- Deutschland [2]
Deutschland (Antiquitäten). Die Bewohner der Germania magna (s. Deutschland, a. Geogr.), hatten in ältester Zeit keinen gemeinschaftlichen Namen, sie wurden weder unter dem fremden Namen Germanen (s.d.) befaßt (Anfangs nur am Niederrhein), noch (vor dem. 40. Jahrh.) unter dem einheimischen Namen Deutsche; sondern die einzelnen Stämme, welche selbständig u. von einander unabhängig waren, führten jeder seinen eignen Namen (s.u. Deutschland, a. Geogr.). Jeder Stamm hatte ein Gebiet (Land); diese Gebiete stießen mit ihren Grenzen nicht unmittelbar an einander, sondern zwischen denselben lagen große Leeden, gleichsam als neutrale Gebiete, u. je größer diese waren, desto mehr geachtet war ein Stamm, denn dies war das Zeichen, daß er bei dem Nachbarstamm im Respect stand u. gefürchtet wurde. Jedes Gebiet war eingetheilt in Gaue (von denen sich noch Namen erhalten haben, wie Rhein-, Nord-[3] Sundgau u.a.); die Gaue bestanden wieder aus Marken; doch hießen auch später Marken die Grenzdistricte gegen undeutsche Völker, bes. in Nord u. Ost. Jährlich wurden die Grenzen von den einzelnen Gemeinden umgangen, um dieselben immer im Gedächtniß zu behalten, später um Verrückung künstlicher Grenzzeichen zu verhüten. Ursprünglich war A) das Volk eingetheilt in Freie u. Knechte, später entstanden mehrere Klassen; bei den Franken zur Zeit der Abfassung des Salischen Gesetzes 9; gewöhnlich unterscheidet man: a) die Unfreien od. Dienenden, welche unter sehr verschiedenen Namen vorkommen, bes. nach ihren Beschäftigungen u. Leistungen, verschiedene Haus- (Mahlen, Waschen, Bratenwenden, Hunde-, Pferde- u. Falkenwarten etc.), Feld- (Ackern, Schneiden, zur Jagd- u. Waldfolge, Viehhüten), Kriegs- (Verwundete besorgen, Gefallene bestatten) u. andere Dienste leisteten, Früchte, Vieh, Kleider, Geräthe, später auch Geld etc. zahlten (vgl. Zins). Zu Unfreien wurden sie durch Geburt, Verheirathung mit einer Unfreien, Kriegsgefangenschaft, Ausübung des Strandrechts, Kauf, in Folge freiwilliger Ergebung zu Dienst wegen Schulden (namentlich im Spiel) od. aus unzureichendem Lebensunterhalt u. Unvermögen das Wehrgeld zu bezahlen. Sie werden eingetheilt in: aa) Knechte od. Leibeigne (Schalke, von den Römern Servi genannt), gebunden an die Scholle u. Eigenthum ihrer Herren, ohne deren Willen sie nicht heirathen durften u. denen auch ihr Erwerb gehörte; sie trugen geschornes Haar u. führten keine Waffen, konnten ungestraft getödtet werden, wurden aber im Ganzen mild behandelt, nicht gefesselt u. nicht geschlagen; bb) Hörige (Lite, Leute, Lassen, Lazzen, lateinisch Liberti, Libertini), Knechte, welche ein Haus u. Ackerstück von ihren Herren inne hatten, wogegen sie einen Zins an Naturalien entrichteten; Erworbenes gehörte ihnen, u. sie konnten sich damit die Freiheit erkaufen; sie waren zum Kriegsdienst verpflichtet, konnten aber nicht an den Volksversammlungen theilnehmen. Freilassung geschah unter allerhand Feierlichkeiten, in der christlichen Zeit in der Kirche; b) Freie, u. zwar aa) im Allgemeinen (Frilinge, von den Römern Ingenui genannt), die eigentlichen Grund- u. Bodenbesitzer, die über ihr Eigenthum frei verfügen konnten u. freizügig waren; sie trugen langes Haar u. Waffen, gehörten zu einem Geschlecht, erschienen in den Volksversammlungen, konnten gegen Beleidiger od. Verletzer Fehde erheben, waren von manchen Strafen frei (s. unten), dienten im Heerbann u. brachten dem König jährliche Geschenke; bb) Edle (Adalinge, von den Römern Nobiles, Proceres, Optimates genannt), der eigentliche Adel des Volks, ausgezeichnet durch ausgedehnteren Grundbesitz u. durch Kriegsruhm seit mehreren Generationen; für sie war das Wehrgeld bedeutender, aus ihnen wurde der König gewählt, um sie sammelten sich Andere als Schutzgenossen (Clientes). Einige Völkerschaften hatten freie Verfassungen, z.B. die niederdeutschen; andere hatten an ihrer Spitze einen König. Der König wurde gewählt, u. zwar aus bestimmten Geschlechtern, so bei den Ostgothen aus den Amalen, bei den Westgothen aus den Balten, bei den Baiern aus den Agilolfingen, bei den Longobarden aus den Lithingen. Der neue König wurde auf einen Schild erhoben u. im Kreise in der Versammlung herumgetragen, dem Volke gezeigt, welches durch Klatschen mit den Händen u. Zusammenschlagen der Waffen seinen Beifall aussprach. Der König um ritt nach der Wahl in Begleitung der Freien das Land. Die Auszeichnung des Königs war langes Haar, das Tragen eines Stabes u. (bei den Franken u. Gothen) das Fahren auf einem Stiergespann; seine Pflichten u. Rechte waren: das Vol. nach außen zu repräsentiren, Bündnisse zu schließen u. aufzuheben, in wichtigen Fällen Recht zu sprechen; seine Einnahmen bestanden in Geschenken (Beten), welche ihm beim Regierungsantritt, Vermählung, Volksversammlungen gebracht wurden, u. in dem größeren Antheil an Kriegsbeute u. Strafen. Eigentliche Abgaben an den König wurden erst durch die Franken in D. eingeführt, wie auch erst seit der fränkischen Zeit der König andere Einkünste u. Nutznießungen, z.B. Bannforste, hatte; für den Fall körperlicher Untüchtigkeit u. beim Mangel der erforderlichen Eigenschaften konnte der König auch abgesetzt werden. Im Kriege wurde aus den Tapfersten ein Herzog gewählt; zuweilen waren auch Könige Kriegshelden, u. geachtete Herzöge gelangten zur Königswürde; zur Zeit der Völkerwanderung schmolz bei den wandernden Völkern Königs- u. Herzogswürde in Eins, in der fränkischen Zeit waren, so weit die fränkische Macht reichte, die deutschen Herzöge nur Statthalter des Königs. Neben dem Könige hatte jeder Gau noch seinen Fürsten (Princeps), welcher zugleich der Richter war. Eingeschränkt in seiner Macht war der König durch die V olksversammlung (Ding, Thing). Bestimmte Zeiten der Versammlung waren des Jahres einige Male, wahrscheinlich an den Haupt- (bes. Frühlings- u. Sommer-) festen, wenn Voll- od. Neumond war (bei den Franken im März, Märzfeld, seit Pipin im Mai, Maifeld); außerordentliche Versammlungen (Botdinge, d.i. gebotne Versammlung) wurden durch Boten angesagt. Der Ort der Versammlung war unter freiem Himmel u. mit Bäumen u. Steinen bezeichnet. An diesen Versammlungen nahmen nur Freie Theil u. sie erschienen in Waffen; ehe alle beisammen waren, vergingen oft 2–3 Tage. Gegenstände der Verhandlungen in den Versammlungen waren: Beschlüsse über Krieg, Königs-, Herzogs- u. Grafenwahlen, Wehrhaftmachung junger Leute, Anklagen auf Leben u. Tod. Zu Anfang wurde geopfert, dann gebot der Priester Stillschweigen, der König od. ein anderer beredter Mann trug die Sache vor, die Versammelten gaben ihre Zustimmung durch das Zusammenschlagen mit den Schilden, den Widerspruch durch Murren kund. Mit den Volksversammlungen waren gewöhnlich große Schmausereien verbunden.
B) Rechtswesen. In Angelegenheiten des Hauses war jeder Familienvater Richter; streitige Sachen, die andere Personen betrafen, konnten die Streitenden privatim durch selbstgewählte Schiedsrichter schlichten lassen; wichtigere Streitigkeiten wurden vor die Volksversammlungen gebracht u. in der frühesten Zeit ohne besondere Richter entschieden; später wurden a) die Gerichte, getrennt von den Volksversammlungen, für sich gehalten. Gerichtsleute u. zwar Richter waren nur Freie, Anfangs wohl die Priester, dann die Könige u. für einzelne Landschaften u. Bezirke besondere Gerichtsvorstände[4] aus dem Adel, deren Würde oft erblich wurde, bei den Franken hießen sie Grafen (Grafiones), anderwärts hießen sie nach Zahlenverhältnissen der ihnen Untergebenen, z.B. Centner; Schulzen (Skulteten) waren Gauvorstände; Zeichen ihrer Würde war ein Stab mit abgeschälter Rinde. Gerichtsboten (Sajonen) sagten das Gericht an u. trugen auch einen Stab; sie mußten glaubwürdige Männer sein, da ihr Zeugniß Geltung hatte. Urtheiler (Weiser) waren in alter Zeit alle der Volksversammlung beiwohnenden Männer. Es entschied Stimmeneinheit, wenigstens Stimmenmehrheit. Wegen der Privathändel auf gebotnen Gerichten wurden spätereinebestimmte Anzahl von Urtheilern als Gerichtsbeisitzer von den Grafen od. Parteien für einzelne Fälle erwählt, bei den Franken hießen sie Rachinburgii, unter ihnen mußten Rechtskenner (Sachibarones) sein, bei den Friesen hießen sie Brokmänner; bleibende Gerichtsbeisitzer (Scabini, Schöffen) verordnete erst Karl der Große, die auch von den Grafen u. den Freien gewählt wurden; ihrer waren gewöhnlich 7, zu einem vollen, feierlichen Urtheil gehörten aber 12. Bei den Alemannen u. Baiern saß nur 1 Richter mit dem Grafen zu Gerichte u. neben ihm noch ungenannte Urtheiler. Sie trugen früher Waffen, bes. Lanzen, u. traten, wenn sie sich über das Urtheil besprachen, vom Gerichtsplatz ab. Säumiges u. ungerechtes Urtheil wurde mit Landesverweisung u. Ehrlosigkeit bestraft. Die Gerichtsstätte war unter freiem Himmel, unter Bäumen (bes. Linden u. Eichen), auf Auen u. Wiesen, auf Anhöhen, überhaupt an heiligen Orten, wo Opfer gebracht u. Gottesurtheile vorgenommen werden konnten, daher Feld-, Weide-, Holz- (Forst-, Hain-), Berggerichte. Die Plätze waren gefriedigt durch Schnuren u. Zäune, später durch Schranken. Die Gerichtszeit war vorzugsweise am Dienstag; u. zwar wurde das Gericht nicht vor Sonnenaufgang eröffnet u. mit Sonnenuntergang geschlossen. Der Art nach waren die Gerichte ungebotene, an bestimmten Tagen, od. gebotene, welche bes. angesagt wurden, Eigen-, Ritter-, Lehn-, Mann- u. Freigerichte, von allen waren im Mittelalter bes. die letztern die berühmtesten, s.u. Fehmgericht. Dem Umfang nach waren es Land-, Gau-, Cent-, Mark-, Stadt-, Dorf- u. Weichbildgerichte. b) Peinliche Verbrechen waren Injurien (Schelte), Diebstahl, Raub, Nothzucht, Gewaltthätigkeit, bes. Wassertauche (wenn Einer den Andern ins Wasser stürzte, ohne daß dieser ertrank), Leibesverletzung, Todtschlag. c) Gerichtsordnung: Gehegt (besetzt) war das Gericht, wenn ein Schild über des Richters Sitz aufgehängt, Stille geboten u. die Grenze bezeichnet war, wie weit sich die Zuhörer dem Gericht nahen durften. Der Kläger forderte den Schuldigen selbst in Beisein von Zeugen vor Gericht, Gewalt konnte gegen Freie nie gebraucht werden; erschien der Beklagte nach 3- od. (bei den Ripuariern nach 7-) maliger Ladung nicht u. entschuldigte sich auch nicht, so wurden Strafen verhängt. Erschien der Beklagte, so geschah der Vortrag der Klage vom Kläger, ihr folgte die Vertheidigung des Beklagten; der Beweis wurde in Civilsachen mit Zeugen u. Urkunden durch den Kläger, in peinlichen mit Eid, Eideshelfern u. Gottesurtheilen durch den Beklagten geführt. Dann wurde das Urtheil gesprochen, die Strafe entweder sogleich od. nach Fristen erlegt u. dann das Gericht meist mit einem Gelag geschlossen, wozu die Urtheiler ihren Antheil an den Strafgeldern verwendeten d) Strafen waren für alle Fälle bestimmt: Zahlung einer Buße, bes. des Wehrgeldes (s.d.), bei Leibesverletzung od. Mord, nach bestimmten Taxen; überstieg das Wehrgeld das Vermögen des Thäters, so mußten dessen Verwandten für ihn zahlen, konnten diese auch nicht, so wurde er am Leben gestraft, od. mußte den Verwandten des Erschlagenen als Knecht folgen. Leibesstrafen waren: Abscheeren des Haupthaares, Peitschen (dies nur für Unfreie), Schinden, Hand- u. Fußabhauung, Blenden, Entmannen u. m. a.; Leibesstrafen konnten an Freien blos von Priestern im Namen der Gottheit verhängt werden; Todesstrafen, welche eigentlich blos Landesverräther trafen, waren: Hängen, Schleifen od. Zertreten durch Pferde, Rädern durch Wagen, Enthauptung mit Beil od. Barte, Ausdärmen (an einen Pfahl binden, den Leib aufschneiden u. nach u. nach die Därme ausziehen), Pfählen, Viertheilen, Steinigen, lebendig in Sümpfe Begraben (für Feige od. unnatürliche Wollüstlinge), Ertränken u.m.a. Vollzogen wurden die Todesstrafen vor Sonnenuntergang von den Boten, später von einem besonderen Nachrichter; an manchen Orten hatte es der jüngste Ehemann od. der unterste Schöffe zu verrichten, zuweilen mußten die Verurtheilten sich unter einander hinrichten od. es wurde Einer zur Vollstreckung des Urtheils begnadigt. Ehrenstrafen: Gefangenschaft u. Landesverweisung als politische Maßregel, Verweis, Widerruf, schimpfliche Tracht, Untersagung der Waffen u. des ritterlichen Geräthes, Hunde-, Rad-, Sattel-, Besentragen etc., Eselsritt, Pranger etc. Freistätten für Verfolgte waren Haine, Altäre, Tempel, Priester- u. Königshäuser. e) Geschriebene Gesetze gab es in alter Zeit nicht, sondern es wurde nach Sitte u. Gebrauch für jeden Fall (Wilküren bei den Friesen) entschieden; erst nach der Völkerwanderung, da sich die Verhältnisse mehr ordneten u. die einzelnen Völkerstämme mit einander zusammentrafen, ließen deren Könige die Gesetze von kundigen Männern aufschreiben, u. so haben wir davon (doch nur in lateinischer Sprache geschrieben) das Salische u. Ripuarische, Thüringsche (Werinische), Burgundische, Westgothische, Longobardische, Alemannische, Bairische, Friesische Gesetz (s.d.a.); aus später Zeit sind deutsch die Weisthümer, Sammlungen von Rechtssprüchen u. Rechtsgewohnheiten, der Sachsen- u. Schwabenspiegel (s. b.); vgl. Deutsches Recht.
C) Kriegswesen. Der Beschluß zu einem Kriege wurde in einer, bei nahender Gefahr vom König berufenen Volksversammlung nach Befragung der Lose gefaßt; der Ausgang des Kriegs durch Weissage erforscht, dann die Kriegserklärung erlassen, zugleich aber auch ein Herzog gewählt. Alle Freie, durch den von Haus zu Haus geschickten Heerpfeil od. Botenstock aufgerufen, traten nun unter die Waffen (Heerbann), aus den heiligen Hainen wurden die Feldzeichen geholt. Diese bestanden in Stangen, auf welche Thierbilder befestigt waren; die Longobarden hatten heilige Wagen mit Fahnen (s. Carrocium). Dem Heere folgten Frauen u. Kinder zu Wagen, mit diesen Wagen bildeten sie um das Lager Wagenburgen; die Weiber dienten als Ärzte u. Verpflegerinnen der Verwundeten u. ermunterten die Kämpfenden zur Tapferkeit.[5] Neben dem Heerbann bestanden noch die Geleite od. Waffenbrüderschaften (Comitate), freiwillig zusammengetretene Kriegsgesellschaften, um auf Abenteuer u. Beute auszugehn; nur gegen befreundete Völkerschaften durften sie sich nicht wenden. Sie wählten sich ebenfalls einen Herzog, der ihnen das Schlachtroß u. den Speer u. Theil an der Beute gab. Nach der Heimkehr blieben sie um den Herzog versammelt u. bildeten zugleich eine Art stehendes Heer; auch wurden sie bei schneller Hülsenoth von dem Könige zum Kampfe für Gau u. Land entboten od. sie gingen in Sold u. Dienst in andere Gaue u. bildeten bei jedem Kriegszuge des Heerbannes Vor- u. Nachhut. Waffen: als Schutzwaffe diente bes. der Schild, lang u. schmal, von Holz od. Flechtwerk, mit Leder überzogen, bunt bemalt u. mit Handhaben versehen, wurde er an einer Schnur um den Hals befestigt; Angriffswaffe war bes. die Framea (s.d.), eine Lanze mit kurzem, schmalem aber scharfem Eisen, zum Kampf in der Nähe u. Ferne, zum Stoß u. Wurf dienend; der Ger, ein Spieß, minder schwer u. mit spitzigem Eisen beschlagen, zum Wurfe in die Ferne, nach Andern mit der Framea gleich; der Speer, länger u. mit größerer Spitze; Streithämmer od. Streitkeile (die man auch Donnerkeile, s.d., nennt) von Stein, später von Erz (Streitaxt), Bogen u. Pfeile, Schleudern, Keulen, Panzer, Helme; Schwerter kamen nur selten vor, öfter noch Dolche. Die Hauptstärke der deutschen Heere bestand in dem Fußvolk; doch gab es, wo Pferdezucht war, auch Reiterei, bes. berühmt waren die Tenchterer als Reiter. Die Reiter hatten gleich der Infanterie als Waffen Schilde u. Frameen. Mit den Reitern fochten Leichtbewaffnete, die in vollem Laufe neben den Pferden herliefen u. in großer Eile sich an den Mähnen der Pferde anhielten. Zur Kriegsmusik hatten sie Hörner u. Trommeln. In der Schlacht stellte das Heer sich truppweis auf, nach Genossenschaften u. Gemeinden, zwischen diesen Trupps standen die Reiter, hinter der Schlachtlinie die Wagenburg mit Gepäck, Weibern u. Kindern. Vor dem Beginn der Schlacht hielt der Heerführer eine begeisterte Anrede an das Heer, welche von diesem mit wildem Kriegsgeschrei u. Waffengeklirr beantwortet wurde. Der Angriff wurde unter einem Schlachtgesang (Barritus) gemacht, der, je näher sie dem Feinde kamen, in ein immer stärkeres Gebrüll überging. Der sehr heftige Angriff wurde in Masse gemacht; doch trifft man eine Art von keilförmiger Schlachtordnung schon früh bei den Deutschen an, wo sich ein Paar beherzte Männer an die Spitze stellten, denen sich dann auf beiden Seiten um je 2 Mann verlängerte Reihen anschlossen; der Sieg wurde mit jauchzendem Gesang gefeiert. Die größte Schande war, den Schild im Stich zu lassen; wer es that, wurde ehrlos u. durfte weder an dem Gottesdienste noch an den Volksversammlungen Theil nehmen, daher endigten gewöhnlich die, welche den Schild verloren, durch ireiwilligen Tod ihr Leben. An der Beute hatten Alle Theil, die Heerführer erhielten eine größere Portion; zur Beute gehörten auch die Gefangenen, deren einige den Göttern geopfert wurden. Der Friedens schluß geschah unter religiösen Ceremonien, unter gegenseitiger Eidschwörung, Opfern u. Festgelagen; zuletzt wurden die Feldzeichen in die heiligen Haine zurückgebracht.
D) Privatleben. a) Wohnung. Die Deutschen bewohnten einfache Häuser, von Holz u. Lehm aufgebaut, mit Stroh od. Rasen gedeckt u. außen weiß angestrichen, hier u. da auch mit bunten Farben bemalt. Gewöhnlich baute jeder sein Haus einzeln an einen Quell od. an einen Berg, so daß rings um seine Flur lag. Das Getreide bewahrten sie in Erdhöhlen auf. Einebessere Bauart wurde erst seit der fränkischen Zeit eingeführt, wo für Könige Pfalzen, für Edle Burgen auf Berge gebaut wurden. Ummauerte Städte, Umbauten um römische Castelle, gab es in West- u. Süddeutschland schon früher, im östlichen u. nördlichen Deutschland wurden deren erst seit Kaiser Heinrich I. zum Schutz gegen einfallende Feinde angelegt. b) Kleidung u. Tracht; Kinder gingen bis zu ihrer Mannbarkeit nackt; Männer trugen einen kurzen, wollenen od. bastenen, ärmellosen Mantel, der oben am Halse mit einer Nadel u. einem Dorn, später mit Spangen zusammengehalten wurde; oft jedoch auch ein bloses Thierfell. Die Vornehmen trugen später kostbare, mit Gold verzierte Mäntel, Beinkleider u. pelzverbrämte Wämser od. kurze Röcke. Doch war gewiß die Tracht bei den verschiedenen Stämmen verschieden. Schuhe waren von Leder. Die Kleidung der Weiber war im Ganzen dieselbe, doch waren ihre Kleider leinen u. mit bunten Streifen besetzt, anliegend u. wurden mit einem Gürtel zusammengehalten, die Arme u. ein Theil der Brust blieben unverhüllt; den Hals schmückten sie mit Ringen u. Gehängen, auch Arme, Finger u. (wenigstens in Süddeutschland) Füße wurden mit metallenen Ringen geschmückt, die theils massiv, theils hohl, theils von Drahtgewinde waren. Das volle gelbe od. röthliche Haar war dem Deutschen ein Gegenstand großer Achtung u. Pflege; es wurde mit einer Pomade aus Talg u. Buchenasche od. mit Butter eingeschmiert u. gekämmt, von den Franken lang über den Rücken herabhängend, von den Sueven auf dem Scheitel in einen Knoten gebunden u. mit Nadeln durchstochen getragen. Nur Frauen u. Edle trugen langes Haar, Knechte schoren es ab, so wie auch für Ehebrecher eine Strafe war, das Haar abzuschneiden; der Bart wurde geschoren; doch finden sich auf römischen Abbildungen auch Deutsche mit Schnurrbärten. c) Speise lieferten den Germanen bes. die Wälder; man aß Wildpret aller Art u. auch Fleisch zahmer Thiere, bes. von Schweinen, u. bes. berühmt u. von den Römern schon gesucht waren die Schinken der Marsen (Westfalen), bei Opfern Pferdefleisch (dessen Genuß in der fränkischen Zeit durch päpstliche Verordnungen untersagt wurde), Milch u. was daraus bereitet wird, Vogeleier, die See- u. Flußanwohner auch Fische; das Pflanzenreich gab Haidekorn, Hirse, Hafer (zu Brei), Bohnen, Kraut, wildes Obst; getrunken wurde Bier (s.d.), Cider u. Meth; Wein erhielten sie erst durch Handel von den Römern. d) Ehe. Die Frauen standen bei den Deutschen in hohem Ansehen, sie waren ihre Rathgeber u. Weissagerinnen, im Kriege ihre Begleiterinnen u. Ärzte, u. ein Friede, durch weibliche Geißeln erkauft, galt heiliger als ein anderer; auf sie, als des größeren Schutzes bedürftig, war auch ein höheres Wehrgeld gesetzt. Die Ehe galt den Deutschen heilig. Der Jüngling, in die Jahre der Mann- u. Wehrhaftigkeit getreten, wählte sich meist eine, ihm an Stand u. Jahren gleiche Jungfrau, brauchte aber dazu nicht blos die Einwilligung der Eltern,[6] sondern der ganzen Verwandtschaft. Die Deutschen nahmen nur Eine Frau, doch war es dem Könige verstattet, wenn seine Gattin unfruchtbar war, od. um durch Verschwägerung gute Nachbarschaft mit anderen Fürsten zu erwerben, noch Eine od. mehrere zu heirathen, die aber nach Einführung des Christenthums nur als Concubinen galten. Frauen- u. Mädchenraub wurde schwer geahndet. Der Bräutigam brachte der Braut vor der Hochzeit Geschenke (Widdum), gewöhnlich ein aufgezäumtes Roß, Schild u. Speer, wogegen die Braut dem Bräutigam andere, in der Familie forterbende Waffenstücke schenkte. Am Morgen der Hochzeit (über deren Ceremonien s. Hochzeit) brachte der Bräntigam andere Geschenke (Morgengabe), welche der Braut zu eigen gegeben wurden. Von religiöser Weihung der Ehe wird nichts berichtet; aber wohl fanden Schmausereien dabei statt. Streng wurde die eheliche Treue gehalten; die Ehebrecherin wurde mit abgeschnittenen Haaren u. entkleidet in Gegenwart der Verwandten aus dem Hause u. durch den Ort gepeitscht. Wenn der Mann starb, heirathete die Frau selten wieder, eher verbrannte sie sich mit der Leiche des Mannes auf dem Scheiterhaufen, wie es bes. bei den Herulern geschah. Eine Ehe galt für um so glücklicher, je gesegneter sie mit Kindern war. Das Neugeborene wurde gleich nach der Geburt in kaltes Wasser getaucht, mit den Kindern der Leute wuchsen die Kinder der Freien unter den Heerden auf, genährt von den Frauen selbst, dann von den Männern zu Waffenübungen angehalten. Um das 20. Jahr hatte die Wehrhaftmachung des freien Knaben mit Schild u. Speer in der Volksversammlung statt, der Jüngling wurde dadurch berechtigt, an den Volksversammlungen u. dem Heerbann Theil zu nehmen u. zu heirathen. e) Die Beschäftigung des freien Mannes bestand, wenn er nicht im Kriege war, bes. im Jagen, Schmausen u. Spielen; bes. Letzteres, ein Würfelspiel, trieben die Germanen mit großer Leidenschaftlichkeit, so daß sie, wenn sie ihre ganze Habe verloren hatten, sich selbst verspielten u. dann dem Gewinner als Hörige folgten. Jagd wurde gemacht auf allerhand Wild, Wölfe, Bären, Auer- u. Bisamochsen, Elennthiere. Bei Gelagen, zu denen religiöse Feste, Volksversammlungen, Hochzeiten, Todtenbestattungen Veranlassungen gaben od. welche auch eigens angestellt wurden, erschien der Deutsche mit seinen Waffen; jeder hatte seinen Tisch; in der Mitte war der Ehrenplatz des Tapfersten od. Vornehmsten, zunächst um ihn lag u. saß sein Comitat, man sprach dabei über öffentliche Angelegenheiten, leitete Versöhnung zwischen Feinden ein, sahe einer Art von Waffentanz zu, wobei nackte Jünglinge durch aufgestellte Schwerter u. Spiese tanzten u. sprangen, u. hörte Volkssänger singen. Der Inhalt der Lieder waren die Großthaten der Nationalhelden; sie wurden zum Klange der Harfe vorgetragen (s.u. Deutsche Literatur I.). Übrigens wurde zwar mäßig gegessen, aber gewaltig viel u. bis in die Nacht hinein getrunken; dabei vorkommende Streitigkeiten wurden auf der Stelle ausgemacht u. endigten nicht selten mit Mord u. Todtschlag. Getrunken wurde aus Hörnern, welche oft mit edlen Metallen beschlagen u. sonst geschmückt waren u. gewöhnliche Gegenstände von Geschenken waren. Außerdem lagen die Deutschen, welche nicht arbeiteten u. im Ertragen von Strapatzen eben nicht stark waren, daheim am Herd od. badeten sich in den Flüssen, was sie auch in der rauhen Jahreszeit thaten u. weshalb sie gute Schwimmer waren. Die Sorge für das Hauswesen u. die Feldwirthschaft lag der Frau ob, diese theilte die Arbeiten unter Knechte u. Mägde aus, besorgte die Kost u. spann u. webte die Kleider des Mannes. Ein schöner Zug im Charakter des Deutschen war die Liebe zum Vaterlande, verbunden mit dem lebendigsten Nationalgefühl, Großmuth gegen besiegte Feinde, Redlichkeit, Biederkeit u. Treue, die sich Männer in Bündnissen auf Leben u. Tod (Blutbrüderschaften, s.d.) zu gegenseitigem Schutz u. Rache hielten (nur an den Franken wird die Treulosigkeit gerügt) u. die Gastfreundschaft; wo ein Fremder in ein Haus kam, da wurde er aufgenommen u. von dem Wirthe gepflegt. Hatte dieser selbst nichts mehr zu leben, so gingen Wirth u. Gast mit einander zu dem Nachbar u. Beide wurden dessen. Gäste. Bis 3 Tage durfte ein Fremder bleiben, dann aber mußte er weiter reisen. Erreichte einer kein Haus u. mußte er auf dem Wege bleiben, so durfte er sein Zug- od. Reitthier auf die gemeine Weide treiben u. sich selbst aus dem nahen Forst od. Wasser eine Mahlzeit fangen, auch das Holz zu einer nöthigen Reparatur seines Geschirres fällen. f) Todtenbestattung. Der schönste Tod war dem Germanen in der Schlacht zu fallen, u. starb er daheim in der Hütte, so ritzte er sich wenigstens mit der Lanze, daß sein Tod blutig war. Bei den Herulern ließen sich Kranke u. Greise beim Nahen des Todes erschlagen, um nicht natürlich zu sterben. Man hörte u. beobachtete gern Vorzeichen, u. als prophetisch galt bes. das Geschrei des Käuzchens (daher Leichhuhn, Todtenvogel). Die Todten wurden entweder verbrannt, dann die Asche u. die Waffen, in späterer Zeit eine Pfeilspitze, Nadel u. andere Schmucksachen in eine Urne gelegt u. diese nebst anderen Gefäßen, wahrscheinlich mit Speise u. Trank zur Wegzehrung, unter die Erde beigesetzt; bei Königen u. Edeln wurden Hunde u. Pferde, sogar Knechte mit verbrannt u. ihnen besondere Grabhügel errichtet (s. Hünengräber). In anderen Gegenden od. zu anderen Zeiten wurden die Leichen begraben, u. zwar entweder in mit Steinen ausgelegten u. bedeckten Gräbern od. in bloße Erde, mit dem Gesicht nach Osten gekehrt, wobei auch Waffen, Geräth u. Gefäße beigesetzt wurden.
E) Gewerbe u. Künste. Schon im 4. Jahrh. v. Chr. sah der Massilienser Pytheas die Deutschen Ackerbau treiben; die Freien beschäftigten sich nicht selbst damit, sondern ließen ihre Weiber. Hörigen od. Leute die Äcker bestellen. Die Äcker waren Gemeineigenthum u. wurden von der Obrigkeit mit jährlichem Wechsel an einzelne Familien vertheilt od. ebenso jährlich wechselnd an Unfreie gegen Zins ausgegeben. Das Ackerland wurde mit Zaun u. Groben umgeben, mit dem Spaten u. von Rindern gezogenem Pflug bearbeitet, wahrscheinlich auch gedüngt (wenigstens die Ubier benutzten eine Art Mergel dazu), das Getreide mit der Sichel abgeschnitten, mit Schlägeln ausgedroschen u. dann zum Gebrauch auf Handmühlen ausgemahlen. Man baute Hafer, Gerste, Korn, Hirse, Erbsen, außerdem auch Flachs, Rettige, Pastinaken, Zuckerwurzeln, Spargel; in Niederungen wurde Gras gebaut, das man auch schon früh zu Heu abdürrte u. für das Vieh auf den Winter aufhob. Obst[7] wuchs wild, bes. Äpfel, Birnen u. Schlehen, am Rhein waren durch die Römer bessere Sorten eingeführt worden, ebendort u. an der Mosel wurde auch durch dieselben, nachdem die Deutschen lange die Einfuhr von Wein abgehalten hatten, im 3. Jahrh. u. in dem jetzigen Franken im 6. Jahrh. der Weinbau eingeführt (s.u. Wein). Viehzucht wurde früher mehr getrieben, als der Ackerbau; man hatte bes. Heerden von Rindern, die jedoch unansehnlich waren u. keine od. nur kleine Hörner hatten, Schafe, Schweine; auch die Pferdezucht wurde bei manchen Völkerschaften hoch geachtet; von Geflügel werden bes. Gänse genannt, deren Federn von den Römern sehr gesucht wurden; Bienen zog man nicht in Stöcken, sondern man benutzte den Wildhonig (s.u. Biene III.). Flachs u. Wolle wurden von den Frauen gesponnen u. gewebt; die Römer erzählen, daß die Linnen in Kellern u. Erdhöhlen gewebt wurden. Auch nähete man mit Nadeln u. Zwirn die Kleidungsstücke zusammen, flocht Matten aus Bast, Netze aus Binsen etc. Von Metallen kannte man Eisen, mehr u. früher Kupfer u. bes. daraus gefertigte Bronce. Es ist ungewiß, ob die Deutschen selbst schon früh Bergbau trieben, diese Metalle zu Tage förderten u. die, in D. sich findenden Metallarbeiten, wie Pfeil- u. Frameenspitzen, Ringe, Spangen, Äxte, Messer, Sicheln, Scheeren, Nähnadeln etc., selbst fertigten, od. ob sie dieselben von Nachbarvölkern, namentlich Celten u. Römern, durch Handel erhielten; doch hatten es die Deutschen schon zur Zeit der Völkerwanderung in der Schmiedekunst weit gebracht. Noch ehe man Metalle bearbeitete benutzte man Stein, bes. Feuerstein, Kieselschiefer, Granit, Syenit, Gneus, Basalt u. Serpentin zu Waffen u. Werkzeugen, bes. zu Keilen, Messern, Lanzen, Pfeilspitzen, Sägen, Hämmern, Äxten, Handmühlen, Schalen etc. Aus Thon arbeitete man bes. das Hausgeräth in mannigfachen Formen, Größen u. Färbungen, wie Teller, Schalen, Näpfe, Becher, Flaschen, Töpfe, Urnen, deren jetzt noch häufig mit Leichenresten ausgegraben werden. Von Holzgeräthschaften zimmerten sie außer Holz zu Bauten, Stangen an Waffen, Wagen, Schiffe u. Kähne; aus Knochen u. Horn machten sie Haarnadeln, Pfriemen, Haste. Handel mit Fremden trieben die deutschen Völker lange nicht, sie ließen nicht gern Kaufleute in ihre Marken, weil sie durch die Einführung fremder Producte Verweichlichung u. Abfall von den vaterländischen Sitten fürchteten. Doch schon im 1. Jahrh. n.Chr. wurde an dem Rhein u. der Donau ein lebhafter Handel zwischen den römischen Colonien u. den Deutschen getrieben, der dann durch Straßen erleichtert wurde, die in Thälern an Flüssen hin führten, u. an den Mündungen der Flüsse entstanden dann Handelsplätze, woraus im Mittelalter bedeutende Handelsstädte wurden. Die Deutschen brachten an die Handelsplätze Gänsefedern, wilden Spargel, Pastinaken, Haupthaare (woraus sich die Römer Haartouren machen ließen) u. dazu Haarseife, Pelzwerk, Häute, Schinken, Sklaven; dagegen nahmen sie Wein, metallene Putz- u. Schmucksachen, Perlen, Kleidungsstoffe, Waffen u. selbst Geld, u. von diesem wieder lieber Silber als Goldmünzen. Eigenes Geld prägten erst spät die Franken (s. Solidus), u. seit der Zeit der Ottonen kamen die Bracteaten (s.d.) auf. Am Meere, auf dem Bodensee u. den größeren Flüssen trieben die Deutschen Schifffahrt u. bedienten sich dazu großer, ausgehohlter Baumstämme u. geflochtener, mit Leder überzogener Kähne; die Chauken hatten auf ihren Seeräuberzügen auch ordentliche Schiffe. Die älteste Schrift der Deutschen waren die Runen (s.d.), sie wurden aber nicht zum Verkehr, sondern nur zu Inschriften u. als Zauber-, Kalender- etc. Zeichen gebraucht. Die älteste Bücherschrift eines germanischen Volkes ist die gothische. Von der Sprache der Deutschen s. Deutsche Sprache, von der Religion s. Deutsche Mythologie. Wissenschaften kamen erst später nach Deutschland; die Arzneikunst wurde von weisen Frauen geübt, bes. ging das Versprechen mittelst Zauberformeln gegen Krankheiten u. Schäden stark im Schwange; die Zeit theilten sie nach ihren Hauptbeschäftigungen in Winter, Lenz u. Sommer; 12 Monate zu je 28 Tagen od. 4 Wochen machten ihnen ein Jahr, das Jahr aber begann mit dem Wintersolstitium; die deutschen Namen der Monate rühren von Karl d. Gr. her (s.u. Jahr), jeder Tag hatte seinen Namen von einem Gotte (s.u. Woche), eingetheilt wurden die Tage nach häuslichen Beschäftigungen, nach dem Stand der Sonne u. den Mahlzeiten. Überhaupt rechneten die Deutschen seltener nach Tagen u. Jahren, als nach Nächten u. Wintern. Von bildenden Künsten weist das alte D. nichts auf, weder Tempel noch Paläste baute man, sondern einfache Häuser (s. oben), selbst nach Einführung des Christenthums war der Kirchenbau nur Holzbau, u. Dome in den Bischofsstädten als erhabene Werke der Baukunst kommen erst später in der Kaiserzeit vor. Der deutsche Baustyl (s.u. Deutsche Kunst) bildete sich erst im 12. Jahrh.; die Schild- u. Hausmalereien geben keinen Grund, eine Malerkunst in ältester Zeit anzunehmen, die deutsche Malerei stammt erst aus dem späten Mittelalter (s. Deutsche Kunst); Bildhauer u. Bildgießer hat es als Künstler auch nicht gegeben, u. nur Idole aus Thon u. Bronce von geringer Arbeit, wenn sie sonst echt sind, könnte man zur Noth hierher rechnen; auch hierin beginnt die deutsche Kunst erst spät (s.u. Deutsche Kunst).
Quellen: Tacitus in der Germania; Cäsar, De bello gall. VI, 21 ff.; Peutinger, De mirandis Germaniae antiquitatibus, Strasb. 1506 u.ö., zuletzt von Zapf, Augsb. 1781; Mutius, De Germanorum prima origine, moribus etc., Basel 1539, Fol.; Örtel, Germanorum veterum vita etc., Antw. 1596; Cluver, Germania antiqua, Leyd. 1616, Fol., u.ö.; Bebel, Antiquitates Germaniae prim., Strasb. 1669; Höpffner, Germania antiq., Halle 1711; Das alte u. mittlere D. etc., Braunschw. 1740; Zschackwitz, Erläuterte deutsche Alterthümer, Frkf. 1743; Dreyer, Sammlung verm. Abhandlungen zur Erläuterung der deutschen Rechte u. Alterthümer, Rostock 1754–63, 3 Bde.; Tresenreuter, Antiquitates Germaniae, Gött. 1761; Grupen, Origines German., Lemgo 1764–68, 3 Bde.; G. Schütz, Schutzschriften für die alten deutschen Völker, Lpz. (2. A.) 1773–76, 2 Bde.; Haus, Alterthumskunde von Germanien, Mainz 1791; Rössig, Die Alterthümer der Deutschen, Lpz. 1797; I. H. M. Ernesti, Miscellaneen zur deutschen Alterthumskunde, Halle 1794; Herzog, Versuch einer allgemeinen Geschichte der Cultur der deutschen Nation, Erf. 1795; Prescher, Altgermanien, Ellw. 1812; Büsching, [8] Abriß der deutschen Alterthumskunde, Wien 1824; E. Münch, Grundriß der deutschen Alterthümer, Freib. 1827; Klemm, Handbuch der germanischen Alterthumskunde, Dresd. 1836; Hummel, Bibliothek der deutschen Alterthümer, Nürnb. 1787, Zusätze, ebd. 1791; Anton, Geschichte der deutschen Landwirthschaft, Görl. 1799–1802, 3 Thle.; Rogge, Über das Gerichtswesen der Germanen, Halle 1820; I. Grimm, Deutsche Rechtsalterthümer, Gött. 1828; Stenzel, Versuch einer Geschichte der Kriegsverfassung D-s, vorzüglich im Mittelalter, Lpz. 1820 u. m. a. Über Einzelnheiten, bes. über Ausgrabungen von deutschen Antiquitäten, s. die von den Vereinen für deutsche Alterthümer herausgegebene Gesellschaftsschriften unter Alterthumsvereine; auch sind in mehreren Städten Deutschlands Sammlungen von allerhand Gegenständen aus der deutschen Vorzeit.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.