Steyermark

Steyermark

Steyermark (Steiermark), Herzogthum u. deutsches Kronland des Kaiserthums Österreich; grenzt im Norden an Österreich, im Westen an Salzburg u. Kärnten, im Süden an Krain, im Osten an Kroatien u. Ungarn, hat 407,94 geograph. QM. Flächengehalt mit (1857) 1,056,743 Ew. in 20 Städten, 115 Marktflecken u. 2842 Dörfern. Bodenbeschaffenheit: S. gehört zum Gebiet der Ostalpen, hat wenig Ackerland (kaum 1/5), viel Wald (45 Procent) u. vielen ganz unproductiven Boden (1/3) u. wird von allen drei Ketten der Norischen Alpen durchzogen. In der Haupt- od. Centralkette, welche aus Salzburg herübertritt u. das Mur von dem Ennsthale scheidet, stehen der Hochgolling (8802 Fuß), das Schöneck, der Plachkogel, die Eiskarspitze, die Rottenmanner Tauern (5510 F.), der Bösstein (7523 F.), die Höllenthaler Alpen, der berühmte Erzberg (4700 F.), die Grießmauer, der Hochschwab (7000 F.), die Hochalpe, Veitscher Alpe mit dem Predigerstuhl (6081 F.), Wild-, Schnee- u. Raxalpe mit der 6167 F. hohen Heukuppe; eine Abzweigung dieser Kette sind die Steyerischen Alpen (s.d.). Die nördliche Kette der Norischen Alpen links von der Enns im Nordwesten des Landes hat den höchsten Berg des Herzogthums, den 9235 F. hohen Thor- od. Dachstein, außerdem den Gejadstein mit dem Todten Gebirge, den Krippstein, Sarstein, Grimming (7224 F.) etc. Die südliche Kette mit der Stangalpe (7140 F.), dem Eisenhut, den Murauer-, Kuh-, Judenburger-, Stub- u. Kleinalpen setzt sich über die Mur hinweg östlich bis zum Semmering u. zur ungarischen Grenze fort[812] u. hat zu Seitenzweigen die Schwamberger- u. Koralpen, den Speckkogel (6106 F.), Platsch, Posruck etc. Den südlichen Theil des Landes zwischen Drau u. Sau erfüllen die Karnischen Alpen mit dem Sulzbacher Gebirge, Bachergebirge (4736 F.) etc. Die Gebirge sind. reich an großartigen Landschaften u. erhabenen Naturschönheiten u. gehen im Südosten in Hügel- u. Flachland über (bes. die fruchtbaren Windischen Bühel zwischen Mur u. Drau). Die vielen herrlichen Thäler werden gebildet von den Flüssen: Enns (mit Salza), Mur (mit Sulm, Mürz, Krainach, Lissing u.a.), Drau, Sau (mit San u. Sotla), Rab (mit Lafnitz), welche alle dem Donaugebiete angehören. Größere Seen gibt es nicht, wohl aber eine Menge kleiner Alpenseen (Altenausseer-, Grundel-, Alm-, Töplitz-, Leopoldsteinersee). Das Klima ist im Norden u. in den Gebirgen rauh, in den südlichen Gegenden mild u. angenehm; in Gratz ist die mittlere Jahrestemperatur + 7,8° R. Producte: Pferde, Hornvieh, Schweine, Geflügel, Bienen, Fische (Forellen, Salmlinge), Hochwild (Gemsen, auch Bären u. Luchse); Roggen, Weizen, Mais, Gerste, Hafer, Hirse, Moorhirse, Haidekorn, Flachs, Hanf, Mohn, Speik, Hopfen, Weberkarden, Wein, Obst, Nüsse, gute Kastanien, Maulbeerbäume, Klee (berühmt); silberhaltige Kupfererze (zu Eblarn bei Schladming u. zu Kahlzwang), Eisenerz (bei Vordernberg, Eisenerz, Neuburg u. in der Radmar), Kupfer, silberhaltiges Blei, Schwefel, Zink, Kobalt, Vitriol, Alaun, Salz (bei Aussee), Erdharze, Kohlen (bei Gratz), Marmor, Bau-, Mühl-, Schleifsteine, Thon, Farbenerden, Walkererde etc. Unter den 60 Mineralquellen sind die von Rohitsch, Sauerbrunn, Einöd, der Johannisbrunnen bei Schloß Gleichenberg unweit Feldbach, zu Neuhaus, Tüffer u.a. Die Einwohner sind ihrer Nationalität nach Deutsche (etwa 673,000) u. Wenden (970,000), letztere bes. in den südlichen Landestheilen an der Drau u. Sau; sie bekennen sich mit Ausschluß von etwa 6000 Protestanten zur Römisch-katholischen Kirche, welche den Bisthümern Seckau (Kreis Bruck u. Gratz) u. Lavant (Kreis Marburg) untersteht. Ihre Hauptbeschäftigungen bilden der Ackerbau, wie denn S. trotz seiner vorherrschenden Gebirgsnatur als eins der am besten angebauten Länder Österreichs gilt u. im Bezug auf seine Cultur dem Erzherzog Johann sehr viel verdankt; ferner die bedeutende Viehzucht (Almenwirthschaft), Seidenzucht, Weinbau (bes. Weine von Luttenberg, Radkersburg, Gönnowitz, Sauritsch, Rann etc.), Obstbau (bes. um Gratz, mit Ciderbereitung) u. der umfangreiche Bergbau; die Gewerbthätigkeit erstreckt sich auf Production von Eisen- u. Stahlwaaren, Messing u. Messingwaaren, Salpeter, Vitriol, Pulver, Glas, Steingut, Lein-, Baumwollen-, Wollen- u. Seidenzeuge, Zucker, Tabak, Leder, Tischler- u. Drechslerwaaren etc. Die meist schiffbaren Flüsse, sowie Kunststraßen u. die königl. kaiserl. südliche Staatsbahn (mit Abzweigungen nach Kärnten u. Ungarn) begünstigen den lebhaften Handel. Von Bildungsanstalten bestehen eine Universität in Gratz, 2 Akademien, 2 theologische Lehranstalten in Klöstern, 5 Gymnasien u. eine große Anzahl Special-, Haupt-, Trivial- u.a. Schulen, das Johanneum in Gratz mit mehren Lehrstühlen u. werthvollen Sammlungen, 1 Montanistische Lehranstalt, 1 Cadettenhaus, 1 Taubstummeninstitut, Vereine von Landwirthen, Musikfreunden etc. Die Verfassung steht den übrigen deutschen Kronländern gleich, der Name des Landes steht im kaiserlichen Titel, u. das Wappen (ein mit herzoglichem Hute bedeckter grüner Schild, darin ein silberner Panther, welchem Feuer aus Nase, Rachen u. Ohren strömt u. welcher einen vierfachen Schwanz hat) im großen Wappen des Kaisers. Eingetheilt wird S. in die drei Kreise Gratz, Bruck u. Marburg; jedem derselben steht ein Gerichtshof erster Instanz u. eine Finanzdirection vor; Berghauptmannschaften bestehen in Leoben u. Cilli. Hauptstadt ist Gratz. Vgl. A. J. Cäsar, Beschreibung des Herzogthums S., Gratz 1773, 2 Thle.; J. M. von Liechtenstein, Übersicht des Herzogthums S., Wien 1799; Derselbe, Statistisch-topographischer Landesschematismus des Herzogthums S., ebd. 1818; J. K. Kindermann, Historischer u. geographischer Abriß des Herzogthums S., Gratz 1787; Derselbe, Repertorium der Geschichte, Geographie, Topographie etc. S-s, ebd. 1798; Fr. Sartorie, Neueste Geographie von S., ebd. 1822, 4 Bde.; Schmutz, Historisch-topographisches Lexikon von S., ebd. 1822 f., 4 Thle.; Historisch-statistischtopographische Beschreibung des Herzogthums S., ebd. 1825; Weidmann, Darstellungen aus dem steyermärker Oberlande, Wien 1834; Göth, Das Herzogthum S., geographisch-statistisch-topographisch dargestellt, ebd. u. Gratz 1840 ff., 3 Bde.; Kohl, Reise in S. etc., Lpz. 1842, 2. Ausg. Lpz. 1853; Derselbe, Alpenreisen, Lpz. 1849 ff., 3 Bde.

Die celtischen Taurisker bewohnten die S., als dieselbe 15 v. Chr. von den Römern erobert wurde, während deren Herrschaft der östliche Theil des Landes zu Pannonien, der westliche zu Noricum gehörte. Das Land war bes. durch sein Eisen u. seine Viehzucht bekannt, später zeichneten sich auch die Städte, namentlich Celeja u. Petovio, durch Industrie aus. Das Christenthum wurde schon zu Anfang des 3. Jahrh., von Aquileja aus, im südlichen Theile des Landes bekannt, aber man kennt weder die Namen der ersten Verkündiger des Evangeliums, noch weiß man etwas von dem innern Zustand der ersten Christengemeinden in der S.; aber im 4. Jahrh. war der Arianismus schon weit verbreitet u. dessen Anhänger hatten ernstliche Streitigkeiten mit den Katholischen. Durch die Kriegszüge in der Völkerwanderung seit dem 5. Jahrh. wurde die römische Herrschaft hier gebrochen u. die Bevölkerung gänzlich aufgerieben. Zuerst kamen die Horden des Radagais, dann die Westgothen u. Vandalen, hierauf die Hunnen, nach diesen die Rugier, zu deren Zeit St. Severin (st. 482) hier wirkte, die Heruler, Ostgothen u. Longobarden. Die Ostgothen walteten bei 40 Jahre hier, u. zu dem Theil jener Länder, welche ihr König Vitiges 537 an die Franken ab trat, gehörte auch die S. Die Franken stellten die S. unter die Baiernherzöge u. verpflanzten auch einzelne deutsche Colonien hierher. Von größerem u. dauerndem Einfluß aber war die Einwanderung der Slawen seit 595 u. bald darnach der Avaren, welche das Christenthum wieder unterdrückten u. auch die Bemühungen, welche seit Anfang des 8. Jahrh. von Salzburg aus auf die Wiederherstellung der christlichen Gemeinde gerichtet wurden, mit Gewalt vereitelten. Erst durch Karl d. Gr., welcher 788 Baiern unterwarf u. 791 die Avaren besiegte u. das denselben abgenommene Land unter Grafen vertheilte, wurde das deutsche Element u. das Christenthum hier befestigt, indem viele Deutsche[813] einwanderten u. die Slawen sich an die Donau zurückzogen. Die Landestheile in Nord u. Nordwest standen unter den Markgrafen von Carantanien, die an der Donau unter denen von Pannonien u. der Strich an der Enns unter dem Herzog von Baiern. Unter den Nachfolgern Karls d. Gr. hatte das Land viel zu leiden, theils durch die gegenseitigen Befehdungen der verschiedenen Fürsten, theils durch die Einfälle der Bulgaren u. die Verwüstungen der Magyaren; von den Letzteren wurde das Land erst durch den vom Kaiser Otto I. 955 auf dem Lechfeld errungenen Sieg befreit, aber erst zu des Kaisers Otto III. Zeiten erholte es sich. Steyer wurde gegründet, u. nach dieser Burg erhielt das Land, als der Graf Ottokar I. von Kraubath u. Leoben, aus dem Geschlecht der Traungauer, 983 wegen seiner Tapferkeit gegen die Ungarn zum Markgrafen eingesetzt wurde, den Namen S. Er st. 991. Sein Sohn Ottokar II. vergrößerte S. durch die Unterwerfung benachbarter Grafen u. st. 1038. Ottokar III., sein Sohn, schlug die Ungarn 1044 bei Pettau u. erweiterte die Grenzen gegen Osten, mußte aber das Land bei seinen Kriegen für den Papst gegen Heinrich IV. arg mitgenommen sehen; er st. 1083. Sein Sohn Ottokar IV. war dem Kaiser Heinrich V. treuer u. erhielt deshalb die untere S. Ihm folgte 1122 sein Sohn Leopold I. der Starke, u. diesem 1129 sein Bruder Ottokar V., welcher Schärding, Lambach u. die Grafschaft Pitten durch Erbschaft von den ausgestorbenen Grafen von Neuenburg u. Pitten an sein Haus brachte u. 1169 auf einer Pilgerfahrt nach Jerusalem starb. Diese Beiden vereinigten ihre bis dahin allenthalben im Lande zerstreuten Besitzungen zu einem Ganzen. Des Letzteren Sohn Ottokar VI. erhielt, kaum 17 Jahr alt, vom Kaiser Friedrich I. den Ritterschlag u. 1180 die Würde als Herzog. Da er keine Kinder hatte, so wollte er die S. an Österreich verkaufen, doch gaben dies die Stände nicht zu, wohl aber daß er Leopold V., Herzog von Österreich, zum Erben einsetzte, was durch den Vertrag vom 17. Aug. 1186 geschah. Er st. 1192, u. mit ihm erlosch das Geschlecht der Traungauer. Unter ihrem Regiment begann, bes. seit 1000, die Stiftung von Klöstern in der S., während auch die schon seit 850 begonnene Gründung von Kirchen ihren Fortgang nahm.

Auf Ottokar VI. folgte nun vermöge des Vertrags von 1186 Leopold V. von Österreich aus dem Hause Babenberg als Leopold II. in der S., welcher dieselbe mit seinen Ländern vereinigte u. 31. Dec. 1194 starb. Nun theilten dessen Söhne, u. die S. kam an Leopold III. (VI.), welcher aber nach dem Tode seines Bruders Friedrichs I. des Katholischen 1198 auch Österreich wieder dazu erhielt; seitdem blieb die S. bei Österreich. Als Leopolds III. Sohn, Friedrich II. der Streitbare, willkürlich in der S. zu walten begann, so beklagten sich die Steyermärker, unter Berufung auf ihre Freiheiten u. das Ottokarsche Testament, bei dem Kaiser Friedrich II., u. diesem Proceß verdankte das Land seine Landhandfeste, wornach die Landstände einen politischen Körper bildeten, welcher aus den Prälaten, Grafen, Herren u. Rittern bestand. Nach dem Aussterben der Babenberger 1246 mit Friedrich II. dem Streitbaren entstand ein Streit wegen der Erbfolge von Österreich (s.d. S. 441). Kaiser Friedrich II., welcher diese Lande als eröffnetes Reichslehn in Anspruch nahm, setzte den Grafen Meinhard von Görz zum Landeshauptmann über S. Als dieser nach dem Tode des Kaisers 1250 die Statthalterschaft niederlegte, überzog der Erzbischof Philipp von Salzburg S. mit Krieg, da er, als ein geborner Prinz von Kärnten, die Erbfolge darin beanspruchte, doch die Stände in Österreich wählten Ottokar von Böhmen, die von S. aber Stephan, Sohn des Ungarkönigs Bela, zum Herzog. Deshalb erfolgte ein Krieg zwischen den Ungarn u. Böhmen, in welchem zwar Erstere siegten, doch der Papst vermittelte es, daß die S. getheilt wurde. Aber schon 1259 vertrieben die Steyermärker die Ungarn u. erkannten den König Ottokar II. von Böhmen als Herzog an, u. Bela mußte im Frieden 1260 auf die S. verzichten. König Ottokar wurde nun 1262 vom deutschen König Richard mit Österreich u. S. belehnt, aber 1257 vom Kaiser Rudolf von Habsburg dieser Lehen für verlustig erklärt u. die Verwaltung derselben 1276 dem Herzog Ludwig von Baiern übertragen. Ottokar fiel 1278, u. Kaiser Rudolf von Habsburg belehnte nun seinen Sohn Albrecht I. als Statthalter u. 1282 als erblichen Landesherrn mit S. Von da blieb S. stets ein Besitzthum des Hauses Habsburg. Gegen Albrecht I. empörte sich S. wegen Bedrückungen des Abts Heinrich von Admund 1284 u. 1292, unterwarf sich aber wieder, obschon es Unterstützung von Baiern u. Salzburg erhielt. Obgleich durch den Hausvertrag Rudolfs, welchen Albrecht II. bestätigt hatte, die Untheilbarkeit der österreichischen Lande festgesetzt worden war, so theilten doch schon dessen Söhne Albrecht III. u. Leopold IV. dieselben 1379, u. dieser erhielt S., Kärnten, Tyrol u. die Herrschaften in Schwaben u. Elsaß. Nach seinem Tode 1386 führte Albrecht III. über jenes vier minderjährige Söhne bis 1395 die Vormundschaft. Die beiden zuletzt lebenden (Leopold, welcher 1406 mit getheilt hatte, war eben gestorben), Ernst der Eiserne u. Friedrich mit der leeren Tasche, theilten 1411 abermals u. Erster erhielt S. nebst Kärnten u. Krain, Letzter Tyrol. Ernst st. 1424. Von seinen drei Söhnen theilten Friedrich u. Albrecht VI. 1438 nochmals u. Friedrich III. erhielt S., Albrecht die schwäbischen Besitzungen. Friedrich III. vereinigte 1457 nach dem Aussterben der gefürsteten Grafen von Cilly, welche unter der Oberhoheit der Herzöge die landesherrlichen Rechte in ihren ausgedehnten Besitzungen geübt hatten, deren Ländereien mit S. Unter ihm begannen die verheerenden Einfälle der Türken in S. u. hatte die Empörung des um Land u. Fürsten wohlverdienten Andreas Baumkircher Statt, welche durch die Habsucht Friedrichs hervorgerufen wurde; Baumkircher wurde, obgleich er sicheres Geleit vom Herzog erhalten hatte, 1471 hingerichtet. Friedrich erbte während seiner langen Regierung 1492 auch Österreich bis auf Tyrol, welches 1496 auch an seinen Sohn Maximilian fiel; mehr über diese Zeit s.u. Österreich S. 443 f. Von nun an blieb das Herzogthum S. mit Österreich vereinigt, bis Karl V. dasselbe nebst anderen Provinzen seinem Bruder Ferdinand überließ; unter diesem brach 1525 der Bauernaufstand wegen der Bedrückungen aus u. dauerte bis in das Jahr 1526 hinein, während das Land im Südosten 1528–32 von den Türken heimgesucht wurde. Inzwischen begann auch die Reformation in S. Anhänger zu gewinnen, bes. in Gratz u. unter der Mehrzahl des Adels, in Städten, Flecken u. Dörfern wurden protestantische Pfarreien u. Schulen gegründet, die Klöster wurden verlassen u. die Katholische Confession mit ihrem [814] Cultus erschien bald als die nur geduldete. Zwar befahl Ferdinand 1556, daß jeder Anhänger des protestantischen Glaubens nach Verkaufung seiner Güter auswandern sollte, allein es fand sich Niemand im Lande, welcher sein Edict ausführte. Nach Ferdinands Tode 1564 erhielt in der Theilung unter dessen Söhnen der jüngste, Karl II., S. mit Kärnten u. Krain. Um der Macht des Protestantismus, welcher bes. durch die von den Landständen in Gratz gegründete Hochschule gefördert wurde, ein Gegengewicht zu gehen, rief Karl II. 1570 Jesuiten in das Land u. errichtete für sie 1573 eine Humanitätsschule, woraus nachher 1586 die Akademie u. Universität in Gratz wurde. Freie Religionsübung erzwangen die Protestanten für die Herren u. Ritter auf ihren Schlössern u. für die Städte Gratz, Judenburg, Klagenfurt, Laibach im Februar 1578 auf dem Landtage zu Bruck, indem sie dem Herzoge nicht eher Hülfe gegen die drohenden Türken bewilligten, als bis er jene Freiheit zugestanden hatte. Diese Freiheiten wurden aber überall im Lande benutzt zur weiteren Verbreitung u. Befestigung des evangelischen Wesens u. alle von Karl II. angewendeten Mittel einer Gegenreformation blieben erfolglos, ja 1590 brach sogar ein Aufstand in Gratz gegen die Katholiken aus; die Nachricht darüber erschreckte den Herzog Karl so, daß er in Folge davon 10. Juli 1590 starb. Nach seinem Tode führte erst bis 1594 der Erzherzog Ernst, dann bis 1595 Erzherzog Maximilian die Vormundschaft über Ferdinand, den Sohn Karls. Er setzte nach Aufhebung des Toleranzedictes von 1578 die Versuche der Gegenreformation u. die Verfolgungen des Protestantismus fort; der Hauptschlag geschah durch die berüchtigten Septemberdecrete 1598, in denen erst die Absetzung der protestantischen Prediger u. Lehrer u. deren Auswanderung u. dann auch den Bürgern die Räumung des Landes, wenn sie nicht katholisch werden wollten, befohlen u. zugleich eine Commission eingesetzt wurde, welche jene Befehle ausführen sollte; sie brauchte zwei Jahre, ehe sie ihren Auftrag, die protestantischen Kirchen zu zerstören, die ketzerischen Bücher zu verbrennen, die Pfarrer zu vertreiben, die Bürger auszuweisen od. den neuen Religionseid zu leisten, ausgeführt hatte (die Bauern erhielten keine Wahl, sondern wurden alle zur Rückkehr in die Katholische Kirche gezwungen). An 30,000, die geachtetsten u. gebildetsten aus dem steyerischen Adel- u. Bürgerstande, wanderten damals aus; die gedrohte Todesstrafe für bleibende od. zurückkehrende protestantische Prediger wurde an einzelnen vollzogen. Nur in den unzugängigen Bergen der oberen S. erhielten sich insgeheim unter einzelnen Bauern die Keime der Reformation, bis dieselben unter Joseph II. 1781 Glaubensfreiheit erhielten u. protestantische Gemeinden in Schladming, Ramsau bei Aufsee u. Wald bildeten. Ferdinand erbte nach dem Tode des Kaisers Matthias 1619 die übrigen österreichischen Lande, von denen S. seitdem nicht mehr getrennt worden ist. Vgl. Aquil. Jul. Cäsar, Staats- u. Kirchengeschichte des Herzogthums. S., Grätz 1786 f., 7 Bde.; J. von Baumeister, Versuch einer Staatsgeschichte von S., Wien 1780; Wartinger, Geschichte von S., Grätz 1815; J. B. Winklern, Chronolog. Geschichte des Herzogth. S., ebd. 1819; A. von Muchar, Gesch. des Herzogthums S., ebd. 1844 ff., 7 Bde.; W. von Gebler, Geschichte des Herzogthums S., ebd. 1862; s. auch oben S. 812.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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