Englisch-Deutsche Legion

Englisch-Deutsche Legion

Englisch-Deutsche Legion (eigentlich Königlich-Deutsche Legion). Nach der Invasion der Franzosen in Hannover, im Frühjahr 1803, war das ganze Kurfürstenthum in die Gewalt des Feindes gefallen; das hannöverische Ministerium hatte es unterlassen, das Land zum Widerstande vorzubereiten, u. mußte daher in der Capitulation zu Suhlingen alle festen Plätze u. alles Kriegsmaterial an den französischen Marschall Mortier überlassen. Die hannöverische Armee, etwa 9000 Mann, ging zwar unter ihrem Chef, dem Feldmarschall Wallmoden-Gimborn, hinter die Elbe zurück, war aber, ohne alle Hülfsmittel gelassen, in so trauriger Lage, daß Wallmoden sich entschließen mußte, mit Mortier am 5. Juli 1803 mitten auf der Elbe bei Artlenburg eine Capitulation zu schließen, vermöge derer die hannöverische Armee auseinander gehen, in ihre Heimath zurückkehren u. in diesem Kriege, od. bis zur Auswechslung, nicht gegen Frankreich dienen sollte. Es war indessen versäumt worden, den Truppen letztere Bestimmung bekannt zu machen u. den Offizieren deshalb einen Revers abzufordern, beide hielten sich daher nicht für verbunden, der Capitulation nachzukommen, u. gleich nach derselben schifften einzelne Offiziere nach England über, um in englische Dienste zu treten. Die englische Regierung hatte schon früher den Plan gehabt, die hannöverische Armee nach Britannien überzuschiffen u. in eigenen Sold zu nehmen. Obgleich nun die Auflösung der Truppen in Folge des Elbevertrags diese Absicht gänzlich vereiteln zu wollen schien, nahm man dennoch den Plan wieder auf u. übertrug, wie schon vordem an Möller, den Secretair der hannöverischen Gesandtschaft in London, die Werbungen dem Obristlieutenant von der Decken u. dem holländischen Major Halket. Doch die Werbungen lieferten nur geringe Resultate, u. es traf eine verhältnißmäßig nur unbedeutende Anzahl Geworbener auf dem Sammelplatze zu Lymington ein. Dagegen kamen die Franzosen auf den Gedanken, die Soldaten der aufgelösten Armee zum Eintritt in französische Dienste aufzufordern. Mortier beschloß die Errichtung einer Französisch-Hannöverischen Legion; dieser Entschluß erzeugte jedoch die entgegengesetzte Wirkung; er wurde das Signal zur allgemeinen Flucht. In Masse strömten die Soldaten durch das dänische Gebiet der Küste zu, wo englische Fahrzeuge zu ihrer Überfahrt bereit lagen. Die Franzosen suchten dem zwar Einhalt zu thun u. proclamirten, jeden englischen Werber hinrichten lassen zu wollen; selbst die hannöverischen Behörden legten in Befürchtung, daß die Franzosen es den Bewohnern entgelten lassen möchten, den Flüchtlingen alle Hindernisse in den Weg; doch vergeblich. Bis zu Ende des Jahres 1803 trafen so viele deutsche Soldaten in England ein, daß man daran denken konnte, aus ihnen ein Corps von allen Waffen zusammenzusetzen. Der Herzog von Cambridge wurde vom König ermächtigt, dieses Corps zu organisiren Das ganze Jahr 1804 wurde zur Ausbildung der Truppen verwendet, u. im Januar 1805 bestand dasselbe schon aus 2 Bataillonen leichter Infanterie (grün mit schwarz), 2 Bataillonen Linieninfanterie (roth mit blau), 1 Regiment schwere Cavallerie (roth mit blau), 1 Regiment Husaren (blau, die Dolmans roth aufgeschlagen, mit Gold), 2 Batterien reitende Artillerie, 3 Batterien zu Fuß (beide blau mit roth) u. ein Ingenieurcorps (roth mit schwarz). Diese Truppen erhielten nun den Namen der Königlich Deutschen Legion. Die Uniformirung war der britannischen sehr ähnlich; Kopfbedeckung: englische. spitzig zulaufende Czakos, die schwere Cavallerie Hüte, die reitende Artillerie Helme. Unterkleider grau, bei der schweren Cavallerie u. reitenden Artillerie weiß, beim Husarenregimente blau. Die Stabsoffiziere hatten 2, die Subalternoffiziere 1 goldenes Epaulet, die leichte Infanterie Wings. Später, als der Zudrang immer größer wurde, wurde die Legion auf 2 leichte, 8 Linienbataillons, 2 Dragonerregimenter (die jedoch in Spanien für leichte Reiterei erklärt wurden u. blaue Uniform mit rothen Aufschlägen, das 1. mit Gold, das 2. mit Silber, erhielten), 3 Husarenregimenter (von denen das 2. blau mit Gold u. weiß aufgeschlagenen Dolmans, das 3. blau mit Silber erhielten), 2 reitende und. 4 Fußbatterien, gebracht, das Ingenieurcorps zahlreicher gemacht u. 1813 ein Veteranenbataillon errichtet. Etat: 1000 Mann jedes Bataillon, das Cavallerieregiment 550 Mann (doch waren sie nie vollzählig). Reglement: Anfangs das hannöverische, seit 1808 das englische. Feldzeichen: die englischen. Im Ganzen mochte die Legion zuweilen gegen 12,000 Mann stark sein. 6000 Mann von der Legion nahmen im November 1805 unter General Don an der Expedition des Lord Cathcart nach den Elbmündungen Theil, landeten im Bremischen, errichteten, da die Franzosen nach Österreich abgezogen waren, im ganzen Lande, wie in Hannover selbst, Werbebureaus, konnten aber wegen der Erfolge Napoleons in Österreich u. Mähren nur kurze Zeit verweilen, litten zwar viel durch Desertion, hatten aber auf der andern Seite ungemein viel Zulauf. Im Februar 1806 schiffte die Legion nach England u. Irland zurück, auf welcher letztern Insel, als die 1. Infanteriebrigade im Mai nach Gibraltar ging, fast die ganze übrige Legion versammelt wurde. Im Mai 1807 wurden etwa 8000 Mann der Legion nach Rügen u. Stralsund dem König von Schweden zu Hülfe entsendet; sie kamen indessen zu spät an, da Stralsund bald darauf capitulirte, konnten daher, außer einigen Vorpostengefechten, nichts thun u. wurden auf Rügen beschränkt, von wo sie einschließlich der 1. Brigade, welche von Gibraltar der Legion nachgeschickt war, im August nach Seeland übergeschifft wurden u. dort zur Expedition des Lord Cathcart gegen Dänemark mitwirkten, Kopenhagen mit belagerten u. nach dessen Einnahme nach England zurücksegelten. Allein auf der Rückfahrt wurden sie von Stürmen so schwer heimgesucht, daß 7 Schiffe mit mehr als 500 Mann untergingen, ein anderes an die holländische Küste verschlagen u. hier über 210 Mann gefangen wurden. Im Ganzen betrug der Verlust der Legion auf der Expedition nach Rügen u. Seeland 1175 Mann. Der Rest der Legion landete im November nach u. nach in verschiedenen Häfen, konnte aber nicht lange der Ruhe genießen, da schon am 20. December 4 Linienbataillone u. 1 Bataillon nach dem Mittelländischen Meere unter Segel gehen mußten, als die Hälfte des Corps, welches General Spencer nach Sicilien bringen sollte. Am 23. März 1808 wurden die Truppen bei Messina gelandet, um 2 Jahre hindurch die ermüdendste Bewachung der Küsten zu übernehmen, da König Murat erst 1810, obgleich vergeblich,[746] die Landung in Sicilien wirklich versuchte, u. nur die im Sommer 1809 ausgeführte Expedition nach Calabrien hatte eine glückliche Unterbrechung gewährt. Zwei leichte Bataillone, 4 Linieninfanteriebataillone, das 3. Husarenregiment u. 2 Batterien der Legion machten einen Theil der Expedition, die im Mai 1808 zur Hülfe des Königs von Schweden nach Gothenburg segelte, aus, kehrten aber, da sich die britischen Generale mit dem König nicht über den Operationsplan einigen konnten, im Juli nach Spithead zurück, allein nur, um, nachdem noch 1 Batterie der Legion eingenommen worden war, im August nach der Pyrenäischen Halbinsel zu segeln, wo sie den 24. Aug. landete. Die leichte Brigade u. das 3. Husarenregiment nahmen nun Theil an dem Zug des General Moore gegen Madrid u. an dessen Rückzug nach der im Januar 1809 gelieferten Schlacht von Coruña, dann wurden sie wieder nach England eingeschifft. Die 4 Bataillone u. 2 Batterien, welche in Lissabon zurückgeblieben waren, nahmen im Mai 1809 unter dem Marschall Arthur Wellesley an der Expedition gegen Oporto Theil, wurden hier vom 1. Husarenregimente, das von England überschiffte, verstärkt, vereinten sich mit dem Corps von Cuesta u. fochten am 28. Juli in der Schlacht bei Talavera mit Auszeichnung mit, verloren aber in derselben 1407 Mann. Auch auf dem bald darauf erfolgenden Rückzug nach Portugal benahm sich die Legion tapfer. Auch die nach England zurückgekehrte leichte Brigade unter General Alten u. das 3. Husarenregiment waren während dieser Zeit wieder verwendet worden, sie bildeten seit Juli 1809 einen Theil der Expedition gegen Walcheren, belagerten Vließingen mit u. kehrten, durch Sumpffieber mehr als durch den Feind aufgerieben, mit den Resten der Expedition im December nach England zurück. In Portugal brachte der dortige Theil der Legion den Winter 1809–1810 im Mondego-Thal zu. Der Feldzug 1810 brachte der Infanterie der Legion keinerlei Auszeichnung, der Cavallerie aber desto angestrengteren Vorpostendienst u. im Winter zahlreiche kleine Streifereien u. Überfälle. Im Winter trafen auch 2 Schwadronen des 2. Husarenregiments von England in Cadix ein u. zeichneten sich am 5. März 1811 in dem Gefecht bei Berosa rühmlichst aus. Im Frühjahr 1811 war auch die leichte Brigade Alten u. 1 Bataillon der Legion aus England auf der Halbinsel angekommen; sie machten sogleich eine Recognoscirung von Badajoz u. später die Schlacht von Albufera am 16. Mai mit, wo sie aber von den Franzosen hart mitgenommen wurden. Das ganze Jahr hindurch verrichtete die Legion theilweise den Vorpostendienst bei der Armee Wellingtons u. bestand manches Scharmützel, von denen bes. das nachtheilige Gefecht von El Boden den 25. September von blutiger Bedeutung, der Überfall von Aroya am 25. October aber von besserem Erfolg war. 1812 langte das 1. u. 2. Dragonerregiment der Legion aus England in Spanien an, während der größte Theil der Infanterie den Belagerungen u. der Einnahme von Ciudad Rodrigo u. Badajoz (im Januar u. April) beiwohnten. Die Legion nahm nun am 22. Juli an der Schlacht von Salamanca mit so großer Auszeichnung Theil, daß ihr tapferes Benehmen von Wellington öffentlich belobt u. den Offizieren, die bis jetzt nur zeitlich angestellt waren, von nun an der permanente Rang in der englischen Armee zugestanden wurde. Bei der Verfolgung am 23. zeichnete sich die Dragonerbrigade der Legion unter General Bock rühmlich aus, indem sie mehrere Quarrés bei Garcia Hernandez durchbrach u. 1400 Gefangene machte. Die Cavallerie bildete nun Wellingtons Avantgarde nach Madrid, unfern welcher Stadt sie am 11. August im Dorfe las Rosas überfallen wurde, sich aber trotz des bedeutenden Verlustes schnell wieder formirte u. am 12. August als die ersten Alliirten in Madrid einzog. Bei der nun beginnenden Belagerung des Castells von Burgos zeichnete sich die Infanterie der Legion wieder sehr aus, jedoch mußte die Belagerung beim Anrücken der französischen Armee aufgegeben werden. Auch auf dem Rückzuge bestand sie rühmlich mehrere schwere Gefechte. Die Artillerie aber sprengte die französischen Verschanzungen bei Madrid nebst deren großen Vorräthen in die Luft.

Mit dem Jahre 1813 trat eine neue Organisation der E.-D. L. auf der Pyrenäischen Halbinsel ein. Von der 2. Escadron des 2. Husarenregiments, die bisher bei Hill gestanden u. sehr vom Feind gelitten hatte, wurden die Offiziere u. Unteroffiziere nach England zurückgesendet, um dort neu organisirt zu werden, die Leute u. Pferde vertheilt, die 2 leichten Bataillone aber der 1. Division, wo schon die übrige Infanterie der Legion stand, zugetheilt. Von Sicilien aus waren einige zum Englisch-sicilischen Corps gehörige Bataillone der Legion, der Armee des Generals Elio zugetheilt worden u. in Valencia gelandet. Das Gros der Legion nahm nun Theil an dem Vorrücken Wellingtons nach Norden u. war am 21. Juli bei der Schlacht von Vittoria, verlor aber dabei wenig. Große Verluste erlitt die Legion bei der Verfolgung, bei der Bestürmung des barricadirten Tolosa, bei der Belagerung u. der Erstürmung von S. Sebastian am 31. Aug. Der beim sicilianischen Corps des Generals Muray befindliche Theil der Legion war bei der Belagerung von Tarragona im Juni u. auch bei dem 2. Angriff auf Tarragona thätig. Das Hauptcorps der Legion nahm nun beim Vorrücken Wellingtons nach Frankreich an mehreren Gefechten, bes. an der Schlacht an der Nivelle am 10. Nov. Theil u. focht vor Bayonne, bei dessen Belagerung vom Febr. bis Ende April 1814 die Legion sich wieder auszeichnete. Bei der Hauptarmee focht die Cavallerie u. Artillerie der Legion noch tapfer in der Schlacht von Toulouse, am 10. April 1814, der letzten in diesem Kriege. Der noch übrige Theil des sicilianischen Corps unter Lord Bentink, bei dem sich 3 Bataillone u. etwas Artillerie von der E.-D. L. befand, hatte sich während dieser Vorfälle in Palermo eingeschifft u. war Anfangs März 1814 in Livorno gelandet; die Truppen bestanden auf dem Marsch nach Genua u. vor dieser Stadt mehrere glückliche Gefechte mit den Franzosen. Ein Bataillon der Legion wurde nach dem Frieden nach England übergeführt.

Während sich die E.-D. L. auf der Pyrenäischen Halbinsel den Ruf einer der tüchtigsten u. tapfersten Truppe erwarb, waren Anfangs 1813, bei dem Vordringen der Russen gegen die Elbmündung, einige bei den Cadres in England entbehrliche Mannschaft derselben (400 Mann Infanterie u. 1 Detachement vom I. Husarenregiment, ein anderes vom 2. Dragonerregiment u. 50 Artilleristen[747] mit 6 Geschützen) dahin geschickt worden, wo die Infanterie in 2 leichte u. 2 Liniencompagnien getheilt u. den hannöverschen neuen Linien- u. leichten Bataillonen zugeordnet wurde. So nahmen sie an der unglücklichen Vertheidigung der Insel Wilhelmsburg u. des Ochsenwerders bei Hamburg im Mai 1813 Antheil. Mitte Mai 1813 langten noch eine Abtheilung Infanterie u. Dragoner u. Anfang August noch das 3. Husarenregiment der Legion u. 2 Batterien in Mecklenburg an. Letzteres u. die Artillerie waren an der Steckenitz, am 16. Sept. an der Göhrde im Gefecht u. auch gegen die Dänen thätig, während die Infanterie größtentheils beim Hauptquartier blieb. Nach dem Frieden von Kiel mit Dänemark am 14. Jan. 1814 stießen das 3. Husarenregiment u. die reitende Artillerie der Legion zum Corps des General Graham in Holland. Nach dem Frieden von Paris wurde die Infanterie der E.-D. L. nach England gebracht, die Cavallerie u. Artillerie ging nach Flandern, wo die Engländer noch starke Besatzungen zurückgelassen hatten. Nach der Rückkehr Napoleons von Elba wurde auch sofort die Infanterie der Legion nach Flandern übergeschifft, u. es befand sich daselbst im März 1815 das ganze Corps versammelt, nur das 6. u. 7. Bataillon u. 1 Batterie waren noch in Genua zur Besatzung. Die Stärke der Legion in den Niederlanden betrug 7000 Mann mit 18 Geschützen. Es formirten dieselben 2 leichte u. 6 Linienbataillone, 5 Regimenter Cavallerie u. 3 Batterien. 2 Batterien kämpften den 16. Juni bei Quatrebras, u. am 18. Juni bei Waterloo die ganze Legion (außer dem 2. Husarenregiment, welches an der französischen Grenze zur Beobachtung zurückgeblieben war), hauptsächlich hielt die Infanterie den Meierhof La Haye sainte u. das Centrum der Armee gegen fortgesetzte Angriffe, doch wurde hierbei das 5. Bataillon fast ganz niedergehauen u. das 2. leichte Bataillon verlor ungemein. Dies war die letzte Waffenthat der E.-D. L. sie rückte mit nach Paris. Dort langte die Nachricht von ihrer Auflösung, die den 24. Dec. 1815 entschieden war, an, sie kehrte nach dem Königreich Hannover zurück u. wurde den 24. Febr. 1816 entlassen. Die Soldaten erhielten Meilengelder bis an den Ort, wo sie sich künftig aufhalten wollten, die Offiziere 2 Monate vollen Sold u. die Half paye (halben Sold) für die Zukunft, die ihnen bei der Capitulation versprochen worden war. Die Offiziere sollten in der neuen hannoverschen Armee wieder angestellt werden, doch machten verhältnißmäßig nur wenige davon Gebrauch. Der in Italien noch stationirt gewesene Theil der Legion traf erst im Mai 1816 im Vaterlande ein. Vgl. Beamish, Geschichte der K. Deutschen Legion, Hann. 1832–37, 2 Bde., übersetzt von G. Nagel; Listen der Königlich Deutschen Legion, Hann. 1837.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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