- Hessen-Darmstadt [2]
Hessen-Darmstadt (Gesch.). I. Von der Stiftung der Linie Hessen-Darmstadt bis zur Erhebung zur Großherzoglichen Würde, 1567–1806. Die Darmstädtische Linie des Hauses H. wurde, wie unter Hessen (Gesch.) III. A) erwähnt ist, von Georg I., jüngstem Sohne Philipps des Großmüthigen, 1567 gestiftet. Georg I. erhielt 1/8 der väterlichen Erbschaft (die obere Grafschaft Katzenelnbogen) u. 1583, als sein Bruder [314] Philipp von H.-Rheinfels starb, 1/3 von dessen Verlassenschaft u. nahm seine Residenz in Darmstadt. Er errichtete Schulen u. verbannte die Juden aus dem Lande. Nach seinem Tode, 1596, theilten seine drei Söhne, Ludwig, Philipp u. Friedrich; Philipp zu H.-Butzbach st. 1643 ohne Erben; Friedrich stiftete die Nebenlinie der Landgrafen H.-Homburg (s. Hessen-Homburg); der älteste, Ludwig V., der Getrene, setzte die Darmstädtische Linie fort. Er erbte 1604 von seinem väterlichen Oheim (Ludwig IV. von Marburg) das ihm zu seinem Antheil vermachte Fürstenthum Gießen, wiewohl er nicht damit zufrieden war, sondern mit seinen Brüdern Philipp u. Friedrich eine Theilung nach Köpfen verlangte, u. da unterdessen sein Vetter, Landgraf Moritz von H.-Kassel, den reformirten Gottesdienst in Marburg eingeführt hatte, so hielten sie ihn seines Antheils an der Marburgischen Erbschaft für verlustig, weil dem Testament u. der beigefügten Clausel zu Folge keine Änderung im Religionswesen vorgenommen werden sollte, u. der Kaiser erklärte, daß, obgleich Kassel sich in Besitz gesetzt, die Regierung doch dem Hause Darmstadt bleiben sollte. Ein heftiger u. langwieriger Streit entspann sich hierüber. Beim Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs erklärte sich Ludwig V. für neutral, wurde aber dennoch von dem Grafen von Mansfeld 1622 überfallen u. mit seinem Sohne Johann gefangen fortgeschleppt, nur mit Mühe u. unter harten Bedingungen erhielt sein älterer Sohn Georg durch Unterhandlungen seine Loslassung. Er gründete 1607 die Universität Gießen, führte das Recht der Erstgeburt in der Regierungsfolge ein u. st. 1626. Sein Sohn Georg II., hielt sich ebenfalls während des Dreißigjährigen Krieges neutral; dennoch verwüsteten die durchziehenden Heere sein Land, die Kaiserlichenselbst nach Annahme des Prager Friedens 1633, zu welchem er seinem Schwiegervater, dem Kurfürsten von Sachsen, rieth. Der Erbfolgestreit mit H.-Kassel dauerte unter ihm fort, wozu noch 1637 eine neue Veranlassung durch die von ihm in Anspruch genommene Vormundschaft über den unmündigen Sohn Wilhelms V. von H.-Kassel kam, doch wurde endlich 1647 ein Vergleich durch die Vermittelung des Herzogs Ernst von Gotha bewirkt, wodurch H.-Kassel zwar die obere Grafschaft Katzenelnbogen sammt Schmalkalden u. dessen Vogteien, dazu Stadt u. Schloß Marburg gegen eine Geldsumme eingeräumt, hingegen H.-Darmstadt der übrige Antheil gelassen wurde. Georg II. st. 1661. Unter seinem Sohne Ludwig VI. (st. 24. April 1678) u. Ludwig VII., dem Sohne Ludwigs VI., der nur wenige Monate regierte (st. 30. Aug. 1678), sowie unter seinem zweiten Sohne Ernst Ludwig, welcher Anfangs unter Vormundschaft seiner Mutter Elisabeth Dorothea von Gotha, dann selbst mild u. den Wissenschaften hold regierte, litt H-Darmstadt sehr durch die verheerenden Kriege, in welche das Deutsche Reich durch die Habsucht des Königs Ludwig XIV. von Frankreich verwickelt wurde, bes. durch den Spanischen Erbfolgekrieg. Ernst Ludwig st. 1739. Ludwig VIII., sein Sohn, erhielt durch seine Gemahlin Christina, die Erbtochter des letzten Grafen von Hanau, Johann Reinhard, die Grafschaft Hanau-Lichtenberg Da der größte Theil davon im Elsaß lag, welches seit dem Westfälischen Frieden (1648) an Frankreich abgetreten war, so verlor Ludwig IX., welcher 1768 seinem Vater Ludwig VIII. folgte, durch die Französische Revolution in Ansehung dieser Besitzungen alle lehnsherrlichen Rechte u. Domanialeinkünfte; er that für Kunst u. Wissenschaft viel u. st. 4. April 1790. Ludwig X., sein Sohn, nahm an dem Revolutionskriege Theil, erhielt nach dem Lüneviller Frieden für seine Verluste auf dem linken Rheinufer u. für die Ämter Lichtenau u. Wilstett, welche er an Baden, u. für die Ämter Katzenelnbogen, Braubach, Ems, Epstein, Kleeberg u. das Dorf Weiperfelden, welche er an Nassau-Usingen abgetreten hatte (im Ganzen 38 QM. u. 100,800 Ew.), das Herzogthum Westfalen, die Mainzer Ämter Starkenburg, Steinheim, Gernsheim, Vilbel, Hirschhorn, Heppenheim, Bensheim, Lorsch, Fürth, Alzenau, Rockenberg, Ostheim, die pfälzischen Ämter Lindenfels, Umstadt u. Otzberg, die Reste vom Hochstift Worms, die Reichsstadt Friedberg u. die Propstei Wimpfen, zusammen 103 QM. mit 218,000 Ew. (also 65 QM. u. 117,000 Ew. mehr, als er verloren hatte), dagegen übernahm er 1 Mill. Fl. Schulden auf die Länder u. auch die Einkünfte der Linie H.-Homburg um 1/3 zu erhöhen u. den Fürsten von Sayn-Witgenstein 15,000 Fl. jährlich zu zahlen. 1803 schloß H.-Darmstadt mit Baden einen Tauschvertrag, durch welchen es seine Grenzen arrondirte.
II. Seit der Annahme des Titels Großherzogthum bis zur Revolution, 1806–1848. 1806 trat der Landgraf dem Rheinbunde bei, erhielt die Souveränetät, den Titel als Großherzog (nun Ludwig I.) u. die Hoheit über mehrere Besitzungen des Fürsten von Löwenstein-Wertheim, des Grafen von Erbach, des Fürsten von Leiningen, des Grafen von Stolberg-Gedern, der Häuser Solms, Witgenstein-Witgenstein u. Witgenstein-Berleburg, die Herrschaft H.-Homburg, die Grafschaft Schlitz u. die Burggrafschaft Friedberg, zusammen 42 QM. mit 112,000 Ew. 1810 trat Baden an H. mehrere Ämter ab, u. es erhielt dagegen einen Theil von Hanau u. ein Amt von Fulda, zusammen 9 QM. mit 26,200 Ew. Ende 1813 trat der Großherzog mit den anderen deutschen Fürsten vom Rheinbund ab u. schloß sich an die Sache der Alliirten an; 1815 wurde er Mitglied des Deutschen Bundes, trat zwar in Folge des Wiener Congresses das Herzogthum Westfalen, die Fürstenthümer Witgenstein-Witgenstein u. Witgenstein-Berleburg, die Ämter Amorbach, Miltenberg, Heubach, Alzenau, Babenhausen, Rodheim u. Dorheim, zusammen 185,000 Ew., ab, setzte den Landgraf von H.-Homburg in seine vorigen Rechte ein u. versprach, die Hälfte der Schulden des Fürsten von Isenburg zu bezahlen. bekam aber dagegen eine Entschädigung von 203,800 Ew., aus einem Theil des Departements Donnersberg auf dem linken Rheinufer u. aus einem Theile des Fürstenthums Isenburg auf dem rechten, bestehend.
Bereits am 18. März 1820 hatte der Großherzog, seinem früheren Versprechen zu Folge, eine ständische Verfassung mit zwei Kammern für seine Staaten proclamiren lassen, in welcher in Hinsicht auf ständische Rechte aber nichts festgesetzt wurde, als daß neue Finanzgesetze ohne Zuziehung der Kammern nicht in Wirksamkeit treten könnten u. die Regierung bei allen neuen allgemeinen Gesetzen zuvor das Gutachten der Stände einholen würde, jedoch sollte das beifällige Gutachten Einer Kammer[315] allein hinreichen, ein Gesetz gültig zu machen. Die im Juni 1820 zusammenberufenen Deputirten beider Kammern sahen jedoch das Unzulängliche dieser Bestimmungen ein, u. der Großherzog fühlte sich auf eine Vorstellung derselben bewogen, das Fehlende an dem Grundgesetz zu ergänzen, am 17. Aug. 1820 die Verantwortlichkeit der Minister zuzugestehen u. festzusetzen, daß alle constitutionellen Gesetze nur mit Einwilligung beider Kammern u. durch Billigung von 2/3 der anwesenden Mitglieder gegeben u. abgeändert werden könnten. Diese Bestimmungen wurden am 17. Decbr. 1820 dem Grundgesetz beigefügt u. die Verfassung so vollendet, auch den versammelten Ständen übergeben. Die Stände machten sich nun 1821 sogleich ans Werk, die Finanzen gehörig zu ordnen; die von den Ständen proponirte Einkommensteuer wurde von der Regierung nicht genehmigt, dagegen das Militär gemindert, ein neues Conscriptionsgesetz erlassen, sowie eine neue Gemeindeordnung u. eine Bestimmung über persönliche Verantwortlichkeit. Nach der Schließung des Landtags 1821 wurde das Ministerium neu organisirt; bisher hatte die Ministerialgewalt nur in den Händen des Ministers von Grolmann gelegen, nun aber wurden vier Departementsministerien eingeführt, das der Justiz u. des Innern, das des Auswärtigen u. des Hauses, das der Finanzen u. das des Kriegs. Zugleich wurde ein Staatsrath beschlossen, eine Oberrechnungskammer u. eine Staatshauptkasse errichtet, zu denen 1822 noch ein Oberkriegsgericht kam. Das in dieser Ständeversammlung vorgelegte Budget hatte fast auf 6 Mill. Fl. gelautet, u. die Einnahme die Ausgabe fast erreicht; die Staatsschuld betrug über 12,574,000 Fl.
Am 18. Aug. 1823 wurde die zweite Ständeversammlung einberufen, u. wieder waren es die Finanzen, um die sich die meisten Verhandlungen drehten, auch eine Trank- u. Verbrauchssteuer wurde eingeführt, doch wurde auch das Schulwesen verbessert, der Naturalzehnt u. die Frohnen ablösbar gemacht u. das Judenschutzgeld aufgehoben. Am 1. März 1824 wurde die Ständeversammlung wieder geschlossen. Eine allgemeine Polizeisicherheitswache (eine Art Bürgergarde) wurde nun der vielen damals verübten Diebstähle u. Räubereien halber eingeführt, auf demagogische Umtriebe vor u. während dieser Zeit sorgsam geachtet, ein Gesetz gegen Auswanderung erlassen. Ein Aufruhr wegen des Zolls am 5. August 1825 zu Mainz wurde bald wieder gestillt, dagegen der erst 1824 geschlossene Handels- u. Zollvertrag mit Baden wieder gekündigt, so daß er am 1. Januar 1826 erlosch. Ungeachtet dieser Erleichterung der Zollangelegenheit kam es am 3. Mai 1826 wieder in Mainz zu einem Tumult, weil ein Zollwächter einen Mann, als er auf Anrufen nicht stand, erschossen hatte. Bei dem dritten Landtag, der am 7. Sept. 1826 eröffnet u. am 12. Juni 1827 geschlossen wurde, kam die zweite Kammer mit der Regierung wegen der Abgaben in Collision, doch wurde das Budget von 5,878,641 Fl. im Allgemeinen gebilligt u. die Herabsetzung der Staatsschuldscheine auf 4 Procent Zinsen genehmigt; sonst sprach man über Gebrechen, besonders bei der Gesetzgebung, freimüthig, auch die beiden Kammern waren nicht ohne Bitterkeit gegen einander. Das Jahr 1828 zeichnete sich durch den Beitritt des Großherzogs zum Preußischen Zollsystem, am 14. Februar, aus, dem ersten Schritt zum allgemeinen Deutschen Zollverein, der sich schon durch den Anschluß von Baiern u. Württemberg am 27. Mai 1829 erweiterte. Eine große Wohlthat für die ärmere Klasse geschah durch die Aufhebung der Staats- u. Jagdfrohnen. Im März 1829 starb auch der Minister v. Grolmann, u. der Thil folgte ihm als Ministerpräsident. Am 3. Nov. 1828 wurde der vierte Landtag eröffnet, bei dem jedoch keine Integralerneuerungen der Wahlen stattgefunden hatten. Die Finanzverhältnisse waren befriedigend, die Kammern nur etwas genauer als früher, viele Anträge blieben unerledigt. Der Landtag wurde auf Anlaß des Todes des Großherzogs vertagt. Nach einer 40jährigen milden, thätigen u. freisinnigen Regierung starb nämlich Ludwig I. am 6. April 1830, nachdem ihm seine Gemahlin Luise den 24. Oct. 1829 im Tode vorausgegangen war. Er hatte in seinen letzten Lebensjahren die Vereinigung der Lutheraner mit den Reformirten begünstigt, das Concordat von 1827 nebst anderen süddeutschen Staaten mit dem Papste geschlossen u. am 12. October 1829 publicirt, für Wissenschaften gesorgt, die Universität u. Schulen besser ausgestattet, die Kunstsammlung in Darmstadt gegründet u. die Künste, besonders Musik u. Theater, begünstigt.
Ludwig II., sein Sohn, folgte ihm. Bald nachher brach die Julirevolution in Paris aus u. fand auch in H.-D. ihren Widerhall. Bewaffnete Banden verbreiteten sich Ende September 1830 auch in die Provinz Oberhessen u. zerstörten hier u. da die Häuser unbeliebter Beamten, vernichteten Acten etc. Deshalb wurde das Land vom 1. bis 23. Oct. in Kriegszustand versetzt u. Militär zur Unterdrückung ausgesendet. Als die liberale Denkungsart sich durch Polenvereine, excentrische Zeitungsartikel, Adressen u. dergleichen manifestirte, schien die Constitutionsangelegenheit von oben mehr u. mehr mit Ungunst betrachtet zu werden; dazu kam, daß der vom 16. Juni bis 1. Novbr. versammelte Landtag nur die Civilliste, nicht auch, nach des Großherzogs Wunsche, noch dazu die früher von ihm als Erbgroßherzog contrahirten Schulden von 2 Mill. Fl. u. eben so wenig die bisher bezogene Apanage von etwa 24,000 Fl. bewilligte, auch die Übernahme der früheren Privatschulden der verstorbenen Großherzogin von etwa 31,000 Fl. verweigerte. Auf Veranlassung des Bundestages wurden nun Manifeste gegen Volksvereine u. Volksfeste erlassen, die Adressen an denselben verboten, die Presse beschränkt, der Cassationshof von Rheinhessen, ohne die Stände zu fragen, aufgehoben u. mit dem Oberappellationsgerichtshofe in Darmstadt vereinigt u. andere durchgreifende Veränderungen in den Organisationen auf gleiche Weise vorgenommen. Auf den 1. December 1832 war der fünfte Landtag einberufen. Die Wahlen waren im Sinne der liberalen Partei ausgefallen, aber obgleich die Finanzen befriedigend waren, gaben doch gleich Anfangs von der zweiten Kammer ausgesprochene Bitten, mit welchen Gegenständen sie sich zu beschäftigen wünsche, der Regierung Anlaß zu scharfem Tadel u. zur Zurückweisung dieser Überschreitung ihrer Befugnisse, u. da ähnliche Anträge sich wiederholten, erfolgte die Auflösung der Kammer am 2. November 1832. In Folge dieses Landtags wurden mehrere hohe Regierungsbeamte, die in der zweiten Kammer[316] zur Opposition gehört hatten, so Jaup u. Heinrich v. Gagern, pensionirt, der Oberappellationsgerichtsrath Höpfner nicht wider in den Staatsrath berufen etc. Zugleich wurden die Maßregeln gegen Zeitblätter u. Flugschriften schärfer. Das Frankfurter Attentat am Gründonnerstag 1833 u. die Militärverschwörung des Lieutenant Koseritz in Württemberg wiesen in mehreren Verzweigungen auf H.-D. hin u. veranlaßten daselbst mehrere Verhaftungen, trugen aber nicht dazu bei, das liberale Princip bei der Regierung in Credit zu bringen, vielmehr wurden alle Maßregeln gegen dasselbe geschärft. Ungeachtet es sich die Regierung angelegen sein ließ, die Wahlen zum sechsten Landtage für 1834 auf, in ihrem Sinne stimmende Mitglieder zu wenden, so wurde doch die ganze Opposition von 1832 wieder gewählt; u. obgleich die Regierung 14 als liberal bekannten Deputirten, die zugleich Staatsdiener waren, den Urlaub verweigerte, so hatte die Opposition dennoch die Majorität. Die Verhandlungen drehten sich um die Wahlfrage u. um die Finanzforderungen von 1830–32, welche die zweite Kammer verwarf, die erste aber billigte. Sonst bewilligte die zweite Kammer Manches für Kunst u. Wissenschaft, öffentlichen Unterricht etc., renitirte aber meist, wo etwas für den Hof geschehen sollte. Als bei einem Ausfall Heinrichs v. Gagern auf die Regierungsbevollmächtigten der Präsident der Kammer sich weigerte, jenen auf Antrag des Ministerbevollmächtigten zur Ordnung zu rufen, so wurde am 24. October 1834 die Kammer aufgelöst. Bei den neuen Wahlen waren durch die Bemühung der Regierung unter 48 Deputirten nur 10 Mitglieder der Opposition, u. die Beschlüsse des am 27. April 1835 eröffneten u. am 20. Juli 1836 geschlossenen Landtages fielen auch fast sämmtlich im Sinne der Regierung aus; alle streitigen Punkte des Budgets u. eine Verstärkung der Cavallerie wurden genehmigt u. die Öffentlichkeit u. Mündlichkeit im Strafverfahren verworfen. Die Wahlen zum siebenten Landtag vom 7. Novbr. 1838 bis zum Juni 1839 fielen wieder für die Regierung günstig aus. Die Finanzen waren befriedigend, 7,091,000 Fl. Einnahme u. etwa 600 Fl. weniger Ausgabe, Staatsschulden 61/2 Millionen; die wichtigeren Finanzfragen erhielten deshalb auch die Beistimmung der Kammern, besonders war man mit den Chausseebauten durchs Land einverstanden. Der mehrmals zurückgewiesene Zuschuß von 24,000 Fl., welchen der Großherzog als Erbgroßherzog bis 1830 bezogen hatte, wurde damals von den Kammern auch ferner bewilligt. Dem Antrag der zweiten Kammer bei dem Bundestag um Wiederherstellung der am 1. November 1837 aufgehobenen hannöverschen Verfassung zu petitioniren, trat die erste Kammer nicht bei, gab jedoch ihr Bedauern über die Ereignisse in Hannover zu erkennen. Das neue Criminalgesetzbuch ging, etwas später gebilligt, durch die Kammern. Am 9. Januar erfolgte eine Amnestie des Großherzogs wegen politischer Vergehen. Sie war hauptsächlich den wegen des Frankfurter Attentats u. in der daraus folgenden Untersuchung 1838 zu Freiheitsstrafe Verurtheilten von Vortheil. Beim achten Landtag vom Dec. 1841 bis Juli 1842 hatte die Regierung wieder die Majorität; ein Gesetz für Feldstrafsachen in Rheinhessen wurde erlassen, die Festsetzung des Minimums des Einkommens der Schullehrer auf 200 Fl., die Erhöhung des Militärbudgets, die zu bauenden Eisenbahnen, die Auswanderungsfrage, die von der Regierung vorgelegte erste Abtheilung des neuen Civilgesetzbuchs waren die Hauptgegenstände der Verhandlung. Ein eigenthümliches Unternehmen von Seite H.-D-s war, daß in der Nacht vom 28. Februar zum 1. März 1841 an der hessischen Insel Petersau eine Masse Steine versenkt wurden, um so eine Buhne zu bilden, wodurch das nassauische Ufer bei Biberich versanden u. es den Rheinschiffen unmöglich werden sollte, dort anzulegen, wobei Mainz offenbar gewinnen mußte. Die Sache wurde von Nassau an den Bundestag gebracht, u. H.-D. entfernte diese Hindernisse wieder auf eigene Kosten.
Im Allgemeinen wurden seit Anfang des 4. Jahrzehnds die Differenzen zwischen Ständen u. Regierung immer mehr ausgeglichen. Die Amnestie für die politisch Angeklagten in Rheinhessen wurde 1843 auch auf die Theilnehmer an den Handwerkervereinen in Darmstadt ausgedehnt. An der neuen Civilgesetzgebung wurde eifrig gearbeitet u. der zur Vorlage reife Theil des Gesetzes dem deshalb im August 1844 einberufenen ständischen Ausschuß vorgelegt. Der Landtag wurde am 6. December eröffnet, aber nach Erlaß der Antwortsadresse auf die Thronrede bis 14. Januar 1845 vertagt, um die Ausschußarbeiten beenden zu lassen. Mit Portugal u. den Vereinigten Staaten waren Freizügigkeitsverträge abgeschlossen worden; ebenso mit Preußen u. Nassau ein Vertrag vom 16 October, die Schiffbarmachung der Lahn betreffend. Der am 14. Januar 1845 neu begonnene u. am 1. Juli vertagte Landtag beschäftigte sich mit Eisenbahn- u. Straßenbauangelegenheiten u. Verbesserung der bürgerlichen Lage der Juden, namentlich hinsichtlich der Aufhebung der gerichtlichen Moralitätspatente für alle handelstreibenden Israeliten, eines Überbleibsels aus der französischen Herrschaft; ferner mit Anträgen auf Minderung des Wildstandes, Aufhebung der Spielbanken etc. Die Budgetberathungen verliefen ohne wesentliche Differenzen. Der in diesem Jahre sich rasch verbreitende Deutschkatholicismus gewann auch im Großherzogthum H.-D. (besonders in Worms u. Offenbach) einen bedeutenden Anhang; die Regierung ließ Anfangs die Dissidenten gewähren, untersagte aber später ihren Predigern jede Ausübung gottesdienstlicher Handlungen, welche Einfluß auf die bürgerliche Ordnung haben. Die nächste Ständeversammlung wurde erst am 3. November 1846 wieder eröffnet; die wichtigste Vorlage bildete das neue Civilgesetzbuch, das für alle Provinzen gleichmäßig gelten sollte. Die durch dasselbe beabsichtigte Aufhebung des noch in Rheinhessen giltigen Code Napoleon u. somit namentlich der Bestimmungen über die Civilehe u. der völligen Gleichheit vor dem Gesetze hatte dort eine bedeutende Aufregung veranlaßt, u. es waren deshalb, da der Großherzog die Annahme hierauf bezüglicher Vorstellungen von vornherein verweigert. hatte, mehrere Adressen an die zweite Kammer erlassen worden. Am 9. November begann die zweite Kammer die Berathung des neuen Gesetzbuches mit dem Personenrechte, dessen erster Artikel, wonach die Regierung die Personen zu Führung der Civilstandesbücher erwählen sollte, verworfen wurde, Ungeachtet des lebhaftesten Widerspruches der rheinischen [317] Deputirten wurde auch die Civilehe verworfen, mithin die Aufhebung derselben auch für Rheinhessen beschlossen. In Folge davon hatte sich die Aufregung in Rheinhessen bedeutend vermehrt, u. es wurden Bürgerversammlungen ausgeschrieben u. in denselben über die Art u. Weise, die bisherigen Institutionen zu erhalten, berathen. Ungeachtet die Regierung diese Versammlungen verbot, bestanden sie doch auch im nächsten Jahre im Geheimen fort. Zur Linderung des im Jahr 1846 herrschenden Nothstandes waren kräftige Maßregeln von der Regierung ergriffen, namentlich im Einverständnisse mit Württemberg, Baden u. Baiern seit dem 4. November ein bedeutender Ausfuhrzoll auf Getreide aller Art gelegt worden. Bei der Fortsetzung ihrer Arbeiten genehmigte die zweite Kammer, trotz der heftigen Opposition der rheinhessischen Abgeordneten, den Entwurf über den Familienrath u. beendigte am 4 Februar endlich die Berathung über den ersten Theil des Civilgesetzbuches. Die erste Kammer schloß sich den Abstimmungen der zweiten Kammer im Wesentlichen meist an, reservirte nur für Rheinhessen die bürgerliche Trauung vor der kirchlichen u. verwarf die Ehen zwischen Christen u. Nichtchristen. Die weiteren Kammerverhandlungen betrafen vorzugsweise einen Polizeistrafgesetzentwurf. Am 28. Juni 1847 wurde der, diesmal der Regierung überwiegend günstige Landtag geschlossen.
III. Die Revolution 1848 u. 1849. Der 11. Landtag wurde den 17. Dec. 1847 eröffnet, die Ereignisse des Jahres 1848 wiesen jedoch demselben eine ganz andere Thätigkeit zu, als um derentwillen er einberufen war. Am 28. Februar 1848 stellten mehrere Abgeordnete der zweiten Kammer, an Bassermanns Motion in Baden anknüpfend, den Antrag auf Berufung einer Nationalvertretung u. Ernennung eines interimistischen Oberhauptes für Deutschland. Die Geschichte der Märztage im Großherzogthum ist dieselbe wie in den anderen kleineren deutschen Staaten. Am 4. März sicherte der Großherzog ein Preßgesetz nach badischem Muster, Bürgerwehr u. Schwurgerichte zu u. nahm seinen Sohn, den Erbgroßherzog Ludwig, durch Decret vom 5. März zum Mitregenten an. Der Mitregent kam dem Volke sofort mit der Erfüllung sämmtlicher Märzforderungen entgegen, sagte außerdem Zurücknahme des Polizeistrafgesetzes u. Belassung der Rheinhessen bei ihren bisherigen Institutionen bis zur Einführung einer allgemeinen deutschen Gesetzgebung zu, entließ das Ministerium Thil u. berief Heinrich v. Gagern zum Minister des Innern. Am 7. März erfolgte die Vereidigung des Militärs auf die Verfassung u. darauf wurde Kilian zum Justizminister, Jaup zum Präsidenten des Staatsraths ernannt, wie überhaupt die höheren Verwaltungsstellen rasch mit liberalen Männern besetzt wurden. Doch erschienen auch bald genug die Anzeichen, daß mit jenen bereitwilligen Zugeständnissen weder die allgemeine Ruhe noch die völlige Befriedigung Aller erkauft sei. Einzelne Stimmen in der zweiten Kammer beantragten neben Anerkennung der französischen Republik auch Entfernung des Prinzen Emil aus der ersten Kammer u. von allen Staatseinflüssen, Verwendung für die Wiederherstellung Polens u. dgl. m. Während seit dem 14. März Amnestie für Forst- u. Jagdvergehen, seit dem 20. auch für politische Vergehen gewährt, das Polizeistrafgesetzbuch vom 2. November 1847 wieder aufgehoben, die Trennung des Ministeriums des Inneren von dem der Justiz durchgeführt worden war u. die Regierung eifrig bei den übrigen deutschen Cabineten für Ordnung der deutschen Angelegenheiten durch angemessene Vorschläge wirkte, brachen an verschiedenen Orten des Landes sehr bedenkliche Unruhen aus. Besonders zeigten sich die Bauern des Odenwaldes u. Vogelsberges zu Gewaltthätigkeiten geneigt, welche die Aufhebung der Grundlasten u. Erpressungen bezweckten. Die Proclamationen der Regierung blieben meist wirkungslos, so daß die militärische Macht allenthalben einschreiten mußte. In Mainz wandte sich das Proletariat gegen die ihren Verdienst beeinträchtigende Schleppdampfschifffahrt, so daß erst am 27. Mai dergleichen Schiffe wieder ungefährdet passiren konnten; aus gleichem Grunde erfolgte die Zerstörung der Taunuseisenbahn durch Proletarier aus Mainz u. Kastell. Bald kam in diese revolutionären Ausbrüche, die rein socialer Natur waren, nun auch ein politisches Element, indem die republikanischen Bestrebungen vielfachen Erfolg hatten, besonders in Rheinhessen, wo schon seit Anfang April sich demokratische Vereine organisirt hatten, u. Mainz wurde der Herd der heftigsten Agitation. Dort führten auch die fortwährenden Reibungen zwischen dem Militär, besonders dem preußischen, u. einem Theile der Bevölkerung am 22. Mai zum offenen Straßenkampfe, in dem auf beiden Seiten eine ziemliche Anzahl von Opfern fielen, worauf Mainz in Belagerungszustand erklärt u. die Bürgerwehr aufgelöst u. entwaffnet wurde. Nichts destoweniger blieb Mainz der Mittelpunkt der revolutionären Bewegung, u. erst im Juli gelang es, dort einen constitutionellen Verein zu gründen. Inzwischen war das hessische Militär in Baden gegen die Heckersche Erhebung verwendet worden. In Folge des Rücktritts des Ministers v. Gagern, der zum Präsidenten der Nationalversammlung ernannt worden war, übernahm Finanzminister Zimmermann provisorisch den. Vorsitz im Gesammtministerium, Hallwachs das Äußere u. Eigenbrodt das Innere. Am 27. Juni bewilligten die Stände die Ausgabe von 2 Millionen Papiergeld zur Vollendung der Main- u. Weserbahn u. beschlossen am 8. Juli zur Deckung der Fehleinnahmen die Erhebung einer außerordentlichen Einkommensteuer.
Der Großherzog Ludwig II. war inzwischen am 16. Juni gestorben, u. der bisherige Erbgroßherzog-Mitregent hatte als Ludwig III. die Regierung angetreten. Am 16. Juli wurde Jaup zum Minister des Inneren mit dem Vorsitz im Gesammtministerium ernannt. Von jetzt begannen die Agitationen für Kammerauflösung u. Berufung einer constituirenden Versammlung, doch schnitt das Ministerium alle weiteren Verhandlungen hierüber in der Kammer selbst durch deren Vertagung am 8. Aug. ab. Nun wurden die mit den Kammern vereinbarten Gesetze ins Leben geführt, so über Religions- u. Gewissensfreiheit, Einführung der Civilehe u. Civilstandesregister diesseits des Rhein, über die Verhältnisse der Standesherren, Erblehen, Einquartierung; ferner über Einführung des öffentlichen u. mündlichen Gerichtsverfahrens in den Provinzen Oberhessen u. Starkenburg (im November), über Aufhebung der Jagd- u. Fischereirechte,[318] der Handels- u. Gewerbsberechtigungen, über Neuorganisation der Verwaltungsbehörden. In Folge des Frankfurter Septemberaufstandes war von Gießen demokratischer Zuzug ausmarschirt; in Worms u. Alzei die rothe Fahne aufgesteckt u. die Republik von Einzelnen ausgerufen; in Mainz gab es neue Reibungen mit dem Militär, in Gießen einen blutigen Conflict zwischen Studenten u. Bürgerwehr. Am 21. November traten die Kammern wieder zusammen, sogleich von einer Petition um Selbstauflösung empfangen. Unter den Wirren des Jahres 1848 ist auch noch ein kirchlicher Zwiespalt, als folgereich für die nächste Zukunft, zu erwähnen, der in Kirchbrombach in Folge der vom Consistorium verfügten Entfernung des Pfarrvicars Kattmann ausbrach u. zur Bildung von Freien Gemeinden führte, die vielfach mit den Behörden in Collisionen kamen, sich auch später, als die Demokratie sich der kirchlichen Agitation befliß, außerordentlich vermehrten.
Als im Anfange des Jahres 1849 die allgemeine deutsche Frage wieder in den Vordergrund trat, schien die Entscheidung auch für H.-D. verhängnißvoll werden zu wollen. Ministerium wie Majorität der Kammern bekannten sich zu einer einheitlichen, bundesstaatlichen Politik. Schon am 11. Januar 1849 gab der großherzogliche Bevollmächtigte bei der Centralgewalt im Namen des Großherzogs eine Erklärung für ein einziges u. selbst erbliches Oberhaupt an der Spitze des Deutschen Bundesstaates ab, u. am 29. Januar sprachen sich die Kammern für das preußische Erbkaiserthum aus. Am 9. Mai wurde die Reichsverfassung amtlich verkündigt. Die Linke veranlaßte noch Vereidigung der Truppen auf die Reichsverfassung, dies wies aber das Ministerium zurück, da die ablehnende Antwort des Königs von Preußen die ganze Verfassung in Frage gestellt habe. Inzwischen war aus Rheinhessen, namentlich aus Mainz, reicher Zuzug nach Rheinbaiern gegangen. Am 17. Maï hatte ein hessisches Truppencorps unter General v. Schäffer bei Heppenheim Stellung genommen; das entblößte Rheinhessen wurde unter den Schutz der Reichsfestung Mainz gestellt. Am 24. Mai fand die Volksversammlung in Oberlaudenbach an der hessisch-badischen Grenze statt, zu welcher sich an 8000 bewaffnete Männer eingefunden hatten u. die das Signal zum Losschlagen an der Bergstraße geben sollte. Dabei wurde der Regierungsdirigent Prinz, welcher dem dahin entsandten Militärcommando als Civilcommissar beigegeben war, erschossen, worauf die Truppen die Versammlung nach einem blutigen Handgemenge zerstreuten. Die nächste Folge dieses Vorganges für H.-D. war eine Verordnung über Beschränkung der Volksversammlungen vom 26. Mai u. die Verkündigung des Kriegszustandes in den umliegenden Bezirken (bis 25. Juni). Zu gleicher Zeit erfolgte auch die Auflösung des Landtags, nachdem der lange Zwiespalt zwischen erster u. zweiter Kammer über das Wahlgesetz am 24. Mai durch ein Vergleichsverfahren geschlichtet u. wenigstens für die zweite Kammer die allgemeine u. unmittelbare Wahlart durchgesetzt worden war. Die badische Insurrection berührte H.-D. vielfach, besonders wurde Worms mehrmals von den Freischaaren besetzt, so schon am 17. Mai von 1000 Mann unter Blenker, dann am 28. wieder von der Blenkerschen Schaar in Verbindung mit abtrünnigem baierischem Militär; durch hessische Truppen befreit, blieb die Stadt doch bis zu ihrer Besetzung durch preußisches Militär am 13. Juni den wiederholten Einfällen der pfälzischen Freischaaren ausgesetzt. Der Versuch, das Großherzogthum von Baden aus zu insurgiren, endete mit dem für die Freischaaren unglücklichen Gefecht bei Heppenheim am 30. Mai. Das hessische Militär erwies sich in dem ganzen Feldzuge als zuverlässig.
IV. Seit Unterdrückung der Revolution bis zur Gegenwart. Nach der Niederwerfung der Revolution wendete sich die Aufmerksamkeit der Regierung sofort den Plänen hinsichtlich der Herstellung eines engeren Bundesstaates zu. Am 5. Juni erklärte der Großherzog seinen Beitritt zum Dreikönigsbündniß; die Ratificationsurkunde wurde jedoch erst am 3. September vollzogen. Der nach dem neuen, am 1. September publicirten, auf breitester demokratischer Grundlage ruhenden Wahlgesetz gewählte, überwiegend radical ausgefallene Landtag wurde am 8. Dec. 1849 eröffnet. Die vom Ministerium auf sechs Monate verlangte Steuerverwilligung wurde blos auf drei Monate gegeben; da aber die Entscheidung hinsichtlich der deutschen Frage (das Ministerium hatte die nachträgliche Zustimmung der Kammern für den Beitritt zum Dreikönigsbündniß beantragt) hinausgezogen wurde, so erfolgte bereits am 21. Januar 1850 die Auflösung des Landtags. Die erste Kammer hatte sich übrigens durchaus gemäßigter gehalten. Seit Frühjahr 1850 schlug H.-D. eine andere Politik in der deutschen Frage. ein. Namentlich machte sich eine Hinneigung zum engeren Anschluß an Kurhessen bemerkbar. Anfang Mai hatte der Großherzog eine Zusammenkunft mit dem Kurfürsten in Frankfurt, wobei Beide sich zu weiteren gemeinsamen Schritten in deutschen Angelegenheiten verbunden zu haben schienen. Kurz darauf machte der Großherzog dem Kurfürsten einen Besuch in Kassel, jedenfalls ein Ereigniß, da seit 1628 kein regierender Fürst der jüngeren mehr zu Gast am Hofe der älteren gewesen war. Anfang Juli erfolgte Jaups Rücktritt aus dem Ministerium; v. Dalwigk übernahm das Ministerium des Inneren. Der Personenwechsel führte auch zum Systemwechsel; denn am 5. Juli zeigte der hessen-darmstädtische Bevollmächtigte in Berlin dem Vorsitzenden im Fürstencollegium an, daß seine Regierung nicht beabsichtige, an dem provisorischen Fürstencollegium sich zu betheiligen, sich dagegen ihre endgültige Erklärung für den Fall des Übergangs zu einem Definitivum vorbehalte. Am 6. August trat H.-D. den Beschlüssen des Plenum in Frankfurt bei, womit die letzte schwache Brücke zwischen ihm u. den Unionsstaaten abgebrochen wurde. Am 12. September traten die neuen Ständekammern zusammen; als sie aber am 26. September die Steuern bis zum Jahresschlusse verweigerten, erfolgte sofort die Auflösung derselben, u. ein Regierungserlaß vom 30. September ordnete zugleich die Forterhebung der Steuern bis Ende des Jahres an. Das Land blieb dabei völlig gleichgültig. Im October erschienen neue Verordnungen, wodurch alle Vereine auf ein halbes Jahr aufgelöst u. verboten, die Presse strengen Beschränkungen unterworfen u. eine außerordentliche Ständeversammlung nach dem neuen Wahlgesetz berufen wurde, letztere, um zunächst[319] einen Gesetzvorschlag über Zusammensetzung der Kammern u. ein Wahlgesetz der Abgeordneten zu berathen. Die Dresdener Ministerialconferenzen wurden im December durch Dalwigk u. Hallwachs beschickt. Im Laufe des Jahres 1850 waren erhebliche Störungen der öffentlichen Ruhe nur in Mainz am 1. Juli auf Veranlassung der Versammlung der Piusvereine vorgekommen; hier mußte die Ordnung durch militärisches Einschreiten wieder hergestellt werden. Am 18. Jan. 1851 wurde der neue Landtag eröffnet. In der zweiten Kammer wurde sofort die Competenzfrage in Anregung gebracht u. einem Ausschuß zur Begutachtung überwiesen, während aus der ersten Kammer ein Protest gegen die im Jahr 1848 erfolgte eigenmächtige Aufhebung der Rechte der adeligen Gerichtsherren erhoben u. geeignete Schritte deshalb bei dem Bundestage in Aussicht gestellt wurden. Die wichtigsten Vorlagen für die Kammern bestanden aus dem neuen Wahlgesetz mit Census u. dem Budget (hierbei Antrag auf Subvention der Ludwigsbahn mit 11/2 Millionen Gulden), auch einem Gesetz über Wiedereinführung der Todesstrafe. Die Competenzzweifel wurden in beiden Kammern für ungerechtfertigt erklärt; die Steuerverwilligung auf das dritte Quartal 1851 erfolgte ohne weiteres in beiden Kammern. Das Gesetz über Bildung u. Wahl der Gemeindevorstände nahmen beide Kammern an. In der zweiten Kammer wurde am 18. December die Abstimmung über den Gesetzentwurf wegen der Zusammensetzung der beiden landständischen Kammern u. der Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer beendigt, das Princip der indirecten Wahlen wie des Passivcensus wurde verworfen, ebenso die vorgeschlagene Zusammensetzung der ersten Kammer, so daß zuletzt kaum mehr als die Annahme des Zweikammersystems erreicht worden war. Mitte September wurden die Deutschen Grundrechte aufgehoben u. die Beschränkungen für die Volksversammlungen wie das Verbot der politischen Vereine erneut.
In der am 12. Jan. 1852 wieder zusammengetretenen zweiten Kammer veranlaßte zunächst die Berathung über den Gesetzentwurf wegen Abänderung des Assisengesetzes für Rheinhessen, durch welchen dem Schwurgerichte namentlich nun auch die Aburtheilung politischer Verbrechen, wie schon 1850 der Preßvergehen, entzogen u. die Wahl der Geschwornen in die Hände von Regierungsbeamten zurückgegeben werden sollte, heftige Kämpfe, wie denn eine entsprechende Regierungsvorlage für die diesseitigen Provinzen bereits auch in der zweiten Kammer gesiegt hatte, so daß seine Publication im März erfolgen konnte. Ebenso nahmen die Kammern das Gesetz wegen Organisation der Verwaltungsbehörden, wodurch die frühere Eintheilung des Landes in Kreise mit Kreisräthen wiederhergestellt werden sollte, u. das Gesetz wegen Wiedereinführung der Todesstrafe an. Besonderes Interesse erregten die durch die Budgetberathungen in der zweiten Kammer veranlaßten Verhandlungen über die Verhältnisse der katholischen Facultät bei der Universität Gießen, welche, nachdem Bischof v. Ketteler im vorigen Jahre ein eigenes katholisches Seminar in Mainz gegründet hatte u. den Studirenden der katholischen Theologie in Gießen bedeutet worden war, daß sie ohne den Besuch der Mainzer Facultät eine Verleihung geistlicher Würden nicht erwarten dürften, mehr u. mehr in Verfall gerieth, ohne daß die Regierung ernstliche Schritte dagegen gethan hätte. Die Kammer beschloß die Regierung zu veranlassen, den Kandidaten der katholischen Theologie ohne Ableistung der Facultätsprüfung u. Beibringung eines Abgangszeugnisses von der Landesuniversität kein Pfarramt zu verleihen, dagegen rieth der Regierungscommissär den Ausgang der obschwebenden Verhandlungen der betheiligten Regierungen über die Forderungen der Bischöfe der oberrheinischen Kirchenprovinz (s. Baden, Gesch. V.) abzuwarten, u. dabei beruhigte sich die erste Kammer u. versagte dem Beschlusse der zweiten Kammer ihre Zustimmung. Eine gleiche Lebhaftigkeit der Verhandlungen der Kammern veranlaßte das Bekanntwerden der Darmstädter Protokolle (s. Deutschland, Gesch. XIII. D), worin man ein Aufgeben des Zollvereines erblickte. Beide Kammern sprachen sich für Aufrechterhaltung des Zollvereins aus. In gleichem Sinne liefen aus fast allen Gegenden Petitionen an den Landtag ein, besonders vom Handelsstand von Mainz, Gießen, Darmstadt etc. Die Unruhen im Odenwalde, welche in Folge des Nothstandes Anfangs 1852 entstanden waren, hatten die Absendung eines Militärcommandos in die bedrohten Gegenden veranlaßt. Das Jahr 1853 brachte nur wenige hervortretende Ereignisse. Am meisten Aufsehen erregte eine diplomatische Differenz mit Preußen, die schließlich zu einem förmlichen Bruche führte. Als Grund derselben wurde angegeben, daß dem preußischen Gesandten in Darmstadt, v. Canitz, die von demselben verlangte Auskunft über den Inhalt einer zwischen dem Ministerpräsidenten von H.-D. u. dem kurhessischen Minister des Äußeren gepflogenen Unterhandlung verweigert worden war. Das Auftreten des preußischen Gesandten deshalb gegenüber der großherzoglichen Regierung hatte letztere veranlaßt, um Entsendung eines anderen Diplomaten in Berlin nachzusuchen, worauf wieder die preußische Regierung Genugthuung für v. Canitz forderte; H.-D. erklärte zwar hierauf von seinem Verlangen abstehen zu wollen, konnte jedoch hierdurch nicht verhindern, daß Preußen seinen Gesandten abberief u. alle diplomatischen Verbindungen abbrach. Hinsichtlich des kirchlichen Conflictes erging, im Ganzen übereinstimmend mit den Beschlüssen der Karlsruher Conferenz von Regierungsbevollmächtigten, eine großherzogliche Verordnung, die Ausübung des oberhoheitlichen Schutz- u. Aufsichtsrechtes über die katholische Landeskirche betreffend (s. Baden, Gesch. V.). Zu der Errichtung einer Süddeutschen Bank in Darmstadt für Handel u. Industrie wurde im April die Genehmigung der Regierung ertheilt, s.u. Creditanstalt 3) b).
Die gegen Ende des Jahres 1853 einberufenen Kammern tagten mit mehrfachen Unterbrechungen bis zum Juli 1854, indem sie sich fast ausschließlich mit Finanzangelegenheiten beschäftigten. Zur Deckung des im Voranschlage für die nächste Finanzperiode aufgestellten Deficit von nahezu 300,000 Gulden, sowie zur Vermehrung des Betriebsfonds wurde eine Erhöhung der directen Steuern u. eine Anleihe von 1/2 Million bewilligt. Am 24. August unterzeichnete der Großherzog das zwischen der Regierung u. dem Landesbischof verhandelte Übereinkommen über die Stellung der Katholischen Kirche zum Staate; jedoch fehlte demselben[320] noch immer die, ohnehin ziemlich zweifelhafte päpstliche Bestätigung. Am 20. September erfolgte die Publication des Bundespreßgesetzes. Die diplomatische Verbindung mit Preußen wurde zu Anfange des Jahres 1855 wieder hergestellt. Auf der anderen Seite wurde der Beginn des Jahres sehr traurig bezeichnet, theils durch den im Odenwalde als Folge des dortigen Nothstandes grassirenden Typhus, welcher die Absendung besonderer Ärzte nöthig machte, theils durch verderbliche Überschwemmungen der Gegenden von Mainz bis Bingen durch den aufgehenden Rhein (7.–10. Febr.). Der im April zusammenberufene Landtag nahm das neue, im Allgemeinen auf den vormärzlichen Wahlmodus basirte Wahlgesetz an u. bewilligte eine außerordentliche Forderung des Kriegsministeriums für erhöhte Kriegsbereitschaft, Kosten der Mobilmachung u. einer dreimonatlichen Feldaufstellung, deren Betrag durch ein Anlehen von 900,000 Fl. aufgebracht werden sollte. Die übrigen Kammerverhandlungen betrafen Modificationen des Wahlgesetzes, des Militärstrafgesetzbuches, Wiedereinführung des Polizeigesetzbuches von 1847 etc. Besondere Aufmerksamkeit erregte die vom 14. bis 22. Juni stattfindende katholische Bonifaciusfeier in Mainz. Hatte bereits der vom Bischof Ketteler von Mainz unter dem 6. Juni erlassene, darauf bezügliche Hirtenbrief wegen seiner Angriffe gegen die Reformation u. deren Folgen dazu gedient, die Feier schon im Voraus als eine vielfach bededeutsame erscheinen zu lassen, so bot dieselbe selbst durch ihren ungewöhnlichen Pomp u. die Anwesenheit fast aller Bischöfe Deutschlands u. Österreichs Veranlassung zu den verschiedenartigsten Erwägungen. Das von den Ständen garantirte Anlehen von 900,000 Gulden war von der Regierung im September bei einheimischen Bankhäusern contrahirt worden, die jedoch das Geschäft nur im Namen des Credit mobilier in Paris abschlossen.
Die Verhältnisse der Presse wurden in Vollziehung des Bundesbeschlusses für Verhinderung des Mißbrauchs der Preßfreiheit betreffend durch eine landesherrliche Verordnung geordnet, welche vom 1. Mai 1856 an in Kraft trat. Im Sept. trat das vom 6. Sept. datirte auf dem letzten Landtag mit den Ständen verabschiedete neue Wahlgesetz in Wirksamkeit, wonach die Zusammensetzung der Ständeversammlung, wie sie nach den Bestimmungen der Verfassung von 1820 bestand, fast ganz wiederhergestellt wird (s. Hessen-Darmstadt, Geogr.). Bald darauf erschien im Regierungsblatte die landständische Geschäftsordnung, welche gleichfalls im Wesentlichen eine Wiederherstellung der Geschäftsordnung vom 25. März 1820 ist, u. am 16. Oct. der Abschied für die vertagte außerordentliche Ständeversammlung, von deren Thätigkeit als Hauptergebnisse hervorgehoben wurden die Regelung der Verfassungsverhältnisse, eine Reihe anderer wohlthätiger Gesetze u. Einrichtungen u. die Feststellung der Civilliste mit 581,000 Gulden. Am 22. Dec. wurde die neu gewählte Ständeversammlung vom Großherzog in Darmstadt eröffnet u. als ihre Hauptaufgabe Vervollkommnung der Gesetzgebung u. die Bildung einer dauerhaften Grundlage für die Finanzen bezeichnet. Der Entwurf einer neuen Civilproceßordnung war von der Regierung schon vorher veröffentlicht worden, um Stimmen von Sachkundigen darüber zu vernehmen; außerdem hatten sich die Stände zu beschäftigen mit einer neuen Hypothekenordnung u. verschiedenen Gesetzen über Zusammenlegung der Grundstücke, Familienfideicommisse u. Regelung der standesherrlichen Angelegenheiten, insbesondere zur Ergänzung der Entschädigung für Ablösung der Grundrenten. Die zweite Kammer bestand überwiegend aus Staatsdienern, u. die meisten Wahlen waren aus der Minderheit der Wähler hervorgegangen. Zur Erhaltung u. Wiederherstellung alter Bauwerke geschah mancherlei, in Oppenheim in Bezug auf die Katharinenkirche, in Worms u. Mainz in Bezug auf die katholischen Dome; in beiden Städten bildeten sich Dombauvereine, deren Protectorat der Großherzog übernahm; Protestanten betheiligten sich daran, nachdem die ministerielle Genehmigung für die projectirte Errichtung eines Lutherdenkmals in Worms ertheilt war. Auch wurde versucht den Volksschulen eine praktischere Richtung zu geben; so setzte unter Anderm der landwirthschaftliche Verein für diejenigen Schullehrer, welche in ihrer Schule landwirthschaftlichen Unterricht ertheilen, Belohnungen bis zu 50 Gulden aus. Den Bau zweier neuen Eisenbahnen von Mainz nach Bingen u. von Mainz über Darmstadt nach Aschaffenburg gestattete die Regierung u. genehmigte die dadurch nothwendigen Abänderungen im Statut der Ludwigsbahn. Zwei Feste verschönerten das öffentliche Leben; zur Anerkennung der Treue u. Hingebung der großherzoglich hessischen Truppen verordnete der Großherzog, daß den 18. August, an welchem 1806 die Heeresabtheilungen ihre Namen erhalten hatten, in den Garnisonen u. Stationen als ein Festtag begangen werde; am 31. August u. den folgenden Tagen fand in Darmstadt das Mittelrheinische Musikfest statt, an welchem sich mehr als 700 deutsche Sänger betheiligten.
Im Jahr 1857 bewilligten die Stände die Erhöhung der Civilliste des Großherzogs um jährlich 50,000 Gulden; zu Ende Juni hielt sich der russische Kaiser auf der Durchreise nach Stuttgart, wo er mit dem Kaiser der Franzosen Ludwig Napoleon Bonaparte zusammentraf, mit der Kaiserin einige Tage am Darmstädter Hofe auf, worauf der Großherzog am 17. Juli dem französischen Kaiser einen Besuch in Plombières machte. Dem von den meisten deutschen Regierungen abgeschlossenen Münzvertrage (vom 24. Januar 1857) war die großherzogliche Regierung beigetreten, u. derselbe wurde von den Kammern genehmigt. Der zu Nürnberg berathene Theil des Entwurfes eines deutschen Handelsgesetzbuches wurde Seiten der Regierung, welche durch einen Beauftragten an der Berathung theilgenommen, zur Begutachtung den Gerichtshöfen mitgetheilt. Weithin verbreitete die Nachricht Schrecken, daß in der Festung Mainz am 18. Nov. ein österreichischer Unteroffizier in der Garnison, Wimmer, aus unbekannten Gründen absichtlich sich mit dem Pulvermagazin St. Martin, welches gegen 200 Centner Pulver enthielt, in die Luft gesprengt hatte; die in der Nähe gelegenen Gassen, der sogenannte Kästrich u. die Gaugasse, war Ein Trümmerhaufen, 23 Bürger, 11 preußische u. 2 österreichische Soldaten sofort todt, die Verwundungen u. Beschädigungen in der ganzen Stadt sehr zahlreich. Eine neue Postordnung vom 13. Dec. 1857 an die Stelle der[321] von 1824 erregte wegen ihrer ausführlichen u. zweckmäßigen Fassung allgemeines Interesse. Im Heerwesen konnte die Einführung des vom Oberlieutenant von Plönnies erfundenen, auf tragbare Feuerwaffen anwendbaren Geschoßsystems als ein Fortschritt betrachtet werden. Unter den öffentlichen Arbeiten zeichneten sich aus die Geradlegung des Rheins zwischen Mainz u. Niederwalluf, wozu die Stände 300,000 Gulden bewilligten, während die Rheinzölle einen Reinertrag von 237,000 Gulden jährlich geben. Die Eisenbahn von Darmstadt nach Mainz wurde im August dem Betriebe übergeben, die von Darmstadt nach Aschaffenburg im Frühjahre 1859; zu der Erbauung einer Brücke über den Rhein bei Mainz stellte die Regierung 5,200,000 Gulden zur Verfügung. Auf die Berathung einer Civilproceßordnung einzugehen, lehnten die Stände ab, weil es nicht gut sein könne, nur für einen kleinen Theil des vaterländischen Bodens Specialgesetze zu erlassen, anstatt allgemeine deutsche Gesetze zu geben; ein Gesetz wegen der Rechtsverhältnisse der Standesherren, auf Begründung eines bleibenden Rechtszustandes, erschien mit Beirath u. Zustimmung der Stände am 5. August u. bezeichnet die Standesherren als die vordersten geborenen Stimmführer auf dem Landtage; die Fürsten zu Isenburg-Birstein u. Löwenstein-Wertheim u. die Grafen zu Erbach-Fürstenau u. Stollberg-Gedern erklärten sich damit nicht zufrieden gestellt; ein Gesetz vom 13. August wegen Zurückgabe der Jagdberechtigungen erklären dieselben auf Antrag der Gemeinden u. Grundbesitzer gegen den 18fachen Betrag des jährlichen Dnrchschnittertrags seit 1848. Das neue Militärstrafgesetzbuch (vom 27. Aug. 1858) enthält nur das materielle Recht, welches mit der gesammten Strafgesetzgebung in Einklang gebracht werden mußte; ein anderes mit den Ständen berathenes wichtiges Gesetz ist das über die Errichtung landwirthschaftlicher Erbgüter, wonach jeder Grundeigenthümer ein Erbgut begründen kann, wenn das dazu bestimmte Grundvermögen entweder (ausschließlich der Hofraithe, Gebäude u. der Waldung) einen Werth von mindestens 15,000 Gulden hat u. bis zu diesem Betrage schuldenfrei ist od. aus 60 nicht verschuldeten Normalmorgen besteht. Außerdem waren noch eine neue Hypothekenordnung, ein Gesetz über Errichtung von Fideicommissen, ein solches wegen Verantwortlichkeit der Gemeinden für Verletzungen u. Beschädigungen in Folge von Zusammenrottungen, ein solches über die Befugnisse der Gemeinden, statutarisch den Allmendengenuß festzustellen, ein solches über die Währschaft beim Viehhandel, ein solches wegen Amortisationder auf den Inhaber lautenden Schuldurkunden u. ein Gesetz wegen Bestrafung von Jagdvergehen zu Stande gekommen. Noch trugen die Stände auf Vorlage eines Entwurfes einer neuen Strafproceßordnung an, da die auf dem rechten Rheinufer eingeführten Geschwornengerichte nicht befriedigten. Bemerkenswerth ist, daß schon im Sommer 1858 ein in Mainz lebender Franzos Broschüren drucken ließ, worin behauptet wurde, Mainz sei schon wegen seines Ursprungs mehr französisch als deutsch, u. diese Gesinnung theile die Bevölkerung, welcher Behauptung freilich in Deutschland, aber nicht in Frankreich, auf welches diese Schrift berechnet war, widersprochen wurde. An der vaterländischen Erhebung zur Bekämpfung der von Frankreich drohenden Gefahr nahm H.-D. lebhaften Antheil, u. schon am 8. März 1859 erschien eine Ministerialverordnung über Aushebung der zum Kriegsgebrauche nöthigen Pferde, u. ein. Edict vom 20. April rief 2000 Mann zur Ergänzung der Feldtruppen auf; eine Verordnung vom 26. Mai verbot die Ausfuhr von Schlachtvieh u. Hafer über die Zollvereinsgrenze. Der Anfang Juni zusammentretende Landtag sprach in dem gleich deutschen Sinne u. bewilligte die zur Kriegsbereitschaft erforderlichen außerordentlichen Mittel im Betrag von 400,000 Gulden. Die Regierung schloß eine mit 5 Procent zu verzinsende Anleihe von 3,200,000 Gulden ab. Vgl. I. W. C. Steiner, Geschichte des Großherzogthums Hessen, Darmst. 1833–34, 5 Bde.; Walther, Literarisches Handbuch für Geschichte u. Landeskunde von H., Darmst. 1841; Buchner, Das Großherzogthum H. in seiner politischen u. socialen Entwickelung, Darmst. 1850.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.