- Vögel
Vögel (Aves), sind Wirbelthiere mit warmem, rothem Blute, welche durch Lungen Athem holen, Eier legen, einen mit Federn bedeckten Körper, statt der Vorderbeine Flügel u. ein Herz mit zwei Kammern u. zwei Vorkammern haben. Sie bilden die zweite Klasse der Wirbelthiere. Zahnlose, mehr od. weniger lange Kieferknochen bilden vorn am Kopfe einen Schnabel, u. dieser ist mit der nackten Körperhaut überzogen, welche aber gewöhnlich hier entweder ganz od. doch am vorderen Theile hornartig ist u. so eine Art Hornschuh über dem Schnabel bildet, welcher an den unteren Kanten meist sehr zugeschärft, oft auch noch durch Ausschnitte gezähnelt ist u. so die eigentlichen Zähne ersetzt, welche jedoch auch bei manchen, wie z.B. bei den Enten, durch innen liegende hornige Plättchen ersetzt werden. Ist die Schnabelhaut eine weiche, empfindliche, so heißt sie Wachs haut u. eine solche zeigt sich sehr deutlich an der Schnabelbasis bei den Tagraubvögeln, bei mehren Sumpfvögeln überzieht sie den ganzen Schnabel u. bei gewissen Schwimmvögeln, z.B. den entenartigen, denselben bis auf eine kleine Hornplatte vorn an seiner Spitze (Nagel). Der Oberschnabel (Oberkiefer) besteht aus den beiden Seitenkiefer-, dem Zwischenkieferknochen u. dem Nasenbeine. Die Rückenkante des Oberschnabels nennt man Firste; die Spitze, wenn sie, namentlich wie bei den Raubvögeln, hakenförmig gebogen ist, Kuppe. Der Unterkiefer besteht aus den beiden vorn an der Spitze mit einander verbundenen Seitenkieferknochen, u. der Winkel, welchen beide bilden, heißt der Kinnwinkel; die Spitze, wo sie sich vorn vereinen, die Dille od. das Kinn, die untere Kante beider Unterkieferäste aber die Dillenkante u. die Stelle zwischen dem Schnabel u. den Augen der Zügel. Die beiden Nasenlöcher, welche meistens seitlich am Schnabel liegen, sind gewöhnlich durch eine Scheidewand getrennt, zuweilen fehlt diese aber, so daß man von der Seite aus durch sie, also durch den ganzen Schnabel, hindurchsehen kann, u. solche Nasenlöcher nennt man dann durchgehende. Oft sind sie mit einer Gewölbschuppe zum Theil überdeckt. Der Geruchssinn ist bei manchen Vögeln sehr ausgebildet, dagegen ist das Gehörorgan weniger vollkommen. Die Ohren sind meist unter dem Gefieder versteckt, die Ohrmuschel fehlt ganz od. ist doch sehr wenig entwickelt u. das innere Ohr ist sehr vereinfacht. Das Auge ist mit einer Nickhaut versehen, welche sich vom äußeren Augenwinkel über das Auge hinwegziehen kann, durchsichtig ist u. das Blenden der Lichtstrahlen hindert. Die Augenhöhle ist weniger tief als bei den Säugthieren, auch ist der Augapfel auf der vorderen Hälfte weniger gewölbt, als bei der Hinteren. Die Regenbogenhaut erscheint in hellen od. dunkeln Farben, welche nach Gattung, Art, vorzüglich auch nach Alter u. Geschlecht verschieden sind, im Allgemeinen so, daß sie bei Ausgewachsenen u. Männchen dunkler u. reiner erscheinen als bei den jungen u. weiblichen Vögeln. Der Kamm od. Fächer ist ein dem Vogelauge eigenthümliches Organ, eine mantelartige zusammengefaltete Hautfortsetzung der Gefäßhaut. Die Zunge dient bei manchen Vögeln nicht, blos als Geschmacks-, sondern auch als Tast- u. wie bei den Spechten, als Fangorgan. Obgleich sie vorn oft hornartig ist, so ist sie doch an der Basis in der Regel weich u. wohl selten ohne Geschmackswärzchen. Bei manchen ist sie vorn pfeilförmig spitz, auch wohl mit Widerhaken versehen u. bei den Kolibris in zwei rinnenförmige Längshälften gespalten, welche zusammen eine Saugröhre bilden. Der Tastsinn ist der Zunge übertragen, oft dienen aber auch Schnurren od. Bartborsten, welche den Schnabel umgeben, wie der Schnabel selbst als Tastorgane. Die Zehen u. Sohlen dienen mehr zum Greifen als zum Tasten, doch mögen sie mit ihnen, wie mit den Federn wenigstens mittelbar tasten. Die Bedeckung der Vögel sind die Federn, s.d. 1). Die Federn wachsen sehr schnell, u. alle V. verlieren wenigstens einmal im Jahre, gewöhnlich im Frühlinge zur Paarungszeit, die Deckfedern (Mauser). Viele haben aber auch eine Doppelmauser, im Frühlinge die eine, im Herbste die andere. Während der Mauser sind sie kränklich u. Singvögel hören dann auf zu singen. Die abgenutzten ausgefallenen Federn werden dann[638] durch schönere ersetzt u. diesen schöneren Federschmuck des Frühlings nennt man das Sommer- od. Hochzeitskleid, im Gegensätze zu dem Herbst- od. Winterkleid, welches oft weniger schön gefärbt ist. Auch nach Alter u. Geschlecht ändert oft das Federkleid vielfach ab. Ost sind die Federn, von einem leicht abwischbaren, seinen, reifartigen Überzuge bedeckt. Die Beine sind entweder schon am Unterschenkel ganz od. zum Theil nackt u. dann heißen sie Wad- od. Stelzenbeine; od. dieser ist ganz befiedert, zuweilen auch der Lauf (Fußwurzelknochen), ja sogar die Zehen, u. dann werden die Beine Gangbeine genannt. Gewöhnlich fehlt aber an Lauf u. Zehen die Befiederung, u. dann erscheint die Haut weit härter, von schuppenartigen Theilen od. Hornschienen bedeckt. Der Fuß hat nie mehr als vier Zehen, zuweilen nur drei, der des afrikanischen Straußes sogar nur zwei. Die nach hinten gerichtete Zehe (Daumen) ist entweder ganz auf dem Boden aufliegend, od. nur mit der Nagelspitze den Boden berührend (auftretend), od. so hoch eingelenkt, daß sie den Boden gar nicht berührt (abgerückt). Die übrigen drei Zehen nennt man die Mittel-, Innen- u. Außenzehe. Fehlt dem Fuße der Daumen, so heißt er Lauffuß; sind alle vier vorhanden u. ohne Schwimm- od. Lappenhaut, so heißt er Sitzfuß, wenn der Daumen nach hinten, die übrigen drei nach vorn gerichtet sind. Sind Mittel- u. Außenzehe dabei nur am Grunde mit einander verwachsen, so heißt er wohl auch Wandelfuß; sind beide bis über die Mitte verwachsen aber Schreitfuß; sind die Vorderzehen nur durch eine sehr kurze Verbindungshaut an ihrem Grunde geheftet, Sitzfuß im engeren Sinne, u. sind sie endlich ganz getrennt, so heißen sie Spaltfüße Ist bei dem vierzehigen Fuße außer dem Daumen auch die Außenzehe nach hinten gerichtet, so nennt man ihn Kletterfuß, u. sind alle vier nach vorn gerichtet, so heißt er Klammerfuß. Kann die Außenzehe willkürlich nach vorn u. hinten gerichtet werden, so heißt sie Wendezehe. Sind die drei Vorderzehen bis an den Nagel durch eine Haut verbunden, so nennt man den Fuß ganzen Schwimmfuß, geht die Haut nur bis an die Mitte der Zehen, halber Schwimmfuß, u. breitet sich die Haut zwischen allen vier Zehen aus, so ist es ein Ruderfuß. Haben die Zehen zu beiden Seiten einen Hautlappen, so heißt der Fuß Lappenfuß, u. hat jedes Zehenglied beiderseits einen besonderen Lappen, so ist es ein gefiederter Lappenfuß. Ist die Kralle der Hinterzehe sehr lang u. fast gerade, so nennt man sie Sporen. So nennt man aber auch einen od. mehre hornige Stacheln, welche über den Hinterzehen, od. am Handgelenke der Flügel stehen. Was das Skelet der V. betrifft, so sind die Knochen von dichterer (mehr glasartiger) Substanz als bei den Säugthieren. Die Schädelknochen verwachsen sehr bald mit einander. Über die Kiefern s. oben. Die Wirbelsäule besteht aus mehr od. weniger zahlreichen Knochen u. zwar bei einigen aus 9–10, bei den meisten 11–12, bei den Hühnern 13–15, bei Schwanen, Reihern u. Straußen etc. sogar aus 23–24 Halswirbeln, u. meistens aus 7–9, bei Gänsen u. Straußen aus 10, beim Schwan etc. aus 12 Rückenwirbeln. Die Schwanzwirbel sind nicht zahlreich, aber sehr beweglich; dagegen sind die Rückenwirbel weniger beweglich, die Hinteren wohl gar mit einander u. die Lendenwirbel mit dem Kreuzbeine verwachsen. Die Rippenpaare entsprechen der Zahl der Rückenwirbel. Das Brustbein schließt den Brustkasten von unten, bildet eine gewöhnlich länglich viereckige nach außen gewölbte Platte u. hat an der Außenfläche eine kielförmige nach hinten allmälig an Höhe abnehmende Erhöhung, den Brustkamm; doch ist dieser bei den Straußen kaum angedeutet. Die Stärke u. Festigkeit des Schultergerüstes wird durch einen gabel- od. spornförmigen Knochen (Gabelknochen, Sporen) vermehrt, welcher mit seinem Winkel durch Sehnen, fester aber an seinen beiden Enden mit den Schlüsselbeinen verbunden ist. Die Vordergliedmaßen (Flügel) bestehen aus dem Schulterblatte, dem Oberarme, dem Unterarme (Elle u. Speiche), zwei kleinen Handwurzelknochen, drei mit einander verwachsenen Mittelhandknochen u. den drei Fingern. Die Hintergliedmaßen sitzen an den schmalen Beckenknochen u. bestehen aus dem Obern. Unterschenkel mit der Kniescheibe, dem Mittelfußknochen u. den Zehen. Der Unterschenkel besteht aus dem röhrenförmigen Schienbeine u. dem daran dicht angewachsenen Wadenbeine. Die V. haben nur einen Mittelfußknochen, welcher lang u. röhrig ist, Lauf od. Tarsus (Metatarsus) genannt u. von Manchen auch als das Fersenbein betrachtet wird. Von den Zehen hat der Daumen meist zwei, die Innenzehe drei, die Mittelzehe vier u. die Außenzehe fünf Glieder.
Die Muskeln der V. sind ziemlich derb, ihre Farbe ist mehr od. weniger dunkelroth, die Brustmuskeln der Hühnervögel, bes. in gekochtem Zustande, weiß. Die Sehnen sind sehr lang, fest, zum Theil sogar verknöchert. Die Brustmuskeln sind, da sie hier den Functionen des Athmens u. Fliegens ganz besonders vorstehen müssen, am meisten ausgebildet. Das Herz besteht aus dichtem Muskelfleische u. ist im Verhältniß zum Körper sehr groß. Das Nervensystem besteht, wie bei den Säugthieren, aus dem großen u. kleinen Gehirn, dem verlängerten Marke, dem Nückenmarke, den Nerven u. dem sympathischen Nervensysteme. Der Eierstock der weiblichen V. liegt gewöhnlich links in der Lendengegend, vor der Aorta, unter der Leber, dem oberen u. vorderen Ende der linken Niere u. Nebenniere anliegend. Er bildet eine längliche Platte, deren derbe Fasern das Lager für die Dotterkugeln darbieten. Seine freie Unterfläche ist querfaltig, aus ihr treten die Dotter auf Stielen wie Beeren heraus u. der Eierstock erhält dadurch das Aussehen einer Traube. Der Eierleiter beginnt mit einer zart trichterförmigen Mündung u. verläuft, darmartig gewunden u. an einer Gekrösfalte befestigt, über der linken Niere herab, links neben dem Mastdarme zur Harn- od. Darmöffnung (Kloake). Der Dotter ist ursprünglich ein kleines wasserhelles Bläschen am Eierstocke, welches allmälig wächst, sich trübt, indem sein Inhalt (Öl u. Eiweißstoff) eine gelbe Farbe annimmt. Erst nach Ablösung vom Eierstocke, mit dem Fortrücken in den Eierleiter wird der Dotter zum Ei (s.d.); denn hier erhält er erst sein Eiweiß u. seine Kalkschale als Umgebung. Die Entwickelung des Vogels im Ei hängt von dem Brüten ab (s. unten). Die Speiseröhre erweitert sich bei vielen V-n nach unten in den Kropf, eine dünnhäutige, mit vielen Schleimdrüsen besetzte Erweiterung. Den Schwimm-, Sumpf-, manchen Kletter- u. den Straußenvögeln fehlt er. Am Ende der Speiseröhre erweitert sich dieselbe u.[639] bildet den Vor- od. Drüsenmagen, welcher sehr drüsenreich ist u. seinen Saft auf die Innenfläche des Magens ergießt. Darunter beginnt der eigentliche Magen mit dem Magenmunde. Er ist entweder dick u. fleischig, wie bei Hühner- u. gänseartigen V-n u. vorzüglich den körnerfressenden, die ganze Innenfläche von harter Haut überkleidet; od. dünner u. häutiger bei den Fisch- u. Fleischfressern. Der Darm hängt an den Rändern des Gekröses, ist hin- u. hergewunden besteht, wie bei den Säugthieren, aus Dünn- u. Dickdarm. Letzter trägt gewöhnlich am Anfange ein Paar Blinddärme Speicheldrüsen sind die Zungendrüse, vordere u. Hintere Unterkieferdrüse u. Ohrspeicheldrüse; doch sind nicht immer alle vorhanden, am vollkommensten sind sie bei den Raub-, Sing- u. Hühnervögeln. Die Leber ist zweilappig, die Gallenblase fehlt den Tauben u. einigen anderen V-n. Die Milz ist klein u. runzelig, bald mehr walzlich, bald mehr platt u. scheibenförmig. Die Bauchspeicheldrüse ist weißlich, bei Schwimm-, Raub- u. Hühnervögeln zweilappig, bei Spechten dreilappig u. mit 2–3 Ausführungsgängen versehen. Die Harnwerkzeuge sind hauptsächlich durch die Nieren repräsentirt, aus welchen die Harnleiter den Harn zur Kloake hinführen. Nebennieren nennt man orangegelbe, platte, drüsige Körper am Vorderrande der Nieren an den großen Gefäßen. Der Zufluß aus den Speicheldrüsen ist die erste Vorbereitung zur Verdauung, die zweite geschieht durch den Magensaft. Die nicht verdaulichen Überbleibsel der Nahrung nehmen entweder nach oben durch den Schnabel (Gewölle, d.h. Klumpen von zusammengeballten Haaren, Federn u. dergl.) od. nach unten (Unrath, Koth) durch die Kloake ihren Ausweg, Die Hauptathemorgane sind die Lungen. Die Vorbereitung zur Athmung geschieht durch Nase, Kehlkopf u. Luftröhre. Außerdem befördern als Hülfsorgane noch besondere Luftzellen die Athmung. Die beiden Lungen sind hellroth, lockerzellig, Platt, lang dreieckig, hinten an die Wirbel u. Rippen durch Zellgewebe angeheftet u. durch den Eindruck, welchen die Rippen auf sie machen, gefurcht, vorn vom Brustfell überzogen. Die anderen Luftsäcke werden sichtbar, wenn man das Brustfell entfernt, in welchem 5–7 Löcher sich zeigen, durch welche die Luftröhrenäste mit den besonderen Luftsäcken in Verbindung stehen, welche eigentlich Fortsätze des Brust- u. Bauchfells sind u. die Eingeweide umgeben. Außerdem kommen noch besondere Zellen unter der Haut, am Kopfe u. Halse vor, eine besonders große am Unterhalse u. über dem großen Brustmuskel. Hier bilden sich Zellen von mehren Linien im Durchmesser, welche unter der Haut bis an die Spulen der Deckfedern vordringen. Auch unter den Schwungfedern, nicht aber am oberen u. unteren Rumpftheile zeigen sich solche Luftzellen, welche übrigens mit den röhrigen, marklosen Knochen in Verbindung stehen. Die Luftröhre beginnt oben, wie bei den Säugthieren, mit dem Kehlkopfe, hat aber da, wo sie sich in die zwei Hauptäste theilt, noch einen zweiten, den unteren Kehlkopf, wenigstens bei denen, welche Stimme haben; denn z.B. bei den Störchen fehlt er. Die Singvögel haben daran mehre, gewöhnlich fünf Muskelpaare. Die Stimme bildet sich durch Eintreten der Luft durch die Nasenlöcher od. den Schnabel in die Stimmritze des oberen Kehlkopfes u. durch Fortbewegung derselben nach dem unteren Kehlkopfe, od. durch Ausstoßen von diesem nach dem oberen hin. Überhaupt ist dabei der untere Kehlkopf thätiger, als der obere. Beim Weibchen ist der Stimmapparat oft weniger ausgebildet als bei dem Männchen. Die Lungen ziehen übrigens die Luft, welche sie in sich aufnehmen, theils aus der Luftröhre, theils aus den Luftsäcken an sich; denn letztere sind Behälter, aus welchen die Lungen ebenfalls Luft aus- u. einathmen können. Durch einen besonderen Mechanismus werden auch, wenn der Vogel sich fliegend erhebt, die großen Luftsäcke in der Achselhöhle u. zwischen den Brustmuskeln ausgedehnt, so daß sie sich mit Luft füllen, u., wenn die Flügel niedergeschlagen werden, die Luft ausgepreßt u. in die Lungen getrieben wird. Dadurch vermag ein Vogel, z.B. eine Lerche, senkrecht in die Höhe zu steigen u. zugleich zu singen, ohne außer Athem zu kommen. Ein Vogel verbraucht übrigens beim Athmungsprocesse sechs- bis zehnmal so viel Sauerstoff, als ein Säugthier von gleicher Größe.
Obgleich die Luft als das wahre Element der B. zu betrachten ist, so fehlt es doch auch nicht an V-n, welche sich mehr zum Leben auf der Erde u. auf dem Wasser hinneigen, u. während sich letzte in ihrem nassen Elemente schwimmend u. wadend bewegen, laufen u. scharren erstere auf dem Erdboden. Der Wohnort der V. ist ihrer Lebensweise entsprechend; denn keine Höhle, kein eigentliches Obdach verbirgt sie in der Regel. Das offene Feld u. der Wald od. die Gewässer sind ihr Wohnplatz u. ein Stein od. Zweig etc. der Ort, wo sie ausruhen u. sich vor Stürmen u. vor den Unbilden der Witterung überhaupt schützen; u. die meisten V. sind gewohnt ein solches Plätzchen lange zu behaupten u. nach ihrem Ausfliegen stets wieder zu suchen, ja selbst Wandervögel, wenn sie von ihrem weiten Zuge zurückkehren, finden es doch immer wieder auf, so z.B. die Schwalbe, der Storch u. das Rothschwänzchen. Nur wenige wählen, doch nur zum Brüteorte od. zur Familienwohnung, Höhlen u. entziehen sich so dem Lichtleben der V. Die Pinguine u. Alke graben tiefe Höhlen im Ufer, Sturmvögel stecken in Felsenritzen u. die Höhlenente bewohnt Fuchs- u. Dachsbaue, die Höhleneule die Baue der Prairiehunde, der Eisvogel nistet wie die Uferschwalbe in Uferhöhlen u. die Fettvögel od. Guacharos in den weiten Höhlen von Caripe; Eulen u. Krähen suchen alte Thürme u. überhaupt altes Gemäuer auf, erstere namentlich, da sie als lichtscheue V. eines dunkeln Zufluchtsortes bei Tage bedürfen. Die Heimath des Vogels kann man nur die Gegend nennen, wo er brütet; denn Aufenthalt u. Wohnung sind bei den V-n nur bei wenigen immer dieselben, oft vertauschen sie vielmehr dieselben mit anderen, u. man unterscheidet in dieser Beziehung Standvögel, welche immer an einem Orte leben, wie unser Sperling u. die Goldammer, od. ihn doch nur bei gänzlichem Nahrungsmangel verlassen; Strichvögel, welche sich truppweise od. in größeren Gesellschaften zusammenhalten, da eine Zeit lang bleiben, wo sich ihnen hinreichende Nahrung darbietet, u. solche Plätze bei Nahrungsmangel od. wegen Localeinflusse der Witterung verlassen, um einen anderen Wohnplatz zu suchen; Zugvögel endlich, welche aus Vorempfindung eines Nahrungsmangels u. eintretender, ihrem Naturell nicht zusagender Unbilden der Atmosphäre vor Eintritt der kälteren Jahreszeit aus ihrer nördlicher[640] gelegenen Heimath in wärmere Länder ziehen (vgl. Zug- u. Strichvögel). Die Paarungszeit der V. fällt meistens in die Zeit des Frühjahres, u. zwar vorzüglich in den April u. Mai. Eine Kreuzschnabelart paart sich jedoch schon im Januar, der Wasserstaar u. Rabe gegen Ende des Februars u. Anfangs März, der Kiebitz u. Bussard Ende März. Jede Art hat in Anlage u. Verfertigung ihres Nestes etwas ihr Eigenthümliches; der Ort, wo das Nest gebaut, Material, Form u. ganze Ausführung des Nestes sind verschieden. Die Form der meisten Nester ist übrigens im Allgemeinen napfartig, das Material besteht meist aus Pflanzenstängeln, Zweigen u. anderen Pflanzentheilen, Moos, Thier- u. Pflanzenhaaren etc., einige bauen sie aus Lehm, die Indianische Schwalbe (Salangane, s.d.) aus Seetang etc. Das Geschäft des Brütens u. vorher des Nestbauens kommt eigentlich nur dem Weibchen zu, wo das Männchen jedoch in Monogamie lebt, nimmt das Männchen in der Regel auch daran Theil, damit jenes sich Nahrung suchen kann, od. es trägt ihm diese zu, od. hält wenigstens in der Nabe des Nestes Wache. Schwimm-, Wad- u. Scharrvögel brüten gewöhnlich längere Zeit als Sing-, Kletter- u. Raubvögel. Im Allgemeinen fällt die Brütezeit in unserem Klima zwischen 12–36 Tage. Gänse brüten 29 Tage, Schwäne sogar 5 Wochen, Störche 28–31 Tage, Reiher 3 Wochen, Schnepfen 15–17 Tage, die kleinen Singvögel 12–14 Tage, die großen Raubvögel 3–4 Wochen, Tauben 16 Tage, Hühner 21, Perlhühner 25, Truthühner 27, Strauße 40 Tage. Die ausgekrochenen Jungen kann man in Nesthöcker u. Nestflüchter eintheilen. Erstere werden mit fest verschlossenen Augenlidern, plump gestaltet u. meist nackt geboren, müssen daher lange u. unbeholfen im Neste bleiben bis sie sehen können u. flügge geworden; Nestflüchter od. Pippel dagegen kommen sehend u. so ausgebildet aus dem Eie, daß sie bald der Mutter folgen können. Die Schwimm-, Wad- u. Scharrvögel sind im Allgemeinen Nestflüchter; doch kommen unter ihnen auch Nesthocker vor, z.B. die Pinguine u. Alke, die Lummen, Pelekane u. Kormorans, die Anhingas, Tölpel u. Tropikvögel, die Reiher, Tauben, Faust u. Hokkohühner. Die Sing-, Kletter- u. Raubvögel sind Nesthocker. Manche V. brüten mehrmals im Jahre. Was die Lebensdauer der V. betrifft, so kann man auch hier im Allgemeinen annehmen, daß sie einigermaßen der Größe entspreche. Doch gibt es auch hier Ausnahmen. Sehr alt, sogar 100 Jahre alt, soll der Adler u. Rabe werden, Feldlerchen wurden bis 24 Jahre alt, ebenso Hänflinge, Finken u. Kanarienvögel. Der Pelekan soll über 80 Jahre alt werden. Viele B. ergötzen durch ihren Gesang, ihr anmuthiges Wesen od. ihr schönes Gefieder. Viele nützen durch Wegfangen schädlicher Thiere u. von besonderer Wichtigkeit sind in dieser Hinsicht die Insectenfresser. Raubvögel, namentlich Eulen u. Bussards, vertilgen eine Menge schädlicher Mäuse u. giftiger Schlangen. Andere, wie Raben u. Geier, vertilgen das Aas u. tragen so zur Reinigung der Luft bei, wie wieder andere zur Vermehrung u. Verbreitung nützlicher Pflanzen beitragen, indem sie die Samen im Schnabel, Kröpfe od. an den Federn in andere Gegenden tragen. Viele dienen zur Nahrung anderer Thiere u. von vielen V-n ist Fleisch, Fett u. Eier ein Wichtiges Nahrungsmittel für die Menschen. Kalkschale, Dotter u. Eiweiß der Eier finden auch technische Benutzung. Eben so werden die Federn auf verschiedene Weise benutzt, z.B. zum Ausstopfen der Betten, zum Putze, zum Schreiben, als Staubwedell etc. Die Kiele u. die Fahnen finden auch noch besondere Anwendung. Der weiche Dunenpelz mancher Schwimmvögel dient als Pelzwerk, Gewisse V. werden jedoch auch schädlich durch Vertilgung nützlicher Thiere, Abfressen von Pflanzen, Fressen von Obst u. Sämereien od. durch ihre Wildheit, Stärke u. ihre gefährlichen Waffen. Giftig ist kein Vogel. Man erlegt die V. theils durch Schießgewehr, theils fängt man sie in Dohnen, Sprenkeln, Kloben, auf Leimruthen, auf dem Vogelheerde, mit Netzen (s. Vogelgarn) etc. Hühner, Gänse, Tauben etc. erzieht man als Hausvögel, Singvögel etc. als Stubenvögel.
Man hat die V. auf verschiedene Weise eingetheilt. Eine der naturgemäßesten ist folgende: I. Erste Ordnung: Raubvögel (Accipitres) A) Geierartige od. Aasvögel (Vulturini); B) Adler- u. falkenartige V. (Accipitrini); C) Eulenartige Raubvögel (Strigidae): a) Tageulen (Surnia), b) Ohreulen (Otus), c) Käuze od. Nachteulen (Strix s. Ulula). II. Zweite Ordnung: Sing- od. Sperlingsvögel (Passeres s. Oscines): A) Zahnschnäbler (Dentirostres); B) Pfriemenschnäbler (Subulirostres s. Canorae); C) Kegelschnäbler (Conirostres): a) Körnerfresser (Granivorae), b) Beerenfresser (Baccivorae); D) Großschnäbler od. rabenartige V. (Magnirostres s. Corvinae); E) Dünnschnäbler (Tenuirostres); F) Spaltschnäbler od. Langflügler (Fissirostres s. Longimanae). III. Dritte Ordnung: Schreit- u. Klettervögel (Scansores): A) Paarzeher (Zygodactyli); B) Heftzeher (Syndactyli). IV. Vierte Ordnung: Taubenvögel (Columbinae). V. Fünfte Ordnung: Hühner- od. Scharrvögel (Galinae s. Rasores). VI. Sechste Ordnung: Laufvögel (Cursores). VII. Siebente Ordnung: Sumpf-, Wad-, od. Stelzvögel (Grallae): A) Hühner-Sumpfvögel (Alectorides); B) Wasser- od. Sumpfhühner (Fulicariae); C) Regenpfeifer (Charadriadae); D) Schnepfenartige V. (Scolopacidae); E) Reiherartige V. (Ardeadeae s. Herodiae). VIII. Achte Ordnung: Schwimm- od. Wasservögel (Natatores s. Palmipedes): A) Entenvögel od. Nagelschnäbler (Anatidae s. Unguirostres, Lamellenschnäbler, Lameillirostres); B) Pelekanvögel od. Ruderfüßler (Pelecanidae s. Steganopodae); C) Sturmvögel od. Röhrennasen (Procellariae s. Tubinares); D) Möven od. Langflügler (Laridae s. Longipennes); E) Tauchervögel (Colymbidae) u. F) Alke od. Fettgänse (Alcidae). Die Lehre von den V-n, Ornithologie, hat eine sehr reiche Literatur u. darunter eine große Menge Prachtwerke mit Kupfertafeln, z.B. von Vaillant, Vieillot, Temmink, Audubon, Lesson, Brehm u.a. Vgl. Gray, The genera of birds, Lond. 1847 ff., 3 Bde.; H. G. L. Reichenbach, Handbuch der speciellen Ornithologie (II. Section der vollständigen Naturgeschichte des In- u. Auslandes), Dresd. 1854, 4 Bde.; A. B. Reichenbach, Praktische Naturgeschichte der V., Lpz. 1848, 2. A. ebd. 1854; Naumannia, Archiv für Ornithologie, Stuttgart (jetzt [641] Leipzig) 1850 ff.; Thienemann, Verzeichniß der europäischen V., Lpz. 1846; Brehm, Verzeichniß der europäischen V., Dessau 1855; Fritsch, Naturgeschichte der B. Europas, Prag 1854 ff.; Naumann, Naturgeschichte der V. Deutschlands, Lpz. 1821–44, 13 Bde Nachträge dazu, Stuttg. 1846 ff.; Bechstein u. Brehm, Handbuch der Naturgeschichte der B. Deutschlands, Ilmenau 1831; Baird, The birds of North America, Philad. 1860.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.