Meißen [1]

Meißen [1]

Meißen. Die Mark M. wurde von Heinrich I. zum Schutze der Deutschen gegen die Sorben errichtet; nachdem er deren Hauptfestung Grona erobert u. zerstört hatte, gründete er 928 die Stadt u. Burg M.; die nachmaligen Markgrafen erhielten die Vertheidigung der Grenzen, den Oberbefehl der Truppen u. die Gerichtsbarkeit über die Freien in dem eroberten Lande anvertraut, während die Besatzung der Burg unter einen besondern Befehlshaber, den Burggrafen von M. (s. unten), gestellt wurde. Seitdem verlor sich die alte sorbische Eintheilung des Landes in Zupanien (Gaue), u. an deren Stelle erscheinen Grafschaften u. Burgwarten. Zu der neuerrichteten Mark gehörten damals außer M., wovon sie den Namen hatte, noch Kolditz, Leisnig, Nossen, Mügeln, Lommatsch, Dresden, Bautzen, Kamenz. Der erste bekannte Markgraf ist Wigbert, um 968, auf welchen 985 Ekkard (Eckhard) I. folgte; er war vorher schon Markgraf von Thüringen gewesen u. wegen seiner, dem sächsischen Kaiserhause bes. in dem Kriege Ottos III. gegen Heinrich II. von Baiern geleisteten Dienste bei diesem sehr beliebt. Er siegte über die Wilzen, Böhmen u. Polen, begleitete Otto III. 996 nach Italien, empfing 1000 bedeutende Schenkungen von Gütern von ihm, strebte ober nach dessen Tode 1002 nicht nur nach dem Herzogthum Thüringen, sondern selbst nach dem Kaiserthron. Er fand jedoch in Lothar, Herzog zu Nordsachsen, u. Wilhelm, Grafen von Weimar, mächtige Gegner u. wurde 1002 auf einer Reise nach Westfalen zu Pölde bei Nordheim, od. in einer Mühle bei Braunschweig erschlagen. Sein Nachfolger war Gunzelin, der, weil er Boleslaw von Polen nicht gehörig abgewehrt hatte, 1010 auf dem Fürstentage zu Merseburg entsetzt u. bis 1017 gefangen gehalten wurde. Ihm folgten Hermann, ältester Sohn Ekkards I., bis 1031 u. diesem sein Bruder Ekkard II. bis 1046, beide in stete Kämpfe mit den Polen verwickelt. Hierauf erhielt die Markgrafenwürde Wilhelm, ein Sohn des Grafen Wilhelm von Weimar, dann 1062 dessen Bruder, Graf Otto von Orlamünde, welcher 1067 starb, u. dann Egbert I., Sohn des Grafen Ludwig von Braunschweig u. Vetter Heinrichs IV. Ihm sollte nach einer Zusage Heinrichs IV. sein Sohn Egbert folgen, da dieser aber bei dem Tode des Vaters, 1068, noch zu jung war, so nahm Markgraf Dedo von der Lausitz, aus dem Hause Wettin, wie es scheint mit Genehmigung Heinrichs IV., die Markgrafschaft M. an, aber Egbert II. wurde 1074 damit belehnt. Nachdem aber Egbert II. nach einem Aufstande gegen Heinrich IV. die Mark an Wratislaw von Böhmen verloren hatte u. 1090 ermordet worden, Wratislaw auch inzwischen gestorben war, folgte ihm Dedos Bruder, Graf Thimo v. Wettin, welcher aber schon einige Tage nachher im Dienste des Kaisers sein Leben verlor, daher dieser die Mark M. an Heinrich den Ältern von Eilenburg, einen Sohn des Markgrafen Dedo von der Lausitz, verlieh. Diesem wurde nach seinem Tode von seiner Gemahlin Gertrud 1103 ein Sohn, Heinrich der Jüngere geboren, welcher sich im Besitz der Markgrafschaft behauptete, bis der Graf Wiprecht von Groitzsch, auf das von ihm verbreitete Gerücht von Heinrichs des Jüngern Tode, von Heinrich V. mit derselben belehnt wurde. Hierüber gerieth dieser in einen Krieg mit dem Grafen Konrad dem Großen von Wettin, einem Sohne des Markgrafen Thimo u. Heinrichs des Jüngern nächsten Agnaten, welcher sich mit Herzog Lothar von Sachsen verband u. durch dessen Beistand auf einer Versammlung zu Eilenburg als Markgraf von M. anerkannt wurde. Er machte die eheliche Geburt Heinrichs zweifelhaft u. nannte ihn noch 1122 den Sohn eines Kochs. Zwar trat Heinrich später wie der als Markgraf auf, nahm selbst Konrad 1126 gefangen u. setzte ihn auf Schloß Kirchberg in Hast; aber nach seinem kinderlosen Tode 1127 erbte Konrad nicht nur sämmtliche Erbgüter desselben, sondern erhielt auch vom König Lothar die Nachfolge in der Markgrafschaft M., welche seitdem in dem Hanse Wettin erblich blieb. Konrad erbte zu seinem Erblande, der Grafschaft Wettin, noch Brena, Torgau, Kamburg u. Landsberg u. erhielt nach dem Tode des Grafen Heinrich von Groitzsch 1136 die Ostmark (Niederlausitz) u. einen großen Theil der Allodialbesitzungen desselben, sowie 1143 die Reichsdomäne Rochlitz. Er berief flämische Colonisten ins Land u. st. 1157 als Mönch auf dem Petersberge bei Halle. Von seinen fünf Söhnen erhielten bereits 1156 Otto der Reiche die Meißnische Mark, Dietrich die Niederlausitz u. die Eilenburgischen Besitzungen, Dedo Rochlitz (erbte aber von Bertha, Schwester Heinrichs von Groitzsch, das Stammgut Groitzsch, sowie nach dem Tode seines Bruders Dietrich 1184 dessen sämmtliche Besitzungen), Heinrich die Grafschaft Wettin u. Friedrich die Grafschaft Brena. Unter Otto wurdendie Bergwerke in Freiberg entdeckt. Er machte sich um die Landcscultur u. das höhere Schulwesen in M. verdient, ertheilte Leipzig das Recht zur Abhaltung zweier Märkte u. gründete das Kloster Altenzelle. In den letzten Jahren seines Lebens gerieth er in Händel mit seinem ältesten Sohne Albrecht über die Landestheilung zwischen ihm u. seinem Bruder Dietrich, in welchen der Vater gegen den Sohn 1188–89 die Waffen führte, aber sehr unglücklich; Otto st. 1190. Albrecht der Stolze erhielt M., Dietrich aber Weißenfels. Über die kurze Regierungszeit Albrechts, während welcher er mit seinem Bruder Dietrich u. mit Hermann von Thüringen in harte Fehde gerieth, ist viel Dunkel verbreitet; er st 1195, mit dem Kaiser in Krieg verwickelt. M. wurde hierauf von den Kaiserlichen besetzt, u. Albrechts Bruder, Dietrich I. der Bedrängte, bekam nun M., gelangte aber erst 1197 nach Heinrichs VI. Tode durch Hülfe seines Schwiegervaters, des Landgrafen Hermann von Thüringen, zum Besitz. Er erbte 1210 nach dem Tode seines Cousins, Konrad von Rochlitz, die Länder der Rochlitzer Linie (die Niederlausitz u. die Markgrafschaft Landsberg), mußte aber für die Niederlausitz dem Kaiser Otto 10,000 Mark Silber zahlen. In Streit mit Leipzig gerathen, belagerte er 1217 diese Stadt, nahm sie nach zweijähriger Belagerung ein u. legte drei Burgen an, um künftige Empörungsversuche zu hindern. Er st. 1221; von seinen drei Söhnen folgte ihm nun Heinrich der Erlauchte unter Vormundschaft des Landgrafen Ludwig IV. von Thüringen u. seit 1227 unter der seiner Mutter Jutta, des Herzogs Albrecht[93] von Sachsen u. endlich des Herzogs Leopold VII. von Österreich. Er zog mit gegen die heidnischen Preußen, kämpfte unglücklich gegen die Markgrafen Otto u. Johann von Brandenburg wegen Mittelwalde u. Köpenik, erhielt bei der Verlobung seines älteren Sohnes, Albrechts des Unartigen, mit Margarethe, der Tochter des Kaisers Friedrich II., von diesem, statt der stipulirten Mitgift von 10,000 Mark, das Pleißner Land unterpfändlich u., wegen der Eventualbelehnung von 1242 nach Heinrich Raspes Tode 1247 Thüringen übertragen, hatte aber darüber mit Heinrich dem Kinde u. Sigfried, Grafen von Anhalt, welche als Töchterenkel Ludwigs IV. auf Thüringen Anspruch machten, Kämpfe, nahm Heinrichs Bundesgenossen, den Herzog Albrecht von Braunschweig, 1263 bei Wettin gefangen u. zwang Heinrich u. dessen Mutter Sophie zu einem Frieden, in welchem diese für ihren Sohn Hessen erhielt, sich aber aller Ansprüche auf Thüringen begab, s. Thüringen (Gesch.). Schon 1262 hatte er an seinen älteren Sohn, Albrecht den Unartigen, Thüringen u. die Pfalz Sachsen, sowie das von dessen Gemahlin Margaretha unterpfändlich ihm zugebrachte Pleißnerland u. an seinen jüngeren Sohn Dietrich (Diezmann) das Osterland abgetreten, welches dieser als Markgraf von Landsberg besaß, sich selbst hatte er M. u. die Niederlausitz vorbehalten. Er erlebte noch die Streitigkeiten zwischen Albrecht u. dessen Söhnen (s.u. Thüringen, Osterland u. Pleißnerland). Ein neuer Krieg entstand nach Heinrichs des Erlauchten Tode 1288 über dessen Länder, von denen Diezmann (Dietrich der Jüngere) im Kampfe gegen seinen Vetter, Friedrich Tutta von Landsberg u. Markgraf von M., Dietrichs Sohn u. seit 1285 Nachfolger, die Niederlausitz an sich brachte, während Friedrich der Gebissene, der Sohn Albrechts des Unartigen, durch den Rochlitzer Vertrag vom 1. Jan. 1289 mehre Städte u. Districte im Meißnischen erhielt. Ebenso bemächtigten sich Friedrich der Gebissene 1291, nach dem Tode des unbeerbten Friedrich Tutta, des übrigen Theils von M. u. Diezmann des Osterlandes, worauf Albrecht aus Haß gegen seine Söhne Landsberg 1291 an Brandenburg, Thüringen aber nebst seinen Ausprüchen auf M. u. das Osterland an den neuen König Adolf von Nassau verkaufte, um seinem natürlichen Sohne Apitz wenigstens eine Summe Geldes übermachen zu können, da er ihm die Landgrafschaft nicht zuwenden konnte. Friedrich der Gebissene u. Diezmann kämpften hierauf mehre Jahre mit wechselndem Glück gegen den Kaiser Adolf, u. da dessen Nachfolger, Albrecht von Österreich, die Ansprüche seines Vorfahren erneuerte, so schlugen sie ihn am 31. Mai 1307 bei Lucka im Osterlande, u. Friedrich der Gebissene gelangte hierauf, nachdem sein Bruder Diezmann 1307 in Leipzig durch Meuchelmord gefallen war, zum alleinigen u. ruhigen Besitz von M., Thüringen u. dem Osterlande, eroberte auch 1308 das Pleißnerland nebst den Städten Altenburg, Chemnitz u. Zwickan, welche Kaiser Rudolf 1290 wieder an das Reich gebracht hatte. Mit seiner zweiten Gemahlin, Elisabeth von Arnshaug, erhielt Friedrich der Gebissene Neustadt a. d. Orla, Ziegenrück, Auma u. Triptis nebst einem Theile von Jena. In einem Kriege mit Waldemar von Brandenburg wurde er bei Großenhain gefangen u. mußte seinem Gegner, um wieder frei zu werden, die Niederlausitz abtreten; er st. 1324. Sein Sohn, Friedrich der Ernsthafte, erhielt von seinem Schwiegervater, dem Kaiser Ludwig dem Baier, den Besitz des Pleißnerlandes u. jener drei Städte bestätigt u. erkaufte die Grafschaft Orlamünde nebst einem Theile von Langensalza. Auf die nach Ludwigs Tode ihm angebotene deutsche Königskrone verzichtete er 1347 zu Gunsten Karls IV. gegen die Summe von 10,000 Mark Silber. Nach seinem Tode 1349 übernahm sein Sohn Friedrich der Strenge die Regierung zugleich im Namen seiner minderjährigen Brüder, Balthasar u. Wilhelm. Friedrich der Strenge erwarb noch außerdem von den reußischen Vögten Ronneburg, Werdau, Voigtsberg u. Schmölln, nachdem er durch seine Gemahlin, Katharina von Henneberg, schon die Pflege Koburg, Balthasar aber durch die seinige, eine Tochter des Burggrafen von Nürnberg, die Ämter Hildburghausen, Heldburg u.a. erhalten hatte. Friedrich der Strenge st. 1380 u. hinterließ drei Söhne: Friedrich den Streitbaren, Wilhelm II. u. Georg. Am 13. Novbr. erfolgte zu Chemnitz die Theilung des Osterlandes, des Pleißnerlandes, der Grafschaft Landsberg, des Voigtländischen Erbes u. Koburgs; die Bergwerke blieben gemeinschaftlich, u. Friedrich führte wesentlich die Regierung. Georg st. 1401; 1407 starb auch ihr Oheim, Wilhelm I., in M., welcher die Herrschaften Riesenburg. u. Kolditz u. die Stadt Pirna besessen hatte. Über die Erbschaft desselben vereinigten sich 1410 Friedrich der Streitbare u. Wilhelm II. mit ihrem Vetter, Friedrich dem Friedfertigen von Thüringen, Balthasars Sohne, dahin, daß sie den Theil von M. erhielten, welcher an ihre ofterländischen Besitzungen grenzte, Friedrich aber den an Böhmen grenzenden, nebst dem Voigtlande. Die Stadt M. blieb gemeinschaftlich. Friedrich der Streitbare gründete die Universität Leipzig u. erhielt, wegen seiner dem Kaiser im Hussitenkriege geleisteten Dienste, 1423 nach dem Erlöschen der Askanischwittenbergischen Linie mit Kurfürst Albrecht III. von Sachsen, die Belehnung mit der Kur u. dem Herzogthum Sachsen; er st. 1428. Die weitere Geschichte M-s wird unter Sachsen (Kurfürstenthum u. Königreich) erzählt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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