Königsberg

Königsberg

Königsberg, 1) Regierungsbezirk der preußischen Provinz Ostpreußen, aus dem vormaligen Kammerdepartement Ostpreußen u. einen Theile von Lithauen gebildet; grenzt an Rußland den Regierungsbezirk Gumbinnen, Polen, die westpreußischen Regierungsbezirke Marienwerder u. Danzig u. an die Ostsee; 4081/8 QM., wovon fast 31 auf die Gewässer (Kurisches u. ein Theil des Frischen Haffs) kommen, u. im Jahre 1855: 892, 500 Einw; ist eine wellenförmige Ebene mit niedrigen Hügeln, Schloßberg bei Wildenhof, 700 Fuß, höchster der Provinz Ostpreußen, Rombin, 240 Fuß; Flüsse: Pregel mit Deime u. der durch die Guber verstärkten Alle, ferner Passarge, Drewenz, Minge u. Dange; Seen: der Geserich- u. der Drewenzsee, u. viele kleine. Der theils sandige, theils lehmige Boden wechselt mit gutem Ackerland, beträchtliche Waldungen, Heiden, Torfmooren u. Morasten; Waldungen: die Kapornsche Heide, der Sternberger Wald, der Baumwald etc. Man hat wenig Mineralien. Beschäftigung: viel Ackerbau, gute Viehzucht u. Fischerei. Industrie: gering; sie besteht außer Leingarnspinnerei u. Weberei aus Fabrikanstalten in den größern Städten. Eintheilung in 20 Kreise: Allenstein, Braunsberg, Fischhausen, Friedland, Gerdauen, Heiligenbeil, Heilsberg, Stadt- u. Landkreis Königsberg, Labiau, Memel, Morungen, Neidenburg, Ortelsburg, Osterode, Preußisch Eilau, Preußisch Holland, Rastenburg, Rössel u. Welau; 2) Stadtkreis K., 1, 05 QM., nur die Stadt K. enthaltend, u. Landkreis K., 23, 75 QM. u. im Jahre 1855: 40, 375 Ew.; 3) (poln. Krolewicz, lithauisch Karalanzuge), Hauptstadt des Regierungsbezirks u. der Provinz Ostpreußen, 1/2 Meile vom Einflusse des Pregel ins Frische Haff, zum Theil auf Anhöhen, welche den Thalrand des Pregel bilden, am Pregel, über den sieben Brücken führen, gelegen, zweite Residenzstadt der preußischen Monarchie, Sitz des Oberpräsidenten, der Regierung, eines Tribunals, Stadtgerichts, eines Commerz- u. Admiralitätscollegiums, des Generalcommandos, eines Generalsuperintendenten, Provinzial-Steuerdirectoriums. K. ist von einem Walle umgeben u. jetzt wieder zur Festung ersten [685] Ranges umgeschaffen; die Arbeiten haben 1843 begonnen u. sollen auf die Art, wie in Coblenz u. Köln, durch einen Hauptwall mit 11 vorliegenden Forts nach Art der Montalembertschen Thürme u. 72 Blockhäuser, ausgeführt werden; ein fortificirtes großes Werk innerhalb der Wälle, auf 120 Kanonen eingerichtet, zugleich Caserne für 3000 Mann. K. besteht aus der Altstadt, dem Löbenicht, dem Kneiphofe, dem Sacksheim u. dem Roßgarten (alle fünf Stadttheile haben jeder sein eignes Wappen, welche zusammengestellt das von K. bilden), wozu noch das königliche Schloß, die vormalige Citadelle Friedrichsburg, 4 größere u. 15 kleinere Vorstädte (Freiheiten) kommen; es hat 2 Meilen im Umfange, in welchem Bezirk jedoch viele Gärten, der lange Schloßteich mit seinen schönen Umgebungen u. einige Felder eingeschlossen sind. Kirchen hat K. 22, darunter eine polnische, eine katholische (1777 erbaut), die lutherische Domkirche (erbaut 1233), mit Gräbern der Hochmeister des Deutschen Ordens u. der Herzöge von Preußen. Der auf Kosten des Königs Friedrich Wilhelm III. begonnene Neubau der Altstädter Kirche wurde 1845 vollendet, ein mennonitisches Bethaus etc. Merkwürdige Gebäude: das Schloß, von Ottokar von Böhmen gegründet, davor die bronzene Statue des Königs Friedrich I., die Gebäude für die Artillerieparke u. Trainvorräthe, das Stadtgericht, Rathhaus, Hospital, Schauspielhaus, Börse, Post, Eisenbahnhofsgebäude, Gemäldegallerie etc. K. hat eine 1544 von Herzog Albrecht gestiftete Universität (Albertina) mit Philologischem, Pädagogischem u. Theologischem Seminar, Botanischem Garten, Zoologischem Museum, Sternwarte, Bibliothek (mit Schloß- u. Stadtbibliothek vereint), auch für die polnisch u. lithauisch redenden Theile Preußens, Kliniken, andere Anstalten u. Sammlungen, 36 Professoren u. 400 Studenten u. 1860 vollendetes Universitätsgebäude. Ferner besitzt K. ein großes Lyceum (Collegium Fridericianum), 2 Stadtgymnasien, 2 höhere Bürgerschulen, Gewerbeschule, Schullehrerseminar, 3 Bürgerschulen, 2 höhere (öffentliche) Töchterschulen u. sehr viele Privatanstalten für die Töchter höherer Stände, Hebammenschule. Gelehrte u. Kunstanstalten: königlich Deutsche, Physikalischökonomische Gesellschaft mit Bücher-, Modell- u. Naturaliensammlungen, Medicinische Gesellschaft, Missionsverein, Bibelgesellschaft, Provinzialkunstschule mit Gemäldegallerie. Öffentliche Anstalten: Provinzial-Banco-Comptoir, Börse, Königsberger Privatbank. Milde Anstalten: Frauenstift, Taubstummen- u. Blindeninstitut, königliches Hospital im Löbenicht mit Irrenhaus, 4 Waisen-, 6 Armen-, 5 Krankenhäuser, so wie eine große Zahl von Privatstiftshäusern, 2 Strafanstalten. Industrie: Eisengießereien, Maschinenfabriken, Dampfmühlen. Dampfschneidemühlen, Fabriken in Zucker, Wollenzeugen, Leinwand, Seidenband, Hüten, Metallwaaren, Tabak, Perlgraupen, Segeltuch, Leder, Fayence, Seife etc; viele Schiffswerfte, große Bierbrauereien u. Branntweinbrennereien. Handel (sonst stärker als jetzt) bes. zur See mit Getreide, Lein, Hanf, Flachs, Talg, Pottasche, Federposen, Borsten, auch können die großen Seeschiffe bis zu den Kaien der Stadt gelangen, jedoch müssen sie zu Pillau durch Bordinge erleichtert werden. Der Bernsteinhandel wird fast ausschließlich von K. aus betrieben; auch hat K. einen bedeutenden Wollmarkt u. ist durch die preußische Ostbahn mit Danzig, Bromberg etc. verbunden. K. hat 7 Buchhandlungen, 5 Buchdruckereien, 6 Steindruckereien; auch erscheint hier die Königsberger Zeitung, die Preußische Allgemeine Zeitung u. mehre Zeitschriften. Freimaurerlogen, zu den drei Kronen, Todtenkopf u. Phönix; Spaziergänge: die außer der Festung angelegten Glacis, die Alleen innerhalb der Wälle, die Hafenanlagen. Ende 1858: 80,000 Einw. (ohne Militär), darunter 1300 Juden. K. ist Geburtsort Kants, dem hier 1860 eine Bronzestatue errichtet ist; ferner besitzt K. folgende Monumente: die Statue des Königs Friedrich I., die Reiterstatue des Königs Friedrich Wilhelm III. (von Kiß), der Obelisk zur Ehre von Schöns u. der Denkstein für Dr. Martin Luthers ältestem Sohn (weil. Pastor der Altstädter Kirche). – K. wurde 1255 vom Deutschen Orden wider die heidnischen Samländer gebaut u. zu Ehren des Königs Ottokar von Böhmen K. benannt. Im Anfang des 14. Jahrh. wurde die Stadt Löbenicht erbaut u. 1324 der Bau des Kneiphofs begonnen. 1333 wurde hierher die Domkirche aus der Altstadt verlegt. Die Stadt wuchs bes. durch Getreide- u. anderen Handel. 1523 begann Georg v. Polentz, Bischof von Samland, mit Joh Brismann, in Übereinstimmung mit dem Hochmeister Albrecht, die Reformation K-s u. Preußens, in Folge deren Preußen ein Herzogthum wurde. 1544 wurde die Universität gestiftet. 1626 wurde K. umwallt u. nach alter Art mit Bastions u. Ravelins befestigt, aber seit 1812, so wie auch die Friedrichsburg, die erst 1657 vor dem Kneiphof in Form eines regulären bastionirten Vierecks angelegt wurde, nicht mehr als Festung angesehen, bis 1843 die alten Wälle wieder in Vertheidigungsstand zu setzen begonnen wurden. 1656 hier Vertrag zwischen dem Großen Kurfürsten von Brandenburg u. Schweden, worin jenes statt wie bisher von Polen von diesem die Lehn über Preußen nahm. 1701 setzte sich Friedrich III., Kurfürst von Brandenburg, hier die Krone als König von Preußen selbst auf. 1724 wurden die Magistrate der drei Städte Altstadt, Löbenicht u. Kneiphof vereinigt. 1758 wurde K. von den Russen besetzt; 1764, 1768, 1775 u. 1811 große Feuersbrünste. 1807 besetzten die Franzosen K., das bis dahin acht Monate lang königliche Residenz gewesen war, räumten es jedoch nach dem Frieden wieder. Auch 1812 war K. ein wichtiger strategischer Punkt im Kriege gegen Rußland, bes. bei dem Rückzuge der Franzosen; es wurde am 3. Jan. 1813 von den Franzosen unter Macdonald geräumt. Vgl. D. H. Arnoldt, Historie von K., Königsb. 1746–1769, 2 Bde.; L. v. Baczko, Geschichte u. Beschreibung von K., ebd. 1787–90, 7 Hefte, n.A. 1804; Mercantilische Nachrichten von K., Berl. 1800; A. R. Gebser u. E. A. Hagen, Der Dom zu K., Königsb. 1833–35, 2 Bde.; Faber, Die Haupt- u. Residenzstadt K. in Preußen; 4) Kreis des Regierungsbezirks Frankfurt der preußischen Provinz Brandenburg; 27, 78 QM.; 80,000 Ew.; 5) (K. in der Neumark), Kreisstadt darin, an der Rörike; Gymnasium; Freimaurerloge: Tempel des Johannes; Tuchweberei, Gerberei; 5600 Ew.; 6) Stadt an der Eger im Bezirk Falkenau des Kreises Eger (Böhmen); altes Bergschloß, Baummvollenspinnerei; 3900 Ew.; 7) (Klinkowitz). Stadt im Kreise Troppau (Österreichisch Schlesien), Schloß mit Burggraf, Lein- u. Tuchweberei; 1000 Ew.; 8) so v.w. Kiraly-Hegy; 9) (K. in Franken), Amt im Herzogthum Koburg, Enclave im baierischen[686] Kreise Unterfranken; 1826 von Hildburghausen abgetreten; 2500 Ew.; 10) Stadt darin, an der Naslach, mit Ruine; 1000 Ew., etwas Weinbau; Geburtsort von Joh. Regiomontanus; 11) (K. in der Wetterau), Stadt im Kreise Gießen der großherzoglichen Provinz Oberhessen, an der Quelle der Biber; Schloß, Eisenwerk; 500 Ew. In der Nähe ein Eisenbergwerk u. auf einer Basaltkuppe die Ruinen des Schlosses Hohensolfus; 12) (Uj-Banya), freie Bergstadt im Kreise Bars des Verwaltungsgebietes Presburg (Ungarn), an der Gran, Postamt, Berggerichtssubstitution, Glasfabriken, Bierbrauerei, Sauerbrunnen; 2750 Ew.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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