Seckendorff

Seckendorff

Seckendorff, eins der ältesten fränkischen Adelsgeschlechter, welches schon seit dem 10. Jahrh. vorkommt, seinen Namen von dem bei Kadolzburg in Franken gelegenen Weiler Seckendorf trägt, jetzt zur Ritterschaft in Baiern, Württemberg u. Sachsen gehört u. der Evangelischen Confession folgt. Es blüht in mehren freiherrlichen u. gräflichen Häusern, welche zu ihrem gemeinschaftlichen Stammvater haben: 1) Ludwig, welcher in einer Bamberger Stiftsurkunde von 1262 vorkommt; drei von dessen Enkeln, Söhne Aberdars I., nämlich Aberdar II., Gutend u. Friedrich, gründeten die drei noch blühenden Hauptlinien: die Aberdarsche, Gutendsche u. Rheinhäsische. I. Hauptlinie: Aberdar, sie hat im baierischen Kreise Mittelfranken u. im württembergischen Jaxtkreise Besitzungen u. wurde 1706 in den Freiherren- u. 1810 theilweise in den Grafenstand erhoben, so daß sie in ein freiherrliches u. ein gräfliches Haus zerfällt. A) Freiherrliches Haus, theilt sich in: a) Aberdar-Suggenheim-Weingartsgreuth, jetziger Chef: 2) Freiherr Adolf, Sohn des 1855 verstorbenen baierischen pensionirten Generallieutenants Freiherrn Georg, geb. 1807, ist baierischer Oberstlieutenant. b) Aberdar-Gröningen: im Mannsstamm erloschen, der Letzte war: 3) Freiherr Friedrich, geb. 1789, war württembergischer Oberforstmeister a. D. u. st. 26. März 1861, mit Hinterlassung einer einzigen Tochter Antonie; sein Erbe war Freiherr Hans Karl Franz Alexander, geb. 1809, Gutsbesitzer auf Brook in Hinterpommern. B) Gräfliches Haus: Aberdar-Obernzenn, seit 1810 gräflich, gegenwärtiger Chef: 4) Graf Ludwig, Enkel des 1810 in den Grafenstand erhobenen u. 1814 verstorbenen württembergischen Staatsministers Johann Karl Christoph u. Sohn des 1823 verstorbenen württembergischen [725] Obersten Grafen Karl, geb. 1813, ist österreichischer Oberlieutenant. Zur Hauptlinie Aberdar gehörten auch: 5) Freiherr Karl Sigmund, geb. 1744, Sohn eines markgräflich-baireuthischen Ministers, wurde 1784 preußischer Gesandter im Fränkischen Kreise u. st. 1785 in Ansbach; er übersetzte die Lusiade von Camoens (in Bertuchs Magazin der Spanischen u. Portugiesischen Literatur) u. schr.: Fragment aus der Geschichte von Granada (ebd.); Geschichte Thoangses od. das Rad des Schicksals; Superbia (ein Singspiel) u. 3 Sammlungen Volks- u. anderer Lieder, Weim. 1779–82. 6) Freiherr Leo, geb. 1773 zu Wonfurt bei Hasfurt; wurde 1798 Regierungsassessor in Weimar, kam dort in nähere Verbindung mit Goethe, Schiller, Herder u. Wieland, ging 1802 als württembergischer Regierungsrath nach Stuttgart u. wurde hier, dem nachmaligen Könige mißfällig, des Majestätsverbrechens angeklagt u. erst in Solitude, dann in Hohenasperg gefangen gehalten, aber 1805 beim Herannahen des österreichischen Vortrabs, welchen S-s Oheim befehligte, freigelassen. Er ging nach Franken, dann nach Wien, focht 1809 als Hauptmann unter der österreichischen Landwehr unter Hiller bei Ebersberg (6. Mai), wurde schwer verwundet in ein Haus gebracht u. fand in den Flammen seinen Tod. Er gab heraus: Blüthen griechischer Dichter, Weim. 1800; Neujahrtaschenbuch von Weimar, ebd. 1802; Musenalmanach, Regensb. 1806 u. 1807; die Zeitschrift Prometheus, 1808, 6 St., u.a.m.

II. Hauptlinie Gutend, hat im baierischen Kreise Mittelfranken u. im Herzogthum Sachsen-Altenburg Besitzungen u. theilt sich durch die 1719 u. 1816 geschehene theilweise Erhebung in den Grafenstand ebenfalls in ein freiherrliches u. ein gräfliches Haus Aus dem A) Freiherrlichen Hause sind aus früheren Zeiten berühmt: 7) Joachim Ludwig, Sohn eines Bamberger Beamten, war Anfangs fürstbischöflicher Bambergscher Stallmeister u. Landeshauptmann u. trat 1632 als Oberst in schwedische Dienste. Erzherzog Leopold gab ihm die Zusicherung, daß er in kaiserlichen Diensten wie in schwedischen befördert, auch als Protestant nicht angefochten werden sollte. Daher unterhandelte S. heimlich über seinen Übertritt in kaiserliche Dienste mit dem General Piccolomini, doch der Trompeter, welchen er zur Überbringung der Botschaft gebrauchte, verrieth ihn; er wurde von den Schweden verhaftet u. in Salzwedel 1642 enthauptet. 8) Veit Ludwig, Sohn des Vor., geb. 20. Decbr. 1626 in Herzogenaurach bei Erlangen, wurde von seiner Mutter, einer Enkelin Seb. Schärtlins von Burtenbach, in Koburg, Mühlhausen, Erfurt u. Gotha, bes. durch Herzog Ernst von Gotha, erzogen u. ging nach seines Vaters Enthauptung 1642 nach Strasburg, wo er Rechtswissenschaft, Philosophie u. Theologie studirte; 1646 trat er als Fähnrich in die Garde des Landgrafen Georg II. von Hessen-Darmstadt, gab noch in demselben Jahre diese Stellung auf u. ging nach Gotha, wo er bei Herzog Ernst dem Frommen Hof- u. Kammerjunker wurde u. die Aufsicht über die herzogliche Bibliothek erhielt; er wurde 1651 Hof- u. Kirchenrath u. sowohl mit verschiedenen Gesandtschaftsreisen als auch mit Regierungsgeschäften beauftragt; 1656 wurde er Hof- u. Kammerrath u. altenburgischer Hofrichter in Jena, 1663 wirklicher Geheimrath u. Kanzler, als welcher er den Herzog in seinen Reformen im Staats-, Kirchen- u. Schulwesen unterstützte. 1664 trat er in die Dienste des Herzogs Moritz von Sachsen-Zeitz, welcher ihn zum Geheimen Rath, Kanzler u. Consistorialpräsidenten ernannte; wegen seiner großen Verdienste um das Herzogthum ernannte ihn der Kurfürst Johann Georg II. 1669 zum kurfürstlich sächsischen Geheimen Rath. Er kaufte 1676 Meuselwitz u. wurde Landschaftsdirector im Fürstenthum Altenburg; 1681, nach dem Tode des Herzogs Moritz, gab er seine Stellen in Zeitz wegen vielfacher Verdrießlichkeiten, bes. durch Aufhebung des Collegiatstiftes in Zeitz veranlaßt, auf u. ging nach Meuselwitz, wo er ein Schloß baute u. nur die Stelle eines Landschafts- u. Obersteuerdirectors des Fürstenthums Altenburg fortbekleidete. 1691 wurde er preußischer Geheimer Rath u. Kanzler der Universität Halle, wo er die Streitigkeiten zwischen Spener u. seinen Anhängern u. den orthodoxen Geistlichen der Stadt zu vermitteln hatte; er starb daselbst 18. Decbr. 1692 u. ist Stifter des Seckendorff'schen Seniorats in Meuselwitz. Er schr.: Deutscher Fürstenstaat, Gotha 1665 u.ö.; Compendium historiae ecclesiasticae (vollendet von Bücler, Artopöus u. Cyprian 1723), Lpz. 1660–1664, 2 Thle.; Christenstaat, ebd. 1684 u.ö.; Jus publicum Romanorum, Frkf. 1686; Commentarius historic. et apologetic. de Lutheranismo (gegen Maimbourgs Histoire du Lutheranisme), ebd. 1692, 3 Bde., Fol., u. mehre theologische u. Schulschriften. Vgl. Schreber, Historia vitae ac meritorum Viti Ludov. a S., Lpz. 1734. 9) Freiherr Christian Adolf, geb. 4. Oct. 1767 in Meuselwitz, stand in Militär- u. andern Diensten, zog sich nach seiner Vermählung auf sein Rittergut Zingst im Kreise Querfurt zurück, ging 1828, wegen eines Zwistes mit einem Grenznachbar zum Festungsarrest verurtheilt, nach Strasburg u. von da nach der Schweiz, wo er 29. August 1833 in Luzern starb; er schr.: Forstrügen, Lpz. 1799–1804, 10 Thle.; Bemerkungen über verschiedene den Ökonomen u. Cameralisten interessante Gegenstände, ebd. 1801; Versuch zu einigen cameralistischen u. die Polizei betreffenden Vorschlägen, ebd. 1802; Briefe an einen Prinzen von seinem Begleiter auf Reisen, ebd. 1805; Trauerspiele u. Lustspiele (Die Mesalliancen, Die geprellten Philister, Des Vaters Bild, Der silberne Storch, Pflicht u. Gewissen, u.a.m.), gesammelt in seinen Dramatischen Arbeiten, Lpz. 1823–24, 3 Bde.; Sämmtliche Werke, ebd. 1816–23, 7 Bde. 10) Gustav Anton, Bruder des Vor., geb. 20. Nov. 1775 in Meuselwitz, studirte 1791 in Leipzig u. ging bald darauf nach Amerika, wo er zwei Jahre in Philadelphia von Musik- u. Declamationsunterricht lebte u. woher er um 1797 nach Deutschland zurückkehrte, in sächsische u. dann in Hildburghausische Dienste trat, dort Kammerdirector wurde, aber um 1809 seine Entlassung nahm u. auf mehren Theatern plastisch-mimische Darstellungen u. Gastvorstellungen gab. 1814–21 war er Professor am Carolinum in Braunschweig u. wanderte dann nochmals nach Amerika aus, wo er 1823 in Alexandria am Rothen Fluß starb. Er ist bekannt unter dem Namen Patrik Pealen u. schr.: Scenen des höchsten Schmerzes, Lpz. 1801; Otto III. (Drama,) ebd. 1805; Aphorismen, Berl. 1812; Beiträge zur Philosophie des Herzens, ebd. 1814; Orsina (Fortsetzung von Lessings Emilie Galotti), Braunschw. 1814; Vorlesungen über Declamation u. Mimik, ebd. 1816, 2 Bde.; Gedichte, ebd. 1820, u.a.m. Das[726] freiherrliche Haus dieser Hauptlinie zerfällt jetzt in folgende Häuser: a) Haus Meuselwitz, Chef: 11) Freiherr Alfred, Sohn des 1827 verstorbenen sächsischen Kammerherrn Veit Ludwig II., geb. 14. Septbr. 1796 in Meuselwitz; folgte 1826 im Majorat, war früher Regierungs- u. Consistorialrath in Altenburg, wurde 1831 Kreishauptmann des Altenburger Kreises u. als solcher außerordentliches Mitglied der Landesregierung, 1840 Regierungspräsident in Altenburg, 1847 Geh. Rath, trat 1848 aus dem Staatsdienst u. lebt in Meuselwitz; er ist seit 1852 Wittwer von Marie von Tümpling u. hat keine Kinder. Er schr. unter dem Namen Alpin mehre Novellen, Gedichte, dramaturgische Kritiken u. Reiseberichte (z.B. Kreuz- u. Querzüge des Ritters A–Z); Bilder aus meinem Wanderleben, Altenb. 1846. b) Haus Weischlitz: 12) Freiherr Eduard Hartmann; c) Haus Ziugst, Chef: 13) Freiherr Adolf, Sohn von S. 9), geb. 7. Jan. 1801 in Leipzig, ist preußischer Oberst a. D. u. seit 1828 mit Leontine von Ribbentrop vermählt; d) Haus Burckersdorf, Chef: 14) Freiherr Ernst, geb. 26. Juni 1828; ist österreichischer Rittmeister bei Fürst Liechtenstein Husaren; e) Haus Görlitz, Chef: 15) Freiherr Veit Bernhard Emil, geb. 22. Nov. 1804; ist preußischer Kreisgerichtsrath zu Lauban in Schlesien; f) Haus Braunschweig: 16) Freiherr Eduard, geb. 12. Nov. 1797; ist Hofrath u. königlich sächsischer Bezirksarzt in Dresden; g) Haus Obernzenu: aa) Ältere Speciallinie, Chef: 17) Freiherr Ernst, Sohn des 1822 verstorbenen Freiherrn Karl, geb. 1808, ist baierscher Hauptmann a. D. 18) Freiherr Ernst, auf Obernzenn u. Burghausen, Oheim des Vor., geb. 8. März 1785, ist der Zeit Senior der Gutendischen Hauptlinie. bb) Jüngere Speciallinie, Chef: 19) Ernst Karl Johann, geb. 1789, fürstlich Öttingen-Wallersteinscher Oberjägermeister a. D., auf Rittergut Buchenau in Kurhessen. 20) Freiherr Eduard, Sohn des 1819 verstorbenen Freiherrn Karl Ernst Julius, geb. 1813, ist Secretär bei der Direction des württembergischen Geheimen Haus- u. Staatsarchivs; h) Haus Linderode: 21) Freiherr Paul Benno, geb. 20. Febr. 1814, preußischer Major im 6. Brandenburgischen Infanterieregiment. B) Gräfliches Haus, aus welchem berühmt ist: 22) Graf Friedrich Heinrich, Neffe von S. 8), Sohn Heinrich Gottlobs (st. 1675 als Amtshauptmann zu Königsberg in Franken), geb. 5. Juli 1673 zu Königsberg in Franken; zwei Jahre alt verlor er seinen Vater, u. sein Oheim nahm ihn u. seinen Bruder 1683 zu sich nach Zeitz u. Meuselwitz. Er studirte 1689 in Jena, Leipzig u. Leyden, machte als Gothaischer Cornet 1694 u. 95 die Feldzüge gegen Frankreich mit, begleitete 1693 den Markgrafen von Ansbach auf seiner Reise durch Italien, welcher ihn 1697 als Hauptmann seines Regiments im kaiserlichen Dienste anstellte, u. wurde 1698 zur Armee des Prinzen Eugen gegen die Türken gesandt. Im Spanischen Erbfolgekriege führte erin Deutschland das Ansbachische Dragonerregiment u. wohnte mehren Belagerungen bei. 1704 sandte ihn Marlborough voran, um die Vereinigung der alliirten Armeen bei Hochstätt vorzubereiten, u. in dieser Schlacht eroberte er 16 französische Fahnen. 1705 vertheidigte er die Moselbrücke bei Conz u. 1706 machte er die Schlacht bei Ramillies mit, leitete die Arbeiten vor Lille, wurde polnischer Generalmajor, focht 1709 bei Malplaquet, commandirte 1710 u. 1711 die sächsischen Hülfsvölker in Flandern, wurde 1712 sächsischer Gesandter im Haag u. ging 1713 zur Dämpfung der Unruhen nach Warschau, wurde Generallieutenant u. stand 1715 mit vor Stralsund. 1717 wurde er auf Eugens Betrieb kaiserlicher Feldmarschalllieutenant u. focht bei Belgrad unter Eugen mit. 1718 wurde er nach Sicilien gesandt, wo er Milazzo so lange hielt, bis General Merci kam; er nahm die Liparischen Inseln u. half bei Eroberung mehrer sicilischer Städte. 1719 wurde er von Karl VI. zum Reichsgrafen ernannt u. schloß 1720 den Vertrag, in Folge dessen die Spanier Sicilien räumten. Nach seiner Rückkehr wurde er bis 1726 mit kaiserlicher Erlaubniß u. als kaiserlicher General sächsischer Gouverneur von Leipzig, ging dann in kaiserlichen Aufträgen nach Berlin, zog hier Preußen von der hannöverischen Allianz ab, bewog es zur Genehmigung der Pragmatischen Sanction u. hintertrieb die Heirath einer englischen Prinzessin mit dem Kronprinzen von Preußen u. einer Tochter des Königs mit dem Prinzen von Wales. Friedrich Wilhelm I., welcher ihn bereits bei Stralsund kennen gelernt hatte, trat gegen das in dem Tractat von Wusterhausen 1727 versprochene Jülich u. Berg von der Allianz mit England ab, die Töchter des Königs heiratheten gegen ihren Willen durch S-s Intriguen, die eine den Markgrafen von Baireuth, die andere den Markgrafen von Ansbach, u. der Kronprinz Friedrich vermählte sich widerwillig, nachdem S. wieder eine Ehe mit der Prinzessin Anna von Mecklenburg, der Erbin des Russischen Reichs, hintertrieben hatte, mit einer Prinzessin von Braunschweig. Bei der Flucht Friedrichs des Großen trug S-s Vermittelung u. das von ihm übergebene Schreiben Karls VI. wesentlich dazu bei den Kronprinzen vor der angedrohten Todesstrafe zu bewahren. Als nach der Versöhnung des Wiener Hofes mit England 1731 durch den Tractat von Sevilla der König von Preußen gegen erstern Hof sehr mißtrauisch wurde, veranstaltete S. eine Zusammenkunst dieses Monarchen mit dem Kaiser 1732 zu Kladrup in Böhmen, von wo sie neu befreundet zurückkehrten. Während seines Aufenthaltes in Berlin hatte S. 1728 auch am Dresdner Hofe für die Allianz mit dem Kaiser, obwohl vergebens, zu wirken versucht, denn August der Starke hielt zu fest an Frankreich. 1732 wurde S. auch nach Kopenhagen gesandt, wo es ihm gelang das dänische Cabinet zur Anerkennung der Pragmatischen Sanction zu bewegen. Zugleich schloß er mit den Herzögen von Sachsen, den Markgrafen von Brandenburg u. den Landgrafen von Hessen Subsidienverträge, wirkte 1732 in Berlin beim Löwenwaldischen Vertrag mit, durch welchen Rußland, Preußen u. Österreich sich verpflichteten den Infanten Emanuel von Portugal zu Polens Thron gelangen zu lassen, doch hatte dieser Vertrag die Folge, daß Kurfürst August III. von Sachsen, dem Tractat entgegen, den polnischen Thron bestieg. Dies erkältete Friedrich Wilhelms II. Eifer so, daß S., als der Kaiser am Rhein von den Franzosen angegriffen wurde, den König kaum zur Stellung eines Hülfsheeres von 10,000 Mann bewegen konnte. Seit 1731 schon war S. kaiserlicher Gouverneur von Philippsburg, bald darauf wurde er Reichsgeneral der Cavallerie u. endlich ward er 1733 an den Rhein zur Armee berufen, behielt aber seine Gesandtenstelle[727] in Berlin bei, welche der Fürst Liechtenstein einstweilen verwaltete. S. schlug nun die Franzosen bei den Klausen, wurde nach dem Frieden Generalfeldmarschall u. bereiste Ungarn, da ein Krieg mit der Pforte drohte. Bei dem Beginn des Feldzugs 1735 wurde Nissa erobert; allein der Feldzug nahm bald eine ungünstige Wendung, u. S. mußte sich hinter die Save zurückziehen. Seine Feinde benutzten dies, ihn zu stürzen, u. der Jesuit Neithard predigte, daß das Unglück Österreichs davon komme, daß ein Ketzer die kaiserlichen Heere führe. S. wurde zurückberufen, in Wien verhaftet u. scharf inquirirt, ja man erregte mehre Pöbelaufläufe bei seinem Gefängnisse. Er wurde dann nach der Festung Graz gebracht, wo er bis zum Tode Karls VI. blieb. Maria Theresia ließ ihn frei u. gab ihm alle Würden zurück, strich aber seine Besoldung. S. ging Anfangs nach Meuselwitz, dann nach Philippsburg, welches er in der schlechtesten Verfassung fand. Bald trat er nun als Reichsfeldmarschall in die Dienste des Kaisers Karl VII. In dessen Auftrag schloß er mit Sachsen u. Preußen Verträge u. vereinigte sich, als Oberbefehlshaber des Heeres, 1742 mit dem Marschall von Sachsen, welcher die französischen Hülfsvölker für Karl VII. gegen Österreich commandirte. Indeß verließ dieser ihn bald wieder, u. S. eroberte Baiern ohne fremde Hülfe wieder. Aber der Feldzug 1743 war sehr unglücklich, so daß S. für Karl VII. den höchst nachtheiligen Vertrag zu Nieder-Schonfeld (27. Juni) schließen mußte. S. ging nun nach Dresden, um den sächsischen Hof zu gewinnen, schloß mit Friedrich II., König von Preußen, den Vertrag zu Frankfurt u. führte Karl VII. den 16. Octbr. zum zweiten Male nach München zurück, doch brachte nach Karls VII. Tode das von den Franzosen verlorene Treffen bei Pfaffenhofen (am 15. April 1745) die baierischen Angelegenheiten in die übelste Lage. S. rieth zum Frieden u. schloß denselben auch wirklich zu Füssen am 22. April 1745. Dann ging er nach Meuselwitz, wo er von da an lebte. 1758 ließ ihn Friedrich II. wegen seines ihm gefährlich erscheinenden Briefwechsels durch Husaren in der Kirche zu Meuselwitz arretiren u. nach der Citadelle von Magdeburg bringen. Nach einiger Zeit jedoch wurde er gegen Zahlung von 10,000 Thlrn. mit dem kriegsgefangenen Prinzen Moritz von Dessau ausgewechselt, wandte sich nun seiner Sicherheit wegen zum Gemahl seiner Großnichte von Rotenhahn nach Rentweinsdorf in Franken u. kehrte erst 1760 nach Meuselwitz zurück, wo er 23. Novbr. 1763 starb. Das Seniorat seines Oheims verwandelte er in ein Majorat, u. in demselben folgte ihm, da er keine Kinder hatte, sein Enkelneffe, Friedrich Karl, herzoglich braunschweigischer Oberst, Großvater von S. 11). Vgl. Theodor von S., Versuch einer Lebensbeschreibung des Generalfeldmarschalls von S., Lpz. 1792–1794, 4 Bde. 23) Graf Adolf Franz Karl, war königlich sächsischer Geheimer Rath u. Director der Stände des Stifts Merseburg, wurde 1816 in den preußischen Grafenstand erhoben u. st. 9. Nov. 1818. Jetziger Chef ist: 24) Graf Karl, Sohn des Vor., geb. 5. Jan. 1800, ist preußischer Oberbergrath a. D. u. seit 1834 vermählt mit Friederike von Beurmann. 25) Graf Theodor, Bruder des Vor., geb. 31. Octbr. 1801, war preußischer Gesandter in Hannover, Oldenburg u. Braunschweig, seit 1847 in Brüssel, seit Ende 1852 in Stuttgart u. st. 17. Septbr. 1858 III. Rheinhäfische Hauptlinie, deren gegenwärtiger Chef ist: 26) Freiherr Max, Sohn des 1860 verstorbenen baierischen Oberstlieutenant Freiherrn Friedrich, geb. 6. Mai 1811, ist baierischer Oberstlieutenant im 13. Infanterieregiment Kaiser Franz Joseph u. vermählt mit Clementine geb. Wenzl.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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