Anstellung der Klage gegen Verres, auch Divinatio genannt), die Verrinischen Reden (gegen Verres, die Actio prima war eine bloße Einleitung; die Actio secunda in 5 Reden zerfallend, welche nicht gehalten worden sind, herausgeg. von Harles, Erl. 1783 f., 2 Bde., von Zumpt, Berl. 1831); für den M. Tullius (fragmentarisch), für den M. Fontejus, für A. Cäcina, Pro lege Manilia, für den A. Cluentius, gegen C. Antonius u. L. Catilina (seine Mitbewerber um das Consulat, fragmentarisch), drei De lege agraria (vgl. Agrariae leges), für C. Rabirius, 4 Catilinarische Reden (gegen Catilina [s.d.], die 1. u. 4. ist im Senat, die 2. u. 3. vor dem Volke gehalten); für L. Murena, für L. Flaccus, für P. Sulla, für den Dichter Archias (herausgeg. von Stürenburg, Lpz. 1839), gegen P. Clodius u. C. Curio (nur Fragmente), für Cn. Plancius (herausgeg. von Orelli, Lpz. 1825); für P. Sestius (herausgeg. von O. M. Müller, Cöslin 1827), gegen P. Vatinius, für M. Ämil. Scaurus (nur Fragmente), für M. Cölius, De provinciis consularibus, für L. Balbus, gegen L. Piso, für T. Annius Milo (herausgegeben von Orelli, Lpz. 1826, W. Freund, Bresl. 1838), für C. Rabirius (mit der für Fontejus, herausgeg. von Niebuhr, Rom 1820); für Q. Ligarius (von A. F. Soldan, Hanau 1839), für den König Dejotarus, die 14 Philippicae (gegen M. Antonius, nach den Reden des Demosthenes gegen König Philippus von Macedonien genannt, herausgeg. von Wernsdorf, Lpz. 1821, 2 Bde.); unecht sind die Reden: Post reditum in senatu, Ad Quirites post reditum, Pro domo sua ad pontifices, De haruspicum responsis (sämmtlich herausgeg. von F. A. Woll, Berl. 1801) u. für Marcellus (herausgeg. von dems., ebd. 1802). Sämmtliche Reden hergusgeg. von Beck, Lpz. 1795–1807, 4 Bde. (nur die 30 ersten von R. Klotz, ebd 1835–39, 3 Bde, von Halm, ebd 1845–48, 2 Bde., ausgewählte Reden erklärt[138] von Möbius, 5. A. 1850–52, 2 Bde.: Madvig, 2. A. 1848; Klotz, Lpz. 1853. C) Briefe (Epistolae), die sehr reichhaltig für die Zeitgeschichte sind, u. zwar: a) Ad familiares od. Ad diversos, an seine berühmtesten Zeitgenossen, nebst deren Antworten; b) Ad Atticum, an seinen Freund T. Pomp. Atticus, bes. wichtig, um die feineren Fäden der Zeitereignisse aufzufinden; c) Ad Quintum, an seinen Bruder, vornehmlich brauchbar, um den römischen Geschäftsgang, bes. die Provinzialverwaltung, kennen zu lernen; d) Ad Brutum (wohl unecht); die Briefe herausgeg. von Schütz, Halle 1809 ff., übersetzt von Wieland, forgesetzt von Gröter, Zür. 1808 ff., 7 Bde., 2. A. Lpz. 1840 f., Auswahl aus den Briefen, herausgeg. von Matthiä, 4. A. 1849; Süpfler, 3. A. 1849; Müller, Lpz. 1849. D) Philosophische Schriften (Philosophica), in denen C. meist griechische Systeme erklärt u. in dem Dialog, in den sie gekleidet sind, Plato nachahmt; a) Academicae quaestiones, über die akademische Philosophie (herausgeg von Görenz, Lpz. 1810, von Orelli, Zür. 1827); b) De finibus bonorum et malorum, über das höchste Gut u. das höchste Übel (herausgeg. von Görenz, Lpz. 1813, von I. N. Madvig, Kopenh. 1839, deutsch von Droysen 1841); c) Tusculane disputationes, vermischte Abhandlungen über Theile der praktischen Philosophie (herausgeg. von Fr. A. Wolf, Lpz. 1792 u. 1807, von Kühner, Jena 1829, 4. A. 1852, von Klotz 1835, von P. Hagerup Tregder, Kopenh. 1841, von Tischer, 1850); d) De natura deorum, Darstellung der Meinung mehrerer philosophischer Secten über Gott u. Vorhersehung, u. Bestreitung der alten Philosophie u. Mythologie (herausgeg. von Heindorf, Lpz. 1815, Moser 1821, Schömann 1850; deutsch von Schröder, 1841); e) De divinatione, gleichsam Fortsetzung der vorigen Schrift; Würdigung der Gründe für u. wider die Wirklichkeit u. Göttlichkeit der Vorhersehung (herausgeg. von Moser, Frkf. 1828, Giese, Lpz. 1829; deutsch von Jacobs, 1841); f) De fato, ein Fragment, über das Schicksal u. über mögliche Ereignisse (herausgeg. von Brem, Lpz. 1795, von Ferrucci, Modena 1853); g) De legibus, Beweis, daß die Rechte u. Gesetze der Römer göttlichen Ursprung hätten (herausgeg. von Görenz, 1809, von Moser u. Creuzer, Frkf. 1824, von Bake, Leyden 1842, von Feldhügel, Zeitz 1852 f., 2 Bde.); h) De officiis. über Pflicht u. Anstand, Lebens- u. Klugheitsregeln (herausgeg. von Beier, Lpz. 1820, 2 Bde., von Stürenburg, ebd. 1834, von Heusinger, Braunschw. 1838, von Zumpt, 1849, Bonnell, 1848, Unger, 1853; deutsch von Garve, Bresl. 1783, 4 Bde., 6. A. 1819); i) Catomajor od. De senectute, über das Alter; widerlegt die Vorurtheile gegen das Alter u. zeigt dierechte Art, es zu verleben (herausgeg. von Gernhard, Lpz. 1819, Otto, ebd. 1830, von Hoffa, 2. A. 1841, Klotz, 1831, Tischer, 1847, Sommerbrodt, 1851); k) Laelius od. De amicitia, über Stiftung u. Erhaltung tugendhafter Freundschaft (herausgeg. von Gernhard, Lpz. 1825, Beier 1828, von Klotz, Lpz. 1833, Seuffert, 1844 f., 2 Bde., Nauck, 1852; l) Paradoxa, Prüfung 6 stoischer, paradox scheinender Sätze (herausgeg. von Moser, Gött. 1846); m) De republica, seit dem 11. Jahrh. verloren, Fragmente in neuester Zeit von Mai in einem mailändischen Palimpfest aufgefunden u. herausgeg. Rom 1822; von Steinacker, 1823, von Osann, Gött. 1847; bes. daraus war das Somnium Scipionis bekannt, worüber Macrobius einen Commentar geschrieben hat. In den Fragmenten C-s finden sich Bruchstücke seines Hortensius, mehrerer Reden u. Briefe, von den Oeconomica (nach Xenophon), De jure civili, De auguriis, De philosophia, De gloria, De consolatione, De universo etc., von der metrischen Übersetzung der Phaenomena des Aratos, von dem Gedichte De suo consulatu (worüber er Anfangs ein griechisches Werk geschrieben). Die Schrift De petitione consulatus ist von C. 6). C-s sämmtliche Werke sind herausgeg. zuerst: bei Scheinheim u. Parnaz 1466 ff., Fol., Mail. u. Rom 1498, 4 Bde., Fol.; von Victorius, Vened. 1534, 4 Bde., Fol.; von Camerarius, Bas. 1540, 4 Bde., Fol.; von P. Manutius, Vened. 1540, 10 Bde. u. 1578–83, Fol.; von Lambin, 1566, 4 Bde., Fol.; von Gruter, Hamb. 1618, 4 Bde., Fol.; von J. Gronov, Leyd. 1692, 4 Bde.; von Ernesti, Lpz. 1737, Halle 1758, 6 Bde. (mit der Clavis, 1774), 7 Bde., Oxf. 1783, 10 Bde.; von Schütz, nebst Lexicon Ciceronianum, Lpz. 1814–23, 20 Bde.; von Orelli, Zür. 1826–31, 4 Thle. in 7 Bdn., dazu Scholiastae (1833) u. Onomasticon (1836–38); in 1 Bd. von Nobbe, Lpz. 1827; auch in 10 Bdn., 2. Aufl. 1848–50; von Klotz, ebd. 1851; eine deutsche Übersetzung der sämmtlichen Werke, herausgegeben von Reinh. Klotz, Lpz. 1839 ff. 6) Quintus Tull. C., jüngerer Bruder des Vorigen, geb. um 102 v. Chr., wurde im J. 66 Ädilis, 63 Prätor u. 61 Proprätor von Asien, wo er sich um die Provinz durch gute Gesetze u. Erleichterung der Abgaben verdient machte. Nach Rom im J. 58 zurückgekehrt, unterstützte er seinen Bruder Marcus, wie früher gegen Catilina, so jetzt gegen Clodius; verwaltete 57 Sardinien, ging 54 zu Cäsar nach Gallien, wo er sich gegen Ambiorix u. vor Alesia auszeichnete, begleitete 51 seinen Bruder nach Cilicien u. schloß sich im Bürgerkriege an Pompejus an, erhielt aber nach dessen Besiegung von Cäsar Verzeihung. In der Proscription des Jahres 43 wurde er mit seinem Sohne getödtet. Seine Gattin, Pomponia, war des Atticus Schwester, von welcher er sich aber im I. 44 wieder trennte. Er schr.: De petitione consulatus, gewöhnlich in des Redners Werken. 7) Marcus Tull. C., Sohn von C. 5), geb. 65 v. Chr., widmete sich in Mitylene, dann seit 46 v. Chr. in Athen unter Kratippos der Philosophie, lebte aber dort sehr ausschweifend; er wurde 46 des Brutus Legat u. Präfect der Reiterei. Nach der Schlacht bei Philippi floh er zum Sext. Pompejus, mit dem er 43 für die Sache der Freiheit gegen die Triumvirn focht. Nach der im Frieden allen Pompejanern ertheilten Amnestie kehrte er nach Rom zurück, wo er nach einiger Zeit Augur u. Triumvir monetalis, 30 Augusts College im Consulat wurde, in dem er sich an Antonius, seines Vaters Mörder, dadurch rächte, daß er alle Denkmäler desselben vernichten ließ. Später wurde er Statthalter von Asien. 8) Quintus Tullius C., Sohn von C. 6). geb. 66 v. Chr., ein charakterloser Jüngling, begleitete seinen Oheim, den Redner C., nach Cilicien u. trat im Bürgerkriege auf Cäsars Seite, welchem er im I. 45 nach Spanien folgte; dann schloß er sich dem Antonius[139] an, verließ aber, getäuscht in seinen Hoffnungen, dessen Partei u. wurde bei den Proscriptionen im I. 43 v. Chr. ermordet.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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