- Zimmermann [3]
Zimmermann, 1) Georg, Weigelianer, war zu Anfange des 17. Jahrh. Lehrer am Pädagogium zu Marburg u. verlangte mit seinem Collegen Homag, daß statt der klassischen Schriftsteller Weigels Schriften eingeführt werden sollten. Als er deshalb verhaftet wurde u. sich verantworten sollte, widerrief er; der Widerruf gereute ihn aber so, daß er nach Holland zu den Wiedertäufern ging. 2) Johann Jakob, geb. 1695 in Zürich, studirte dort Theologie u. kam in den Ruf der Heterodoxie, er wurde 1731 Professor des Naturrechts, nachher der Kirchengeschichte u. 1737 der Theologie u. st. 1756; er schr.: Disquisitiones de visionibus, quae quatuor primis post excessum Christi et apostolorum saeculis christianis quibusdam contigisse dicuntur, Zür. 1737; Meditationes sacrae, ebd. 1746–47; De crimine haeretificationis ejusque causis et remediis, ebd. 1752–56 (deutsch von J. J. Stolz, als: Der Verketzerer, Altenb. 1800); Opuscula theologici, historici et philosophici argumenti, Zür. 1751–1759, 2 Bde. 3) Johann Georg, Ritter von Z, geb. 8. Dec. 1728 zu Brugg im Canton Bern, studirte in Göttingen Medicin, wurde erst Stadtphysicus in Brugg u. 1768 Leibarzt in Hannover. Dort bildete sich in ihm eine seltsame düstere Ansicht von der Welt aus; so glaubte er, daß die Meinungen vieler seiner Zeitgenossen über politische u. religiöse Gegenstände, selbst die Französische Revolution, aus einem geheimen Orden entsprängen, welchem zahlreiche deutsche Gelehrte angehörten, u. er griff die vermeinten Glieder dieses Bundes mit großer Leidenschaftlichkeit an. Am heftigsten schrieb er gegen Bahrdt, worauf auf mehre Gegenschriften das Pasquill: Bahrdt mit der eisernen Stirn, von Kotzebue, erschien. Z. glaubte endlich, die Franzosen stellten ihm als Aristokraten nach, u. er fürchtete stündlich sein Haus von den eindringenden Feinden zerstört zu sehen. Um ihn von diesen Vorstellungen abzulenken, wurde er nach Eutin gebracht, von wo er aber bald wieder nach Hannover zurückkehrte, u. dort starb er 7. Oct. 1795. Z. war[625] dabei einer der ausgezeichnetsten Menschen u. Ärzte seiner Zeit u. besaß in hohem Grade die Kunst auf das Gemüth der Kranken zu wirken. Selbst König Friedrich II. von Preußen berief ihn in den letzten Jahren seines Lebens zu sich u. die Kaiserin Katharina II. schätzte ihn sehr. Er schr.: Von der Erfahrung in der Arzneikunst, Zür. 1763 f., 2 Thle., u. Aufl. ebd. 1775; Vom Nationalstolze, ebd. 1758, u. Aufl. ebd. 1789; Von der Einsamkeit, ebd. 1755, n.A. Lpz. 1784 f., 4 Thle; Über Friedrich den Großen u. meine Unterredung mit ihm kurz vor seinem Tode, Lpz. 1788; Fragmente über Friedrich den Großen, Lpz 1790, 3 Bde.; Vertheidigung Friedrichs des Großen gegen den Grafen von Mirabeau, Hannov. 1788; Lebensbeschreibung von Tissot, Laus. 1796, deutsch Hannov. 1797; J. E. Wichmann, Z-s Krankheitsgeschichte, ebd. 1796; H. M. Marcard, Über die Verhältnisse Z-s mit der Kaiserin Katharina, Brem. 1805; Z-s Briefe an einige seiner Freunde in der Schweiz. Aarau 1830. 4) Christian Heinrich, geb. 1740 in Darmstadt, wurde 1765 Pageninformator in Darmstadt, 1768 Lehrer der Prinzen Friedrich u. Christian von Hessen, 1769 Pfarrer zu Allendorf in Ober-Hessen, 1802 Superintendent über das Fürstenthum Starkenburg u. st. 1806 in Darmstadt. Er übersetzte den Martial, Frankf. a. M. 1783, lieferte Beiträge zu Bürgers u. Schmidts Musenalmanachen u. zu dem Darmstädter Schloßgesangbuch. Sein Neffe, Z. 9), schilderte sein Leben, Darmst. 1807. 5) Johann Georg, Bruder des Vorigen, geb. 1754 in Darmstadt, wurde 1782 Subconrector am Gymnasium daselbst u. 1803 Director; er trat 1826 in Ruhestand u. st. 1829; er schr. u.a.: Vademecum für Dichterfreunde, Darmst. 1779 f., 2 Thle.; Lateinische Anthologie, Gieß. 1793, 6. Aufl. 1834; Schulgebete für Gymnasien, Darmst. 1811. 6) Eberhard Aug. Wilhelm von Z., geb. 17. Aug. 1743 in Ülzen, studirte in Göttingen u. Leyden, wurde 1766 Professor der Physik am Carolinum zu Braunschweig, machte in wissenschaftlichem Interesse mehre Reisen nach England, Italien, Frankreich (wo er beim Ausbruch der Revolution war), Rußland u. Schweden, erhielt den Adel, wurde 1801 Geheimer Etatsrath u. st. 4. Juni 1815. Seine Freimüthigkeit u. sein Franzosenhaß brachten ihn mehrmals in Gefahr. Er schr.: Geographische Geschichte des Menschen u. der allgemein verbreiteten vierfüßigen Thiere, ebd. 1778–83, 3 Thle.; Über die Compressibilität u. Elasticität des Wassers, ebd. 1799; Political survey of the present state of Europe, Lond. 1788; Allgemeine Blicke auf Italien, Gotha 1797; Frankreich u. die Freistaaten von Nordamerika, Berl. 1795; Allgemeine Übersicht Frankreichs von Franz I. bis auf Ludwig XVI. u. der Freistaaten von Nordamerika, ebd. 1800, 2 Bde.; Taschenbuch der Reisen, Lpz. 1802–13, 12 Bde.; Die Erde u. ihre Bewohner. ebd. 1810–1813, 5 Thle. (Auszug aus dem Taschenbuch); Geographische Annalen, 3 Jahrg. 7) Friedrich Albert, geb. 1745 in Lüben; war seit 1785 preußischer Beamter u. organisirte 1792 das Ständewesen in Westpreußen, Pommern u. Südpreußen; 1795 nahm er Warschau als Legationssecretär für Preußen in Besitz, wurde 1809 Regierungsrath u. st. 1815. Er schr.: Beiträge zur Beschreibung von Schlesien, Brieg 1782–96, 13 Bde.; Geschichte der Verfassung der Juden in Schlesien, Bresl. 1791; Neue Beiträge zur Beschreibung von Schlesien, ebd. 1799–1802; Nachricht vom Handel in Schlesien, ebd. 1805; auch war er von 1785–1813 Mitherausgeber der Schlesischen Provinzialblätter. 8) Christian Gottlieb, geb. 1769 in Königsberg, wurde 1795 Lehrer der Mathematik, 1803 Conrector, 1804 Professor an der Bauakademie in Berlin, 1808 Prorector des Gymnasiums, 1816 Professor an der Militärschule, 1820 Director des Friedrich-Gymnasiums u. st. 1842; er schr.: Anfangsgründe der Differential- u. Integralrechnung, Berl. 1810, 2 Thle.; Anfangsgründe der Geometrie, ebd. 1812, 2. Aufl. ebd. 1814; Darstellung der sphärischen Trigonometrie, ebd. 1800, 2. Aufl. 1840; Lehrbegriff der Differential- u. Integralrechnung, 1. Bd., ebd. 1816; Grundsätze des ersten Unterrichts in der Mathematik, ebd. 1805; Grundriß der reinen Mathematik, ebd. 1818. 9) Ernst, Sohn von Z. 5), geb. 18. Sept. 1786 in Darmstadt, studirte bis 1804 in Gießen Theologie u. Philologie, wurde 1805 Mitprediger in Auerbach, 1809 Diakonus in Groß-Gerau, 1814 Hofdiakonus in Darmstadt, 1816 Hofprediger u. 1831 Superintendent daselbst; er st. 24. Juni 1832, eben zum Prälaten, Provinzialsuperintendenten u. Oberconsistorialrath designirt. Er begründete 1822 die Allgemeine Kirchenzeitung u. 1824 die Allgemeine Schulzeitung, wozu nachher das Theologische u. das Pädagogisch-Philosophische Literaturblatt kamen. Er schr.: Briefe über die Kirchenvereinigung in Baden, 1822; Stimmen aus dem Reiche Gottes an u. für die bewegte Zeit, ebd. 1831; Predigten, Darmst. 1815–30, 8 Thle, 1.–3. Theiles 2. Aufl. 1829; mit seinem Bruder Karl u. seinem Sohn Georg: Jahrbuch der theologischen Literatur, Essen 1832–1838, 5 Bde.; Verfassung der Kirche u. Volksschule im Großherzogthum Hessen, Darmst. 1832; gab auch den Euripides, Frankf. 1808–15, 4 Bde., Monatsschrift für Predigerwissenschaften, Darmst. 1821–24, 6 Bde, Eusebios, Frankf. a. M. 1822, Geist aus Luthers Schriften, Darmst. 1828–30, 6 Bde., u. F. V. Reinhard's Ansichten u. Benutzungen epistol. u. der neuen sächs. Perikopen unter dem Titel: Homiletisches Handbuch für denkende Prediger, Frankf. a. M. 1812–22, 4 Thle., heraus; seine Lebensbeschreibung von K. Zimmermann, ebd. 1833. 10) Ferdinand Joseph von Z., geb. 1787 in Wien; war österreichischer Oberfeldarzt u. supplirender Lehrer an der Josephsakademie an Plinks Stelle, dann k. k. Rath, provisorischer Vicedirector der Medicinisch-chirurgischen Akademie in Wien, Stabsfeldarzt, Professor der Chemie u. Botanik u. wurde 1825 in den ungarischen Adelstand erhoben; er schr.: Philosophischmedicinisches Wörterbuch, Wien 1803, 2. Aufl. ebd. 1807; Grundzüge der Phytologie, ebd. 1831. 11) Clemens, geb. 8. Nov. 1789 in Düsseldorf, Geschichtsmaler, bildete sich auf der Akademie in Düsseldorf u. München, machte 1815 eine Reise nach Italien, wurde 1816 Professor an der Kunstschule zu Augsburg u. Director der dortigen Gemäldegallerie, 1825 Professor der Akademie zu München u. 1846 Central-Gemäldegallerie-Director; er zierte die Glyptothek, den Hofgarten, die Pinakothek u. den großen Speisesaal zu München mit seinen Gemälden. 12) Friedrich Gottlieb, geb. in Weimar, studirte in Jena, wurde Privatdocent daselbst, dann in Hamburg Lehrer am Johanneum, machte den Feldzug von 1813 u. 1814 mit, wurde 1815 Professor am Johanneum[626] u. st. 1835. Er schr.: Neue Chronik von Hamburg, Hamb. 1819; Dramaturgische Blätter, ebd. 1821 f., 2 Bde.; Neue dramaturgische Blätter, ebd. 1827 f., 3 Bde. Vgl. Z-s Dramaturgie; erstes u. kräftigstes Wirken in den Jahren 1817–20, nebst einer charakteristischen Lebensskizze, herausgegeben von G. Lotz, ebd. 1840, 2 Bde. 13) Franz Joseph, geb. 21. März 1795 in Wendlingen bei Freiburg im Breisgau, studirte seit 1814 in Freiburg Theologie u. Philosophie, wurde 1820 Lehrer in Fellenbergs Institute zu Hofwyl, 1823 Privatdocent der Philosophie in Freiburg, 1828 Professor u. st. 23. Sept. 1833. Er schr.: Untersuchung über Raum u. Zeit, Freib. 1824; Lehre über Einheit, Vielheit u. Einzelnheit, ebd. 1832; Denklehre, Freib. 1832; 1832 übernahm er auch die Redaction des Volksblattes Der ächte Schwarzwälder. 14) Karl Ferdinand, geb. 1796 in Berlin, Genre-, Portrait- u. Historienmaler; ertrank 1820 beim Baden in der Loisach. Vorzüglichste Werke: Scenen aus dem Kriege 1813, wo er als Freiwilliger diente, malte auch einen großen Theil des Bacchanals von W. Schadow (im neuen Schauspielhaus in Berlin). 15) J. Karl E., geb. in Schlesien 1803, Privatdocent u. Chirurg in Leipzig; er schr.: Anatomische Darstellungen, Lpz. 1828–1836, 20 Hefte; Der Hauschirurg, ebd. 1830; Verbesserungen von chirurgischen Bandagen u. Maschinen, ebd. 1830, 3 Hefte.; Lehre des chirurgischen Verbandes, ebd. 1831–834, 16 Hefte, u. Ausg. in 1 Bd., ebd. 1834; Beobachtungen zur Erläuterung der sichersten Behandlungsarten eingeklemmter Brüche, ebd. 1832; Erfahrungen u. Mittheilungen über Prolapsus et carcinoma uteri, ebd. 1834; Sammlung geprüfter Erfahrungen über Bein- u. Knochenbrüche, ebd. 1835; Der allgemeine Kreislauf des Blutes, ebd. 1835, 2. A. 1851. 16) Karl, jüngster Sohn von Z. 5), geb. 1803 in Darmstadt, war seit 1824 Mitvorsteher einer Privatlehranstalt daselbst, wurde 1827 Lehrer an der Realschule u. seit 1829 zugleich Hülfsprediger an der Stadtkirche, 1832 Hofdiakonus u. 1833 zugleich Lehrer der Geschichte an der Militärschule, 1835 zweiter u. 1842 erster Hofprediger u. als solcher zugleich Lehrer des Prinzen Alexander u. der Prinzessin Marie, 1847 Prälat, Superintendent der Provinz Starkenburg u. erster Oberconsistorialrath. Sein Aufruf zur Stiftung eines Vereins zur Unterstützung hülfsbedürftiger protestantischer Gemeinden 1841 wurde Veranlassung zu der jetzt bestehenden Gustav-Adolfs-Stiftung (s.d.). Er schrieb mehre Predigtcyclen: Die Bergpredigt unsers Herrn u. Heilands Jesu Christi, Neust. 1836 f., 2 Bde.; Das Gebet des Herrn, ebd. 1837, Das Leben Jesu, 1837–39, 4 Abthl.; Die Gleichnisse u. Bilder der Heiligen Schrift, 1840–51, 7 Bde.; Der Tod Jesu (Passionsbetrachtungen), ebd. 1839; Festpredigten, Casualpredigten u. Casualreden, Sondershausen 1852, 2 Bde.; Predigten u. Reden aus den Jahren 1847–52, Darmst. 1854; Reformationspredigten, Kassel 1858, u. m. a. Predigten; Vorlesungen über Luther, ebd. 1846; Der Gustav-Adolfs-Verein, Darmst. 1854, 6. A. 1862; Luthers Leben, ebd. 1855; Die Bauten des Gustav-Adolfs-Vereins in Bild u. Geschichte, Darmst. 1860; mit Palmer: Parabeln, Lpz. 1831; setzte fort seines Bruders Ernst Jahrb. der theolog. Lit., seines Bruders Ludwig (st. 1835) Zeitschrift für Alterthumswissenschaft u. Allgemeine Schulzeitung; gibt heraus die Sonntagsfeier (eine homiletische Zeitschrift), 1834 ff., seit 1838 in Verbindung mit den Literar. Blättern für Homiletik u. Ascetik; mit Bretschneider Allgemeine Kirchenzeitung seit 1841; Theologisches Literaturblatt, 1841 ff.; Bote des Gustav-Adolf-Vereins, ebd. 1843 ff.; Prachtausgabe der reformatorischen Schriften Luthers. 17) Georg, Neffe des Vorigen u. Sohn von Z. 9), geb. 1808, war erst an der Hofbibliothek zu Darmstadt beschäftigt, wurde 1835 Hofcaplan, 1840 Hofrath u. Privatsecretär des Erbgroßherzogs von Hessen, bei dessen Regierungsantritt 1848 Cabinetssecretär, seit 1852 mit dem Titel Geheimer Cabinetsrath, 1857 zugleich Mitglied des Verwaltungsraths beider Banken in Darmstadt. Er übernahm eine Zeit lang die Redaction der von seinem Vater herausgegebenen Zeitschriften u. führte dieselbe dann mit seinem Oheim eine Zeitlang fort.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.