Napolĕon

Napolĕon

Napolĕon, aus der Familie Bonaparte (s.d.), Kaiser der Franzosen: 1) N. I, zweiter Sohn Carlo's Bonaparte, geb. den 15. Aug. 1769 in Ajaccio; General Graf Marboeuf, Gouverneur von Corsica u. Hausfreund seiner Familie, verschaffte ihm eine Stelle in der Militärschule von Brienne, wo er 1778–84 blieb; er kam dann in die von Paris, machte 1785 das Offizierexamen, wurde Unterlieutenant im Regiment la Fère u. ein Jahr später Oberlieutenant im vierten Artillerieregiment. In seiner Garnisonsstadt Valence betrieb er mit Eifer die Wissenschaften u. zeigte sich selbst als Schriftsteller, indem er eine Geschichte Corsicas begann. In der Revolution erklärte er sich für die Volkspartei u. wurde 1791, als Paoli in französische Dienste trat, um Corsica für die demokratische Partei zu gewinnen, demselben als interimistischer Commandeur eines Bataillons corsischer Nationalgarde beigesellt. In Corsica gehörte er zu der Partei, welche diese Insel Frankreich erhalten wollte; 1792 wurde er Capitän. Von Peraldi, seinem Gegner, angeklagt, als habe er die dortigen Parteikämpfe veranlaßt, ging N. nach Paris u. vertheidigte sich dort mit dem besten Erfolg. Nach seiner Rückkehr zeigte 1793 Paoli seine Pläne für Unabhängigkeit Corsicas u. für englisches Interesse deutlicher u. trat offen gegen den Convent auf, N. aber wurde, nachdem er mit der französischen Partei eine Niederlage erlitten hatte, geächtet u. mußte mit seiner Familie flieben. Nachdem er dieser einen Aufenthalt in Marseille verschafft hatte, begab er sich nach Nizza, wo er wieder in sein altes Regiment trat. Mit einem Pulvertransport, welchen er von Lyon u. Paris het beiführte, kam er 12. Septbr. 1793 zur Belagerung von Toulon. Hier wurde er von den Volksrepräsentanten Salicetti, Albitte u. Barras zum Bataillonschef ernannt u. bei der Krankheit des Generals Dutheil mit Führung der Belagerung beauftragt. Er traf geschickte Maßregeln gegen ein Fort, welches der Schlüssel der Festung war, u. bald räumten die Engländer den Platz, der sich nun am 20. Dec. 1793 ergab. Durch diese kühne That zog N. die Aufmerksamkeit der Armee u. der Volksvertreter auf sich u. wurde 7. Febr. 1794 zum Brigadegeneral der Artillerie ernannt. Nachdem er nun die Küste der Provence zur Vertheidigung gerüstet, begab er sich zur Armee von Italien u. übernahm das Tommando der Artillerie; dort wußte er seinen Plänen Geltung zu verschaffen, u. es gelang ihm, die Piemontesen zu vertreiben, die Vereinigung der Engländer u. Österreicher zu vereiteln u. Genuas Neutralität zu sichern. Da trat plötzlich am 9. Thermidor (27. Juli 1794) der Sturz der Schreckensherrschaft ein, u. N. wurde als Freund des jüngern Robespierre in Nizza verhaftet, jedoch bald wieder freigelassen. Der Repräsentant u. Präsident des Kriegscomités, Aubry, wollte ihn mit dem Commando einer Brigade zur Westarmee (in der Vendée) versetzen, aber er schlug dies aus u. lebte ohne Anstellung in Paris, bis Doulet de Pontécoulant, der neue Director des Kriegsausschusses, ihn in den topographischen Ausschuß für Italien berief. Beim Aufstand der Pariser royalistischen Sectionen gegen den Convent am 13. Vendémiaire (5. Octbr. 1795) empfahl Barras, Commandant en chef der Armee des Innern, N. als Untergeneral dem Convent, u. dieser zerstreute am 15. Vendémiaire (7. Oct.) durch ein fürchterliches Kartätschenfeuer an allen angegriffenen Punkten die Anrückenden. N. wurde am 16. Octbr. Divisionsgeneral u. am 26. Octbr., als Barras Director wurde, an dessen Stelle Obercommandant im Innern. Er heirathete am 9. März 1795 Josephine geb. Tascher de la Pagerie, Wittwe des Generals Beauharnais, u. ging, kurz vorher an Scherers Stelle zum General en chef der Italienischen Armee ernannt, 21. März nach Italien ab. Mit einem schwachen, muthlosen u. abgerissenen Heere begann er hier den Feldzug, trennte die Piemontesen von den Österreichern, siegte 11. April 1796 bei Montenotte, 14. bei Millesimo u. 15. bei Diego über Letztere, am 22. April bei Mondovi über Erstere; drängte 7. Mai die Österreicher über die Adda zurück u. siegte 10. Mai bei Lodi, worauf die Fürsten von Piemont, Parma u. Modena Frieden von ihm baten; am 15. Mai zog er in Mailand ein, s.u. Französischer Revolutionskrieg III. B). Diese Vortheile gaben ihm großes Selbstvertrauen u. machten zugleich das Directorium mißtrauisch gegen ihn, er war demselben jedoch unentbehrlich. In Oberitalien brach inzwischen ein Aufstand gegen die Franzosen, welche das Land schwer bedrückten, aus; nachdem er denselben unterdrückt hatte, begann er am 1. Juli die Blockade von Mantua, schlug Quasdanovich 3. Aug. bei Lonato u. 4. Septbr. bei Roveredo u. Wurmser am 4 Aug. bei Castiglione, 8. Septbr. bei Bassano u. 19. Septbr. bei S. Giorgio. Inzwischen hatte er seine Generale den Krieg gegen Toscana, den Kirchenstaat u. Neapel beginnen lassen, welche nun Frieden mit Frankreich schlossen, während er Oberitalien republikanisirte. Nachdem er darauf die Österreicher 15._– 17. Novbr. bei Arcole u. 14. Jan. 1797 bei Rivoli geschlagen u. 2. Febr. Mantua in Übergabe erhalten hatte, brach er in Österreich selbst ein, worauf er am 18. April 1797, gerade als seine Lage anfing bedenklich zu werden, den Präliminarfrieden[671] von Leoben schloß, welchem am 17. Octbr. 1797 der Definitivfriede von Campo Formio folgte, worauf er 12. Mai Venedig angriff, wo er dann die Regierung ebenso stürzte, wie nach Kurzem in Genua; über alles dies ausführlich s. Französischer Revolutionskrieg III. C) N., fortwährend von dem Directorium mit Mißtrauen betrachtet, ward nun aus Italien abberufen u. als Deputirter zum Congreß nach Rastadt gesendet, ging aber bald nach Paris, wo er 5. Dec, 1797 ankam. Das Directorium fürchtete indessen den Enthusiasmus der Franzosen für ihn u. benutzte, nachdem er die Ausführung eines Angriffs auf England bald aufgegeben hatte, N-s Plan auf Ägypten, um ihn aus Frankreich zu entfernen. Am 19. Mai 1798 segelte er mit 30,000 Mann von Toulon nach Ägypten ab, eroberte unterwegs im Juni Malta u. landete am 1. Juli bei Alexandria, das er mit Sturm nahm. Er drang nun nach Kairo vor, siegte am 21. Juli bei den Pyramiden, zog 25. Juli in Kairo ein u. organisirte darauf das Land französisch, suchte aber vergebens die Muselmanen zu gewinnen; durch die Vernichtung der französischen Flotte bei Abukir, 1. Aug., gerieth er in ernste Verlegenheit, u. von der Pforte von Syrien aus angegriffen, ging er den Türken im Februar 1799 entgegen, aber scheiterte an der tapfern Vertheidigung, von St. Jean d'Acre, zog sich im Mai nach Ägypten zurück, unterdrückte den hier inzwischen ausgebrochenen Aufstand gegen die Franzosen, schlug 25. Juli die Türken bei Alexandria, übergab dann 21. Aug. Kleber das Commando u. schiffte sich heimlich am 23. Aug. nach Frankreich ein; über alles dies s. Französischer Revolutionskrieg IV. Am 9. Octbr. landete er in Frejus, eilte nach Paris, hob am 18. Brumaire (9. Novbr. 1799) das Directorium auf, indem er mit dem Bayonnet den Rath der Alten u. der Fünfhundert in St. Cloud auseinander jagte, stellte sich nun, mit Sieyès u. Ducos zu Tonsuln gewählt, an die Spitze der Regierung u. besetzte die wichtigsten Stellen mit seinen Brüdern u. Anhängern, versprach den Frieden, reorganisirte das Heer, ordnete die Finanzen, befahl die Abfassung eines Civilcodex etc. Nach der Tonstitution vom 15. Decbr. wurde er zum Ersten Consul auf 10 Jahre ernannt, worauf er die Emigrantenliste schließen ließ u. vielen Ausgewanderten die Rückkehr nach Frankreich gestattete. N. ließ, da England u. Österreich den angetragenen Frieden zurückgewiesen, am 14. April 1800 den Feldzug in Deutschland eröffnen u. brach selbst den 6. Maigegen Italien auf, faßte, indem er über den St. Gotthard u. andere Übergänge hereinbrach, die Österreicher strategisch im Rücken u. lieferte ihnen am 14. Juli die siegreiche Schlacht von Marengo, zwang den österreichischen General Melas zu einem Vertrag, worin derselbe den Franzosen ganz Oberitalien einräumte (s. Französischer Revolutionskrieg III. G), u. kehrte, nachdem er hier die Ligurische Republik reorganisirt hatte, am 3. Juli nach Paris zurück. Immer mehr schwanden nun die republikanischen Formen, immer mehr wußte N. die Regierung auf sich zu beziehen u. so das Volk an eine monarchische Regierung zu gewöhnen. Mehre Verschwörungen gegen N-s Leben, darunter die Höllenmaschine am 24. Decbr. u. Arena's u. Cerachi's Attentate, mißlangen in dieser Zeit u. wurden von N. benutzt, sich seiner Feinde zu entledigen. Am 9. Febr. 1801 kam der Frieden zu Lüneville, bald darauf die Friedenstractate mit Neapel, Baiern, Portugal u. Rußland, ein Concordat mit dem Papst u. ein Präliminarfriede mit England u. der Pforte zu Stande, u. am 9. Nov. konnte Frankreich, zum ersten Male seit dem Beginn der Revolution, ein allgemeines Friedensfest feiern. N. wendete nun seine Sorge auf das Innere, s. Frankreich (Gesch.) VIII. D). Zufolge der Entscheidung des Tribunals u. des Gesetzgebenden Körpers, sowie der Abstimmung des Volks. wurde er vom Senat am 2. Aug. 1802 zum lebe stänglichen Consul ernannt, nachdem er schon früher die Ernennung zum Präsidenten der Cisalpinischen (später Italienischen) Republik angenommen hatte. Eine neue Constitution vom 4. Aug. gab ihm fast monarchische Gewalt. 1803 führte er, bei dem Entschädigungsgeschäfte des Deutschen Reichs, eine entscheidende Stimme, zwang die Schweizer Eidgenossenschaft, ihn als Vermittler anzuerkennen, besetzte Parma u. vereinigte Piemont u. Elba mit der Französischen Republik. England protestirte hiergegen, u. dies führte früher, als N. es wünschte (Mai 1803), zum Bruch. Er ließ Hannover besetzen u. führte zugleich das Continentalsystem (s.d.) ein. England stiftete eine Verschwörung gegen N. an, welche jedoch durch die Verhaftung der Anführer, Pichegru's, Cadoudal's u. einer Menge Mitwissender, worunter auch Moreau war, vereitelt wurde. Diese Verschwörung gab N. Anlaß, den Herzog von Enghien, auf neutralem Gebiet, zu Ettenheim im Badischen, nahe an der französischen Grenze, aufzuheben u. nach kriegsrichterlichem Urtheil in Vincennes erschießen zu lassen. Jetzt ließ N., um so einer Coalition Europas gegen ihn zu begegnen, am 18. Mai 1804 sich durch den Senat als Napoleon I. zum Erbkaiser der Franzosen ernennen, u. in seinen Brüdern u. Verwandten umgab N. den Thron mit Großdignitären u. in den vorzüglichsten Generalen mit Marschällen. Den 2. Decbr. 1804 verrichtete der Papst die Kaiserkrönung, doch setzte N. sich u. seiner Gemahlin die Krone selbst auf. Die Cisalpinische Republik ernannte N. am 15. März 1805 zum König von Italien, u. er wurde am 26. Mai als solcher gekrönt, worauf er seinen Stiefsohn, Eugene Beauharnais, zum Vicekönig erhob. Genua, Parma u. Piacenza vereinte N. mit Frankreich, die bisherige Republik Lucca erhielt aber N-s Schwester Elise u. ihr Gatte Felix Bacciocchi, Fürst von Piombino. Um eine Landung in England auszuführen, versammelte N. nun Heere bei Boulogne u. Utrecht. Österreich u. Rußland verbanden sich jedoch mit England. Dagegen ging N. im Septbr. 1805 über den Rhein, machte Bündnisse mit Baiern, Württemberg u. Baden, siegte 20. Octbr. über die Österreicher bei Ulm u. 2. Decbr. über die Russen bei Austerlitz u. schloß von Schönbrunn aus, wo er 13. November eingetroffen war, am 26. December mit Österreich den Frieden von Presburg, durch welchen Österreich Venedig an Frankreich verlor. Mit Rußland machte er gar keinen Frieden, sondern ging nach Paris zurück, wo er 27. Jan. 1806 anlangte; s. darüber das Ausführliche unter Österreichisch-Französischer Krieg von 1805. Preußen entsagte jetzt dem russischen Bündniß u. brach, durch die Annahme Hannovers, offen mit England. N-s Größestieg jetzt bedeutend; Neapel, mit den Russen u. Österreichern alliirt, wurde erobert u. dem Bruder N-s, Joseph, als Königreich gegeben; der andere Bruder, Ludwig, zum König von Holland, seine Schwester zur Herzogin von [672] Guastalla, Murat zum Großherzog von Berg u. Berthier zum Herzog von Neufchatel erhoben. Sich selbst erklärte er zum Haupt der Familie, deren Glieder ihm mit ihren Ländern zu Gehorsam verpflichtet waren. Seinen Generalen gab er in den eroberten Ländern reiche Dotationen u. schuf neben dem Dienste einen Erbadel. Am 12. Juli 1806 schloß er den Rheinbund, vermöge dessen er sich zum Protector eines Theils von Deutschland erklärte, u. am 6. August ward darauf das Deutsche Reich aufgelöst. Nun trat Preußen mit Sachsen gegen Frankreich auf; allein N. siegte entscheidend 14. Oct. bei Jena u. Auerstädt, zog 27. Oct. in Berlin ein, von wo aus er über die englischen Häfen die Blockade aussprach u. allen Verkehr mit England verbot, nahm fast alle preußischen Festungen u. besiegte auch die anrückenden Russen 25. Jan. 1807 bei Mohrungen u. 7. u. 8. Febr. bei Eylau, eroberte durch Lefebre 24. Mai Danzig u. siegte nach mehrern Gefechten 14. Juni bei Friedland, so daß sich Preußen u. Rußland zu dem Tilsiter Frieden genöthigt sahen; s. hierüber Preußisch-Russischer Krieg gegen Frankreich von 1806 u. 1807. Aus den von Preußen u. Hannover abgetretenen Staaten u. denen des vertriebenen Kurfürsten von Hessen u. des Herzogs von Braunschweig bildete N. das Königreich Westfalen u. machte seinen Bruder Jerome zum König; den abgerissenen Theil von Polen gab er als Großherzogthum Warschau dem König von Sachsen, der sich von Preußen getrennt u. später für ihn gefochten hatte. Das Continentalsystem gegen England ward nun weit strenger ausgeführt, das Haus Braganza in Portugal, als mit England verbündet, im Nov. 1807 gestürzt; Hetrurien, Kehl, Kastel, Vliessingen u. Wesel mit dem Französischen Reiche vereinigt. Unter dem Vorwand der Bezwingung Portugals schickte N. 1808 ein französisches Heer nach Spanien u. zwang Ferdinand VII., wie dessen Vater, Karl IV., zu Bayonne, der Krone Spaniens zu entsagen, worauf er dieselbe seinem Bruder Joseph übergab. Ein erbitterter Volkskrieg entspann sich nun auf der Pyrenäischen Halbinsel, der von den Engländern unterstützt ward u. den N-s Gegenwart, im Oct. 1808, nicht zu entscheiden vermochte, s. Spanisch-Portugiesischer Krieg. An Josephs Stelle machte er Murat zum König von Neapel u. den Sohn seines Bruders Ludwig zum Großherzog von Berg. Der Kaiser von Rußland, Alexander, 27. Sept. 1808 von ihm nach Erfurt zu einem Congreß eingeladen, ertheilte seine Zustimmung zu allen diesen Maßregeln. Der Krieg mit Österreich entbrannte 1809 aufs Neue; auch hier siegte N. 22. April bei Eckmühl, erhielt 12. Mai Wien durch Capitulation, wurde zwar 21. Mai bei Aspern u. Esling geschlagen, siegte aber 6. u. 7. Juli entscheidend bei Wagram; das Nähre s.u. Österreichisch-Französischer Krieg von 1809. Noch vor dem diesen Krieg endigenden Wiener Frieden (14. Oct. 1809) machte Stapß (s.d.) am 13. Oct. in Schönbrunn einen Mordversuch auf ihn. Während N-s Siegen gegen Österreich hatten die Engländer Walcheren u. die Ionischen Inseln erobert, u. der Papst, durch die Vereinigung des Kirchenstaats mit Frankreich beleidigt, N. in den Bann gethan. N. eroberte jedoch Walcheren wieder u. ließ den Papst gefangen nach Fontainebleau bringen.

Die Zeit des Friedens benutzte N. zur Ausführung großer Bauwerke, zur Anlegung von Industrieanstalten, Kanälen u. Chausseen. Da ihm inzwischen ein Erbe fehlte. u. er von seiner alternden Gemahlin Josephine einen solchen nicht mehr hoffen konnte, so ließ er sich durch Senatsbeschluß vom 16. Dec. von ihr scheiden u. vermählte sich am 11. März (2. April) 1810 mit Maria Luise, Tochter des Kaisers von Österreich, welche ihm 20. März 1811 einen Sohn (s. N. 2), gebar. Die Vereinigung Hollands mit Frankreich 9. Juli 1810, nach König Ludwigs Abdankung, u. die Zuziehung der Mündungen der Ems, Weser u. Elbe bis Lübeck, so wie des. Landes, westlich einer Linie, von Wesel bis Lübeck, zum Französischen Kaiserreiche u. die Besatzung von Schwedisch Pommern erregte Differenzen mit Rußland, die im Sommer 1812 zum Krieg mit diesem Reich führten; N. führte über (Million Franzosen, Polen, Deutsche (mit Einschluß einer Hülfsarmee Österreichs u. Preußens), Italiener u. Spanier dahin, schlug die Russen 17. August bei Smolensk u. 7. Sept. bei Mosaisk u. zog 15. Sept. in Moskau ein, welche Stadt darauf in Flammen aufging. N., lange durch Unterhandlungen aufgehalten, begann endlich den 19. Oct. den Rückzug, übergab am 4. Dec. dem König von Italien die Führung seiner Armee, welche durch Kälte, Hunger u. das Schwert der Verfolger ihren Untergang fand, u. kam den 18. Dec. in Paris an; über diesen Krieg s.u. Russisch-Deutscher Krieg gegen Frankreich 1812–15. Während N. in Rußland abwesend war, machte Mallet (s.d.) eine Verschwörung zu seinem Sturze, welche jedoch mißlang. Schon im April 1813 führte N. eine neugeschaffene Armee in das Feld u. drängte die Russen u. die mit denselben alliirten Preußen durch die Schlachten bei Lützen (2. Mai) u. Bautzen (20. Mai) nach Schlesien, wo ein Waffenstillstand geschlossen wurde (s. ebd.). Allein vergebens hegte N. die Hoffnung, den Frieden eintreten zu sehen, die Feindseligkeiten begannen vielmehr am 17. August von Neuem. Für die Alliirten traten nun Österreich u. Schweden mit auf. Zwar siegte N. am 27. August bei Dresden, allein seine Heere wurden fast gleichzeitig bei Großbeeren, an der Katzbach u. bei Kulm, später bei Dennewitz u. hauptsächlich am 16. Oct. u. den folgenden Tagen in der Völkerschlacht bei Leipzig entscheidend geschlagen, u. er verließ, nachdem er sich bei Hanau durchgeschlagen hatte, Deutschland. Von Paris aus schuf er ein neues Heer u. rückte schon im Januar 1814, nachdem er die Krone Spanien an Ferdinand VII. zurückgegeben u. den Papst nach Rom entlassen hatte, gegen den nun in Frankreich eindringenden Feind; von allen Seiten. gedrängt u. nach mehrern Schlachten, von denen, er die bei Brienne am 29. Jan. u. die bei Arcis sur Aube am 20. März verlor, wollte er endlich durch einen Marsch in dem Rücken der Verbündeten diese zum Umkehren bewegen, diese aber, statt zurückzugehen, marschirten gerade auf Paris, welches am 31. März capitulirte, worauf der Senat 1. April N-s Absetzung decretirte (s.u. Russisch-Deutscher Krieg gegen Frankreich 1812–1815). In Fontainebleau erhielt N. die Nachricht von der Capitulation von Paris u. seiner Entsetzung, trat nun in Unterhandlungen mit den Alliirten u. unterzeichnete den 11. April seine Thronentsagung, wogegen er die Souveränetät über Elba u. gewisse Summen für sich u. seine Familie erhalten sollte. Seine Gemahlin u. sein Sohn wurden von ihm getrennt u. nach Wien gebracht. Er reiste mit Commissarien der Verbündeten 20. April von Fontaineblean[673] ab u. schiffte sich am 28. April von St. Rapheau nach Elba ein, wo er 3 Mai ankam.

Auf Elba lebte er in scheinbarer Unthätigkeit, bis ihm Nachrichten aus Frankreich zukamen, die ihm die Anhänglichkeit des Volks, bes. der Soldaten, Bauern u. Käufer von Nationalgütern, so wie gegentheilig die Abneigung gegen dte auf dem Throne restituirten Bourbons versicherten. Da verließ er, auf sein Glück u. auf die Uneinigkeit der zu Wien versammelten Monarchen bauend, mit 900 M. am 26. Febr. 1815 Elba, landete am 1. März unangefochten auf der Rhede des Golfs von Juan u. ging gerade auf Paris los. Vergebens suchte ihm 7. März Labédoyère auf der Straße von Grenoble den Weg zu versperren, Alles fiel ihm unterwegs zu, u. er kam, ohne einen Schuß zu thun, am 20. März in Paris an, welches Ludwig XVIII. kurz zuvor verlassen hatte. Er verkündigte eine Constitution geben zu wollen, wählte ein Ministerium, traf alsbald Anstalten, welche das Volk befriedigten, suchte die Fürsten Europa's durch die Versicherung, in Frieden mit ihnen leben zu wollen, für sich zu gewinnen u. erbat sich von dem österreichischen Kaiserhofe die Rücksendung von Gemahlin u. Sohn. Sämmtliche alliirte Mächte erklärten sich indessen 13. Mai von Wien aus gegen ihn. Nachdem er 1. Juni noch das Marsfeld, in Nachahmung der alten Volksversammlungen durch Deputirte beschickt, abgehalten hatte, wo er das Land über das Kaiserreich abstimmen ließ u. ein Repräsentationssystem u. freie Presse versprach, brach er, indem er sich im Innern durch die Nationalgarden gesichert glaubte, am 15. Juni gegen das englisch-preußische Heer in Belgien auf. Zwar siegte er 16. Juni über die Preußen bei Ligny, aber 18. Juni von dem englischen u. preußischen Heere bei Waterloo gänzlich geschlagen, zog er sich 20. Juni nach Paris zurück, wo er in den versammelten Kammern eine sehr ungünstige Stimmung für sich fand; s. Russisch-Deutscher Krieg von 1812–1815. Als die Verbündeten uahten, dankte er den 22. Juni zu Gunsten seines Sohnes ab. Er wollte sich zu Rochefort nach Amerika einschiffen. Hier aber war der Hafen durch englische Schiffe gesperrt, u. aus Furcht, in die Hände der Continentalmächte zu fallen, begab er sich den 15. Juli an den Bord des englischen Kriegsschiffs Bellerophon, in der Meinung, nach Amerika übergeschifft zu werden. Dies geschah indessen nicht, er wurde vielmehr nach England gebracht u. ihm im Hafen von Portsmouth am 30. Juli eröffnet, daß er nach dem Willen der alliirten Mächte, zum Schutz der Ruhe von Europa, nach der Insel St. Helena gebracht werden sollte. Er mußte also 7. Ang. an Bord des Schiffs Northumberland gehen u. wurde mit wenig Getreuen (Las Cases, Dr. O'Meara [welche indeß 1816 entfernt wurden], Bertrand, Montholon, der Arzt Antommarchi n.A.) an den Ort seines Exils gebracht, wo er 16. Oct. anlangte u. dort unter dem Befehl des Gouverneurs Hudson Lowe als Staatsgefangener, jedoch nur von fern bewacht, gehalten wurde. Den größten Theil seiner Zeit wendete er dort auf die Abfassung seiner Memoiren u. st. am 5. Mai 1821 am Magenkrebs; seine Leiche wurde in einem Thal, welches oft das Ziel seiner Spaziergänge gewesen war, in einer schlichten Gruft beigesetzt, aber am 18. Oct. 1840, laut eines Beschlusses der französischen Deputirtenkammer unter dem Ministerium Thiers, durch die französische, vom Prinzen Joinville commandirte Fregatte Belle-Poule unter Erlaubniß des englischen Ministeriums weggeführt, über Cherbourg nach Paris gebracht u. im Dom der Invaliden feierlich beigesetzt.

Die echten Schriften N-s (darunter seine erste, Le souper de Beaucaire, Avign. 1793) erschienen zuerst als Oeuvres in 5 Bdn., Par. 1821 f., neue Ausgabe 1852; seine Mémoires pour servir à l'histoire de France sous N. ecrites à St. Hélène sous la dictée de l'Empereur par les généraux, qui ont partagé sa captivité, et publiés sur les manuscrits entièrement corrigés de sa main (Lond. u. Par. 1822–24, 8 Bde., 2. vermehrte Aufl. Par. 1830, 9 Bde.; deutsch Berl. 1823–25, 9 Bde.) wurden von den Generalen Gourgaud u. Montholon veröffentlicht, neben welchen folgende Memoiren, Sammlungen u. Berichte sich noch mehr od. weniger auszeichnen: O'Meara, N. in exile, or A voice from St. Helene, Lond. 1822, 2 Bde. (deutsch Stuttg. u. Tüb. 1822, 2 Bde.); Las Cases, Mémorial de St. Hélène, ou Journal ou so trouve consigné jour par jour ce qu'a dit et fait N. durant dix huit mois, Par. 1823 u.ö., 8 Bde. (deutsch Stuttg. 1823–26, 9 Bde.), Guille u. Musset-Pathey, Suite au mémorial de St. Hélène, Par. 1824; Antommarchi, Mémoires, ou derniers moments de N., Par. 1825, 2 Bde. (deutsch Tüb. 1825, 2 Bde.); Recueil de pièces authentiques sur le captif de St. Hélène, Par. 1822–25, 12 Bde. (eine Sammlung von Proclamationen, Tagesbefehlen u. Aufsätzen etc., die N. verfaßt hat); Correspondance de N. (auf Befehl Napoleons III. herausgegeben), Bd. 1–3, ebd. 1856–60; Hudson Lowe, Mémoire relatif à la captivité de N. à St. Hélène, ebd. 1830, 2 Bde. (deutsch. Stuttg. 1830, 2 Bde.); Forsyth, Geschichte der Gefangenschaft N-s auf St. Helena nach den Memoiren u. Briefen von Hudson Lowe, Lpz. 1853, 2 Bde.; Beauvais, Correspondance inédite officielle et coufidentielle de N. Bonaparte avec les cours étrangères, Par. 1829, 2 Bde.; Biographie des contemporains par N., Par. 1824 (welche die von N. auf St. Helena über seine Zeitgenossen ausgesprochenen Urtheile alphabetisch geordnet enthält); Fleury de Cheboulon, Mémoires pour servir à l'histoire du retour et du régne de N. en 1825, Lond. 1820 u.ö., 2 Bde. (deutsch Lpz. 1820); Bousset, Mémoires anecdotigues sur l'intérieur du palais impérial, Par. 1827, 2 Bde., Fortsetzung, ebd. 1828, 2 Bde. (deutsch Darmst. 1827–29, 4 Bde.); Thibaudeau, Mémoires secrètes sur la cour des Tuileries. von 1799–1804, Par. 1827; Le cabinet des Tuileries. ebd. 1827; Durand, Mes souvenirs sur N. etc. ebd. 1819, 2 Bde. (deutsch Dresd. 1821), dann unter dem Titel Mémoires sur N., l'imperatrice Marie Louise et de cour des Tuileries, Par. 1828, 2 Bde.; Bourrienne, Mémoires sur N., le Directoire, le Consulat, l'Empire et la Restauration, ebd. 1829 f., 10 Bde. (deutsch Stuttg. 1829 f., 4 Bde.); Villemarest, Mémoires, de Constant premier valet de chambre de l'Empereur, depuis 1799–1814, sur la vie privée de N., sur sa famille et sa cour, Par. 1830 f., 6 Bde. (deutsch Lpz. 1830 f., 6 Bde.); Maitland, Narrative of the surrender of Bonaparte and of his residence on board H. M. S. Bellerophon, Lond. 1826 (deutsch Dresd. 1826); Fain, Manuscrit de 1812, contenant le précis des [674] événements de cette année pour servir a l'histoire de l'Empereur N., Par. 1827, 2 Bde. (deutsch Gotha 1832, 2 Bde); Manuscrit de 1813 etc., Par. 1824–25 (deutsch Lpz. 1825, 2 Bde.); Manuscrit de 1814 etc., Par. 1843 u.ö. (deutsch Berl. 1823); Norvins, Portefeuille de 1813 etc., Par. 1825, 2 Bde. (deutsch Ilmenau 1826, 2 Bde.); Abrantes, Mémoires sur N. etc., Par. 1830–38, 18 Bde. (deutsch Lpz. 1831–35, 18 Bde.); Marmont, Mémoires de 1792–1841, Par. 1856, 9 Bde. (deutsch Halle 1857, mit denen gleichzeitig die Memoiren des Grafen Miot erschienen); Meneval, N. et Marie Louise, souvenirs historiques, Par. 1843 u. ö, 3 Bde. (deutsch Lpz. 1844 f., 3 Bde.); Montholon, Histoire de la captivité de St. Hélène, Par. 1846 (deutsch Lpz. 1846); M. de St. Hilaire, Souvenirs intimes du temps de l'empire, Par. 1860. Unter den im Lauf dieses Jahrh. erschienenen zahlreichen Geschichtswerken über N. führen wir folgende an: Coston, Biographie des premiers années de N. Bonaparte, depuis sa naissance jusqu'à l'epoque de son commandement en chef de l'armée d'Italie, Valence 1840, 2 Bde. (deutsch Lpz. 1840, 3 Bde.); Arnault, Vie politique et militaire de N. etc., Par. 1822–26, 3 Bde. (deutsch Frankf. 1826); Gallois, Histoire de N. d'après lui même, Par. 1825 (deutsch Frankf. 1829); Bergk, Leben des Kaisers N, Lpz. 1825, 4 Bde.; Kolb, Lebensgeschichte N-s, Speier 1826 f., 7 Bde.; Laurent, Histoire de N., Par. 1826, Lpz. 1840; Thibaudeau, Histoire générale de N., Par. 1827 f., 6 Bde. (deutsch Stuttg. 1827–30, 6 Bde.); Norvins, Histoire de N., Par. 1827–28, 4 Bde. (deutsch 1828–30); Buchholz, Geschichte N. Bonapartes, Berl. 1827–1829, 3 Bde.; Jomini, Vie politique et militaire de N., raconté par lui même au tribunal de Cesar, d'Alexandre et de Frédéric II., Par. 1827, 4 Bde. (deutsch Tüb. 1828–29, 4 Bde.); W. Scott, Life of N. Bonaparte, Edinb. 1827, 9 Bde. (deutsch Stuttg. 1827, 9 Bde.); Hazlitt, Life of N., Lond. 1828, 4 Bde. (deutsch Lpz. 1835, 2 Bde.); Bailleul, Histoire de N. Bonaparte, Par. 1829–39, 4 Bde.; Schlosser, Zur Beurtheilung N-s u. seiner neuesten Tadler u. Lobredner, Frankf. 1833–35, 3 Bde.; Hugo, Histoire de l'Empereur N., Par. 1833 (deutsch Stuttg. 1840); Becker, Napoleon, Lpz. 1838–39, 2 Bde.; Mitchell, Life of N., Lond. 1839, 3 Bde.; St. Hilaire, Histoire populaire, anecdotique et pittoresque de N. et de la Grande armée, Par. 1842, 2 Bde.; Michaud, Vie publique et privée de N. Bonaparte, Par. 1844 (deutsch Lpz. 1846); Thiers, Histoire du Consulat et l'Empire, Par. 1845–60, Bd. 1–17 (deutsch Lpz. 1845–60); Rath, Napoleon, Stuttg. 1843, 2 Bde. Über N-s Feldzüge schrieben: Mathieu Dumas, Précis des événements militaires, ou Essais historiques sur les campagnes de 1799 à 1814, Par. 1800–1824, 16 Bde.; Mignard, Biographie du général Testot-Ferry vétéran des armées républicaines et impériales et exposé des événements militaires 1792–1815, Par. 1859; Jomini, Histoire critique et militaire des guerres de la révolution, 2. Aufl. Par. 1820–24, 15 Bde.; Foy, Histoire de la guerre de la péninsule sous N., Par. 1827, 4 Bde.; Suchet, Mémoires sur les campagnes en Espagne depuis 1808–14, ebd. 1829; Pelet, Mémoires sur la guerre de 1809 en Allemagne etc., ebd. 1824, 2 Bde.; Chambray, Histoire de l'expédition de Russie, ebd. 1825, 3 Bde.; Ségur, Histoire de N. et de la Grande armée pendant l'année 1812, ebd. 1825 u.ö., 2 Bde. (deutsch Stuttg. 1825, 2 Bde. u.ö.); Gourgaud, N. et la Grande armée en Russie etc., Par. 1826, 2 Bde.; R. Wilson, Narrative of events during the invasion of Russia by N. Bonaparte and the retreat of the French army 1812, herausgeg. von Herb. Randolph, Lond. 1860; Plotho, Der Krieg in Deutschland u. Frankreich 1813 u. 1814, Berl. 1817, 3 Bde.; Vaudoncourt, Histoire des campagnes d'A liemagne en 1813 et d'Italie en 1813–14, Par. 1817, 2 Bde.; Derselbe, Histoire de campagnes de 1814 et 1815 en France, ebd. 1826, 5 Bde. 2) Napoleon II., Sohn des Vor., König von Rom, nachher Herzog von Reichstadt, welcher, wegen Verzichtleistung seines Vaters am 21. Juni 1815 zu Blois zu seinen Gunsten, durch Decret vom 7. Nov. 1852 N. II. heißen sollte, s. Reichstadt. 3) N. III., Neffe von N. I. u. dritter Sohn des vormaligen Königs Ludwig Bonaparte von Holland u. der Hortensia, geb. 20. April, getauft erst 4. Nov. 1810, wobei er den Namen Charles Louis erhielt; er u. der Vor waren die einzigen Napoleoniden, die unter dem Kaiserreich geboren waren. Als der Kaiser nach seiner Rückkehr von Elba am 1. Juni 1815 die Volksrepräsentanten versammelte u. sein Sohn in Wien abwesend war, stand Prinz Ludwig, welcher überhaupt von dem Kaiser schon früher geliebt u. ausgezeichnet wurde, zu seiner Seite. Nach dem Sturz N-s I. wurde er mit der ganzen Familie Bonaparte aus Frankreich verbannt u. lebte mit seiner Mutter in Augsburg, wo er die Deutsche Sprache lernte, dann im Thurgau in der Schweiz, wo er sich den Militärwissenschaften widmete. Er nahm 1831 mit seinem Bruder an dem mißlungenen Insurrectionsversuche in Norditalien Theil, wurde von seiner herbeieilenden Mutter mit Mühe vor den Österreichern über Nizza nach Frankreich gerettet u. lebte kurze Zeit in Paris, wohin er am 20. März gekommen war. Nach dem Tode seines Bruders, 17. März, hatte er, in Folge der kaiserlichen Anordnung, daß stets das älteste männliche Glied der kaiserlichen Familie den Namen N. führen sollte, diesen Namen angenommen. Nachdem er vergebens um die Erlaubniß gebeten hatte, in die Armee treten zu dürfen, u. aus dem Lande gewiesen worden war, kehrte er mit seiner Mutter über England nach dem Thurgau zurück, wo sie das erkaufte Schloß Arenenberg bewohnten u. wo er seine Studien fortsetzte. 1831 nahm er einen Ruf der Polen an, sich an die Spitze der ausgebrochenen Revolution zu stellen, doch war dieser Aufstand gedämpft, ehe er das Land betrat. Er suchte nun seit 1832 durch mehre Broschüren über Constitution u. die Wiedergeburt Frankreichs die Aufmerksamkeit Frankreichs auf sich zu lenken, u. nachdem er seit dem Tode des Herzogs von Reichstadt sich für den Erben der bonapartischen Ansprüche auf den Thron Frankreichs angesehen hatte, gewann er mehre Franzosen von verschiedenen politischen Ansichten, mit deren Hülfe er die Orleans stürzen u. sich selbst an deren Stelle setzen wollte. Wirklich versuchte er dies am 30. Oct. 1836 in Strasburg u. fand zwar Anfangs einigen Anhang im vierten Artillerieregiment,[675] doch wurde das Attentat durch den General Voiral bald unterdrückt, u. N. mit dem größten Theil seiner Anhänger verhaftet u. nach Paris gebracht. König Ludwig Philipp entließ ihn auf Bitten seiner Mutter, welche nach Paris eilte, am 21. Nov. nach Amerika, nachdem er das Versprechen gegeben hatte, von dort nicht zurückzukehren; seine Mitschuldigen wurden aber durch die Strasburger Jury freigesprochen. Er kehrte aber bald auf die Nachricht von der Erkrankung seiner Mutter von Amerika über England nach Arenenberg zurück. Als er später eine Schrift über die Strasburger Vorfälle durch einen ihrer Theilnehmer, Lieutenant Laity, erließ, verlangte Frankreich von der Schweiz seine Ausweisung. Um der dortigen Regierung keine Verlegenheit zu bereiten, u. da seine Mutter am 3. Oct. 1837 gestorben war, verließ er die Schweiz u. ging 1838 nach England. Von hier aus unternahm er am 6. Aug. 1840 eine neue Expedition nach Boulogne, wo er aber noch weit weniger Anklang fand, als in Strasburg; er wurde wieder gefangen, nach Paris gebracht, von der Pairskammer verurtheilt, lebenslänglich Staatsgefangener zu sein, u. am 7. Octbr. nach dem Schloß Ham abgeführt. Hier lebte er in Gesellschaft des Dr. Conneau u. schrieb mehre Schriften (s. unten). Nachdem er 1845 auf die Nachricht von dem nahen Tode seines Vaters vergebens um Erlaubniß gebeten hatte, Ham auf einige Zeit zu verlassen, um seinen Vater noch einmal zu sehen, entfloh er am 25. Mai 1846 in der Verkleidung als Maurer u. ging über St. Quentin, Valenciennes u. Ostende nach London, wo er 26. Mai eintraf; da ihm indeß der österreichische Gesandte u. das englische Ministerium Pässe nach Italien verweigerten, so mußte er in England bleiben. Nach dem Gelingen der Februarrevolution 1848 kam er am 28. Februar nach Paris u. bot der Provisorischen Regierung seine Dienste an, verließ aber, auf den Wunsch derselben, die Stadt wieder; indeß da die Nationalversammlung das Decret der Verbannung der Familie Bonaparte nicht erneuerte, so wurde er von mehren Departements zum Repräsentanten gewählt, u. die Nationalversammlung sprach am 13. Juni seine Zulassung aus. Nun ward er, nachdem er die frühere Wahl abgelehnt hatte, weil dieselbe Vorwand zu Unordnungen gegeben habe, abermals in verschiedenen Departements gewählt, kam am 24. Sept. nach Paris u. trat am 26. Sept. für das Departement Yonne in die Versammlung ein. Er wurde am 10. Decbr. 1848 durch Stimmenmehrheit, gegen Cavaignac, zum Präsidenten der Republik auf 4 Jahre gewählt. Um sich dauernd an der Spitze des Staates zu erhalten, ließ er durch seine Partei für die Veränderung der Verfassung agitiren, u. da die Legislative am 19. Juli 1851 den Antrag verwarf, so hob er 2. Decbr. 1851 die Versammlung auf u. stellte das allgemeine Stimmrecht wieder her, worauf er am 20. u. 21. Dec. zum Präsidenten auf 10 Jahre u. am 21. u. 22. Nov. 1852 auf gleiche Weise zum Kaiser der Franzosen erwählt wurde, welche Würde er am 1. Dec. annahm u. worin ihn auch die europäischen Mächte, zuerst England, anerkannten; über dies Alles s. ausführlich Frankreich (Gesch.) XII.; über seine Regierung, welche er unter der feierlichen Verheißung antrat, daß das Kaiserreich der Friede wäre, s. ebd. XIII. Er vermählte sich am 30. Jan. 1853 mit Eugenie Montijo, Gräfin von Teba, einer Spanierin (s. Eugenie 2), vgl. Montijo). Über den darauf im Bunde mit England gegen Rußland für die Pforte geführten Krieg s.u. Russisch-Türkischer Krieg von 1853. Er stattete 16._– 20. April 1855 der Königin Victoria einen Besuch in London ab u. erhielt im August deren Gegenbesuch in Paris; am 28. April d.i. fand von dem Italiener Pianori auf den Champs Elisées in Paris ein Attentat auf ihn u. am 8. Septbr. ein gleiches von dem Italiener Bellemare bei dem Italienischen Theater statt, ohne daß er beschädigt wurde. Nachdem ihm am 16. März 1856 ein Prinz geboren worden war, erfolgte am 30. d. M. der Friede mit Rußland, durch welchen er seine u. Frankreichs Bedeutung in der europäischen Politik hob. In dem Conflict zwischen Preußen u. Neuenburg als Schiedsrichter angerufen, entschied er 1857 zu Gunsten des letzteren (s. Neuenburg). Am 2. Juli wurde eine Verschwörung gegen sein Leben entdeckt, an deren Spitze die Italiener Tibaldi, Grilli u. Bartolotti standen. Wie im Jahre 1856 vom König von Württemberg u. mehrern Prinzen europäischer, bes. deutscher Höfe, erhielt er 1857 einen Besuch vom König von Baiern u. von dem Großfürsten Constantin von Rußland in Paris. Darauf machte er Ende September 1857 seinen Gegenbesuch in Stuttgart, wo er mit dem Kaiser Alexander II. von Rußland zusammentraf. Am 14. Jan. 1858 Abends wurde von Orsini u. Pierri, unter Mitwirkung von Rudio, Gomez u. Bernard vor der Großen Oper ein für ihn unschädliches Attentat auf ihn ausgeführt, in dessen Folge er einestheils mit der Regierung von England in vorübergehende Disharmonie kam, indem das Complott von englischem Grund u. Boden ausging u. er Maßregeln der dortigen Regierung gegen derartige Beginnen hoffen zu können glaubte, welche gleichwohl jene Regierung nicht nehmen zu können versicherte, ohne das Asylrecht zu verletzen, wogegen er von der Schweiz die Internirung der dort lebenden italienischen u. französischen Flüchtlinge erlangte; anderntheils decretirte, daß, wenn der Prinz minderjährig auf den Thron kommen sollte, die Kaiserin die Regentschaft führen sollte. Nachdem er für die Erhaltung der Ruhe im Innern noch im Januar 1858 die Truppen des inneren Reiches in fünf große Befehlshaberschaften mit den Sitzen zu Paris, Nancy, Lyon, Toulouse u. Tours (wozu 1859 noch als sechste Lille kam) getheilt u. für Fälle ausbrechender Unruhen den Oberbefehlshabern die Macht, nach eigenem Ermessen zu handeln, ertheilt, England gegenüber aber im. August, in Anwesenheit der Königin Victoria von England, das neue bewaffnete Bassin in Cherbourg eingeweihet hatte: wendete er seine vorzügliche Aufmerksamkeit den italienischen Angelegenheiten zu, wo er sich bes. für die Intentionen des Königs von Sardinien interessirte, über welche er mit dessen Minister Cavour bei einer Zusammenkunft in Plombieres im Juni 1858 conferirt hatte, u. wo zugleichdie Verheirathung der sardinischen Prinzessin Clotilde mit seinem Vetter, dem Prinzen Napoleon, ausgemacht wurde. Nachdem er sich schon ziemlich unzweideutig am Neujahrstage 1859 gegen Österreich, den Gegner Sardiniens, ausgesprochen hatte, u. der Krieg zwischen Sardinien u. Österreich im April ausgebrochen war, proclamirte er am 3. Mai seine Unterstützung Sardiniens, verließ am 10. Mai Paris u. rückte am 12. mit seinen Truppen in Piemont ein; den Verlauf dieses für die Verbündeten gegen Österreich[676] glücklichen Krieges s.u. Lombardisch-Venetianisches Königreich S. 492 f. Am 11. Juli kam N., nachdem vorher ein Waffenstillstand geschlossen worden war, mit dem Kaiser von Österreich persönlich in Villafranca zusammen, u. auf Grund der hier verabredeten Präliminarien wurde 10. Novbr. 1859 der Friede zu Zürich geschlossen. N. war inzwischen nach Frankreich zurückgekehrt, wo er während seiner Abwesenheit die Kaiserin die Regentschaft hatte führen lassen. Für die dem König von Sardinien geleistete Hülfe trat ihm dieser 1860 sein Stammland Savoyen u. Nizza ab, wohin sich dann N. im September d.i. persönlich verfügte, um die Huldigung dort anzunehmen; darnach machte er einen Ausflug nach Algier, wo der Bei von Tunis ihm einen Besuch abstattete, während Gleiches von Seiten Marokko's nicht geschah. Vorher, vom 15._– 17. Juni, hatte er in Baden-Baden eine Zusammenkunft mit dem Prinzregenten von Preußen gehabt, welcher Letztere dabei von sämmtlichen deutschen Königen u. einigen Fürsten der Kleinstaaten begleitet war. Dieser Zusammenkunft folgte dann im August die des Prinzregenten von Preußen u. Kaisers von Österreich in Teplitz u. im October die der Herrscher von Österreich, Preußen u. Rußland in Warschau, bei denen beiden N. nicht gegenwärtig war. Da sich N. durch das engere Anschließen der Mächte Nord- u. Osteuropas an einander u. durch die immer zunehmende Erkaltung der Freundschaft mit England ganz isolirt sah, suchte er Spanien in sein Interesse zu ziehen, welches er zur Aufnahme in die Reihe der Großmächte, wiewohl erfolglos, empfahl. Seine offenbare Theilnahme an den neuesten Ereignissen in Mittel- u. Unteritalien bewies er durch die Vermehrung der seit 1849 in Rom, angeblich zum persönlichen Schutz des Papstes u. (nachdem er schon längst die Säcularisation des Kirchenstaates befürwortet hatte, wenigstens) des Patrimonium Petri stehenden französischen Streitmacht. Kurz vorher hatte er auch ein Truppencorps nach Syrien geschickt, um die türkischen Behörden bei Bestrafung der gegen die Christen verübten Unthaten u. in Wiederherstellung der Ordnung zu unterstützen. Er schr.: Rêveries polit., 1833; Considérations polit. et milit. sur la Suisse, 1833; Manuel d'artillerie, 1835; Idées Napoléoniennes, 1839; Fragmens histor., 1841; Analyse de la question du sucre, 1842; Extinction du paupérisme, 1845; Etudes sur la passé et l'avenir de l'artillerie, 1848, u.a. Broschüren.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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