Lippe [4]

Lippe [4]

Lippe (Gesch.). L. ist ein klassisches Land; in den Grenzen dieses Fürstenthums schlug Hermann die Römer unter Varus. L. gehörte im Mittelalter zum Herzogthum Sachsen. Das Geschlecht der Fürsten von L. ist eins der ältesten in Deutschland. Vom Kaiser Lothar II. erhielt Bernhard I. die Orte Lemgo, Detmold u. Sassenburg zu Lehen, von Heinrich dem Löwen Engern u. vereinigte dieselben mit seinem väterlichen Erbgute, der Grafschaft Oberwald. Er u. sein Bruder Hermann heißen in einer Urkunde von 1129 zum ersten Male Herren von der L. Sein Sohn, Bernhard II., wurde mit in die Katastrophe Heinrichs des Löwen verwickelt, er verlor darüber Sassenburg u. andere angeerbte Besitzungen u. erhielt den Überrest erst 1188 zurück. Von seinen Söhnen wurden vier Geistliche, der fünfte, Hermann II. der Weise, pflanzte das Geschlecht fort u. erwarb durch seine Gemahlin Gertraud die Herrschaft Rheda. Auf gleiche Weise brachte sein Urenkel, Simon I., die Grafschaft Schwalenberg an sein Haus. Von dem Bischof von Osnabrück gefangen genommen wurde er nicht eher wieder freigelassen, als bis er das Schloß Engern u. die Stadt Rheda schleifen ließ. Hierauf verlegte er seinen Sitz nach Blomberg. Seine Söhne, Otto u. Bernhard V., theilten um 1344: der ältere, Otto, erhielt Lemgo, Detmold, Falkenberg, Blomberg u. Brake, der jüngere, Bernhard, die Herrschaft jenseits des Waldes u. das Amt Horn. Dieser brachte durch seine Gemahlin einen Theil der Grafschaft Stoppelberg an sich, hinterließ aber keinen Sohn, daher nach seinem Tode seine Besitzungen wieder an die ältere Linie fielen. Otto's Sohn, Simon III., erwarb die Grafschaft Sternberg u. errichtete 1368 ein Pactum unionis, nach welchem der Erstgeborene allein regieren sollte. Er wurde, wegen. seiner Aussicht auf die Etwerbung der Eversteinischen [411] Lande, 1404 von dem Herzog Heinrich von Braunschweig befehdet u. 1409 in die Oberacht erklärt; zwar wurde er durch die Treue seiner Leute u. die Verwendung des Kurfürsten Friedrich bei dem Kaiser Ruprecht gerettet, doch verlor er die Nachfolge auf die Eversteinischen Lande u. mußte sein Erbeigenthum von dem Hochstift Paderborn als Lehn empfangen. Er st. 1410, u. ihm folgten Bernhard VI., 1415 Simon IV., 1430 Bernhard VII., 1511 Simon V., 1536 Bernhard VIII., welcher sich einen Grafen von der L. nannte, die lutherischen Prediger aus Lippstadt vertrieb u. 1563 starb. Sein Sohn, Simon VI. (st. 1613), ist der nächste Stammvater der beiden Linien der jetzigen Fürsten von L. Er errichtete 1597 ein Testament, worin er seinen ältesten Sohn ausschließlich zur Regierung bestimmte u. den nachgeborenen Brüdern gewisse Ämter zu ihrem Unterhalte aussetzte. Dabei verordnete er, daß, wenn der älteste Sohn ohne männliche Erben stürbe, ihm der nächste u. im gleichen Fall auch die übrigen in der Landesregierung folgen, u. wenn einer von den nachgeborenen Söhnen od. sein Mannesstamm abginge, der ihm vermachte Landestheil dem Regierenden zur Hälfte u. den übrigen Brüdern u. ihren männlichen Erben die andere Hälfte zufallen sollte. Bei seinem Tode lebten noch vier Söhne, welche 1616 einen Vertrag machten, worin unter anderen enthalten ist, daß die jüngeren Brüder keineswegs dem regierenden Hause unterworfen sein, sondern für unmittelbare freie Reichsgrafen gehalten werden sollen. Von diesen st. 1620 der dritte, Hermann, worauf sein Landesantheil durch Vertrag von 1621 unter die beiden älteren Brüder vertheilt u. dem dritten gewisse jährliche Geldeinkünfte bestimmt wurden. Die drei übrigen Brüder bildeten dann (später drei) verschiedene Linien.

A) Linie Lippe (Detmold). Graf Simon VII., Stifter der Linie Lippe, erhielt die Herrschaft L. u. Sternberg, die Herrschaften Engern, Rheda, Sassenburg, Aholz, Schwalenberg, Stoppelberg, Oldenburg, Varnholz u. Falkenberg. Nach seinem Tode 1627 schied sich von dieser Hauptlinie noch die Bisterfeldsche Nebenlinie, gestiftet von Jodocus Hermann (st. 1678), welche sich unter den Söhnen des Grafen Rudolf Ferdinand wieder in die Bisterfeldische u. Weißenfeldische theilte. Simons VII. älterer Sohn, Graf Simon Ludwig, st. 1637, aber keiner seiner drei Söhne hinterließ einen Erben, daher die Grafschaft L.-Detmold auf ihres Vaters zweiten Bruder, Johann Bernhard, u. von diesem auf seinen Bruder Hermann Adolf überging; dieser st. 1666. Ihm folgte sein Sohn Simon Heinrich (st. 1697), u. diesem wieder sein Sohn Friedrich Adolf (st. 1718), welcher nach dem Erlöschen der Brakeschen Linie (s. unten B) die Länder derselben in Besitz nahm, ohne auf die Rechte der dritten Linie Bückeburg Rücksicht zu nehmen. Sein Sohn, Simon Heinrich Adolf, regierte seit 1718 u. st. 12. Octbr. 1734; ihm folgte sein Sohn, Simon August, welcher bis 1782 regierte, wo er am 1. Mai starb; sein minderjähriger älterer Sohn, Leopold, trat bereits am 4. September 1782 die Regierung an, erhielt 1789 die Reichsfürstenwürde u. st. 4. April 1802. Sein minderjähriger Sohn Leopold stand unter der vormundschaftlichen Regierung seiner Mutter Pauline, einer geb. Prinzessin von Anhalt-Bernburg, trat 1807 als souveräner Fürst dem Rheinbunde bei, entsagte demselben 5. Novbr. 1813 u. gab 1819 dem Lande eine Verfassung, nach welcher auch der Bauernstand repräsentirt werden sollte. Diese fand aber bei der Ritterschaft u. bei Schaumburg-L. großen Widerspruch u. führte zu langwierigen Streitigkeiten zwischen beiden Höfen beim Deutschen Bunde. Fürst Leopold übernahm die Regierung 4. Juli 1820 selbst u. fuhr im Geiste seiner Mutter fort, durch weise Sparsamkeit u. liberale Regierung des Landes Wohl zu fördern. Daher war auch keine Spur von Aufstand u. Unruhe während 1830 zu spüren. 1836 erhielt das Land eine gewünschte Constitution (s. oben) u. 1836, 1838, 1840 u. 1842 fanden Landtage Statt, welche das allgemeine Wohl des Landes förderten, doch entstanden 1841 Differenzen, bes. wegen der Militärkosten. 1842 schloß sich L. dem norddeutschen Zollverein an. Der Landtag 1845 trat mehrfach, namentlich wegen der Steuerausschreibung, in Opposition gegen die Regierung. Dagegen wurde die angeregte Trennung des Staatshaushaltes von der Domänenverwaltung auf Grundlage einer billigen Ausgleichung genehmigt. Eine Verordnung vom 6. Mai hob die Hofgerichtssteuer auf u. verwies den Aufwand für das Hofgericht auf die Staatskasse, während ein anderweiter Erlaß vom 16. Juni einen bedeutenden Theil der Grundsteuer für die laufende Finanzperiode erließ. Die seither von Preußen im Fürstenthume unterhaltenen Posten wurden vom 1. Octbr. an von Thurn u. Taxis übernommen. 1847 wurde ein Allodificationsgesetz publicirt, wonach mit wenigen Ausnahmen sämmtliche Lehen der Allodification unterworfen sein sollten. Die Bewegung des Jahres 1848 ließ auch L. nicht unberührt; doch erfolgte die Neugestaltung des Staatswesens meist in friedlicher Weise. Ein fürstliches Decret vom 9. März bewilligte Preßfreiheit, Öffentlichkeit der ständischen Verhandlungen, die Trennung der Regierung u. Kammer etc. Die Ständeversammlung berieth ein Preßgesetz, ein provisorisches Gesetz über Errichtung einer Bürgerwehr u. ein Gesetz über Wahl u. Zusammensetzung des Landtags. Die Huldigung des Reichsverwesers wurde am 6. Aug. in Gegenwart des Fürsten vollzogen. Hinsichtlich der Reichsverfassung sprach sich L. im Jahre 1849 für die Übertragung der Kaiserkrone an Preußen aus, schloß sich dann auch den Bemerkungen u. Vorschlägen betreffs der Verfassung an, welche unter dem 23. Febr. von Preußen, Baden etc. gemacht wurden, u. trat dem Dreikönigsbündniß bei. Durch Staatsvertrag mit Preußen vom 17. Mai 1850 trat der Fürst zu L. alle Landeshoheits- u. Regierungsrechte, welche ihm als Mitlandesherrn über die Sammtstadt Lippstadt bisher zugestanden hatten, an Preußen ab, u. L. erhielt als Entschädigung aus der preußischen Staatskasse eine jährliche Rente von 9120 Thlr. Am 1. Jan. 1851 starb der Fürst Leopold, worauf sein Sohn, Paul Friedrich Emil Leopold, die Regierung antrat. 1852 kam der Landtag mit der Regierung über die Abänderung des aus dem Jahre 1849 stammenden demokratischen Wahlgesetzes in Streit, namentlich war es die Frage, wer diese Abänderung vornehmen solle, ob der bisherige Landtag, wie dieser verlangte, od. eine nach dem früheren Wahlgesetz gewählte Kammer, wie die Regierung wollte. Der Landtag war[412] nach der Berathung jener Frage 28. Octbr. verabschiedet worden, u. da sich das Jahr zu Ende neigte u. damit die Finanzperiode ablief, so mahnte der Landtagsausschuß die Regierung an die Einbernsung des Landtages. Da. dieselbe bis Mitte März nicht erfolgte, so berief der Ausschuß auf den 18. März 1853 einen ständischen Communicationstag nach Lemgo ein. Zugleich erschien auch die vom 15. März datirte fürstliche Verordnung, wodurch die Gesetze vom 16. Jan. 1849, betreffs der Wahl der Landtagsabgeordneten u. der Zusammensetzung des Landtages, wie der Ausübung der ständischen Rechte, aufgehoben u. das Verfassungsgesetz vom 6. Juli 1838 unverändert wieder hergestellt wurde. Hierauf wandte sich der Landtagsausschuß Ende April beschwerdeführend an den Bundestag u. wiederholte diese Beschwerde, da der inzwischen in den Lippeschen Staatsdienst berufene u. an die Spitze des fürstlichen Cabinets gestellte Hannibal Fischer (s.d. 24) die Landtagswahlen auf den 22. Oct. nach dem Wahlgesetz von 1836 ausschreiben ließ. Der Bundestag verwarf am 16. Febr. 1854 die Beschwerde der Lippeschen Ausschußdeputirten, veranlaßte aber die Regierung, den nach dem Wahlgesetz von 1836 zu berufenden Ständen die erforderlichen Gesetzentwürfe zur näheren Bestimmung des ihnen zustehenden Stimmrechtes in Gesetzgebungssachen u. der ihnen in Finanzangelegenheiten zuerkannten Rechte vorzulegen. Im Verordnungswege wurden die von 1849–51 erschienenen Gesetze über das Jagdwesen, Fideicommisse u. Familienstiftungen, Gütergemeinschaft unter Eheleuten, Verhaftungen, Eidesleistungen etc. aufgehoben u. alle auf das Ablösungsgesetz von 1849 bezüglichen Verhandlungen sistirt. 1855 wurde das Verhältniß zu dem Oberappellationsgericht in Wolfenbüttel, als oberster richterlicher Instanz in Civilsachen für L., aufgelöst u. im September verordnet, daß statt dessen, bis ein anderer oberster Gerichtshof wieder gefunden sei, eine interimistische Oberappellationsgerichtscommission aus den stimmführenden Mitgliedern der Lippeschen Obergerichte u. etwaigen andern noch zuzuziehenden Rechtslehrern gebildet werden solle, welche dann die von ihr nur instruirten Sachen an eine auswärtige Juristenfacultät zu versenden habe. Nachdem Fischer im Juli aus den fürstlichen Diensten entfernt worden war, wurde im Januar 1856 der preußische Regierungsrath von Oheimb zum Cabinetsminister ernannt. Von der Zeit an begannen die Reformen auf kirchlichem Gebiet in der streng orthodoxen Richtung. Im October erschien ein. Erlaß, wonach die Prediger wieder auf die alten Bekenntnißschriften verpflichtet, der sogenannte Heidelberger Katechismus od. ein mit den Bekenntnißschriften übereinstimmender Katechismus wieder eingeführt u. endlich diealte Kirchenzucht wieder hergestellt werden sollte. Wegen der Verfassungsangelegenheit wandte sich der Landtagsausschuß im Juli abermals an den Bundestag, um durch ihn die Regierung zu veranlassen, die Ordnung der Verfassungsangelegenheit, soweit sie noch ausstehe, zu erledigen. Im Februar 1857 trat der Landtag wieder zusammen, jedoch erfolgte die Aufhebung. des Ablösungsgesetzes vom 30. Nov. 1849 lediglich durch Verordnung vom 29. Septbr. Die Regierung schloß vorläufig auf zehn Jahre einen Vertrag mit Hannover ab, wonach das Oberappellationsgericht in Celle vom 1. Oct. d. J. die höchste Instanz zur Wahrnehmung der Rechtspflege im Fürstenthum L. wurde. In diesem Jahre stiftete der Fürst auch eine Mlitärdienstmedaille u. das Consistorium bestätigte nachträglich die Regierungsmaßregeln auf kirchlichem Gebiete. Im Jahre 1858 machte die Regierung zur Beilegung des langjährigen Verfassungsstreites den Vorschlag, daß die Landstände eine entscheidende Stimme erhalten, aber nicht mehr nach Curien, sondern in Gesammtheit abstimmen sollten, mit Ausnahme von Berathungen über Verfassungsveränderungen, wo die Curialvoten beizubehalten wären. Da die Rittergutsbesitzer eine Vereinbarung darüber unmöglich machten, erklärte der Fürst im Landtagsabschiede, daß den Landständen eine entscheidende Stimme, so lange sie bei der Abstimmung nach Curien beharrten, nicht eingeräumt werden könne, weil schon vier Stimmen in einer Curie ein Gesetz unmöglich machen könnten; doch werde er ihrem Gutachten die gebührende Berücksichtigung nicht versagen. Demnach haben die Lippeschen Landstände außer dem Rechte, Anträge zu machen u. Ermahnungen an die Regierung ergehen zu lassen, in Gesetzgebungssachen nur ein Gutachten abzugeben, dagegen, wenn es sich um Verfassungsänderungen od. um neue Steuern u. Anleihen auf den Credit der landschaftlichen Kassen handelt, eine entscheidende Stimme nach Curien. Außerdem befand sich unter den Regierungsvorlagen an die Stände ein neues Elementarvolksschulengesetz u. ein neues Staatsdienergesetz. Bei den Verhandlungen über das erstere erklärte der Minister, daß das Schulgesetz von 1849 nicht rechtsgültig bestehe, da der Fürst von Bückeburg seiner Zeit dagegen Rechtsverwahrung eingelegt habe. Dieser Fürst hatte zwar von jeher als Agnat regelmäßig nicht nur seine Zustimmung zu den jedesmaligen Landtagsvorlagen, sondern auch seine Mitgenehmigung der bei dem Landtage durchgegangenen Gesetze beansprucht, war aber damit jedesmal abgewiesen worden. Durch die mitgetheilte Ansicht des Ministers wurde daher die Rechtskräftigkeit fast aller Gesetze des Fürstenthums in Zweifelgezogen. Während der Kriegsgefahren im Jahre 1859.genügte das Fürstenthum seinen Bundespflichten mit 840 Mann, welche im Juni zur preußischen Besatzung der Festung Luxemburg stießen. Bei den Landtagsverhandlungen in diesem Jahre machte ein katholischer Abgeordneter darauf aufmerksam, daß im Heidelberger Katechismus die katholische Messe eine vermaledeite Ketzerei genannt werde; dessenungeachtet wurde endlich durch alleinige Verfügung des Fürsten der Heidelberger Katechismus wirklich wieder eingeführt, jedoch, um bei den Katholiken keinen Anstoß zu erregen, nun Landeskatechismus genannt. Nach vielen. vergeblichen Schritten dagegen, vereinigten sich 16 Gemeindevorstände u. Schulvorsteher des Fürstenthums u. reichten unter dem 6. Juli 1859 eine Erklärung u. Protestation bei dem Consistorium dagegen ein, die jedoch abweisend beantwortet wurde. Auch der am 13. Febr. 1860 zusammengetretene Landtag hat daran nichts zu verändern vermocht.

B) Linie Brake. Graf Otto, der zweite der Söhne Simons VI., Stifter der Brakeschen Linie, bekam in der Theilung Brake, Blomberg, Barntrup u. nach seines Bruders Hermann Tode Schieder; er st. 1657. Ihm folgten sein Sohn Kasimir (st. 1700) u. sein Enkel Rudolf, welcher 1707 ohne Kinder starb. Mit einem anderen Enkel [413] Otto's, Ludwig Ferdinand, starb 1709 die Brakesche Linie aus.

C) Linie Bückeburg od. Schaumburg. Graf Philipp, Simons VI. fünfter Sohn, Stifter der Bückeburgischen od. Schaumburgischen Linie, erhielt als Apanage die Ämter Lipperode u. Alverdissen, wozu nach dem Tode seines Schwestersohnes, des letzten Grafen von Holstein u. Schaumburg, noch die halbe Grafschaft Schaumburg kam, bestehend in den Herrschaften Bückeburg, Stadthagen, Hagenburg u. Steinhude u. dem Schlosse bei Bückeburg; er st. 1681. Sein ältester Sohn, Friedrich Christian, pflanzte die Bückeburgische Hauptlinie fort, der jüngere, Philipp I. E rnst, stiftete die Alverdissensche Nebenlinie. Jene aber erlosch 1777 mit dem Feldmarschall von Portugal, Wilhelm (s.d.), einem bekannten Kriegshelden u. Enkel des Grafen Friedrich Christian, worauf Graf Philipp II. Ernst von der Linie Alverdissen, ein Enkel Philipp Ernsts, welcher dieselbe gestiftet hatte, u. Sohn Friedrichs, welcher seinem resignirenden Vater schon 1749 in Alverdissen gefolgt war, die Regierung übernahm. Er st. 1787. Ihm folgte sein minderjähriger Sohn Georg Wilhelm (geb. 1784) unter der Vormundschaft seiner Mutter Juliane u. des Grafen von Wasimoden-Gimborn, wurde 1806 souverän, trat als Fürst dem Rheinbunde bei u. übernahm 18. Oct. 1807 die Regierung selbst. Unter seiner liberalen Regierung erfreute sich das Land eines fröhlichen Gedeihens. 1838 verlor es einen Proceß vor der Austrägalinstanz des Oberhofgerichts zu Manheim, wodurch es einige Hoheitsrechte im Lippeschen Amte Blomberg, wovon es den Paragiaibesitz hat, beanspruchte. Von da an zeigte bis zum Jahre 1848 das Staatsleben des Landes nur eine geringe Bewegung; dann freilich eine um so heftigere. Auf die im März 1848 vom Volke an den Fürsten gebrachten Bitten u. Beschwerden, welche die gewöhnlichen Zeitideen betrafen, wurde durch Proclamation vom 13. März eine fast durchaus befriedigende Entscheidung ertheilt; nur die Verschmelzung des Staats- u. Domanialvermögens u. die Auswerfung einer Civilliste wurde abgeschlagen. Namentlich über den letzteren Punkt erhoben sich nun heftige Streitigkeiten zwischen Regierung u. Ständen, welche soweit führten, baßder Fürst am 10. Novbr. dem Landtag erklärte, daß er entschlossen sei, auf die Regierung des Landes zu verzichten, wenn ihn der Landtag auf eine Civilliste beschränken wolle. Den Bemerkungen des Landtags in Lippe über die Reichsverfassung (s. oben A) schloß sich auch Schaumburg an u. trat dem Dreikönigsbündnisse bei; über die Wahl eines Abgeordneten für das Staatenhaus in Erfurt kam es zwischen den Ständen u. der Regierung zum Streit, welcher garnicht entschiedenwurde. Die. Regierung war unter den Ersten, die auf Österreichs Einladung die Bundesplenarversammlung in Frankfurt beschickten. Im Jahre 1853 sah sich die Negierung genöthigt, gegen die Versammlungen von Baptisten streng einzuschreiten; sie weigerte sich in demselben Jahre, dem Deutsch-österreichischen Postvereine, welchem sich L. bereits am 1. Juli angeschlossen hatte, beizutreten, u. liest sich erst nach langen Verhandlungen bewegen, vom 1. Jan. 1851 an, als der letzte der deutschen Staaten, sich mit semen zwei Postämtern dem Postvereine anzuschließen. Im Jahre 1859 machte sich Schaumburg-L. durch den Wiberstand bemerklich, welchen es im Verein mit der hannöverischen Regierung der preußischen entgegenstellte, welche letztere die Absicht hatte, von Berlin aus an den Rhein eine Telegraphenlinie zu führen, die das Gebiet von Schaumburg-L. u. Hannover berührt hätte. Vgl. Falkmann, Beiträge zur Geschichte des Fürstenthums L., Lemgo 1847–56,2 Hefte.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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