Theodosĭos

Theodosĭos

Theodosĭos (Theodosius), griechischer Name, bedeutet der von Gott Gegebene. I. Griechische Kaiser: 1) Flavius Th. I. der Große, Sohn des Th. 4), geb. 346 v. Chr. zu Cauca in Spanien; begleitete seinen Vater nach Britannien u. Afrika, zog 374 gegen die Sarmaten u. Iapygen u. lebte nach der Hinrichtung seines Vaters als Privatmann. Als die Gothen in das Griechische Reich einfielen, schickte ihn Gratian 378 gegen dieselben u. wählte ihn 379 zum Mitregenten, indem er ihm die westlichen Provinzen übertrug. Zuerst besiegte er, nachdem er sich in Thessalonike noch einmal nach dem Ritus der Orthodoxen hatte taufen lassen, die Gothen u. erließ ein scharfes Edict gegen den Arianismus. 380 zog er von Neuem gegen die Gothen, denen er dann Sitze in Thracien anwies. Das Heidenthum beschränkte er, ungeachtet der Verwendung des Libanios u. Symmachos (s. b.), immer mehr u. ließ 381 das zweite ökumenische Concil in Constantinopel zur Befestigung der orthodoxen Lehre abhalten. Den Maximus erkannte Th. nach Gratians Ermordung, 384, unter der Bedingung an, daß er nicht über die Alpen gehe u. Valentinian II. nicht im Besitz Italiens störte. 386 erfocht er neue Siege über die Gothen u. nöthigte dieselben zu fester Ansiedlung an der Donau. 387 dämpfte er Aufstände in Alexandrien u. Antiochien. Als Maximus gegen den Vertrag nach Italien ging u. Valentinian II. von da vertrieb, zog Th. 388 gegen ihn, schlug u. verfolgte ihn bis Aquileja, wo Maximus fiel. Th. gab Italien dem jungen Valentinian zurück, blieb aber selbst bis 391 in Italien. 389 ging er nach Rom, wo er die Reste des Heidenthums unterdrückte, dann nach Mailand, von wo er den Befehl ergehen ließ die Bewohner von Thessalonike (s.d.) niederzuhauen, welche sich gegenseinen Befehlshaber Botericus empört hatten, weshalb er aber 8 Monate Kirchenbuße thun mußte. Aber kaum war er 391 nach Constantinopel zurückgekehrt, wo er seine Maßregeln gegen die Arianer erneuerte, als ihn Valentinians II. Ermordung durch Arbogast, 392, zur Rache wieder nach Italien rief. Er schlug mit seinen Feldherren Stilicho u. Gainas den Mörder u. den von demselben eingesetzten Kaiser Eugenius 6. September 394 bei Aquileja, rottete das inzwischen wieder aufgelebte Heidenthum aus u. setzte seinen Sohn Honorius unter der Leitung Stilicho's als Regenten über das Westreich ein. Aber wenige Monate darnach st. Th. 17. Januar 395 in Mailand u. wurde in der Apostelkirche zu Constantinopel beigesetzt. Th. war groß[482] als Feldherr u. Staatsmann, bes. verdient machte er sich um das Reich als Gesetzgeber; seine Neigung zum Jähzorn suchte er in den späteren Jahren immer mehr zu unterdrücken. Vermählt war er zuerst mit Älia Flaccilla (st. 385) u. dann mit Galla, Tochter Valentinians I.; Erstere gebar ihm den Arcadius u. Honorius, Letztere die Placidia, Gemahlin des Gothenkönigs Ataulf. Vgl. Flechier, Histoire de Th. le Grand, Par. 1680 (deutsch Berl. 1765); P. E. Müller, De genio, moribus et luxu aevi Th., Gött. 1797 f., 2 Bde.; Suffken, De Theodosii M. in rem christianam meritis, 1828. 2) Th. II. der Jüngere, Enkel des Vor., Sohn des Arcadius u. der Eudokia, geb. 400, folgte seinem Vater 408 in dem Ostreiche unter der Regentschaft des Anthemius, dann unter der Leitung seiner Schwester Pulcheria, welcher er, mönchisch erzogen u. Schreiben u. Drechseln liebend, die Regierung überließ; s. Byzantinisches Reich S. 526. Er st. 28. Juli 450. In Bezug auf die damaligen kirchlichen Streitigkeiten war er ein Gegner des Nestorius, welchen er auch aus Constantinopel verwies. Er ließ den Codex Theodosianus (s. Codex 9) A) c) abfassen u. verschönerte Constantinopel sehr. Er war seit 421 mit Älia Eudokia, Tochter des Philosophen Leontios, vermählt, von welcher er sich aber 444 trennte; seine einzige Tochter Eudocia heirathete den Kaiser Valentinian III.; in der Regierung folgte ihm Marcianus. 3) Th. III. Adramyttenos, früher Steuereinnehmer in Adramyttion; wurde von den Truppen, welche sich 715 gegen den Kaiser Anastasius II. in Rhodus empört hatten, als Kaiser ausgerufen u. erhielt 716 durch Vertrag mit Anastasius den Thron, mußte aber bereits im Mai 717 Leo dem Isaurier weichen; s. Byzantinisches Reich S. 527. II. Andere Personen>: 4) Flavius, Spanier, Vater Th. des Gr., römischer Feldherr unter Kaiser Valentinian I.; er unterdrückte 367 einen Aufstand, welchen die Briten gegen die Römer gemacht hatten u. warf die Scoten in ihre Berge zurück; 370 besiegte er eine Schaar Alemannen an der Oberdonau; 372 ging er nach Afrika, wo die Mauritanier unter Firmus sich gegen den Statthalter Romanus empört hatten; er besiegte den Firmus u. nöthigte ihn zum Frieden, aber als derselbe die Ruhe von Neuem störte, fing er ihn u. ließ ihn hinrichten. Verdächtig einer Verschwörung gegen Valentinians Nachfolger Gratian ließ dieser ihn 376 in Carthago enthaupten. 5) Th., Thracier von Geburt, kam nach Constantinopel, wo sich Antonia, Belisars Gemahlin, in ihn verliebte; er wurde in Belisars Haus aufgenommen u. ging mit demselben nach Afrika. Dort entdeckte Belisar das sträfliche Verhältniß des Th. mit seiner Frau u. gab Befehl zu seiner Hinrichtung. Th. entfloh nach Asien, wurde jedoch von dort zurückgerufen, nachdem Antonia ihren Gemahl von ihrer Unschuld überredet hatte. Nach der Rückkehr mit Belisar nach Constantinopel ging er in ein Kloster zu Ephesos. Als Belisar nach Persien ging, kam er aus dem Kloster zurück, wurde aber von dem Photios, Antonia's Sohne, gefangen genommen u. in eine Festung Ciliciens gesetzt. Durch den Einfluß der Kaiserin Theodora befreit, lebte er wieder mit Antonia. 6) Th. II., Herzog von Braganza, Sohn des Herzogs Johann I. von Braganza, geb. 1566 (1568); 1578 mit König Sebastian nach Marokko gezogen, wurde er in der Schlacht bei Alcaçarquivir gefangen u. erst 1580, auf Fürbitten Philipps II. von Spanien wieder frei gegeben. Als er nach Portugal kam, war gerade König Heinrich gestorben, u. Th. erhielt Aufforderungen sich zur Nachfolge zu melden; allein sein Vater hielt ihn in Rücksicht auf den Mitbewerber, Philipp II., davon ab. 1582 wurde er an seines Vaters Stelle Connetabel von Portugal. Zwar unternahm er während den 48 Jahren, wo er diese Würde bekleidete, nichts gegen den König, allein der Gedanke König über Portugal sein zu können verließ ihn nie u. er verfiel deshalb in Verstandeszerrütung, in welcher er 1630 zu Villaviciosa starb. III. Geistliche u. Gelehrte: 7) Th. Tripolitanus, Mathematiker aus Tripolis in Lydien, im 2. od. 3. Jahrh., soll auch die tragbaren Sonnenuhren erfunden haben; er schr.: Σφαιρικά (herausgeg. von I. Pena, Par. 1558; von I. Hunt, Oxf. 1707; von E. Nizze, Berl. 1852; deutsch von E. Nizze, Strals. 1826); Περὶ ἡμερῶν καὶ νυκτῶν u. Περὶ οἰκήσεων (herausgeg. von Dasypodius, Strasb. 1572). Nach Ein. soll er auch die skeptischen Hauptargumente des Theodas erklärt, auch selbst ein Werk geschrieben haben, worin er das Wesen des Skepticismus erörterte. 8) Th., Grammatiker aus Alexandria, schrieb einen Commentar über die Grammatik des Dionysios Thrax, herausgeg. von Göttling, Lpz. 1822; ferner Ηἰσαγωγικοὶ κανόνες περὶ κλίσεως ὀνομάτων, herausgeg. von Bekker, Berl. 1821; Περὶ προσῳδικῶν, beim Etymologikon des Orion, von Sturz, Lpz. 1820; Auszug aus Herodians Grammatik, zum Theil bei Philemon von Osann. 9) Th. von Alexandrien, Anfangs Redner, trat dann in den geistlichen Stand u. wurde 535 von der Secte der Corrupticolà, einer Partei der Monophysiten (s.d.), welche nach ihm Theodosianer hießen, zum Patriarchen von Alexandria ausgerufen. Ihm gegenüber wurde von der Gegenpartei Gajanus gewählt, allein Th. hielt sich durch Narses, Justinians Feldherrn. Nicht lange darauf wurde Th. nach Constantinopel berufen u. seiner Würde entsetzt, da er die Beschlüsse des Chalkedonischen Concils nicht unterschreiben wollte. Er ging nach Thracien u. stellte sich von Neuem an die Spitze einer Partei seines Glaubens. 10) Th., Syrakusanischer Mönch im 9. Jahrh., Diakonus des Bischofs Sophronius, mit welchem er 880 bei der Einnahme von Syrakus durch die Sarazenen nach Palermo gebracht u. daselbst gefangen gehalten wurde. Er beschrieb die Einnahme von Syrakus in einem Briefe, herausgeg. von G. B. Hase mit Leo Diakonos, Par. 1819, Fol. 11) Th., griechischer Dichter um die Mitte des 10. Jahrh., schr.Ακροάσεις über die Einnahme Kretas in Jamben, herausgeg. in Quereys Nova appendix histor. byzant., Rom 1777, Fol., u. mit Leo Diakonos von Niebuhr, Bonn 1828. 12) St. Th. (Theodosiow), geb. zu Anfang des 11. Jahrh. in Wassilkowo bei Kiew, wurde 1073 Abt des Petscherkischen od. Höhlenklosters in Kiew, erweiterte die Zahl der Mönche daselbst von 20 auf 100, führte auch die nach ihm benannte Theodosische Klosterregel u. die noch bestehende Proschtschatelnaja Charta od. die Sitte ein, Verstorbenen ein schriftliches Gebet in die Hand zu legen, stiftete 1074 das erste Hospital im Russischen Reiche u. st. um 1080. Er schr. u.a. Predigten, welche in den Petscherskischen Paterik (Sammlung von Kirchenbüchern) aufgenommen sind. Nach ihm ist eine der Hauptkirchen im Kiewschen Höhlenkloster benannt;[483] die dortigen, gleichfalls nach ihm benannten Katakomben enthalten die Gebeine von 45 Märtyrern. 13) T. Saphonowitsch, Igumen des Michailowschen Solotowerchischen Klosters in Kiew, geb. zu Anfang des 17. Jahrh., wurde in jene Würde erhoben 1655 u. st. in Kiew um 1670; er verfaßte eine polnische Chronik u. mehre geistliche Schriften, als Predigten, Hirtenbriefe etc.; 14) s.u. Theodosiewschtschina.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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