Goethe

Goethe

Goethe, Johann Wolfgang von G., geb. den 28. August 1749 zu Frankfurt am Main, wo[489] keine Jugend im väterlichen Hause am Hirschgraben verfloß. Seine Vaterstadt, ein bedeutender Meß- u. Handelsplatz, die Wahl- u. Krönungsstadt des Deutschen Reiches, mit ihren unabhängigen u. alterthümilchen Einrichtungen u. einer großen geschichtllichen Vergangenheit, vereinigte in sich Vieles, was ein für lebhafte Eindrücke empfängliches Gemüth mit einem reichen, lebensvollen Inhalte erfüllen mußte. Die Eltern, hinreichend bemittelt u. in würdigen häuslichen Verhältnissen lebend, waren den Höchstgestellten der Stadt nahe verwandt, wodurch der Sohn in bewegtere freiere Lebenskreise gehoben wurde. Der Vater, ohne eigentliche amtliche Beschäftigung, war weltmännisch u. literarisch gebildet, ein warmer Freund der Kunst, dabei aber verständig, ernst u. in allen Dingen bis zum Eigensinn auf Ordnung u. Folge haltend, während die Mutter geistreich, heiter u. phantasievoll, eine bei aller gesunden Kraft poetisch bewegliche Natur besaß u. bis an das Ende ihres Lebens bewahrte. G. besuchte keine Schule, sondern wurde vom Vater, der nur vorübergehend einzelne Lehrmeister zur Hülfe nahm, unterrichtet, doch mehr nur angeregt als ausgebildet; schon frühzeitig wurde die Selbständigkeit seines Geistes geweckt u. der Knabe gewöhnt, sich auf eigene Hand in der Welt umzuschauen. Mächtige u. tiefe Eindrücke bewirkten in seinem Gemüth die Thaten Friedrichs des Großen im Siebenjährigen Kriege, so wie die ersten Gesänge des Klopstockschen Messias. Viele neue Anschauungen u. Begriffe wurden dem zehnjährigen Knaben zugeführt, als 1759 Frankfurt von den Franzosen besetzt wurde u. der Graf Thorane (der Königslieutenant) aus Grasse bei Antibes in G-s Hause Quartier; nahm. Der kunstliebende Offizier beschäftigte in seiner unmittelbaren Nähe sämmtliche Frankfurter Maler, Hirt, Schütz, Trautmann, Nothnagel, Junker, vor Allem aber Seekatz aus Darmstadt, mit welchen G. verkehrte u. bei seiner angeborenen Neigung für die Kunst neue Anregungen erhielt. Gleichzeitig fand er Gelegenheit, sich im Französischen auszubilden, namentlich als eine französische Theatergesellschaft nach Frankfurt gekommen war; er wurde nicht nur mit dem französischen Luft- u. Trauerspiel, so wie mit den dramaturgischen Gesetzen der französischen Bühne bekannt, sondern lernte auch das Leben u. Treiben der Schauspieler selbst kennen. Bei dem lebhaften Nachahmungstriebe, den er besaß, versuchte er sich in eigenen Productionen u. verfaßte selbst ein französisches Nachspiel. Die Universalität seines Geistes entwickelte sich mit den Jahren immer mehr. Zeichnen, Musik, Mathematik, Sprachkunde beschäftigten ihn abwechselnd; um sich in den Sprachen zu üben, erfand G. einen Roman zwischen sieben Geschwistern, die in eben so vielen Sprachen verkehren. Durch das Judendeutsch wurde er auf das Hebräische geführt, welches ihm die Lectüre der Bibel vermittelte. Die letztere erweckte eine neue Richtung für seine Phantasie u. regte ihn zu größeren poetischen Versuchen an. Neben den erwähnten fremdländischen Einwirkungen machte sich auch der trauliche Verkehr mit mehreren der bedeutenderen Männer seiner Vaterstadt geltend, wie namentlich mit Uffenbach, dem Freunde der Oper, mit dem Kunstsammler Häkel dem Juristen Ort; ferner mit Öhlenschläger, Reineck u. Huisgen. Dabei fehlte es auch dem jugendlichen Dichter nicht an Gelegenheit praktische Erfahrungen zu machen u. das Leben nach seinen verschiedenen Seiten hin kennen zu lernen. Eine zarte Jugendliebe mit der siebzehnjährigen Tochter eines Frankfurter Schenkwirths, die jedoch durch unangenehme Umstände ihr Ende fand, ließ in seinem Gemüthe einen so nachhaltigen Eindruck zurück, daß sie als Bild echter Mädchenhaftigkeit, z.B. als Klärchen im Egmont, u. selbst bis auf den Namen (Gretchen) im Faust wiederkehrt. Durch diesen ersten Sturm jugendlicher Leidenschaft auf das Krankenlager geworfen, fühlte sich G. doch nach seiner Genesung zu höherer Selbständigkeit erhoben. Gegen Michaelis 1765 bezog er, mangelhaft vorbereitet, auf Wunsch seines Vaters die Universität Leipzig, um hier die Rechte zu studiren. G. besuchte anfangs die juristischen u. philosophisch vorbereitenden Collegien regelmäßig, doch bald widerstrebte seinem poetischen Gemüthe der Pedantismus der akademischen Vorträge, u. der lebensfreudige Jüngling wandte sich wieder seinem Frankfurter freieren Leben zu. Während so die Universität seiner wissenschaftlichen Ausbildung keinen Gewinn bringen konnte, nützte ihm desto mehr der Verkehr mit der seinen städtischen Gesellschaft; auf sein Urtheil in poetischen Dingen wirkten namentlich Professor Morus u. die Frau des Professors Böhme ein. In Leipzig schrieb er (1767) die beiden kleinen Lustspiele: Die Laune des Verliebten u. Die Mitschuldigen; so wie mehrere Lieder, von denen B. Th. Breitkopf zwanzig in Musik setzte u. drucken ließ (Neue Lieder, Lpz. 1770, neu herausgegeben von Tieck, Berl. 1844). Mehrere der letzteren waren durch eine Liebe zu Käthchen Schönkopf, der Tochter eines Leipziger Weinhändlers, veranlaßt. Die Bekanntschaft mit dem Maler Öser, so wie ein Besuch Dresdens trugen wesentlich zur Bildung seines künstlerischen Urtheils bei; G. selbst versuchte sich im Kupferstechen. Daneben waren es namentlich Wieland u. Shakespeare, so wie Winckelmann u. Lessing, die auf ihn nachhaltigen Einfluß übten. Durch mancherlei diätetische Nachlässigkeiten zog er sich eine Krankheit zu, welche ihn im Spätsommer 1768 zur Rückkehr nach Frankfurt veranlaßte, um im väterlichen Hause seine Gesundheit wieder herzustellen. Durch den Verkehr mit dem Fräulein von Klettenberg, der frommen aber zartsinnigen Freundin seiner Mutter, wandte er sich der Lectüre religiöser, kabbalistischer u. alchemistischer Bücher zu, wodurch er später weiter zu dem Studium der Natur geführt wurde. Aus den Unterhaltungen u. Briefen mit dem Fräulein von Klettenberg sind im Allgemeinen die Bekenntnisse einer schönen Seele in Wilhelm Meisters Lehrjahren entnommen. (Vgl. Lappenberg, Reliquien des Fräulein Susanna Katharina von Klettenberg, Hamb. 1849.) Dieses religiös-beschauliche Leben wurde durch seine Abreise nach Strasburg im Frühling 1770 unterbrochen, wo er nach dem Willen des Vaters seine juristischen Studien fortsetzen sollte. In dem Kreise des Actuar Salzmann kam G. jedoch vielfach mit Medicinern in Berührung, deren Verkehr ihn zum Besuche der Anatomie, der Hospitäler u. des Chemischen Laboratoriums veranlaßten. Demselben Kreise gehörten auch Lerse, welchen G. im Götz von Berlichingen verewigt hat, u. vorübergehend Jung-Stilling an. Wichtiger für G. wurde jedoch die Bekanntschaft mit Herder, der ihn über die Volkspoesie aufklärte, den Homer u. [490] Shakespeare besser zu würdigen lehrte, überhaupt in seinen ästhetischen Ansichten eine vollkommene Umwandlung anbahnte. Dazu kam ein inniges Liebesverhältniß, welches sich seit October 1770 mit Friederike Brion, der Tochter des Pfarrers zu Sesenheim, entspann, u. welches er, obgleich dasselbe zu keinem dauernden Glücke führte, doch noch 40 Jahre später in seinem anmuthigen Zauber hinreißend zu schildern vermochte. Undessen hatte sich G. auch in der Jurisprudenz so weit fortgebildet, daß er am 6. August 1770 zum Doctor promoviren konnte. Gegen Ende August kehrte er nach Frankfurt zurück, doch machte er noch vor Ablauf des Sommers einen Ausflug nach Darmstadt, wo er den ihm schon von Leipzig her bekannten Schlosser besuchte u. Merck kennen lernte. Mit Letzterem, welcher G. wiederum mit seinem Darmstädter Freundeskreise, wie von Heß, Petersen, Wenck, bekannt machte, trat er in dauernden Verkehr, der ihn bei seinen Studien, Entwürfen u. Arbeiten ungemein belebte u. förderte. Damals war der Faust bereits in einzelnen Bruchstücken ausgeführt u. Götz von Berlichingen baute sich nach u. nach in seinem Geiste auf. Daneben widmete er sich eifrig dem Studium des 15. Jahrh. u. schrieb noch voll vom Eindruck des Strasburger Münsters das Schriftchen: Von Deutscher Baukunst D. M. Erwini von Steinbach (zuerst o. O. 1772; dann in: Von deutscher Art u. Kunst, Hamb. 1773). Auch nahm er das Bibelstudium wieder auf, wie zwei kleinere prosaische Sachen theologischen Inhaltes bekunden. Gegen das quälende Gefühl, welches der Abbruch mit Friederike Brion in ihm hinterließ, suchte er Hülfe in der Poesie Mehrere kleinere Gedichte, wie der Wanderer, erschienen in Almanachen u. fanden Beifall. Gewissermaßen ein drittes akademisches Leben ging für G. in Wetzlar auf, wohin er im Frühjahr 1772 gegangen war, um sich mit dem Deutschen Civil- u. Staatsrecht vertrauter zu machen. Er schloß sich hier erst dem ernst-possenhaften Kreise Goué's an, zu welchem auch der junge Jerusalem, Kielmannsegge, Gotter, König, Falke u.a. gehörten. Am 9. Juni lernte G. die Tochter des Amtmanns Buff, Charlotte, kennen, zu der er sich alsbald hingezogen fühlte, obgleich dieselbe bereits an Joh. Christian Kestner, damals Legationssecretär bei der hannoverischen Gesandtschaft zur Visitation des Reichskammergerichts, verlobt war. Den inneren Kämpfen, die für G. aus diesem Verhältniß erwuchsen, bilden den einen Theil des Werther. Am 11. Sept. verließ er Wetzlar u. ging über Coblenz u. Ehrenbreitstein, wo er im Hause von La Roche mit Merck wieder zusammentraf, die Maximiliane La Roche kennen lernte u. einige Zeit verweilte, nach Frankfurt zurück, wo er sich auf Wunsch des Vaters der Rechtsanwaltschaft widmete. Nach langem Zögern entschloß er sich endlich zum Niederschreiben seines Götz von Berlichingen, den er in wenig Wochen zu Ende führte. Das Stück wurde auf G-s u. Mercks Kosten gedruckt u. erschien zuerst ohne Namen u. Druckort im Frühjahr 1773. Die Wirkung des Dramas war außerordentlich; zahlreiche Nachdrücke u. Auflagen (2. Aufl. Frankf. 1774, 3. Aufl. Frankf. u. Lpz. 1775; seit 1767 bei Göschen in Leipzig, dann bei Cotta in Stuttgart u. Tübingen; zuletzt 1851; mit Illustrationen von Neureuther, 1845) folgten rasch auf einander. Schon seit Anfang 1772 hatte sich G. an den Frankfurter gelehrten Anzeigen betheiligt u. lieferte für dieselben bis 1775 Kritiken über verschiedene Werke. Die Eindrücke, die er aus Wetzlar mitgenommen, seine inneren Kämpfe wegen seiner Neigung, so wie der Umstand, daß sich der junge Jerusalem, 29. Octbr. 1772, in Folge unerwidert gebliebener Liebe erschossen hatte, veranlaßten G. in den ersten Monaten des Jahres 1774 zur Abfassung von Werthers Leiden, die zuerst im Septbr. 1774 in zwei Theilen zu Leipzig erschienen, u. eine gewaltige Wirkung auf die Zeitgenossen ausübten, wofür eine ganze Literatur von Recensionen, Nachahmungen, Parodien u. Übersetzungen Zeugniß ablegen. Durch den Götz u. Werther wurde die Aufmerksamkeit von ganz Deutschland auf G. gelenkt; obgleich es beiden Werken nicht an Neid u. Anfeindung fehlte, entzündeten sie doch ein heiliges Feuer, um das sich alle Anhänger der neuen herannahenden Ordnung der literarischen Dinge schaarten.

In der Ferne traten die Göttinger, in Frankfurt selbst u. dessen Nähe mehrere jüngere Männer, wie H. L. Wagner, Klinger u.a., dem jungen Dichter näher. Dieser Frankfurter Dichterkreis huldigte der durch G-s Götz angekündigten revolutionären Richtung in der poetischen Literatur, welche man nach dem Titel eines Stückes von Klinger die des Sturmes u. Dranges zu nennen pflegt. Noch im Jahre 1774 wurden von G. die beiden kleinen dramatischen Stücke: Götter, Helden u. Wieland u. Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern, letzteres in einer den Fastnachtsspielen des Hans Sachs (der von G. zu jener Zeit mit besonderer Vorliebe gelesen wurde) ähnlichen Form, veröffentlicht; kurz darauf verfaßte er die beiden dramatisirten Satyren, das Fastnachtsspiel: Von Pater Brey, dem falschen Propheten (bes. gegen Leuchsenring gerichtet), u. den Prolog zu den neuesten Offenbarungen Gottes verdeutscht durch Dr K. Fr. Bahrdt. Auch das kleine Drama, Des Künstlers Erdenwallen, wurde bereits 1774 gedruckt. Daneben hatten mehrere größere Entwürfe den Dichter beschäftigt, ohne daß dieselben ganz zur Ausführung kamen. So das Stück Mahomet, von welchem blos eine Hymne (Mahomets Gesang, zuerst im Göttinger Musenalmanach 1774) vollendet ward; vom Prometheus u. Hanswursts Hochzeit, so wie einer epischen Dichtung, Der ewige Jude, schrieb er nur einige Bruchstücke nieder. Vollendet wurden das Drama: Satyros od. der vergötterte Waldteufel (erst später veröffentlicht), so wie verschiedene Balladen u. lyrische Stücke. Auch die ältesten Scenen des Faust wurden damals gedichtet. Noch in das Frühjahr 1774 fällt die Abfassung des Clavigo. Im Juni kamen Lavater u. Basedow nach Frankfurt, mit denen G. nach Köln ging. Kurz darauf lernte er in Düsseldorf die Brüder Jacobi persönlich kennen. Im Herbst war Klopstock in G-s Hause in Frankfurt; im Winter 1774 trafen die Weimarischen Prinzen in Frankfurt ein, mit denen G. durch Knebel bekannt wurde. In den Winter 1774 bis 1775 fällt G-s Verlobung mit der schönen u. reichen Elisabeth (Lili) Schönemann; noch ehe er dieser Neigung, der einige seiner schönsten Liebeslieder ihren Ursprung verdanken, wieder entsagte, machte er mit den Brüdern Stolberg u. dem Grafen von Haugwitz seine erste Reise nach der Schweiz. Theils vor, theils unmittelbar nach dieser Reise dichtete er außer verschiedenen Liedern noch die [491] Singspiele: Erwin u. Elmire (gedruckt 1775) u. Claudine von Villa Bella (gedruckt 1776); auch begann er den Egmont u. vollendete die 1775 angefangene Stella (gedruckt 1776). Auf wiederholt ergangene Einladung des jungen Herzogs von Weimar, Karl August, u. dessen Gattin, Luise, unternahm er eine Besuchsreise nach Weimar, wo er am 7. Novbr. 1775 eintraf. Vom Hofe, dessen Seele die verwittwete Herzogin Anna Amalia war, wurde G. auf das Freundlichste u. Schmeichelhafteste aufgenommen, u. bald darauf war entschieden, daß G. nicht nach Frankfurt zurückkehren sollte. Am 11. Juni 1776 erhielt G. den Charakter eines Geheimen Legationsrathes mit Sitz u. Stimme im Geheimen Consilium. G. war bereits des Herzogs vertrautester Freund u. Lebensgenosse, u. wurde bald sein Führer, zu Folge der ihm übertragenen Geschäfte auch sein erster Minister. Im Jahr 1778 begleitete G. den Herzog nach Berlin u. 1779, nachdem er an seinem Geburtstag zum Geheimenrath ernannt worden war, nach der Schweiz. Nach der Rückkehr widmete er sich fast ausschließlich Staatsgeschäften. Am 11. Juni 1782 wurde ihm für alle wichtigen Angelegenheiten der Vorsitz in der herzoglichen Kammer übertragen, u. in demselben Jahre (10. April) erhob ihn Kaiser Joseph II. in den Adelstand. Wie für G. seine Berufsthätigkeit eine reiche Quelle für Welterfahrung, sittlicher u. socialer Anschauungen aller Art wurde, so gedieh in dieser Zeit auch sein inneres Leben allmälig zu einer ruhigeren Haltung, größeren Aufhellung u. maßvolleren Gestaltung. Namentlich trug hierzu der Umgang mit der Frau Charlotte von Stein (gest. 1827) bei. Obgleich G. durch seine umfangreichen Amtsgeschäfte sehr in Anspruch genommen war, so ließ er seine schriftstellerische Thätigkeit doch nicht ganz in den Hintergrund treten, wenn er auch in den 10 Jahren von 1776–86 kein Werk von größerer Bedeutung drucken ließ. Mehreres jedoch von größerer Anlage, was unterdessen ganz od. theilweise gereift war, konnten schon seine weimarischen Freunde genießen; so entstand u.a. bereits 1776 außer mehreren Liedern Hans Sachsens poetische Sendung u. die kleineren dramatischen Arbeiten Die Geschwister u. das Melodrama Proserpina, die zunächst für das bald nach seiner Ankunft am weimarischen Hofe errichtete Liebhabertheater bestimmt waren. Auch faßte G. schon 1776 den Plan zur Iphigenie, die in ihrer älteren Gestalt 1779 zu Ende geführt wurde. In das Jahr 1777 stillen Lila, die bald darauf eine Umarbeitung erfuhr, Der Triumph der Empfindsamkeit, worin Proserpina eingeschaltet wurde, die Anfänge des Tasso, der in der ursprünglich dafür gewählten Prosaform 1781 zu Ende kam, u. die ersten Ansätze zum Wilhelm Meister, von dem 1778–85 die sechs ersten Bücher fertig wurden. Sonst stammen aus der Zeit von 1778–85 außer verschiedenen anderen kleineren Sachen die ersten epigrammartigen Gedichte u. Maskenzüge, das Singspiel Jery u. Bätely (1779 in der Schweiz angefangen, dann umgearbeitet); die Vögel (eine selbständige Nachbildung des Aristophaneischen Stücks); das Neueste aus Plundersweilern; die Briefe aus der Schweiz (2. Abtheil., 1780 redigirt); Elpenor (davon jedoch nur zwei Acte 1781–83 zu Stande kamen); Theile des Egmont (den G. 1779 wieder aufgenommen hatte u. 1782 zu einer Art von Abschluß brachte); das Gedicht Auf Miedings Tod u. Die Fischerin (1772, worin Der Erlkönig); die neue Bearbeitung des Werther (1782) u. um dieselbe Zeit od. bald darauf die Redaction der ersten Abtheilung der Briefe aus der Schweiz; ferner noch das Gedicht Ilmenau (1783 zu Karl Augusts Geburtstag), die Anfänge des Singspiels Scherz, List u. Rache (1784 herausgeg.), das Bruchstück Die Geheimnisse (1784) u. die Zueignung (1785–86), welche die bald darauf bei Göschen in Leipzig verlegte Ausgabe der Werke G-s eröffnete. Seit 1780 hatte er sich auch ernstlicher mit naturwissenschaftlichen Studien beschäftigt; erst war es die Mineralogie, dann die Osteologie u. Anatomie, hierauf namentlich die Botanik, die sein Interesse in Anspruch nahmen. Die schon längst gehegte Sehnsucht nach Italien kam endlich im Spätsommer 1786 zum Durchbruch. Nachdem er seit August in Karlsbad gelebt hatte, brach er von hier endlich 3. Sept. nach Italien auf u. traf 28. Sept. in Venedig ein; von da ging er über Ferrara, Bologna, Perugia nach Rom, wo er 1. Nov. anlangte u. bald darauf Tischbein, den Fürsten Liechtenstein, den Bruder der Gräfin Harrach, den italienischen Dichter Monti u. den deutschen Schriftsteller Moritz kennen lernte. G. hatte einen Theil seiner Schriften mit nach Italien genommen, wo dieselben theils umgebildet, theils abgeschlossen, theils der Vollendung näher geführt wurden; zuerst beschäftigte ihn die Iphigenie auf Tauris, die er in die reine Versform umschrieb, in welcher er sie im Jan. 1787 von Rom aus zum Druck nach Deutschland schickte. Mit Tischbein ging G. von Rom im Febr. 1787 nach Neapel u. im März nach Sicilien, verweilte dann im Sommer abermals in Rom u. reiste langsam nach Deutschland zurück, wo er im Juni 1788 wieder in Weimar eintraf. In Italien hatte er noch Erwin u. Elmire u. Claudine von Villa Bella neu bearbeitet; bereits auf der Rückreise wandte er sich dem Tasso, zu der in seiner neuen metrischen Form im Sommer 1788 zu Ende geführt wurde. Während seines zweiten Aufenthalts in Rom (1787) hatte er die letzte Hand an den Egmont gelegt u. den Faust wieder aufgenommen (die Scene in der Hexenküche entstand in Rom). Die Entwürfe zu zwei anderen Tragödien, Iphigenie in Delphi u. Nausikaa, kamen nie zur Ausführung; dagegen entstanden in Italien noch mehrere kleinere Dichtungen, sowie einige Aufsätze meist kunsttheoretischen Inhalts. Die Römischen Elegien sind jedoch nicht vor 1789 gedichtet.

Durch die italienische Reise fühlte sich G. in seinem inneren Dasein gehoben, in seiner Natur u. Bildung zu reinerer Harmonie vorgerückt, in seinem künstlerischen Streben gesichert. Auf seinen Wunsch von einem Theile der Staatsgeschäfte entbunden, lebte er in den ersten Jahren nach seiner Heimkehr sehr zurückgezogen; neben den botanischen u. osteologischen Studien traten jetzt namentlich optische Versuche in den Vordergrund; daneben beschäftigten ihn bes. Kunststudien, sowie die Redaction u. Herausgabe der nach Italien mitgenommenen Schriften. Unter den wenigen neueren Sachen, die er 1789 u. 1790 schrieb, sind zu nennen: Der römische Carneval; der Groß-Cophta, der in Beziehung zu der Französischen Revolution steht; die Venetianischen Epigramme, die Früchte einer Reise nach Venedig im Jahr 1790, wohin er der Herzogin Mutter entgegengereist war. Gleich nach[492] der Rückkehr von letzterer Reise folgte er dem Herzog nach Schlesien, wo er bei dem preußischen Heere war, u. traf erst wieder im Herbst in Weimar ein. Im Jahr 1791 übernahm G. die Leitung des neuerrichteten Hoftheaters, die er eine lange Reihe von Jahren hindurch behielt; 1792 wohnte er in Begleitung Karl Augusts dem Feldzuge des preußischen Heeres in der Champagne bei; auf der Heimreise verweilte er einige Wochen in Pempelfort bei Jacobi u. machte in Münster einen Besuch bei der Fürstin Gallitzin. Im Frühjahr 1793 ging er wieder zum Heere, um der Belagerung von Mainz beizuwohnen, u. kam erst im August nach Weimar zurück. Unterdessen schrieb er mit Bezug auf die Zeitverhältnisse Den Bürgergeneral, begann Die Aufgeregten, welche unvollendet geblieben sind, u. Die Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten; während des Bombardements von Mainz arbeitete G. an einer Nachbildung des Reinecke Fuchs. Im Jahr 1794 führte er die Redaction des Wilhelm Meister so weit, daß der Druck desselben beginnen konnte; zugleich entstanden seine Episteln in hexametrischer Form. Im Frühling desselben Jahres traten sich auch Schiller u. G. näher; beide Dichter hatten sich zwar schon vorher in Rudolstadt u. Weimar gesehen, vermochten sich aber nicht einander zu nähern; ein inniger Freundschaftsbund zwischen den beiden großen. Dichtern knüpfte sich seit einem Besuche G-s in Jena, als sich Schiller dessen Beistand bei der Herausgabe der Horen erbat. In neidlosem Wettstreit steigerten Beide ihre poetische Kraft u. ihre Kunstübung fortwährend, indem sie ununterbrochen ihre Ideen über die höchsten Aufgaben der Poesie austauschten, sich über ihre eigenen dichterischen Absichten aufklärten u. verständigten u. in schönster gegenseitiger Ergänzung ihrer Naturen gleichsam alle ihre Schöpfungen gemeinsam hervorbrachten. In den genannten Horen (1795–97) erschienen zunächst von G. außer mehreren der letzterwähnten Arbeiten auch der Benvenuto Cellini, ferner im Musenalmanach (1796–99) eine Reihe neuer Lieder u. Sprüche, die Venetianischen Epigramme, eine Anzahl neugedichteter Balladen, Alexis u. Dora, Euphrosyne u. einige andere Stücke in der Form der antiken Elegie. Mehrere von diesen Gedichten hatte G. in der Schweiz verfaßt, wohin er 1797 seinem aus Italien kommenden Freunde H. Meyer, einem gediegenen Kunsttheoretiker u. Kunsthistoriker, entgegengereist war. Eine bedeutende Stellung in der deutschen Literaturgeschichte nehmen die Epigramme ein, welche im Musenalmanach für 1797 unter dem Titel Tabulae votivae, Vielen, Einer u. Xenien erschienen, theils von G., theils von Schiller einzeln erfunden, aber nachher von Beiden gemeinschaftlich überarbeitet u. für den Druck angeordnet worden waren; vgl. Boas, Schiller u. G. im Xenienkampf, Stuttg. 1851, 2 Bde.; Saupe, Die Schiller-Goetheschen Xenien, Lpz. 1852; Boas u. Maltzahn, Schillers u. G-s Xenienmanuscript, Lpz. 1856. In diesen kleinen Dichtungen entfaltete sich G-s Humor siegreich in seiner Überlegenheit; sie gaben die Losung zu einer neuen Kraftperiode. Zu der positiveren Richtung der Poesie kehrte G. wieder zurück in Hermann u. Dorothea (zuerst als Taschenbuch für 1798, dann Braunschw. 1799 u.ö.), ein idyllisches Epos, dessen Stoff der Geschichte der ausgewanderten Salzburger Protestanten (1732) entnommen ist; es wurde von G. 1796 begonnen u. im folgenden Jahre vollendet. In letzterem machte G, auch den Entwurf zu einer anderen epischen Dichtung, welche jedoch später zu einer Novelle (vom Kind u. Löwen) wurde u. arbeitete am Faust fort. Dabei ruhten seine Kunst- u. Naturstudien keineswegs; die ersten wurden ganz bes. begünstigt, seit H. Meyer in Weimar lebte, mit dem er auch 1798–1800 eine artistische Zeitschrift, die Propyläen, herausgab. In denselben Jahren entstanden auch noch außer dem fertig gewordenen Theile der Achilleis, die Übersetzungen von Voltaires Mahomet u. Tancred der Entwurf zur Natürlichen Tochter, zu der ihm die 1799 erschienenen Memoiren der Prinzessin Stephanie de Bourbon-Conti die Materialien lieferten, der Anfang der Helene u. die Ausführung von Paläophron u. Neoterpe. Im Jahr 1803 war der erste Theil der Natürlichen Tochter beendet u. eine Anzahl neuer Lieder von hoher Schönheit gedichtet. In die beiden nächsten Jahre fallen Winckelmann u. sein Jahrhundert, die Übersetzung von Rameau's Neffe von Diderot u. die ersten Recensionen für die Jenaische Literaturzeitung. Mit dem Demetrius wollte G. seinem Freunde Schiller (gest. 9. Mai 1805) eine Todtenfeier bereiten, doch gab er diesen Plan wieder auf u. widmete dem Dahingeschiedenen im Epilog zur Glocke einen schönen Nachruf.

G. überlebte seinen Freund Schiller um 27 Jahre; er füllte dieselben noch mit einer Reihe schriftstellerischer Erzeugnisse der verschiedensten Art aus. Während sich unter letzteren Werke befinden, die zu seinen vollendetsten gehören, treten in anderen die Merkmale der mit dem Alter sinkenden schöpferischen Kraft unverkennbar hervor; das lehrhafte Element bekommt in seinem literarischen Wirken die Oberhand. Als Früchte seiner rein wissenschaftlichen Studien ließ er, nachdem er noch spät sich 1806 mit der ihm schon längst nahestehenden Fräulein Vulpius vermählt hatte, die Ideen über organische Bildung (Tüb. 1807) u. sein berühmtes Werk Zur Farbenlehre (ebd. 1810, 2 Bde.) erschienen. Von poetischen Productionen brachte er 1806 den ersten Theil des Faust zum Abschluß, dichtete das Jahr darauf den ersten Theil der Pandora u. schrieb das Mährchen Die neue Melusina, so wie an mehreren Erzählungen, die mit jenen nachher in die auch bereits jetzt schon schematisirten Wanderjahre eingeschoben wurden. Der reiche schöpferische Geist von ehedem zeigt sich auch noch in den Wahlverwandtschaften (1809); hierzu trat seine Selbstbiographie Aus meinem Leben, Dichtung u. Wahrheit (1810–1813, 3 Bde.), an welche sich außer dem vierten Theile (1816–21) die Italienische Reise (1814–17 u. 1828 f.) u. die Campagne in Frankreich (1821–1822) anschloß. Der Dichtung u. Darstellung gehören noch an der Westöstliche Divan (1819) u. Wilhelm Meisters Wanderjahre (in erster Gestalt 1821 beendigt, die zweite Bearbeitung 1825–29 ausgeführt); ferner die dramatische Arbeit Des Epimenides Erwachen (1815) u. die Zahmen Xenien (1821–23). Die weiteren Ergebnisse seiner Studien über Kunst legte er in der Zeitschrift Kunst u. Alterthum (Stuttg. 1816–26, 5 Bde.), so wie die über Naturwissenschaften in den Heften Zur Morphologie (Stuttg. 1827–28,6 Hefte) nieder. Nachdem er schon 1826 die Helena vollendet hatte, legte[493] er am Vorabend seines letzten Geburtstages noch die letzte Hand an den zweiten Theil des Faust, der jedoch erst nach seinem Tode erschien. Schon 1809 hatte sich G. der regelmäßigen Theilnahme an den Staatsgeschäften entheben lassen; im Frühjahr 1817 trat er auch von der Leitung des Theaters zurück. Im Jahr 1815 wurde er zum ersten Staatsminister ernannt u. 1825 sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum auf das Feierlichste begangen. Nach dem Tode Karl Augusts 1828 lebte er, zurückgezogen von Staatsgeschäften, abwechselnd in Jena, Weimar u. Dornburg, beglückt durch das heiterste Alter u. im Besitze der Achtung des gebildeten Europa. Unausgesetzt mit dem Studium der Natur u. seinen literarischen Arbeiten beschäftigt, starb er in Weimar am 22. März 1832. Sein Leichnam wurde in dem herzoglichen Erbbegräbniß beigesetzt.

G. bietet im Verlauf seines dichterischen Hervorbringens ein vollständiges Abbild von dem Entwickelungsgange der nationalen Poesie der Deutschen während der klassischen Periode. Man unterscheidet in seinem Dichterleben füglich drei Perioden, welche man die sentimentale Kraftperiode, die des Idealismus u. die auf das lehrhaft Bedeutsame gerichtete Zeit nennen kann (s. Deutsche Literatur). Die Glanzpunkte der ersten Periode bilden der Götz, ein Drama voll treuherziger altdeutscher Einfalt, aber auch echt deutscher Kraft u. Kernhaftigkeit, u. der Werther, der Ausdruck leidenschaftlicher Sentimentalität. Beide Werke machten nicht nur G-s Namen der gesammten deutschen Nation bekannt, sondern an ihnen zeigte sich überhaupt fast ganz allein der wahre Fortschritt, welchen die Literatur des Sturmes u. Dranges gegen die damals herrschende Richtung gewann. Hat auch G. in mehreren kleineren Stücken aus jener Zeit hie u. da einen Mißgriff gethan, so erscheint er doch um so reiner u. gefühlsinniger in einer Anzahl überaus schöner Lieder u. Romanzen, in denen zuerst wieder der verklungene Volkston wiederkehrt u. deren hingehauchte melodiöse Reize oft kaum beschreibbar sind. Alles was G. in jener Periode schuf, trug im Gegensatz zu dem Herkömmlichen den Charakter der Volksmäßigkeit, die er glücklicher erreichte, als das gleichzeitig auflebende Bardenthum. Während einer zwölfjährigen Zwischenzeit erhob sich G. aus der Befangenheit des vorigen Zeitalters auf einen höheren Standpunkt, trat durch das Stadium der objectiven Weltanschauung dem Gebiete der reinen Schönheit immer näher u. gelangte zu jener Idealität, welche als die edelste Frucht seiner Italienischen Reise erscheint. Die Iphigenia, so wie ein Theil des Tasso waren zwar schon früher entworfen, aber die unerreicht gebliebene Vollendung der Formen, in denen sie jetzt an das Licht traten, verdanken sie der harmonischen Stimmung, die sich G-s Gemüth unter dem italienischen Himmel mittheilte. Derselben Periode der Reise u. Idealität gehören noch an der Egmont, dessen im Ganzen ideale Haltung oft durch eine sehr gesunde Realität in den Volksscenen durchbrochen wird, ferner der Wilhelm Meister u. Hermann u. Dorothea. Im Wilhelm Meister spiegelt sich ganz jene Universalität des Goetheschen Geistes, welche noch großartiger im Faust zur Erscheinung kommt. Der Faust jedoch gehört weniger einer Periode als dem ganzen Leben G-s an. Da er, wie keine andere Dichtung irgend einer Nation, in gleichem Maße das Ungenügende des modernen Geistes an sich selbst u. den stetigen Kampf zwischen den Anforderungen des Materialismus u. Spiritualismus vor Augen führt, so ist der Faust, obgleich in seinem innersten Kerne deutsch gefühlt u. deutsch gedacht, das eigentlich moderne Weltgedicht geworden. An Hermann u. Dorothea hat G. an dem einfachen Stoff die schöpferischste Dichterkraft erprobt, welche in Verbindung mit homerischer Einfachheit diesem Gedichte vielleicht den höchsten allgemein-menschlichen Werth unter allen Dichtungen G-s verleiht. Die Werke, welche G. nach Schillers Tode in seiner letzten Lebensperiode schuf, nehmen immermehr den Charakter des Lehrhaften an, bis seine wissenschaftliche Thätigkeit über die schaffende u. darstellende das Übergewicht gewann. Doch kann man der Schöpferkraft, wie sie sich so lebendig noch in den Wahlverwandtschaften, dem Westöstlichen Divan, den Wanderjahren, seiner Selbstbiographie u. dem zweiten Theil des Faust äußert, seine Bewunderung nicht versagen. G. war es, wie nur wenigen bevorzugten Sterblichen, vergönnt, sein Leben bis auf den letzten Pinselstrich zu vollenden, so daß bei ihm selbst das höhere Alter im Buche seines Lebens kein leeres Blatt zurückgelassen hat. Phänomenartig u. ohne Beispiel erscheint die Mannichfaltigkeit u. Beweglichkeit des G-schen Geistes, der, wohin er sich auch wandte, überall Meisterhaftes u. Meistergiltiges schuf. Als Lyriker dichtete er die leichtesten, fröhlichsten, wie auch tiefstgefühlten Lieder, die erhabensten u. schwungvollsten Oden; die Elegie, die Romanze u. Ballade, das Epigramm, die Gnome u. das Sinngedicht wurde von ihm in den verschiedensten Gattungen gepflegt. Das Drama beherrschte er nach allen Formen u. Färbungen, die überhaupt nur gedacht werden können; ebenso das Epos von der idyllischen Gattung an bis zur erhabenen. Der deutsche, auf die höhere gesellschaftliche Bildung berechnete Roman wurde von G. zuerst begründet. Die gesammte Ästhetik wurde durch ihn in neue Bahnen gelenkt; noch in seinem Alter war G. auf dem Gebiete der literarischen u. artistischen Kritik thätig. Den Gewinn, welchen G. die Deutsche Sprache, namentlich die der Prosa verdankt, ist unberechenbar. G. hatte das Bestreben auf Begründung einer Weltliteratur u. sprach entschieden aus, daß zur Vermittlerin einer solchen keine andere so geschickt u. berufen sei, als die Deutsche Literatur u. der deutsche alles in sich aufnehmende, verarbeitende u. versöhnende Geist. Von der ungeheuren Wirkung, die G. im Inlande wie im Auslande ausgeübt hat, kann nichts einen anschaulicheren Begriff gewähren, als die umfangreiche Literatur (Goetheliteratur), welche über ihn u. seine Schriften schon bei seinem Leben, namentlich aber nach seinem Tode entstanden ist. Gegner von G. waren beim Beginn seiner Laufbahn F. Nicolai, später Kotzebue u. Pustkuchen, in neuerer Zeit W. Menzel u. Börne; auch Gervinus läßt ihm nicht überall Gerechtigkeit wiederfahren. Mehr Schaden als diese Gegner u. Beurtheiler haben jedoch die unberufenen Anbeter geschadet, welche ihm u. seinen Werken nichts gleich kommen lassen u. G. selbst durch Herabsetzung anderer großen Geister, wie namentlich Schiller's, erheben wollen; in dieser Beziehung hat bes. Riemer viel Schuld auf sich geladen. Andere Verehrer G-s, unter ihnen selbst Düntzer, fallen in[494] den Fehler, daß sie zufällige Nebenumstände seines Lebensganges mit unnützem Eifer nachspüren u. den Genuß seiner Werke durch schwellende Commentare u. äußerliche Erläuterungen verleiden; Andere, wie namentlich Göschel, sind in dem Irrthum befangen, daß sie ihre eigenen philosophischen od. theologischen Anschauungen in G-s Schriften wieder zu finden bemüht sind.

Zu den Schriften, welche über das Innerste G-s den gründlichsten Aufschluß geben, sind die wichtigsten seine verschiedenen Briefwechsel. Sie sind in chronologischer Folge: G-s Briefe an Leipziger Freunde (herausgeg. von O. Jahn, Lpz. 1849), an Merck (in drei Sammlungen, herausgeg. von Wagner, Darmst. 1835, 1838 u. Lpz. 1847), an F. H. Jacobi (herausgeg. von Max Jacobi, Lpz. 1846), an Lavater, 1774–83 (herausgeg. von H. Hirzel, Lpz. 1833), an Herder (herausgeg. von Düntzer u. Herder, Frkf. 1858), an Knebel 1778–1832 (herausgeg. von Guhraner, Lpz. 1851, 2 Bde.), an Klopstock 1776 (Lpz. 1833), an die Gräfin Auguste zu Stolberg (Lpz. 1839), an die Frau von Stein 1776–1828 (Weim. 1848–51, 3 Bde.), Briefwechsel mit Schiller 1794–1805 (Stuttg. u. Tüb. 1828–29, 6 Bde., zweite nach den Originalhandschriften vermehrte Ausgabe, Stuttg. u. Tüb. 1856, 2 Bde.), mit Zelter 1796–1832 (herausgeg. von Riemer, Berl. 1833–1834, 6 Bde.), mit A. W. Schlegel (Lpz. 1846), mit Fr. Freiherrn von Stein (herausgeg. von Ebers u. Kahlert, Lpz. 1846), mit Nicolaus Meyer 1800–31 (Lpz. 1856), mit Döbereiner (herausgeg. von O. Schade, Weim. 1856), mit Reinhard 1807–32 (Stuttg. 1850), mit Zauper seit 1821 (in dessen Studien über G., Bd. 2), mit Rath Grüner (Lpz. 1853), mit Chr. Fr. L. Schultz 1825–29 (Bonn 1836), mit Staatsrath Schultz (herausgeg. von Düntzer, Lpz. 1853) Hierzu kommen noch G-s Theaterbriefe (Berl. 1835), die Briefe u. Aufsätze aus den J. 1766–88 (herausg. von Schöll, Weim. 1846), Goethe u. Werther (herausgeg. von A. Kestner, Stuttg. 1854, 2. Aufl. 1855), Diezmanns Schrift: Aus Weimars Glanzzeit (Lpz. 1855), das Goethe-Schiller-Museum (herausgeg. von Diezmann, Lpz. 1858) u. die Sammlung von Goethes Briefe (Berl. 1856 etc.). Der Briefwechsel mit einem Kinde (Elisabeth von Arnim, geborene Brentano) ist unecht (Berl. 1835, 3 Bde., 1837, 1849). Vgl. Gervinus, Über den Goetheschen Briefwechsel, Lpz. 1836. Zu den wichtigsten Berichten der nahestehenden Zeitgenossen über G. gehören vor Allem: Eckermanns Gespräche mit G., Lpz. 1636, 2 Bde., 2. Aufl. 1837, Magdeb. 1848, 3 Bde.; ferner Falk, G. aus persönlichem Umgang dargestellt, Lpz. 1832, 2. Aufl. 1856; Riemer, Mittheilungen über G., Berl. 1841, 2 Bde.; Carus, Goethe. Zu dessen näherem Verständniß, Lpz. 1843; F. von Müller, G. in seiner praktischen Thätigkeit, Weim. 1832; Vogel, G. in amtlichen Verhältnissen, Jena 1834; Varnhagen von Ense, G. in den Zeugnissen der Mitlebenden, 1. Sammlung, Berl. 1823. G-s Leben u. Thätigkeit als ein Ganzes darzustellen versuchten Döring: G-s Leben, Weim. 1828, 2. Aufl. 1833; Goethe. Ein biographisches Denkmal, Jena 1840, 1849; G-s Selbstcharakteristik, Altenb. 1847; ferner Viehoff, G-s Leben, Stuttg. 1854, 4 Bde.; J. W. Schäfer, G-s Leben, Brem. 1851, 2 Bde., 2. Aufl. 1858; der Engländer G. H. Lewes, The life and works of G., Lond. 1655, 2 Bde., Lpz 1857 (deutsch von Freese, Berl. 1857–58, Bde.) u. K. Gödeke in seinem Grundriß zur Geschichte der deutschen Poesie, Hannover 1658, Bd. 2. Eine kurze biographische Schilderung gab Prutz, Lpz. 1856. Über einzelne Abschnitte od. Begebenheiten aus G-s Leben schrieben u.a.: Weismann (Aus G-s Knabenzeit 1757–59, Frkf. 1846), Döring (G. in Frankfurt a.M. 1757–75, Jena 1639); Abeken (Ein Stück aus G-s Leben, Berl. 1645); Jügel (Das Puppenhaus, Frkf. 1857); Düntzer (Freundesbilder aus G-s Leben, Lpz. 1853; Frauenbilder aus G-s Jugendzeit, Stuttg. 1852); Lehmann (G-s Liebe u. Liebesgedichte, Berl. 1852); Stöber (Der Actuar Salzmann, Frkf. 1653; Der Dichter Lenz u. Friederike von Sesenheim, Basel 1842); Nähe (Wallfahrt nach Sesenheim, herausg. von Varnhagen, Berl. 1840); Pfeiffer (G-s Friederike, Lpz. 1841); Merz (G. von 1770–73, Nürnb. 1850); Dayks (Jacobi in seinem Verhältniß zu seinen Zeitgenossen, bes. zu G., Frkf. 1848). Tabellarisch wurde das Leben G-s behandelt von R. Graf (Zeittafeln zu G-s Leben u. Wirken, Klagenf. 1853) u. E. J. Saupe (G-s Leben u. Werke in chronologischen Tafeln, Gera 1854). Aufschlüsse über das Verhältniß G-s zum Hofe von Weimar geben u.a. die Schriften von K. W. Böttiger (Literarische Zustände u. Zeitgenossen, Lpz. 1838, 2 Bde.); Wachsmuth (Weimars Musenhof 1772–1807, Berl. 1844); Wegele (Karl August, Groß herzog von Sachsen-Weimar, Lpz. 1850); Schröter (Luise, Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach, Weimar 1838); Stahr (Weimar u. Jena, Oldenb. 1852, 2 Bde.); Köpke (Charlotte v. Kalb u. ihre Beziehungen zu Schiller u. G., Berl. 1852); Schloenbach (Zwölf Frauenbilder aus der Goethe-Schiller-Epoche Hann. 1856); Kneschke (G. u. Schiller in ihrer Beziehung zur Frauenwelt, Nürnb. 1858); H. Schmidt (Erinnerungen eines Weimarischen Veteranen, Lpz. 1856); E. W. Weber (Der Freundschaftsbund Schillers u. G-s, Weim. 1854); Diezmann (G. u. die lustige Zeit in Weimar, Lpz. 1857; Weimar-Album, Lpz. 1858–59). Über G. als Dichter ist die bedeutendste Arbeit bis jetzt Rosenkranz, G. u. seine Werke, Königsb. 1847. Beiträge zur Charakteristik von G. u. seiner Thätigkeit nach den verschiedensten Seiten hin, boten A. Clemens (G. als Naturforscher, Frkf. 1844; G-s Aristokratismus, ebd. 1851); O. Schmidt (G-s Verhältniß zu den organischen Naturwissenschaften, Berl. 1853); W. Danzel (Über G-s Spinozismus, Hamb. 1843); Kayßler (Fragmente aus Platons u. G-s Pädagogik, Bresl. 1821); Oldenburg (Grundlinien der Pädagogik G-s, Zittau 1858); Yxem (G-s Charakter, Berl. 1831); F. von Müller (G. in seiner ethischen Eigenthümlichkeit, Weim. 1832): K. Grün (Über G. vom menschlichen Standpunkt, Darmst. 1846); J. L. Hoffmann (G-s Dichterwerth, Nürnb. 1851); Kurnik (G-s Frauen, Breal. 1849); H. Düntzer (G. als Dramatiker, Lpz. 1837); J. A. O. Lehmann (G-s Sprache u. ihr Geist, Berl. 1852); K. E. Schuberth (Zur Beurtheilung G-s, Berl. 1817, 1820, 2 Bde.); J. P. Eckermann (Beiträge zur Poesie mit besonderer Hinweisung auf G., Stuttg. 1823); C. F. Göschel (Unterhaltungen zur Schilderung Goethescher Dicht- u. Denkweise, Schleusingen 1834–1838, 3 Bde.); X. Marmier (Etudes sur G., Par. u. Strasb. 1835); Fr. Pfeiffer[495] (G. u. Klopstock, Lpz. 1842); F. Göschel (Hegel u. seine Zeit mit Rücksicht auf G., Berl. 1832); Emerson (Über Shakespeare u. G., aus dem Englischen von H. Grimm, Hann. 1856); H. Ulrici (Über Shakespeares dramatische Kunst u. sein Verhältniß zu Calderon u. G., Halle 1839). Der Tod des Dichters rief eine Anzahl von Reden u. Charakteristiken G-s hervor, wie von Eichstädt, Sendtner, Ouwarow, Morgenstern, ebenso die Säcularfeier von G-s Geburtstag im Jahre 1849, z.B. von Preller, C. H. Weiße, Carus, Abeken, Düntzer, Wolfgang Müller, Wenig, Maßmann etc. Viele Schriften G-s haben eine eigene Literatur, die des Faust läßt sich bereits kaum mehr übersehen u. ist in steter Vermehrung begriffen. Die wichtigsten Schriften zur Erläuterung u. zum Verständniß desselben aus neuester Zeit sind die von Weiße (Lpz. 1837), Hartung (Lpz. 1855), Jul. Mosen u. Stahr (Über G-s Faust, zwei dramaturgische Abhandlungen, Oldenb. 1845), Meyer (Studien zu G-s Faust, Alt. 1847); Düntzer (G-s Faust, vollständig erläutert, Lpz. 1851, 2 Bde., 2. Aufl. 1857), Paur (Bresl. 1853), Saupe (Lpz. 1856), Vischer (Zür. 1857), Schnetger (Über den zweiten Theil von G-s Faust, Lpz. 1859). Ein fast vollständiges Verzeichniß der Faustliteratur gibt Peter in der Literatur der Faustfage (3. Aufl. Lpz. 1858). Über den Götz schrieb Passow (Mein. 1851); über die Iphigenia auf Tauris, Hiecke (Zeit 1834–37), Viehoff (Emmerich 1838), Greverus (Oldenb. 1841), O. Jahn (Greifsw. 1843), Rinne (Lpz. 1849), Stahr (Iphigenia auf Tauris in ihrer ersten Gestalt, Oldenb. 1839) u. Düntzer (Die drei ältesten Bearbeitungen von G-s Iphigenia, Stuttg. 1854); ferner über den Tasso: Lewitz (Königsb. 1839), Eysell (Rinteln 1849), Eckardt (Bern. 1852) u. Düntzer (vollständige Erläuterung, Lpz. 1854); über Hermann u. Dorothea: W. von Humboldt (Ästhetische Versuche, Braunschw. 1799, Bd. 1), Yxem (Berl. 1836) u. Becker (Halle 1852); über den Westöstlichen Divan: Wurm (Commentar, Nürnb. 1834); über den Wilhelm Meister: Gregorovius (Königsb. 1849) u. Inng (Mainz 1854); über die Farbenlehre: von Henning (Berl. 1822), Grävell (G. im Recht gegen Newton, Berl. 1857) u. Aderholdt (Weim. 1858). Unter den Erläuterungsschriften zu G-s kleineren Dichtungen sind hervorzuheben die von Kannegießer (Vorträge über eine Auswahl von G-s lyrischen Gedichten, Bresl. 1835), Saupe (G-s u. Schillers Balladen u. Romanzen, Lpz. 1853), Viehoff (G-s Gedichte, Düsseld. 1846 ff., 3 Bde.) u. Düntzer (G-s lyrische Gedichte, Elberf. 1856). Von H. Düntzers Erläuterungen zu G-s Werken, welche eine Abtheilung der Hochhausenschen Sammlung, Erläuterungen zu den deutschen Classikern, bilden, sind seit 1854 die Erläuterungen zu Hermann u. Dorothea, Werther, Wilhelm Meisters Lehrjahren, Wahlverwandtschaften, den Wanderjahren u. Götz erschienen. Übersichten der gesammten Goetheliteratur gaben Lancizolle (Chronologisch-bibliographische Übersicht der deutschen Nationalliteratur, Berl. 1846; Übersicht der wichtigsten Schriften von u. über G., Berl. 1857) u. Gödeke (im Literar. Grundriß zur Geschichte der deutschen Poesie, Hann. 1859, Bd. 2). Ein in ihrer Art einzige Sammlung der Schriften von u. über G. besitzt der Buchhändler Salomon Hirzel in Leipzig; der Katalog derselben (Verzeichniß einer Goethebibliothek, Lpz. 1848) ist jedoch nicht im Buchhandel erschienen.

Die älteste Sammlung Goethescher Schriften erschien unter dem Titel D. Goethens Schriften, in 4 Theilen 1775–1779, in Berlin bei Himburg (2. Aufl. Frkf. u. Lpz. 1778–80, 4 Bde.). Hierauf erschienen G-s Schriften, Lpz. bei Göschen 1787–1790, 8 Bde.; G-s neue Schriften, Berl., Unger 1792–1800, 7 Bde.; G-s Werke, Tüb. bei Cotta 1806–8, 12 Bde.; G-s Werke, Stuttg. u. Tüb., Cotta 1815–19, 20 Bde.; G-s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand, Stuttg. u. Tüb. 1827–31, 40 Bde.; dazu G-s Nachgelassene Werke, Stuttg. u. Tüb. 1833–34, 15 Bde. od. Bd. 41–55, u. G-s nachgelassene Werke, Bd. 16–20, Stuttg. u. Tüb. 1842, 5 Bde. od. Bd. 56–604 seitdem erschienen G-s sämmtliche Werke in einer Prachtausgabe in 2 Bänden in Fol., 1836–37, in 40 Bänden, 1840, in 30 Bänden, 1850–51, 1857–58, u. in 40 Bänden (in der Cottaschen Sammlung der deutschen Klassiker). Keine dieser Gesammtausgaben ist jedoch mit der erforderlichen Kritik u. Sorgfalt besorgt. Nachträge zu G-s Werken sammelte Boas, Lpz. 1841, 3 Bde.

Von den zahllosen Bildnissen sind einer besonderen Erwähnung werth: der Stahlstich von Mayer nach dem jugendlichen Bilde von May; der große Kupferstich von Lips, die Lithographie nach Stieler, u. der Stich Sichlings nach G-s Bilde aus dem Greisenalter von Sebbers. G-s Büste von Alois Trippel in Rom, das Meisterwerk dieses Bildhauers (1787), befindet sich auf der großherzoglichen Bibliothek zu Weimar; ebendaselbst ist auch die Colossalbüste von David aufgestellt. Eine Büste von Rauch findet sich zu Jena (1820); die Büste G-s in der Walhalla wurde von Schadow nach einem Modelle Tiecks ausgeführt. Frankfurt hat seinem Mitbürger in der von Schwanthaler modellirten, von Stiglmayer gegossenen Statue (am 22. Oct. 1844) das schönste Denkmal errichtet. Minder werthvoll ist die Statue von Marchesi, die in der dortigen Bibliothek aufgestellt ist. Zu den schönsten Werken moderner Plastik zählt die Schiller-Goethe-Statue, entworfen von Rietschel, gegossen von Miller, welche bei Gelegenheit der Septemberfeste 1857 zu Weimar enthüllt wurde. Unter den verschiedenen Festlichkeiten, welche zu Ehren G-s seit dessen Tode veranstaltet wurden, nimmt die Säcularfeier des 100jährigen Geburtstages, welche 1849 zu Frankfurt u. Leipzig, bes. aber zu Weimar, feierlich begangen wurde, die erste Stelle ein. Bei Gelegenheit derselben wurde auch eine Goethestiftung angeregt, welche jährlich abwechselnd das beste Product der Schönen Literatur, Malerei, Sculptur u. Musik mit einem ansehnlichen Preise krönen will. Vgl. Liszt, De la fondation G. à Weimar, Lpz. 1851. Die in dem letzten Jahrzehnt zu einem förmlichen Cultus ausgeartete Verehrung G-s hat es sich auch angelegen sein lassen, an den verschiedenen Orten Deutschlands, die Häuser, welche der große Dichter bewohnte, od. die Plätze, welche er besucht, aufzusuchen u. auszuzeichnen, zu beschreiben u. abzubilden. Das Meiste derart bietet natürlich Weimar mit seiner Umgebung. Vgl. Diezmann, Weimar-Album. (Lpz. 1857 ff., mit Abbildungen). In Weimar selbst wird G-s Wohnhaus von allen Fremden besucht. In demselben sind auch G-s Kunstsammlungen aufgestellt, bestehend in Handzeichnungen, Kupferstichen, Ölgemälden, geschnittenen Steinen, Bronzen, Münzen, Majoliken, Mineralien[496] etc.; über dieselben hat G-s Secretär Schuchardt einen Katalog (Jena 1848–49, 3 Bde.) herausgegeben. Zahllos sind die Kupferstiche u. Illustrationen zu G-s Schriften; hervorzuheben sind Retzsehs Umrisse zum Faust, Kaulbachs Bilder zum Reineke Fuchs etc. Noch zahlreicher sind die Compositionen zu G-s Liedern, das beste in dieser Beziehung leisteten Beethoven, Himmel, Reichhardt, Romberg, Schubert, Zelter, Zumsteeg.

Der Großvater G-s, Friedrich Georg G., der Sohn Hans Christian G-s, eines Hufschmiedes zu Artern in Thüringen, war 7. Sept. 1657 geboren, kam als Schneidergesell nach Frankfurt a.M., verheirathete sich hier 1705 mit der wohlhabenden Wittwe Cornelia Schellhorn, geborene Walther (geb. 1668, gest. 26. März 1754). welche das Gasthaus zum Weidenhof auf der Zeil besaß, u. st. 13. Febr. 1730. Aus dieser Ehe stammte G-s Vater, Joh. Kaspar G., geb. im Juli 1710 in Frankfurt, wurde 1742 zum kaiserlichen Rath ernannt, vermählte sich 1748 mit Katharina Elisabeth Textor (geb. im Februar 1731, gest. 13. Sept. 1808) u. st. 27. Mai 1782. Er hatte zwei Kinder, außer dem Dichter Johann Wolfgang, noch eine jüngere Tochter; diese Schwester G-s, Cornelie Friederike Christiane G., wurde am 7. Dec. 1750 zu Frankfurt geboren, 1773 an Johann Georg Schlosser (s.d.) verheirathet u. starb in Emmendingen am 8. Juni 1778 im Wochenbette mit ihrer zweiten Tochter. G. selbst vermählte sich erst 19. Oct. 1806 mit Christiane Vulpius (s.d.), der Schwester des bekannten Verfassers des Rinaldo Rinaldini, nachdem er seit 13. Juli 1788 in Gewissensehe mit ihr gelebt u. ihm am 25. Dec. 1789 ein Sohn geboren worden war. Sie st. 6. Juni 1816. G-s Sohn, Julius August Walther von G., starb als großherzoglich sächsischer Kammerherr u. Geheimer Kammerrath am 27. Oct. 1830 auf einer Reise durch Italien in Neapel u. wurde in Rom an der Pyramide des Cestius beigesetzt. Er hatte sich mit der Freiin Ottilie von Pogwisch vermählt (sie st. 1856. in Dresden), aus welcher Ehe drei Kinder, Enkel G-s, entstammten. Das jüngste der letzteren starb in noch nicht vollendetem 16. Lebensjahre am 29. Sept. 1844 in Wien. Von den beiden Söhnen widmete sich Walther Wolfgang von G. der Musik, studirte dieselbe in Leipzig unter Mendelssohn u. Weinlig, sowie bei Loewe in Stettin, ging dann seiner weiteren künstlerischen Ausbildung wegen nach Wien u. lebt seit einiger Zeit als großherzoglicher Kammerherr zu Weimar im großväterlichen Hause. Er hat mehrere seiner Compositionen, namentlich für den Gesang, durch den Druck veröffentlicht. Sein jüngerer Bruder, Wolfgang Maximilian von G., studirte zu Bonn, Berlin, Jena u. Heidelberg die Rechte u. erwarb sich in letzterer Stadt mit der Schrift De fragmento Vegoiae, die juristische Doctorwürde u. gab hierauf die Schrift: Der Mensch u. die elementarische Natur (Stuttg. 1848) u. eine größere Dichtung: Erlinde (2. Aufl. Stuttg. 1851) heraus. Im Frühjahr 1852 wurde er der preußischen Gesandtschaft in Rom attachirt u. lebt gegenwärtig als preußischer Legationssecretär in Dresden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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