Würzburg [2]

Würzburg [2]

Würzburg, 1) (W. rechts des Mains), Landgericht im baierischen Kreise Unterfranken, auf der rechten Seite des Main; 3,25 QM., 16,100 Ew.; 2) (W. links des Mains), Landgericht ebendaselbst, auf dem linken Mainufer; 4,20 QM., 19,000 Ew.; 3) Verwaltungsdistrict ebendaselbst, begreift die beiden erwähnten Landgerichte, 7,48 QM. mit 35,100 Ew.; 4) Stadtbezirk ebendaselbst, von 0,59 QM., enthält die Stadt W. (Wirceburgum, Herbipolis), Hauptstadt des Kreises Unterfranken, am Main, über welchen von dem eigentlichen W., Festung bis 1856 u. daher mit Mauer u. Wall umgeben, eine steinerne, 570 Fuß lange Brücke von sieben Bogen, mit 12 Standbildern von Heiligen geziert, nach Kleinwürzburg u. der noch in gutem Vertheidigungsstand befindlichen Festung Frauen- od. Marienberg (um 1650 zugleich mit der Stadtbefestigung erbaut auf der Stelle, wo Drusus ein Castell hatte) auf der linken Mainseite führt, u. an der Baierischen Westbahn (Bamberg-Aschaffenburg-Hanau), ferner durch directe Bahnen mit Nürnberg, Ansbach (Gunzenhausen) u. Heidelberg (1864 noch im Bau begriffen) verbunden; ist Sitz der Kreisbehörden, eines Bezirks-, Stadt- u. Schwurgerichts, der beiden Landgerichte, eines Bischofs mit Domcapitel, einer Handelskammer etc.; reizend gelegen u. umgeben von vielen Weinbergen, von denen die an den, Leiste genannten südlichen Abhängen der Festung Marienberg den Leisten- u. flußabwärts rechts nach Veitshöchheim hin auf dem Steinberg den Steinwein geben, aber unregelmäßig gebaut. Von den Straßen verdienen die Domgasse, der Graben u. die untere Promenade, u. von den Plätzen der Residenzplatz genannt zu werden. Merkwürdig sind: das königliche Residenzschloß,[435] sonst Residenz der Bischöfe u. des Großherzogs, mit zwei Seitengebäuden, vier Stockwerken, 270 F. lang, sechs Höfen, 284 Zimmern (Kaiser- od. Marmorsaal), herrlicher Haupttreppe mit Deckengemälden von Tiepolo, ungeheuern Kellerräumen u. Garten; erbaut 1720–44 von Neumann nach dem Muster des Schlosses von Versailles (vordem residirten die Bischöfe auf dem Marienberg); die Domkirche St. Kilian, gegründet 742, 1189 eingeweiht, um 1240 wesentlich verbessert, 1852 renovirt, mit vier Thürmen u. vielen Denkmälern von Bischöfen; die Stiftskirche zu St. Johannis in Haug od. die Hauger Kirche, 1670–91 nach dem Muster der Peterskirche in Rom erbaut, mit zwei Thürmen u. majestätischer Kuppel (hier verrichtete Fürst Alexander von Hohenlohe seit 1820 seine Wunder u. las täglich Messe); die Neumünsterkirche aus dem 11. Jahrh., mit Stuck u. Vergoldung u. dem 1843 an der äußeren Wand errichteten Denkstein für den Dichter Walther von der Vogelweide, dessen Grab sich im alten Kreuzgang befand, so wie mit dem Grabe Trithems; die Marienkapelle auf dem Markte, im zierlichsten u. reinsten gothischen Style 1377–1409 aufgeführt, 1844 hergestellt, Bildhauerarbeiten von Riemenschneider, auf ihrem Thurme steht ein kupfernes, vergoldetes Marienbild; die St. Burkhardskirche, 1033–1042 nach einem Brande neu erbaut; das Rathhaus, das Regierungsgebäude u.a.; die katholische Universität (gestiftet 1403 vom Bischof Johann von Egloffstein, 1582 vom Bischof Julius wieder hergestellt u. Julia genannt, 1803 vom Kurfürsten Maximilian nochmals erneut u. Julius-Maximiliansuniversität genannt), hat Bibliothek von 100,000 Bänden, 4000 Incunabeln u. 900 Handschriften, meist aus alten Klöstern, Botanischen Garten, Naturaliencabinet, Physikalisches Cabinet, Astronomische Anstalt, Archäologisches u. Münzcabinet, Anatomisches Cabinet, Thierarzneischule etc., 60 Professoren u. (1863) 650 Studenten, von denen die Hälfte Mediciner, Chirurgen, Pharmaceuten u. Chemiker sind; sonstige Unterrichtsanstalten sind das Priester u. Schullehrerseminar, das Gymnasium, die Lateinische Schule, die Landwirthschafts- u. Gewerbeschule, die Hebammenschule; Wohlthätigkeits- u. sonstige Anstalten: das große Juliushospital, gegründet 1576 vom Bischof Julius Echter von Mespelbrunn (dessen eherne Bildsäule von Schwanthaler 1847 vor demselben aufgestellt wurde) u. 1852 durch einen Neubau (die Anatomie) vergrößert, ist eine musterhafte Krankenanstalt u. Schule für Ärzte, wozu eine eigene Kirche, Botanischer Garten, Anatomisches Theater, große medicinische Sammlungen, Entbindungsanstalt, Versorgungsanstalt für Handwerksgesellen u. Dienstboten u. m. a. gehören, u. worin täglich 600 Personen (darunter 300 Kranke) versorgt werden; die Orthopädische Heilanstalt, das Damenstift zu Sta. Anna, ein großes Hospital mit einem Epileptiker- u. Gebärhause, Bürgerspital (1319 gegründet), Militärspital, Dienstbotenpflege (1794 gegründet), das Vierzehn-Nothhelferspital (1494 gegründet), Waisenhaus, Taubstummenanstalt, Irrenanstalt, Siechenhaus, mehre Kinderbewahranstalten, sechs Klöster (der Augustiner, Minoriten, Kapuziner, Karmeliter, Barmherzigen Schwestern u. Ursulinerinnen). Gelehrte Gesellschaften: Historischer Verein für den Kreis Unterfranken (s. Alterthumsvereine), Literarischer Verein, Kunst-, Gewerbe-, Weinbau- verein; ferner Museum, Theater etc., sechs Buchhandlungen, acht Buchdruckereien, fünf Lithographische Institute. Man fertigt in W. Tuch, Leder, Cigarren, Spielkarten, Messer, chirurgische, mathematische, musikalische Instrumente, Möbel, Farben, Hüte, Rosenkränze, Essig, Bier u.a., u. hat Schiffbau, Handel u. Schifffahrt u. ausgezeichneten Weinbau; 36,300 Ew. (im Jahr 1861), darunter 3000 Protestanten u. 900 Juden. Die besuchtesten Vergnügungsorte in der Umgegend sind Veitshöchheim, Himmelspforten, die Moschee, Vogelsburg etc. In der Nähe ist auch der Kapellen- od. Nikolausberg, mit vielen Kapellen, die Stationen des Leidens Christi bezeichnend, oben mit der um 1650 erbauten, achteckigen Nikolauskapelle, dem sogenannten Käppele, einer Wallfahrtskirche mit reizender Aussicht. Vgl. Scharold, W. u. seine Umgebungen, Würzb. 1836; Heffner u. Reuß, W. u. seine Umgebungen, ebd. 1852.

Die Entstehung der Stadt, deren lat.- griech. Name Herbipolis (Kräuterstadt) seit dem 12. Jahrh. vorkommt (während sie Abt Trithemius Paeonio, Preapolis, Paeapolis, Paepolis, Hereburgum u. Macropolis, Konrad Celtes aber Erebipolis [Unterweltstadt] nannte), fällt wahrscheinlich in das 6. Jahrh., denn schon 650 war W. Residenz ostfränkischer Herzöge u. kommt als Castellum Virteburch vor. 740 starb der letzte Herzog von Franken, Hetenus, u. 752 schenkte Pipin die Stadt auf dem Reichstage zu Frankfurt dem Bischof zu W., u. sie blieb seitdem fortwährend die Residenz der Bischöfe. 902 eroberte sie Graf Albert von Bamberg u. verjagte den Bischof Rudolf. 1121 wurde hier der Reichsfrieden des Kaisers Heinrich V. mit den empörten Reichsständen, bes. mit Lothar, Herzog der Sachsen, abgeschlossen. 1526 eroberten die fränkischen u. schwäbischen Bauern im Bauernkriege die Stadt. Gustav Adolf, König von Schweden, erhielt sie 1631 in Übergabe u. stürmte die Citadelle Marienberg, verordnete auch eine Stiftsregierung, halb aus katholischen, halb aus protestantischen Domherrn bestehend. 1635 wurde die Stadt nach der Schlacht von Nördlingen von den Kaiserlichen unter General Götz überrumpelt u. nun stark befestigt, bes. aber 1719 von dem Bischof Johann Philipp mit eigentlichen Festungswerken versehen. Als 1796 die Franzosen unter Jourdan in Franken vordrangen, ergab sich W. sammt Citadelle am 24. Juli ohne Widerstand, doch am 1. September erschienen die Österreicher unter dem Erzherzog Karl wieder vor W. u. schlugen die Franzosen am 3. September in der Schlacht bei W. 1803 kam W. an Baiern, 1805 an den Großherzog von W. (s. oben S. 434). Über die Räumung der Citadelle durch die Franzosen nach dem Pariser Frieden s. ebenda. 4814 kam W. wieder an Baiern. Hier wurden auch zwei Concilien (1130 u. 1288) u. drei Reichstage (1166 vom Kaiser Friedrich I., dann zu Anfang des 13. Jahrh. von Otto IV. u. 1221 von Friedrich II.) gehalten. Hier vom 23. October bis 15. November 1848 Versammlung deutscher Bischöfe (4 Erzbischöfe, 17 Bischöfe, viele andere namhafte Geistliche); vom 24. bis 27. November 1859 Zusammenkunft (Würzburger Conferenzen) der Minister u. Bevollmächtigten der deutschen Mittel- u. Kleinstaaten behufs eines engeren Zusammenwirkens in Bundesangelegenheiten u. verschiedener Reformen (wie der Bundeskriegsverfassung, Küstenbefestigung, Einsetzung[436] eines Bundesgerichts etc.), welche aber zu keinem Resultate führte; am 18. u. 19. Februar 1864 Conferenz der Minister der (meisten) deutschen Mittel- u. Kleinstaaten wegen der Haltung in der schleswig-holsteinschen Angelegenheit, der identischen Haltung u. ihrer Verbindung unter einander (gegenüber den deutschen Großstaaten) u. der Erhaltung ihrer Selbständigkeit. Vgl. E. G. Scharold, Beiträge zur ältern u. neuern Chronik von W., Bamb. 1818–19, 2 Bde.; C. Böniken, Grundriß einer Geschichte der Universität W., Würzb. 1782._– 88, 2 Bde.; J. C. Goldmeyer, Beiträge zur neuesten Geschichte der Universität W., Bamb. 1818–19, 2 Hefte.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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