- Sturm [2]
Sturm, 1) (Sturmius), St. S., der Apostel der Sachsen, geb. um 710 im Bayernlande, stammte aus einem edlen Geschlechte des Landes; er begleitete Anfangs Bonifacius, den Apostel der Deutschen, welcher S-s Eltern bekehrt hatte, auf seinen Missionsreisen in Mitteldeutschland u. studirte dann in dem Kloster Fritzlar; 733 zum Priester geweiht, begann er selbst seine Missionsthätigkeit in der dortigen Gegend, nach drei Jahren verließ er aber mit zwei Begleitern Fritzlar, um ein Kloster im Heidenlande zu gründen; Anfangs ließ er sich bei Hersfeld nieder, erhielt aber 744 von dem Majordomus Karlmann einen Platz in Ailoha (Eichholz), wo er das Kloster Fulda baute u. von Bonifacius zum ersten Abt ernannt wurde. 747 reiste er nach Italien, um die Benedictinerklöster zu besuchen, nach deren Regel er dann sein Kloster einrichtete. Nach dem Tode des Bonifacius kam er mit dessen Nachfolger Lullus als Erzbischof in Streit über die Stellung des Klosters zum Erzbischof, welcher dasselbe unter seine Oberaufsicht nehmen wollte. Dann von einigen, durch die Ordensstrenge verstimmten Mönchen bei dem Könige Pipin wegen Majestätsverletzung angeklagt, wurde er zwei Jahre (760–62) nach dem Kloster Jumièges bei Rouen verbannt, dann aber als Abt in Fulda wieder eingesetzt u. zugleich von der Botmäßigkeit des Lullus befreit, indem der König das Kloster in seinen eigenen Schutz nahm. Wie er fortan die Gunst des Königs Pipin genoß, so auch die Karls des Großen, dessen Versöhnung mit dem Bayernherzog Thassilo er stiftete u. an dessen Zügen gegen die Sachsen 772 u. 779 er Theil nahm, um unter denselben das Evangelium zu predigen; er st. auf dem letztern Zuge 17. Dec. 779 in der Eresburg u. wurde in Fulda bestattet. Unter ihm vermehrte sich der Besitz des Klosters durch königliche Schenkungen, besserten sich Sitten u. Leben der Mönche u. kam die von ihm bei dem Kloster gestiftete Schule sehr in Aufnahme. Innocenz II. canonisirte ihn 1139. Lebensbeschreibungen S-s von Eigil im zweiten Bande von Pertz Monumenta germ. histor.; von St. Bruns, Fulda 1779, u. von K. Schwartz, ebd. 1858. 2) Jakob S. von Sturmeck, geb. 1489 in Strasburg, studirte in Heidelberg u. 1504 in Freiburg die Wissenschaften, worauf er seit 1505 an dieser Universität Vorlesungen über Aristoteles hielt u. auch ferner theologische u. juristische Collegia besuchte; er machte dann Reisen in verschiedene Länder u. lebte hierauf in Strasburg; hier erklärte er sich 1524 für die Reformation, wurde in den Rath u. 1525 in das permanente Regiment gewählt u. 1526 als Stadtmeister an die Spitze der Strasburger Regierung gestellt. Er wirkte nun durchdringend für die Reformation u. war bes. für die Vereinigung der schweizerischen u. deutschen Reformatoren, war 1529 auf dem Reichstag in Speier, bei dem Marburger Kolloquium u. übergab 1530 in Augsburg die Confessio tetrapolitana mit. Seit 1528 Mitglied des Scholarchats in Strasburg, gründete er dann das Gymnasium daselbst u. führte bis 1552 fast alle politischen u. religiösen Missionen Strasburgs aus; er starb 30. Oct. 1553. 3) Johann, geb. 1507 in Sleida, studirte in Lüttich bei den Brüdern des gemeinsamen Lebens u. dann in Löwen, an welchem letzteren Orte er zugleich mit Rud. Roscius einer Buchdruckern vorstand u. einige griechische Bücher herausgab; des Bücherkaufes wegen nach Paris gekommen, blieb er allda u. lehrte Dialektik, nahm hier auch zugleich die Grundsätze der Reformation an; um sich den deshalb auch gegen ihn gerichteten Verfolgungen zu entziehen, nahm er 1537 einen Ruf als Professor an dem zu errichtenden Gymnasium in Strasburg an u. wurde 1538 bei Eröffnung desselben Rector. Er stand mit vielen katholischen Gelehrten in wissenschaftlicher Verbindung u. verfolgte stets den Zweck einer Union zwischen Katholischen u. Protestanten; er betheiligte sich 1541 an 1541 an den Colloquien in Hagenau, Worms u. Regensburg, war 1545 unter den deutschen Friedensvermittlern zwischen Frankreich u. England, drang auf Verwendung für die in Frankreich verfolgten Hugenotten u. gewährte den nach Strasburg kommenden Flüchtlingen allen Schutz. Durch seine Begünstigung der Reformirten gab er aber seinen lutherischen Mitbürgern großen Anstoß, namentlich wurde er wegen seines Vorschlags zur Schlichtung des Abendmahlsstreites durch die Erklärung der Formel Τοῦτό ἐστιν als »dergleichen ist« zu den Sacramentirern gerechnet u. auch von Fabricius, Buddeus, Reinbeck bestritten. 1564 wurde ihm vom Herzog Wolfgang von Zweibrücken die Reorganisation des Lauinger Gymnasiums aufgetragen u. er gründete 1566 mit kaiserlichem Privilegium die Akademie in Strasburg. Ein neuer Streit mit den Theologen brach über die Einführung der Concordienformel in Strasburg aus, welcher sich S. widersetzte, u, als ihn endlich 1581 der Magistrat seines Rectorates entsetzte, erhob er eine Klage bei dem Kammergericht; doch erlebte er den Ausgang des Processes nicht, indem er 1589 starb. Er war ein zweiter Praeceptor communis Germaniae, von welchem Alle sich Rath in Schulsachen u. Lehrer erbaten, u. wurde vom Kaiser Karl V. in den Reichsadelstand erhoben. Er gab den Cicero heraus, Löwen 1587 ff., 9 Bde., übersetzte die Rhetorik des Aristoteles, Abhandlungen des Hermogenes, schrieb Schriften über Rhetorik u. Streitschriften. Vgl. C. Schmidt, La vie et les travaux de Jean Sturm, Strasb. 1855. 4) Johann Christoph, geb. 1635 in Hippoltstein bei Neuburg, studirte in Jena u. Leyden Philosophie u. Theologie, wurde Pastor in Ettingen, 1663 Prosessor der Physik in Altorf u. starb 1703; er schr.: Collegium experimentale s. curiosum, Nürnb. 1676–85, 2 Bde.; Comentarum natura, motus et origo, Altorf 1671; Scientia cosmica, Nürnb. 1684; Physicae conciliatricis conamina, ebd. 1685; Physica eclectica, ebd. 1686; Physica eclectica, ebd. 1688, 2 Bde.,n. A. von Doppelmeyer 1722; Mathesis juvenilus, ebd.[12] 1701, 2 Bde. 5) Leonhard Christoph, Sohn des Vorigen, geb. 1669 in Altorf; studirte in Leipzig, wurde Professor der Mathematik in Wolfenbüttel, dann in Frankfurt a. d. O., dann mecklenburgischer Baumeister u. starb 1709 in Güstrow. Er sehr.: Goldmann, Einleitung in die bürgerliche Baukunst, Wolfenb., Auszug daraus 1715, Fol.; Abhandlung von der Kriegsbaukunst, Nürnberg 1702, u. Ausg. 1719; Einleitung in die Kriegsbaukunst, Frankes. 1703; Le véritable Vauban, Haag 1708; Parallele der Befestigungssysteme von Vauban, Coehorn u. Rimpler, Augsburg 1718; Idee u. Abriß der bürgerlichen u. Kriegsbaukunst, ebd. 1718–20, 16 Bde., Fol. Er war auch Erfinder des Sturmschen Capitäls, welches 16 Schnecken u. eine Reihe Blätter hat. 6) Christoph Christian, ein Nachkommen von S. 3), geb. 25. Jan. 1740 in Augsburg, studirte seit 1760 in Jena u. seit 1761 in Halle; er wurde zuerst Lehrer am Pädagogium in Halle, 1765 Conrector zu Sorau in der Niederlausitz, 1767 Prediger an der Marktkirche in Halle, 1769 an der Heiligen-Geistes-Kirche in Magdeburg u. 1776 Hauptpastor an der St. Peterskirche in Hamburg, wo er auch von dem Zeloten Göze Verfolgungen zu leiden hatte u. 26. August 1786 starb. Er schr.: Der Christ in der Einsamkeit. Halle 1763; Heilige Betrachtungen eines Communicanten, ebd. 1763; Lieder für das Herz, 1767; Unterhaltungen mit Gott in den Morgenstunden auf jeden Tag des Jahres, Halle 1768, 13. Aufl. von Bädecker, Hannover 1843; Unterhaltungen der Andacht über die Leidensgeschichte Jesu, Halle 1771; Betrachtungen über die Werke Gottes im Reiche der Natur u. der Vorsehung, Halle 1772–76, 2 Thle., neue Aufl. 1797, zuletzt von einem Katholiken, Mainz 1838, 4 Bde., herausgegeben (auch ins Französische, Dänische u. Schwedische übersetzt); Morgen- u. Abendandachten auf jeden Tag in der Woche, Magdeburg 1778, S. Aufl. ebd. 1794; Sammlung geistlicher Gesänge über die Werke Gottes, Halle 1774; Gesangbuch für Gartenfreunde u. Liebhaber der Natur, Hamb. 1781; Lieder u. Kirchengesänge, ebd. 1780; auch mehre seiner Lieder gesammelt Kob. 1795; u. gab heraus: Der Christ am Sonntag (ein Erbauungsblatt), 1764–67, 4 Thle.; Predigtentwürfe über die Sonn- u. Festtagsevangelien, 8 Jahrg., Hamb. 1778–86 (einen Jahrgang arbeitete Wolfrath, Hamb. u. Berl. 1791–94, 5 Bde., aus); Handlexikon des N. T. für Unstudirte, Halle 1780 u. m. a.; vgl. Feddersen, S-s Leben u. Charakter, Hamb. 1786. 7) Jakob, geb. 1771 in Nürnberg, Kupferstecher u. Naturhistoriker, starb 28. Nov. 1848 in Nürnberg; er gab heraus: Deutschlands Flora in Abbildungen nach der Natur, 1. Abth. (fortgesetzt von seinem jüngeren Sohn Joh. Wilh. S.), 96 Hefte, Nürnb. 1799–1855, 2. Abth., 17 Hefte, ebd. 1792–1819, 3. Abth., 1.-4. Heft,' ebd. 1813–19, mit Beschreibungen von von Schreber, Hoppe u. S.; Deutschlands Fauna, ebd. 1797–1855. 8) Friedrich, älterer Sohn des Vorigen, geb. 1805 u. starb 1862; war Mitarbeiter an der Fauna Deutschlands seines Vaters u. setzte Naumanns Vögel Deutschlands in der artistischen Abtheilung fort, so wie er auch früher ein großes Bilderwerk, die Ramphastiden, gestochen hat. 9) Karl Christoph Gottlieb, geb. 1781 zu Hohenleuben im Reußischen; studirte Ökonomie u. Cameralwissenschaften, wurde 1807 Professor der Philosophie in Jena u. verband mit seinen Vorlesungen über Cameralwissenschaft den praktischen Betrieb der Landwirthschaft auf seinem Institut zu Tiefurt; er ging 1819 als Professor der Landwirthschaft nach Bonn u. starb dort 1826; er schr.: Mineralogie der Baukunst. Chemn. 1800; Vorschlag zur Einführung blecherner Schornsteinröhren; Berl. 1803; Bemerkungen über einige Mängel der niederdeutschen Landwirthschaft, ebd. 1806; Grundlinien einer Encyclopädie der Cameralwissenschaft, Jena 1807; Versuch eines Cursus der bürgerlichen Baukunst, Gieß. 1809; Prospectus zu meinen Vorlesungen über die Staatshaushaltungskunde, ebd. 1809; Lehrbuch der Cameralpraxis, ebd. 1810–12; Jahrbücher der thüringschen Landwirthschaft, Eisenberg 1808–10, Jena 1811; Über die Schafwolle, Jena 1812; Andeutungen der wichtigsten Racenzeichen der Hausthiere, ebd. 1812; Die Viehracen auf einigen weimarischen Kammergütern, ebd. 1819; Lehrbuch der Landwirthschaft, Bonn 1819–21; Beiträge zur deutschen Landwirthschaft, Jena 1822- 1824, 4 Bde.; Über den Verfall des Bauernstandes in den meisten deutschen Staaten, ebd. 1826; u. gab mit Plathner u. Weber heraus: Jahrbuch der Landwirthschaft, ebd. 1819. 10) Julius Karl Reinhold, geb. 21. Juli 1816 in Köstritz, studirte 1837–41 Theologie in Jena, war dann drei Jahre Hauslehrer im Württembergischen u. in Sachsen, worauf er Erzieher des Erbprinzen Heinrich XIV. von Reuß-Schleiz wurde, welchen er nach Meiningen auf das Gymnasium begleitete; 1851 wurde er Pfarrer in Göschwitz bei Schleiz u. Ende 1857 Pfarrer in Köstritz; er schr.: Gedichte, 1850, 3. A. 1862; Fromme Lieder, 1852, 4. A. 1862; Neue fromme Lieder, 1858; Für das Haus (Lieder), 1862; gab auch als Julius Stern Märchen heraus. 11) Ottokar, so v.w. Rambach 3).
Pierer's Lexicon. 1857–1865.