- Schleswig [2]
Schleswig (Gesch.). S. gehörte zur Zeit des Römischen Reiches zur Cimbrischen Halbinsel, u. Cimbern, von ihnen bes. die Chalen, bewohnten es wahrscheinlich bis zu ihrer Wanderung nach Süden. Nachher eroberten dänische Stämme, von Osten eindringend, den größten Theil von S., welches damals Südjütland (Sönder Jydland) hieß, an der Südgrenze einen Ort Stiersdorp od. Sliaswyk hatte u. unter besonderen Fürsten stand, welche aber die Oberhoheit des Dänenkönigs anerkannten. Der erste bekannte Fürst war Gotfrid I. zu Karls des Großen Zeit. Er regierte mit seinem Bruder Sigfrid gemeinschaftlich, kriegte gegen Karl den Großen u. die Obotriten, plünderte die Friesischen Küsten u. wurde 810 ermordet. Sein Bruderssohn u. Nachfolger Hemming starb schon 811, u. nun entstand ein blutiger Krieg zwischen Sigfrids u. Gotfrids Nachkommen wegen der Erbfolge. Harald Kläk tödtete den Prätendenten Olaf, gewann das Fürstenthum u. nahm Gotfrids Söhne, Horich u. Erich, zu Mitregenten an. Als diese ihn verdrängten, suchte Harald Hülfe bei Kaiser Ludwig dem Frommen, ließ sich 827 taufen u. kehrte, von einem kaiserlichen Heere unterstützt u. von St. Anschar begleitet, zurück, doch fand das Christenthum noch wenig Anhänger in S. Horich aber vertrieb den Harald abermals; nachmals dem Christenthum[255] geneigt, gestattete er den Bau einer Kirche in S.u.st. 854. Sein Sohn, Erich das Kind, regierte von 854–868; dessen Nachfolger Gotfrid II. wurde 884 ermordet u. Sigfrid II. verlor 891 bei Lüttich gegen König Arnulf Schlacht u. Leben. Darauf unterwarf sich Gorm der Alte wie ganz Dänemark, so auch Südjütland u. herrschte unmittelbar im Lande. Um das Christenthum wieder in S. herzustellen u. Nordalbingen gegen die Einfälle der Dänen zu sichern, begann Kaiser Heinrich I. 931 einen Krieg gegen Gorm, besiegte ihn u. stiftete das Markgrafenthum S. Die Dänen errichteten zum Schutz ihres Gebietes den Grenzwall, das Danewerk, erschlugen den Markgrafen u. eroberten das von den Deutschen besetzte Gebiet zurück. Otto der Große bekriegte 948 die Dänen, stellte die Markgrafschaft S. wieder her u. bestätigte die von dem Unterkönig Frotho gegründeten Bisthümer Ripen u. S., welche er 965 von aller weltlichen Gerichtsbarkeit befreite. Als Dänemark unter König Harald das Christenthum angenommen hatte, blieb S. bis zur Eider in unmittelbarem Besitz der dänischen Könige, doch war wegen der Lehnsherrlichkeit oft Fehde mit den Deutschen. Endlich wurde 1027 die Eider als Grenze angenommen, u. Kaiser Konrad II. trat S. an König Knut II. den Großen von Dänemark ab.
S. wurde nun von dänischen Statthaltern (Jarlen) regiert, zuweilen aber auch jüngeren Prinzen als besonderes Land unter dänischer Hoheit gegeben. Unter dem König Niels eroberte Knut Lavard (Hlaford), Sohn des vorigen Königs Erich I. (III.), 1115 F. u. regierte es als erster Herzog. Ihn ermordete 1131 der Prinz Magnus, Niels' Sohn, bei einem Besuche auf Seeland; Magnus blieb 1134 in einer Schlacht gegen Knut, Lavards Bruder, der König Niels aber wurde kurz darnach von den Bürgern der Stadt S. mit seinem Gefolge ermordet. Knuts Sohn, Waldemar I., erhielt 1147 in der Reichstheilung Jütland u. wurde endlich 1157 nach der Ermordung des Dänenkönigs Svend König von Dänemark. So wurde S. mit Dänemark vereinigt, u. S-s Fürsten machten Dänemark angesehen u. mächtig in der ganzen Ostsee. Waldemars Sohn u. Nachfolger, Knut VI., ernannte seinen Bruder Waldemar II. 1188 zum Herzog von S., damit war aber der Statthalter, Bischof Waldemar von S., unzufrieden u. erregte 1192 eine Empörung, welche einen Krieg veranlaßte, in welchem der Bischof endlich unterlag. Herzog Waldemar wurde 1203 König u. ernannte nun 1218 seinen dritten Sohn Erich zum Herzog von S. Diesen erhob er aber 1231 zum Mitregenten u. verlieh das Herzogthum seinem jüngeren Sohne Abel; dieser trachtete seinem Bruder Erich die Krone zu entreißen, ließ ihn nach langen Kriegen 1250 ermorden u. wurde nun selbst König, aber schon 1252 von seinen Unterthanen erschlagen. Sein Bruder Christoph, welcher ihm folgte, entriß den Söhnen Abels S., doch zwangen ihn die Grafen von Holstein Abels ältestem Sohne, Waldemar III., welcher bei seines Vaters Tode in Köln wegen eines Todtschlages verhaftet war, S. abzutreten, u. dieser regierte nun bis 1257 u. sein Bruder Erich bis 1272. Die dänischen Könige betrachteten S. als Provinz u. versuchten es auch Dänemark zu incorporiren, allein die Schleswiger widersetzten sich. König Erich Glipping versuchte dem Herzog Erich S. wiederum zu entreißen, wurde aber von den Grafen von Volstein u. den Schleswigern 1261 auf der Lohhaide geschlagen u. zur Anerkennung der Erblichkeit der Herzöge von S. gezwungen. Nach Erichs II. Tode (1272) versuchte der König von Dänemark nochmals die Eroberung S-s, wurde aber von den Schleswigern im Verein mit Holstein gezwungen Erichs II. Sohn, Waldemar IV., als Herzog von S. anzuerkennen u. ihm auch die Inseln Alsen u. Aeroe zu überlassen. Waldemar st. 1312, nachdem er eine Zeit lang Vormund über Erich VII., König von Dänemark, gewesen war. Auch sein Nachfolger Erich, bis 1325, war im Kriege mit dem Könige von Dänemark. Als König Christoph 1326 aus dem Reiche vertrieben wurde, erhob der Graf Gerhard von Holstein seinen Mündel, den Herzog Waldemar V. von S., zum König von Dänemark, wofür er das Herzogthum S. erhielt, doch schon 1330 mußte Waldemar abdanken, u. Gerhard gab ihm das Herzogthum zurück. Damals wurde von dem wieder zur Regierung gekommenen König Christoph die Erbfolge in S. dem Grafen von Holstein zugesichert für den Fall, daß das Haus der Herzöge von S. ausstürbe. Waldemar st. 1364, u. ihm folgte bis 1375 sein Sohn Heinrich. Mit diesem erlosch Abels Stamm. 1348–51 wurde das Land durch den Schwarzen Tod verheert, bald darauf die Westküste durch große Sturmfluthen, unter denen die von 1362 (die große Menschenersäufung), in welcher 30 Kirchspiele untergegangen sein sollen, die bedeutendste war.
Graf Gerhard von Holstein wurde nun 1389 mit S. beliehen u. S.u. Holstein verbunden. Er blieb 1404 gegen die Ditmarsen; wegen der Vormundschaft entstand ein Streit zwischen seinem Bruder, Bischof Heinrich von Osnabrück, u. der Königin Margaretha von Dänemark, Norwegen u. Schweden. Diese trachtete das Herzogthum an sich zu ziehen, doch wußte Elisabeth, Gerhards Wittwe, das Erbe ihren Kindern zu erhalten. Margarethens designirter Nachfolger, Erich von Pommern, begann 1409 den Krieg gegen S.; ein Vergleich, 1412 geschlossen, blieb fruchtlos u. der Krieg wüthete noch lange fort. Heinrich, Gerhards ältester Sohn, blieb 1427 vor Flensburg, welches seit Beginn des Krieges in dänischen Händen war. Sein Bruder Adolf (als Herzog von Holstein Adolf VIII.) setzte den Krieg fort u. eroberte 1431 Flensburg. Sein Miterbe, Herzog Gerhard, st. schon 1433, bald darauf starben auch seine Zwillingssöhne, u. nun war Adolf alleiniger Besitzer von S. König Christoph von Dänemark erkannte auch 1440 Holsteins Rechte auf S. an, u. S. wurde Adolfen als rechtes Erblehen aufgetragen. Da er 1459 ohne Erben starb, so hätte eigentlich die Erbschaft der Linie Holstein-Schaumburg-Pinneberg gehört; da aber der aus dem Hause Oldenburg stammende König Christian I. von Dänemark eine Schwester des verstorbenen Herzogs zur Gemahlin hatte, so übertrugen die Stände, theils des Krieges müde, theils in der Hoffnung auf manche Vortheile aus der Verbindung mit Dänemark, theils auch durch Bestechung verführt, am 30. März 1460 dem König Christian I. die Regierung gegen die Erklärung, daß man ihm nicht als König von Dänemark gehuldigt habe u. daß S.u. Holstein ewig ungetheilt zusammen bleiben sollten. Die fernere Geschichte S-s s.u. Holstein (Gesch.) II.
Die Herzöge von Holstein-Gottorp besaßen S.[256] einige Zeit, bis sie es 1729 definitiv an Dänemark abtreten mußten; s.u. Holstein (Gesch.) II. B) u. Dänemark (Gesch.) IV. A) u. B). Bis in die neuere Zeit ging nun die Geschichte von S.u. Holstein fast gänzlich in der von Dänemark auf; dessenungeachtet aber blieben beide Herzogthümer ihrem Wesen u. ihrer Sprache nach deutsche Länder. Seit Anfang des 19. Jahrh. bestrebte man sich aber von Kopenhagen aus die Herzogthümer für die dänische Nationalität zu gewinnen; der erste Versuch wurde 1814 durch Verbreitung des Unterrichts in Dänischer Sprache gemacht; als dieser Versuch scheiterte, bemühte man sich die Herzogthümer zu trennen, indem man S. ausschließlich für Dänemark in Anspruch nahm, Holstein dagegen als selbständiges Land erklärte. Die Ritterschaft der Herzogthümer protestirte 1816 u. 1817 gegen diese, Auffassung, u. als die Regierung alle derartigen Äußerungen unterdrückte, wendeten sich die Ritterschaft u. die Prälaten an den Deutschen Bund. Obgleich ein von Dahlmann u. Martin 1819 ausgearbeitetes Gutachten sich zu Gunsten der Ritterschaft ausgesprochen u. diese 1822 eine die Rechte der Herzogthümer in das klarste Licht stellende eigene Denkschrift an den Bund eingereicht hatten, sprach sich Letzter doch in seinem Bescheid vom 23. Nov. 1823 gegen dieselben aus. Darauf ruhte die Angelegenheit, bis in Folge der Julirevolution von 1830 auch in den Herzogthümern das Verlangen nach einer neuen zeitgemäßen Verfassung so laut wurde, daß die dänische Regierung 1831 eine Verfassung versprach u. auch 1834 eine solche mit ständischer Vertretung publicirte. Da dieselbe jedoch den Ständen keine wesentlichen Rechte verlieh u. auf dem Princip der Trennung der beiden Herzogthümer beruhte, so begann auf dem parlamentarischen Schauplatz der Kampf bald aufs neue; die dänische Partei trat mit ihren Ansprüchen der deutschen gegenüber immer offener hervor, während die deutsche mit der Einheit der Herzogthümer zugleich eine größere staatliche u. bürgerliche Freiheit anstrebte. Hierzu trat nun noch eine neue die ganzen Verhältnisse nur noch mehr verwickelnde Frage, die der Erbfolge, da den 3 Decbr. 1839 der König Friedrich VI. starb, von Thristian VIII. beerbt wurde u. dessen einziger Sohn (nachheriger König Friedrich VII.) ohne Erben war. Während nämlich nach dem Kongelov (s. Dänemark S. 689) im eigentlichen Königreiche Dänemark nach dem Aussterben der männlichen Linie die weibliche succedirt, geht hingegen in den Herzogthümern der Mannesstamm der älteren Nebenlinie (Holstein-Sonderburg-Augustenburg) der weiblichen Linie vor, wonach also die Krone Dänemark an den Prinzen von Hessen, die Herzogthümer aber an den Herzog von Holstein-Sonderburg-Augustenburg gefallen wären. Die Regelung der Erbfolge wurde nun von beiden Parteien in verschiedenem Sinne versucht u. daher in den Ständeversammlungen eine Zeitlang Gegenstand der heftigsten Debatte; u. wenn diese Frage auch seit 1842 scheinbar ruhte, da man auf den Landtagen aus Pietät davon absah, so suchte doch die Presse durch Darlegung des Erbrechtes der Herzogthümer die öffentliche Meinung über das Recht derselben immer mehr zu befestigen. Da trat 1844 Ussing in der Ständeversammlung von Roeskilde mit dem Antrag hervor: der König möge erklären, daß Dänemark, S., Holstein u. Lauenburg einen einigen u. untheilbaren Staat ausmachen in welchem die Erbfolge nach dem Kongelov gelte, u. daß Jeder, welcher dagegen schreibe, spreche od. handle, als Hochverräther behandelt werden möge. Der Antrag wurde auch fast einstimmig angenommen, u. der königliche Commissär Örsted erklärte, daß die Stände einen solchen Antrag an den König bringen könnten, dessen beifällige Aufnahme sicher ein Verbot aller Erörterungen über getheilte od. ungetheilte Vererbung nach sich ziehen würde. In den Herzogthümern brachte dieser Antrag u. die Erklärung der königlichen Commissarien eine allgemeine Aufregung hervor. Inzwischen wurde die holsteinische Landesversammlung eröffnet. Der zunächst veröffentlichte Landtagsabschied für 1842 wies die meisten der damaligen ständischen Anträge auf Vereinigung der Ständeversammlungen beider Herzogthümer, Öffentlichkeit der Sitzungen, Verwendung der Zollüberschüsse zum Besten der Herzogthümer, Errichtung einer Militärbildungsanstalt für dieselben, Ersparnisse in den Finanzen u. Aufhebung der Kopfsteuer ab. Aber die abgewiesenen Wünsche wurden in den Adressen an die Stände dringend wiederholt, u. im Verlaufe des Landtages noch verschiedene andere Gesuche einstimmig angenommen, welche die Wahrung der deutschen Nationalität u. der Sonderrechte des Landes bezweckten, u. schließlich vom Landtage unter dem 21 Decbr. eine Adresse an den König erlassen, worin unter Darlegung der Rechtsverhältnisse u. Hinweisung auf die vom Könige 1842 selbst gegebene Versicherung, daß die Verbindung S-s mit Holstein erhalten werden solle, die drei Grundsätze als allein gültige Normen für die Auffassung der Rechte der Herzogthümer hingestellt waren: die Herzogthümer sind selbständige Staaten; der Mannesstamm herrscht in den Herzogthümern; die Herzogthümer S.u. Holstein sind fest mit einander verbunden. Am 22. Decbr. 1844 schloß der Landtag seine Sitzungen. Auch die Landschaft des Herzogthums Lauenburg hatte einen Protest gegen den Ussingschen Antrag erhoben, jedoch ohne denselben zu veröffentlichen. Diesen Erklärungen gegenüber behauptete die Regierung längere Zeit hindurch Schweigen. Um so lebhafter wurde die Angelegenheit von den Parteien im Volke betrieben; im Norden S-s, wo Dänen u. Deutsche neben einander wohnen, wurde eine förmliche Propaganda organisirt, welche durch Blätter u. Denkschriften für das Dänenthum wirkte u. die historischen Rechtsaufstellungen für die Herzogthümer zu entkräften suchte. Dagegen war nun aber auch aus S.u. Holstein die Berufung an das deutsche Volk nicht vergeblich ergangen; dasselbe faßte neben dem nationalen Interesse zugleich das materielle auf, die Bedeutung S-s u. Holsteins für deutsche Flotte u. deutschen Handel. Inzwischen wurde im Lande selbst durch die dänische Partei der Parteihaß genährt u. Seitens der Polizei eine immer größere Strenge beobachtet, der Universität Kiel bezeigte der König persönlich seine Mißbilligung wegen ihrer Haltung.
So waren die Verhältnisse überall aufs Höchste gespannt, als plötzlich der Offene Brief des Königs von Dänemark vom 8. Juli 1846, mitunterzeichnet von den zwei königlichen Prinzen u. den Ministern des Königs, erschien. Derselbe erklärte, daß der König, um den schädlichen Folgen unrichtiger Ansichten entgegenzuwirken, sich bewogen gefunden habe, auf Grund neuer gründlicher Untersuchungen über die Verhältnisse kund zu thun, daß das ganze Herzogthum S.[257] in Folge der Verträge von 1721 (Erbhuldigung auf Grund des Kongelov, Garantien der Großmächte) untrennbar mit Dänemark verbunden sei, daß dasselbe für einen Theil von Holstein gelte u. daß, wenn hinsichtlich der übrigen Theile noch Hindernisse vorhanden seien das Erbrecht auch über sie mit Bestimmtheit auszusprechen, doch auch diese entfernt werden sollten, so daß die gesammten Landestheile nicht wieder getrennt würden. Dies Actenstück rief die gewaltigste Bewegung in den Herzogthümern hervor; eine große Volksversammlung in Neumünster beschloß eine Adresse an die holsteinische Ständeversammlung. Gleich nach Erlaß des Offenen Briefes, am 15. Juli, wurde der holsteinische Landtag in Itzehoe eröffnet. Der hierbei publicirte Landtagsabschied für 1844 erklärte, daß fortan jede Eingabe von Rechtsverwahrungen, Protestationen u. Bintschriften verboten sei, daß demnach der Landtagscommissär auch keine derartige Schrift von den Ständen entgegennehmen dürfe. Nicht minder ungünstig fielen die meisten anderen Entscheidungen aus, so hinsichtlich der erbetenen Trennung der Finanzen der Herzogthümer von jenen des Königreichs etc. Dennoch beschlossen die Stände die Beschwerden des Landes in einer Adresse vor den Thron zu bringen, welche, am 24. Juli erlassen, dem Offenen Briefe jede rechtliche Wirkung, unter Wiederholung der Rechtserklärung von 1844, absprach. Der königliche Commissär verweigerte jedoch ihre Annahme, u. in Folge dessen gab die große Mehrheit der Ständemitglieder, nachdem sie eine Adresse an den Deutschen Bundestag erlassen hatte, am 5. Aug. ihr Mandat zurück; nur sechs Abgeordnete blieben. Die Regierung rief dagegen die Stellvertreter ein, doch erschienen nur sieben, von denen sechs sofort ihren Vorgängern beipflichteten. Darnach erklärte die Regierung die Versammlung für aufgehoben. Jetzt folgten nun auch weitere Schritte, welche die Kluft zwischen Regierung u. Volk immer mehr erweiterten. Die angesehensten Staatsdiener forderten ihre Entlassung od. erhielten sie, die umlaufenden Petitionen wurden unterdrückt, die Volksversammlungen verboten. Eine auf den 14. September nach Nortorf berufene u. sehr zahlreich besuchte Versammlung wurde aufgelöst. Der König erließ bei seiner Rundreise durch die Herzogthümer noch einen zweiten Offenen Brief vom 18. Sept., welcher Ruhe u. Einträcht wieder herstellen sollte, aber seinen Zweck verfehlte. Tags vorher hatte der Deutsche Bundestag einen anderen Beschluß über das Recht der Herzogthümer gefaßt, sich für künftige Fälle in dieser Angelegenheit für competent erklärt u. gegenüber dem Offenen Briefe vom 8. Juli die Erwartung ausgesprochen, daß bei endlicher Feststellung der betreffenden Verhältnisse die Rechte Aller u. Jeder, bes. aber die des Deutschen Bundes, erbberechtigter Agnaten u. der gesetzmäßigen Landesvertretung Holsteins gewahrt würden. Daneben hatte der Offene Brief auch Proteste der Agnaten, des Großherzogs von Oldenburg u. der Herzöge von Glücksburg u. Augustenburg hervorgerufen. Eine nochmalige wissenschaftliche Untersuchung über die Successionsfrage, als Entgegnung auf eine dänische Staatsschrift, welche das Anrecht Dänemarks auf S. historisch u. juristisch nachweisen sollte, wurde von neun Kieler Professoren (Falck, Droysen, Waitz, Stein etc.) veröffentlicht. Diesem Allen setzte die Regierung zunächst nur weitere Unterdrückungsmaßreqeln gegen die Herzogthümer entgegen, so eine neue Einrichtung der obersten Regierungsbehörde von S.u. Holstein, wonach die Eintheilung in Sectionen wegfiel u. dem Regierungspräsidenten (welchen Posten von Scheel erhielt) die Befugniß beigelegt wurde die politisch-polizeilichen Sachen allein u. unter seiner Verantwortlichkeit abzumachen. Von Bedeutung für die Entscheidung der schwebenden Frage erschien auch die am 30. Sept. 1846 erfolgte Auflösung der kinderlosen Ehe des Kronprinzen Friedrich mit der Prinzessin Karoline von Mecklenburg-Strelitz.
So waren die Verhältnisse, als am 21. Octbr. auch der schleswigsche Landtag eröffnet wurde. Die ersten Anträge waren sämmtlich gegen die jüngsten Regierungsmaßregeln, auf Zurücknahme des Offenen Briefes, Entlassung der Minister, Einverleibung in den Deutschen Bund, Erlaß einer neuen Verfassung etc. gerichtet. Nachdem die Annahme einer Adresse an den König von dem Regierungsbevollmächtigten verweigert worden war, erledigten die Stände nur die wichtigsten Fragen, nahmen die hinsichtlich der Verfassung, der Trennung der Finanzen u. des Beitrittes zum Deutschen Bund gestellten Anträge an u. lösten sich dann, da man ihnen vor Erledigung der königlichen Anträge keine anderen Berathungen gestatten u. somit das Petitionsrecht verkümmern wollte, am 4. Decbr. unter Verwahrung selbst auf, worauf am 14. die officielle Auflösung erfolgte. Das Jahr 1847 verging ruhig. Am 20. Jan. 1848 st. König Christian VIII., ehe die Verfassung des Gesammtstaates zu Stande gekommen war, u. sein Sohn, Friedrich VII., verfolgte den von seinem Vater eingehaltenen Weg, er erließ zwar ein Rescript vom 28. Jan. wegen Einführung einer Verfassung, doch waren nur die allgemeinsten Grundzüge einer solchen aufgestellt (s. Dänemark, Gesch. S. 712). Zugleich ging die Regierung in den Herzogthümern in ihren Danisirungsplänen, wie hinsichtlich der Abschaffung der Deutschen Sprache als Kirchen- u. Schulsprache in Hadersleben etc. immer vorwärts. Am 17. Febr. war in Kiel eine Versammlung von Mitgliedern der schleswigschen u. holsteinischen Provinzialstände als Wahlmänner für die zur Berathung der Verfassung einberufenen erfahrenen Männer, u. hier einigte man sich endlich dahin, daß die Wahl von Männern für Berathung der neuen Verfassung vorgenommen werden solle, daß die Erwählten aber nur gegen das Zustandekommen der Gesammtverfassung zu protestiren u. zu wirken u. den Erlaß einer gemeinsamen schleswig-holsteinischen Verfassung zu beantragen hätten. Die Regierung wurde so außer Stand gesetzt die Berathung über die neue Verfassung auch nur beginnen zu lassen u. befand sich nun in Verlegenheit, zumal selbst das dänische Volk, bes. die Partei der Eiderdänen, gegen die Verfassung agitirte. Da kam die Nachricht von den Pariser Februarereignissen. Ihrer Nachwirkung vermochte auch der König nicht zu widerstehen; die Casinopartei siegte, das Eiderdänenthum lieferte die neuen Minister (s. Dänemark S. 713) u. somit schien auch alle Hoffnung auf die Selbständigkeit S-s vernichtet. Auch in den Herzogthümern hatte die Nachricht von den Pariser Ereignissen u. der Bewegung in Deutschland gezündet; u. schon am 15. März gingen Deputationen aus Kiel u. Altona ab, um Preßfreiheit, Schwurgerichte, Vereinsrecht, Volksbewaffnung u. eine gemeinsame [258] Verfassung für die Herzogtümer zu fordern. Da der Regierungspräsident von Scheel jede Bewegung mit Gewalt niederzuhalten suchte, entschloß man sich anderer Seils zum letzten Schritt. Zum 18. März wurde eine Versammlung aller schleswigschen u. holsteinischen Ständemitglieder nach Rendsbug berufen, welche den Beschluß faßte, durch Deputation die Forderungen an den König zu stellen die Mitglieder der beiden Stände sofort in Eine Versammlung zusammenzuberufen u. ihnen ein Verfassungsgesetz vorzulegen, die Einleitung behufs einer Einverleibung S-s in den Deutschen Bund zu treffen, Volksbewaffnung zu gestatten, die Presse u. das Versammlungsrecht völlig freizugeben u. den Regierungspräsidenten v. Scheel sofort zu entlassen. Am 21. März ging die Deputation nach Kopenhagen ab, sah sich aber hier Anfangs den Angriffen einer wilden Volksmasse ausgesetzt, weshalb sie sich unter den Schutz des englischen Consuls begeben mußte, u. erhielt am 24 März die letzte entscheidende Antwort des Cabinets: dem Herzogthum Holstein, als einem selbständigen deutschen Bundesstaat, sollte eine freisinnige Verfassung mit Volksbewaffnung, Preßfreiheit u. Vereinsrecht gewährt, daneben auch eigene Negierung u. Militärverfassung u. getrennte Finanzen bewilligt werden, während zu der Einverleibung S-s in den Deutschen Bund die Negierung weder das Recht, noch die Macht, noch den Willen habe, vielmehr die unzertrennliche Verbindung S-s mit Dänemark durch eine gemeinsame Verfassung kräftigen wolle. Somit war als eigentliche Streitfrage nur die Stellung S-s u. keine Zukunft gegeben. Juden Herzogthümern verbreitete sich schon vorher auf die Nachricht von dem Kopenhagener Ministerwechsel eine allgemeine Aufregung, bereits am 23. März hatten sich die Bürger bewaffnet, das Militär war zu ihnen übergegangen u. wurde eine provisorische Regierung aus Beseler, Prinz Friedrich von Augustenburg, Graf Reventlow, dem Kaufmann Schmid u. dem Advocat Bremer gebildet. Diese erließ sofort eine Proclamation, worin der König von Dänemark, dessen Wille nur gegenwärtig nicht frei sei, als Landesherr anerkannt u. provisorische Gesetze über Presse, Vereinsrecht u. Volksbewaffnung zugesagt wurden. Jetzt wurden sofort die deutschen, schleswigschen u. holsteinischen Fahnen aufgesteckt, der Militärcommandant legte nieder, Studenten, Turner u. Bürgerwehr rüsteten sich.
Die provisorische Regierung griff ihr Werk mit Eifer an u. erließ die verheißenen drei provisorischen Gesetze. Prinz Friedrich, welcher das Militärobercommando in den Herzogtümern übernommen hatte, bekam die wichtige Festung Rendsburg in seine Gewalt; die Truppen in den Herzogthümern gingen alsbald über, so daß der Prinz schon am 25. März die ganze Militärmacht der Herzogthümer unter sich vereinigt hatte; die dänischen Offiziere entkamen od. wurden gefangen. Obgleich schon am 24. März allgemein anerkannt, wendete sich die provisorische Regierung dennoch am 25. März nochmals an den König, um ihm ihre Einsetzung als einziges Mittel gegen allgemeine Anarchie darzustellen u. ihre Ergebenheit zu versichern. Der Honig aber erließ am 27. u. 29. März zwei warnende Proclamationen an die Schleswiger u. Holsteiner, welche indeß bei der allgemeinen Stimmung wirkungslos verhallten. Alles waffnete sich u. Frei- u. Schützencorps eilten den Sammelplatz Rendsburg zu. Über auch die Dänen säumten weht. Bereits am 30. März standen zwei Bataillone in Hadersleben u. Alsen mußte sich an Dircking-Holmfeldt ergeben. Man erkannte bald, daß die Mittel der Herzogthümer zu einen nachdrücklichen Widerstand nicht ausreichten; das Heer war, schwach, es fehlte ihm tüchtigen Offizieren; die Freischaaren ermangelten jeder Kriegsübung. Darum sandte die Regierung nach Berlin u. Frankfurt, um dort die bedrängte Lage des Landes darstellen zu lassen, suchte sich aber inzwischen auch im Innern zu kräftigen, u. um, aller Parteien gewiß zu sein, nahm sie Olshausen am 29. als Mitglied in sich auf u. berief die Ständeversammlung für den 3. April nach Rendsburg. Als die Stände zusammengetreten waren, bestätigten sie zunächst die Regierung in ihrem Amte, beriethen dann die erlassenen Gesetze, genehmigten den Antrag wegen der Aufnahme S-s in den Deutschen Bund, bewilligten die Steuern u. vertagten sich bereits am 5. April. In der Hauptfrage wegen schleuniger Herstellung einer Verfassung wurde bei der Spaltung der Parteien nur entschieden, daß die Negierung den Entwurf zu einem neuen Wahlgesetz ausarbeiten lassen füllte Die dänische Armee im Norden S-s war inzwischen schon Anfangs April auf 14,000 Mann gebrach; u. die Schiffe in Bereitschaft gesetzt worden; das schleswig-holsteinische Heer, welchem jetzt auch zahlreiche Kämpfer aus allen Theilen Deutschlands zuströmten, concentrirte sich, freilich kaum 7000 Mann stark u. mit wenig Geschütz, bei Flensburg. Am 8. April trafen die ersten dänischen Vorposten auf die Avantgarde der Schleswig-Holsteiner, u. es entspann sich so das Gefecht bei Bau; der erste, Tag blieb ziemlich resultatlos, aber am 9. April. mußten die schleswig-holsteinischen Truppen der Übermacht der Dänen weichen u. sich mit viel Verlust zurückziehen. Nach dieser Niederlage wurde das Heer in die Nähe von Eckernförde zurückgeführt u. S. am 11. April von den Dänen besetzt. Wenn der Muth im Lande auch nicht getönten war, so hatte man doch das Bedürfniß fremder Hülse erkannt, u. darin lag freilich auch schon ihr Hingegeben sein an fremden Einfluß. Von diesem Augenblicke an übten die Verhandlungen der Diplomatie einen wesentlichen Einfluß auf die Entscheidung des Schicksals der Herzogthümer aus. Am 4. April war der Beschluß des Deutschen Bundestages zu Stande gekommen, wonach Preußen Namens des Bundes die Vermittelung zwischen Dänemark u. den Herzogtümern übernehmen sollt- u. als Grundlage dieser Vermittelung die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten u. Herstellung des Status quo ante anerkannt wurde. Zugleich hatte nun aber auch das dänische Cabinet sich hülfesuchend an Rußland, Schweden u. England gewendet, u. somit war die Schleswigholsteinische Frage schon jetzt zu einer europäischen Frage geworden. Darauf faßte der Bundestag am 12. April den Beschluß, daß die Räumung S-s von dänischen Truppen nöthigenfalls zu erzwingen, auf den Eintritt S-s in den Deutschen Bund hinzuwirken, die schleswig-holsteinische provisorische Regierung anzuerkennen u. von Preußen als solche zu schützen sei; u. am, 15. April, daß Preußen zur Stellung eines Oberbefehlshabers über die in S.u. Holstein agirenden Truppen aufzufordern, die Contingente des 10. Armeecorps in Bereitschaft zu halten u. Maßregeln für den Schutz der Küsten zu ergreifen seien. Auf dem Kriegsschauplatze hatten inzwischen die Dänen,[259] ihren ersten Sieg benutzend, ihre Stellung bei Schleswig möglichst stark befestigt u. ebenso Eckernförde in Vertheidigungszustand gesetzt. Das schleswig-holsteinische Heer war wenigstens der Zahl nach täglich gewachsen; zugleich waren seit Anfang April zwei preußische Garderegimenter unter Bonin in Holstein eingerückt, jedoch in Rendsburg geblieben, da Preußen gegenwärtig jeden Zusammenstoß vermeiden wollte. In Folge des Bundesbeschlusses vom 15. April sammelte sich nun auch das 10. Armeecorps (Braunschweiger, Hannoveraner, Oldenburger u. Mecklenburger) in Holstein, u. nachdem der preußische General Wrangel in Rendsburg angekommen war u. den Oberbefehl übernommen hatte, rückte am 23. April die ganze Macht in zwei Colonnen gegen die Stellung der Dänen bei Schleswig vor. Die deutsche Vorhut nahm im ersten Anlauf die Schanzen des Danewerk; die erste Colonne drang in Bustorf ein u. hielt sich da, bis der rechte Flügel der Dänen zum Weichen gebracht worden war. Ebenso wurde Schloß Gottorf endlich gewonnen u. Schleswig noch am 23. April von den Preußen besetzt. Am Abend zog sich die dänische Armee gegen Flensburg zurück, wurde am 24. verfolgt, bei Översee nach einem hitzigen Gefecht nochmals geschlagen u. eilte dann nach großem Verlust der eine Theil dem Norden zu, der andere nach Alsen. So war S. für die deutschen Truppen gewonnen. Am 25. rückten die ersten Deutschen in Flensburg ein u. am 26. nahm daselbst Wrangel sein Hauptquartier, worauf die Dänen Unterhandlungen wegen einer Waffenruhe anknüpften u. S. bis auf Alsen räumten. Doch schon am 29. April zog Wrangel, die schleswig-holsteinischen Truppen nach dem Westen entsendend, Halkett gegen Alsen postirend, gegen Norden vorwärts u. überschritt am 1. Mai die jütische Grenze bei Kolding, ohne daß die Dänen sich irgendwo gezeigt hatten. Damit waren nun aber auch die Großmächte zu einem bestimmteren Einschreiten veranlaßt. Schon hatten von Kopenhagen aus der russische u. englische Gesandte die Räumung Jütlands von Wrangel verlangt, u. Rußland gab dem Berliner Cabinet seine Mißbilligung zu erkennen. Darauf stellte Preußen am 5. Mai mit Zustimmung des Bundestages als Grundbedingungen für eine Vereinbarung hin: Einheit der Herzogthümer u. Einverleibung S-s in den Deutschen Bund. Sogleich wandte sich nun Dänemark mit Vorstellungen an Rußland u. Schweden, u. Schweden trat am 9. Mai offen auf seine Seite, England aber zog sich in Folge jener Aufstellung mindestens von Preußen zurück, u. Preußen stand somit ganz isolirt da, nur noch auf Deutschland gewiesen. Dagegen erklärte schon am 29. April Dänemark die deutschen Häfen in Blockadezustand u. ließ bes. preußische Schiffe aufbringen. In Folge davon nahm Wrangel Fridericia, ließ ein Detachement unter Zastrow bis nach Aarhuus vordringen u. erließ am 18. Mai eine Proclamation an die Jüten, in welcher er als Repressalie eine Contribution von 2 Mill. Species nebst bedeutenden Lieferungen ausschrieb. Jetzt aber traten die fremden Mächte entschiedener dazwischen; Schweden kündigte an, daß es die dänischen Inseln besetzen werde, u. Rußland rüstete eine Flotte aus; England verhandelte dringender mit dem preußischen Gesandten, u. dabei kam man endlich überein, daß beide Herzogthümer sowohl von dänischen, als von deutschen Truppen geräumt, eine neue provisorische Regierung eingesetzt u. als Grundlage des Friedens die Trennung des nördlichen dänischen S-s von dem südlichen deutschen aufgestellt werden sollte. In Folge hiervon wurde Wrangel angewiesen Jütland zu räumen, alle Requisitionen einzustellen u. sogar S. aufzugeben. Am 28. Mai war Wrangel schon wieder in Flensburg, u. an demselben Tage gelang auch den Dänen ein Überfall von Alsen aus auf die jenseits aufgestellten deutschen Truppen; nach einem heißen Kampf um die Düppeler Höhen mußten sich die Deutschen über Gravenstein zurückziehen. Bei diesem Allen hatte sich die provisorische Regierung, welche inzwischen ihren Sitz nach Schleswig verlegt hatte, meist unthätig gezeigt; weder für die Aufstellung einer weiteren einheimischen Streitmacht, noch für innere staatliche Consolidirung geschah etwas Nennenswerthes; blos die Wahlen zur deutschen Nationalversammlung waren für beide Herzogthümer ausgeschrieben u. überall vollzogen worden. Während nun die Unterhandlungen in London fortgesetzt wurden, benahmen sich die Dänen ganz als Sieger, besetzten den Norden S-s u. setzten Ende Mai in Kopenhagen ein Prisengericht für die aufgebrachten deutschen Schiffe ein. Allerdings war aber auch schon Großfürst Constantin in Kopenhagen angekommen u. eine russische Flotte in See gestochen; Schweden hatte am 8. Juni 4500 Mann nach Fünen übergesetzt u. hielt bei Malmö 15,000 Mann in Bereitschaft.
Jetzt richteten sich nun alle Hoffnungen in den Herzogthümern auf Frankfurt. Die Nationalversammlung nahm sich auch der Angelegenheiten an u. beschloß am 8. Juni die Fortführung des Krieges u. Billigung eines Friedensschlusses nur bei Wahrung der Ehre Deutschlands; dagegen wurde der zweite Antrag, daß sich die Nationalversammlung die Genehmung des abzuschließenden Friedens vorbehalte, von ihr abgelehnt, u. so lag wieder Alles in Preußens Händen. Aber dessen Lage war eine sehr bedenkliche; gegenüber der Londoner Conferenz conferirten die Monarchen von Dänemark u. Schweden in Malmö unter Rußlands Billigung. Einzelne kriegerische Ereignisse aus diesen Tagen waren für das Ganze von wenig Bedeutung; die Preußen unter Bonin u. die Reichstruppen unter Halkett schlugen die Dänen am 5. Juni bei Satrup u. nahmen die feindliche Stellung bei Nübel mit Sturm, u. die Dänen zogen sich hinter die Düppeler Höhen zurück, auf welche bei dem verheerenden Feuer aus den dänischen Schanzen u. Schiffen der Angriff aufgegeben werden mußte; am 7. Juni schlug von der Tann mit seinem Freicorps von 300 Mann 1209 Dänen bei Hoptrup. Wrangel stand noch immer bei Flensburg. England war aber jetzt durch Rußlands Auftreten gereizt worden; als russische Kriegsschiffe auf der Kopenhagener Rhede vor Anker gegangen waren, erklärte der englische Gesandte in Kopenhagen, daß jede Berührung des schleswigholsteinischen Gebietes durch russische Streitkräfte von seiner Regierung als Casus belli angesehen werden würde. Ebenso bestimmt trat England gegen Schweden u. Dänemark in Malmö auf. Am 28. Juni rückte fast die ganze deutsche Armee, die schleswig-holsteinischen Truppen voran, wiederum vor, um S. von den Dänen zu befreien. Die Dänen hatten sich in Hadersleben verschanzt, zogen sich aber nach einem hitzigen Gefecht am 30. Juni während der Nacht hinter die jütische Grenze zurück. Jetzt wandte sich Preußen mit seinen Friedensvorschlägen, welche wesentlich die früheren blieben, an [260] Schweden, u. dies übernahm die Vermittelung. So begannen die ersten Verhandlungen über den Entwurf zu einem Waffenstillstande, welcher zunächst in Malmö am 2. Juli zu Stande kam, worauf Wrangel vom 15. Juli an die Verhandlungen mit dem dänischen Abgeordneten Reedtz in Bellevue bei Kolding fortsetzte. Durch die von Preußen veranlaßte Einmischung der inzwischen eingesetzten Deutschen Centralgewalt in Frankfurt ergaben sich neue Anstände, so daß jetzt selbst England u. das bisher fast ganz unbetheiligte Frankreich sich für Dänemark aussprach, Schweden aber sich wieder ganz offen auf dessen Seite stellte u. nur mit Preußen zu verhandeln verlangte. Endlich gelang es den Vorstellungen Preußens vom Reichsverweser am 7. August eine Vollmacht zum Abschlusse des Waffenstillstandes zu erlangen, unter den Bedingungen jedoch, daß die zur Bildung der neuen provisorischen Regierung bestimmten Personen schon beim Beginn der Verhandlung genannt u. vereinbart würden, daß die von der bisherigen provisorischen Regierung erlassenen Verordnungen u. Gesetze in Kraft blieben u. die in den Herzogthümern zurückbleibenden Truppen sämmtlich unter dem deutschen Oberbefehlshaber belassen würden. Zugleich sandte die Reichsgewalt einen eigenen Commissär, Stedmann, nach Malmö zur Theilnahme an den Unterhandlungen, welcher jedoch in Rendsburg verdlieb. Inzwischen war von den auf den 14. Juni nach Rendsburg einberufenen alten Ständen ein Wahlgesetz für die constituirende Landesversammlung berathen u. nach den freisinnigsten Grundsätzen zu Stande gebracht worden, worauf dasselbe am 13. Juli publicirt wurde. Weiter ward ein Gesetz über die allgemeine Wehrpflicht u. ein Finanzgesetz, wonach man eine neue Einkommensteuer u. Emission von Papiergeld beschloß, angenommen. Zum 28. Juli wurden die Wahlen für die neue Landesversammlung ausgeschrieben. Ehe dieselbe jedoch zusammentreten konnte, hatte Preußen endlich am 26. August, freilich ohne jede Rücksicht auf die Reichsgewalt u. auf die von ihr gestellten Bedingungen, den Waffenstillstand in Malmö abgeschlossen. Die Bedingungen desselben waren: Waffenruhe auf sieben Monate, Aufhebung aller seit dem 17. März in den Herzogthümern erlassenen Gesetze u. Verordnungen, Bildung einer neuen Regierung, wofür Preußen u. Dänemark je zwei Mitglieder u. gemeinsam einen Präsidenten ernennen; Räumung der Herzogthümer, Alsen ausgenommen, Seitens der Dänen, während 2000 Mann von den deutschen Bundestruppen dort zurückbleiben u. die schleswigschen Truppen von den holsteinischen getrennt werden sollten; Rückgabe der deutschen Schiffe wie der eingetriebenen Contribution aus Jütland; Preußen u. Dänemark sollten außerdem je einen Commissär für die Dauer des Waffenstillstandes in den Herzogthümern ernennen u. England die Garantie übernehmen. Die letzte Hoffnung der Herzogthümer auf Hülfe von außen ruhte nun auf Frankfurt. Jedoch auch diese Hoffnung wurde getäuscht, denn die Nationalversammlung sprach nach langen Debatten, während bereits der Rückzug der deutschen Truppen aus Holstein erfolgt war, am 16. Sept. die Genehmigung des Waffenstillstandes aus (s. Deutschland, S. 75).
So sahen sich die Herzogthümer ganz auf sich selbst angewiesen. Die durch Volkswahlen berufene Landesversammlung war bereits am 15. August in Kiel zusammengetreten, um zunächst den am 16. erscheinenden Staatsgrundgesetzentwurf zu berathen; wurde aber auf die Forderung des Reichsministeriums, damit die Waffenstillstandsverhandlungen von den Beschlüssen der Versammlung nicht gestört würden, von der provisorischen Regierung am 19. August vertagt. Das Land empfing diese Nachricht mit Unmuth, zumal auch von der Regierung nicht das Mindeste zur Herstellung eines Landesheers geschah. Olshausen trat aus der provisorischen Regierung. Als nun der Inhalt der Waffenstillstandsconvention verlautbarte, wurde die Landesversammlung zum 4 Sept. einberufen u. beschloß: die constituirende Versammlung kann wider ihren Willen weder aufgelöst noch vertagt werden; jede Veränderung in der bestehenden Landesregierung bedarf der Zustimmung der Landesversammlung; alle seit dem 14. März 1848 von der provisorischen Regierung erlassenen Gesetze können nur mit Zustimmung der Landesversammlung verändert od. aufgehoben werden; ohne diese Zustimmung kann kein neues Gesetz erlassen, keine neue Steuer auferlegt werden; alle bestehenden Steuern u. anderweiten Staatseinkünfte werden bis zum 31. Decbr. 1848 von der bestehenden Landesregierung forterhoben. Weiter wurde eine protestirende Eingabe an die Centralgewalt u. die Nationalversammlung beschlossen, hierauf das Staatsgrundgesetz in solcher Eile berathen, daß es schon am 8. Septbr. von der Versammlung angenommen u. am 15. Septbr. publicirt wurde. Die Abstimmung in Frankfurt war noch nicht erfolgt. Inzwischen war die Einsetzung der Fünfmänner als gemeinsamer Regierung nach der Veinbarung von Malmö betrieben worden; Graf Karl Moltke sollte an ihrer Spitze stehen, aber dieser hatte sich kaum in Holstein gezeigt, als er von den Einwohnern von Itzehoe vertrieben wurde, u. die übrigen Ernannten weigerten sich der Annahme des Postens unter den vorliegenden Bedingungen. Darauf ließ Dänemark den Grafen Karl Moltke fallen u. beschränkte die aufzuhebenden Gesetze auf eine bestimmte Zahl. Nach dem mißlungenen Versuche der Einsetzung einer königlichen Immediatcommission von drei Personen (18. Septbr.) von Seiten der dänischen Regierung wurde 18. Octbr. der Landesversammlung, welche seit Anfang dieses Monats sammt der provisorischen Regierung nach Schleswig übergesiedelt war, der Befehl der Centralgewalt mitgetheilt, daß die provisorische Regierung ihr Amt an die neue Regierung der Fünfmänner abzutreten habe; dieselbe bestand aus Reventlow-Jersbeck, Boysen, Baron Heintze, Preußer u. Graf Adam Moltke, wurde am 22. Oct. installirt u. nahm ihren Sitz in Gottorp. Wenngleich streng conservativ gesinnt, doch auch aufrichtig für das Recht der Herzogthümer einstehend, hatte sie sofort bei ihrem Antritte die bisherigen Verordnungen u. Einrichtungen der provisorischen Regierung, bes. aber das Staatsgrundgesetz, als gültig anerkannt, u. dies war der Hauptgrund, daß die dänische Regierung eine feindselige Stellung gegen die gemeinsame Regierung annahm. Der Sturz des Märzministeriums in Kopenhagen am 18. Nov. änderte für die Herzogthümer nichts; das neue Ministerium (s. Dänemark, S. 713) faßte die Verhältnisse in den Herzogthümern gleichfalls als Revolution auf. Je anspruchsvoller Dänemark nun auftrat, gestützt auf die Gutheißung Rußlands, um so[261] mehr veranlaßte Preußen, da sich keine Aussicht auf Abschluß eines Friedens zeigte, umfassende Rüstungen in den Herzogthümern. Die allgemeine Wehrpflicht wurde in Anwendung gebracht; preußische Offiziere traten in das Heer ein u. an die Spitze des ganzen Heerwesens wurde der preußische General Bonin gesetzt. Die allgemeine schleswigholsteinische Landesversammlung war Ende Decbr. zusammengetreten, hatte sich aber in Folge der Einsprache des Bundescommissärs jeder politischen Besprechung u. gesetzgeberischen Thätigkeit enthalten u. nur das Budget für das nächste Jahr bewilligt.
Mit Beginn des Jahres 1849 wurden die Friedensverhandlungen auf einer neuen, von England vorgeschlagenen Basis wieder aufgenommen; doch waren diese Londoner Aufstellungen wenig geeignet die Ansprüche irgend einer betheiligten Partei zu befriedigen. Der Waffenstillstand neigte sich bereits seinem Ende zu, u. die Fortsetzung des Krieges schien in immer gewisserer Aussicht zu stehen. Die Herzogthümer befanden sich in großer Aufregung; die Gerüchte von der gemäß den englischen Vorschlägen beabsichtigten Trennung S-s von Holstein hatten alle Leidenschaften wieder wachgerufen. Auf das dringende Verlangen der Stimmführer war die Landesversammlung auf den 26. Jan. wieder nach S. einberufen worden, aber ihre auf die gegenwärtige Lage bezüglichen Verhandlungen blieben, da die entschiedene Bewegungspartei überall unterlag, ohne alle Bedeutung u. am 9. Febr. beschloß die Versammlung ihre Vertagung. So lag gerade in der entscheidendsten Zeit wieder Alles in der Hand der Regierung, welche eben wieder völlig abhängig von Preußen war; sie sendete auf Preußens Antrag noch in der letzten Stunde den Grafen Reventlow-Farve mit einem Schreiben an den König von Dänemark, wurde aber abgewiesen. Darauf erfolgte dänischer Seits am 23. Febr. die Kündigung des Waffenstillstandes, wonach die Feindseligkeiten am 26. März wieder beginnen sollten. Noch einmal versuchte Preußen u. England, ja selbst Frankreich, den Frieden zu erhalten, u. es wurde vorläufig von Dänemark wenigstens Fortdauer des Waffenstillstandes mit einmonatlicher Kündigung zugestanden. Dann aber stellte dieses, in Vertrauen auf Rußlands Hülfe, so hohe Bedingungen, wie die Besetzung Rendsburgs mit dänischen Truppen, die Unterwerfung der Herzogthümer durch Preußen etc., daß alles weitere Nachgeben von Seiten Preußens unmöglich wurde u. der Krieg allein übrig blieb. Inzwischen war auf das Verlangen der Centralgewalt u. mit Billigung der am 16. März nochmals zusammengetretenen Landesversammlung die gemeinsame Regierung in den Herzogthümern zurückgetreten u. durch den Reichscommissär Souchay eine Statthalteschaft, bestehend aus Graf Reventlow-Preetz u. Beseler, welche dann noch den Regierungsrath von Harbon zuzogen, eingesetzt worden, welche ihr Amt am 26. März antrat, ohne daß jedoch hiermit in den Verhältnissen das Geringste geändert wurde. Die deutsche Centralgewalt hatte nun schon am 3. März den Befehl erlassen drei Divisionen des Reichsheeres mobil zu machen u. drei andere in Bereitschaft zu halten. Am 26. März standen bereits 30 Bataillone mit 100 Geschützen in den Herzogthümern, welche bald auf 45,000 Mann u. 150 Geschütze vermehrt wurden. In u. bei Flensburg bis zur Königsaue standen die Schleswig-Holsteiner unter General Bonin; bei Schleswig Baiern, Badener, Württemberger u. die thüringschen Truppen unter dem Prinzen Eduard von Sachsen-Altenburg u. General Spangenberg, bei Rendsburg Hannoveraner u. Sachsen unter General Wyneken u. bei Neumünster Preußen als vierte Division. Den Oberbefehl über sämmtliche Truppen führte der preußische Generallieutenant von Prittwitz. Die Streitmacht zur See bestand dagegen nur aus drei Dampffregatten, sechs Dampfcorvetten, eine Segelcorvette u. 86 Kanonenbooten. Auch Dänemark hatte mit aller Macht gerüstet u. sein Landheer auf 36,000 Mann gebracht. Am 1. April wurde der Waffenstillstand von den Dänen gekündigt, u. am 3. rückten bereits dänische Truppen über die jütische Grenze, nahmen Hadersleben nach mehrstündigem Gefecht u. unternahmen zugleich von Alsen aus einen Angriff auf die Schleswig-Holsteiner bei Gravenstein; auf beiden Seiten jedoch zogen sich die Dänen bei dem Anrücken der Reichstruppen zurück. Endlich erschien nun auch gleichzeitig eine dänische Flotille, bestehend aus dem Linienschiff Christian VIII., der Fregatte Gefion, einer Corvette, zwei Dampfschiffen u. mehren kleinen mit Landungstruppen gefüllten Fahrzeugen im Hafen von Eckernförde, dessen Eroberung für die Dänen sehr wichtig war. Der Hafen war nur durch zwei schwache Batterien geschützt, deren nördliche acht, die südliche nur vier Geschütze zählte. Am 5. April lief Capitän Paludan mit Christian VIII. u. der Gefion nebst zwei Dampfschiffen in den Hafen ein, legte sich mit dem Linienschiffe vor die schleswig-holsteinische Südbatterie, während die Gefion rechts von ihm ihren Standpunkt nahm, so daß die Nordbatterie aus Rücksicht auf die Stadt nur wenig wirken konnte. Nun erfolgte sofort aus den 140 Schiffsgeschützen eine heftige Beschießung der beiden Batterien, welche das Feuer anhaltend erwiderten; doch waren schon bald drei Stücke der Nordbatterie demontirt, während allerdings auch die vor den Batterien kreuzenden Dampfschiffe wegen arger Beschädigung das Gefecht verlassen mußten. Um so nachhaltiger wirkte die kleine Südbatterie, so daß endlich vom Christian VIII. aus das eine Dampfschiff herbeigerufen wurde, um die Schiffe aus dem Hafen zu schleppen; durch eine Lage der Nordbatterie wurde dasselbe aber sofort zur Umkehr gezwungen. Nach sechsstündigem Kampfe zogen endlich beide Schiffe die Parlamentärflagge auf; Paludan drohte die Stadt einzuäschern, wenn ihm nicht freier Abzug gewährt würde. Hierauf ging der dort commandirende Herzog von Coburg-Gotha nicht ein, doch gewährte er einen kurzen Waffenstillstand, während dessen er aus Gottorf eine halbe nassauische Feldbatterie heranzog, welche rechts von der Südseite postirt wurde, worauf sich der Kampf gegen vier Uhr aufs Neue erhob. Nochmals versuchte vergeblich das Dampfschiff herbeizueilen. Der Christian VIII. gerieth endlich auf den Strand u. wurde nun mit glübenden Kugeln beschossen. Auch der Zustand der Gefion war ein trostloser, u. gegen 6 Uhr strichen beide Schiffe die Flagge; Paludan kam mit zwei Offizieren u. 650 Mann ans Land u. gab sich gefangen. Der Christian VIII. flog kurz darauf in die Luft, die Gefion wurde von ihrem Capitän sammt ihrer Besatzung übergeben, worauf schleswig-holsteinische Seeleute das Schiff in Besitz nahmen. Ungeachtet dieses Sieges wurde die Kriegführung bei den Reichstruppen[262] eine auffallend schlaffe. Rußland u. Frankreich hatten bereits dem Wiederbeginnen der Feindseligkeiten sich gegen die Besetzung Jütlands erklärt u. verlangt, daß die deutschen Truppen nicht über die durch den Waffenstillstand bezeichneten Positionen hinausgingen. Danach wurde Prittwitz angewiesen nur S. zu besetzen u. sich defensiv zu verhalten. Die Erstarrung der Düppeler Schanzen am 13. April durch Baiern u. Sachsen blieb darum für setzt die einzige Waffenthat der deutschen Truppen, aber da die Dänen ihre Geschütze rechtzeitig aus den Schanzen zurückgezogen hatten u. kein weiterer Angriff auf Alsen selbst erfolgte, so blieb dieser Sieg ohne Folgen. Erfolgreicher operirten die Schleswig-Holsteiner unter Bonin im Norden. Nachdem sie unter wiederholten Scharmützeln bis Hadersleben vorgedrungen waren, wurde durch ein auf Recognoscirung gegen Kolding ausgesandtes Jägercorps u. ein Bataillon unter Zastrow, am 20. April die Stadt Kolding erobert, worauf die Dänen nach Norden zurückgingen. Doch schon am 23. April griffen dieselben, über 20,000 Mann stark, die kaum die Hälfte zählende schleswig-holsteinische Armee wieder an, u. es entspann sich hier die Schlacht bei Kolding. Während die äußersten Schanzen der Schleswig-Holsteiner u. Kolding auf der einen Seite angegriffen u. hier heftig gekämpft wurde, suchte der dänische General Rye ihren linken Flügel mit seiner Übermacht zu erdrücken, wurde aber schließlich zurückgedrängt. Inzwischen war die Brigade Moltke in Kolding eingedrungen u. hatte sich, trotz des gegen sie eröffneten Feuers der schleswig-holsteinischen Artillerie, in derselben festgesetzt, wurde aber auch wieder von den Schleswig-Holsteinern zum Rückzuge aus der brennenden Stadt gezwungen. So befand sich das dänische Heer bereits um Mittag in vollem Rückzuge; sein Verlust belief sich auf 300 Mann, während die Schleswig-Holsteiner kaum die Hälfte verloren hatten. Am 6. Mai langten die preußischen Truppen vor Kolding an u. drängten von da, während die Baiern u. Hessen über die jütische Grenze nachrückten, das Corps Rye's langsam über Veile u. Aarhuus hinaus, so daß es sich ohne Verlust einschiffen konnte. Während dessen war das schleswig-holsteinsche Heer gegen Fridericia marschirt, hatte die starke Stellung der Dänen bei Gudsö am 3. Mai genommen u. war am 7. Mai vor Fridericia angelangt; hier lag es nun zwei Monate, während welcher Zeit nur die Stadt beschossen u. einzelne Gefechte geliefert wurden.
Der Grund dieser lässig betriebenen Belagerung lag darin, daß die nie abgebrochenen Friedensunterhandlungen jetzt bis zu einem Punkte gediehen waren, von wo aus endlich eine definitive Verständigung in Aussicht stand. Preußens Stellung war immer bedenklicher geworden; selbst England hatte seit der Besetzung Jütlands u. dem Vorgehen Preußens in der Deutschen Frage sich zurückhaltender gezeigt u. war endlich mit der Forderung vorgetreten, daß Preußen sich dazu verstehe die Einverleibung S-s in Dänemark u. die Trennung der Perzogthümer zuzugeben. Man zeigte sich in Berlin nicht abgeneigt. Die dänische Regierung wurde aufgefordert durch einen Bevollmächtigten die Verhandlungen in Berlin fortsetzen zu lassen u. am 18. Mai wurde erklärt, daß dieselben jetzt unter Absehen von der Reichsgewalt, geführt werden sollten, u. als nun Dänemark die Forderung stellte, daß eine Demarcationslinie gezogen u. der nördliche Theil von S. von Dänen, der südliche von Preußen besetzt werden sollte, unterhandelte Preußen auf dieser Grundlage fort. Die Protestationen der Statthalterschaft gegen Theilung der Herzogthümer u. ihre Berufung auf die Gültigkeit des neuen Staatsgrundgesetzes verhallten wirkungslos, u. die auf den 7. Juni berufene Landesversammlung fand keine Gelegenheit zu wesentlichen Berathungen. Unterdessenbereitete sich auf dem Kriegsschauplatze die letzte Entscheidung vor; von dänischer Seite waren immer mehr Truppen nach Fridericia geworfen worden; auch Rye führte sein vor den Preußen eingeschifftes Corps auf Transportschiffen der Festung zu u. in der Nacht vom 5. zum 6. Juli brachen die Dänen, 25,000 Mann stark, aus der Festung gegen die um mehr als ein Drittel schwächeren Schleswig-Holsteiner hervor, sprengten bald, zwischen der ersten u. zweiten Brigade durchdringend, die Stellung der feindlichen Armee, griffen dann mit ihrer Hauptmacht das Centrum des Belagerungswalles an, wurden aber viermal geworfen, ehe sie die Schanzen eroberten, u. brachen endlich das Gefecht ab. Die Dänen hatten gegen 1300 Mann an Todten u. Verwundeten verloren; Rye u. 93 Offiziere waren unter den Todten. Dagegen hatten aber auch die Schleswig-Holsteiner 28 Stück Geschütz, 1800 Mann an Todten, Verwundeten u. Gefangenen verloren u. zogen sich an demselben Tage in Ordnung nach Beile zurück. Wahrend jetzt die Landesversammlung sofort beschloß eine neue Reservebrigade aufzustellen, kam die Kunde, daß das preußische Cabinet bereits am 10. Juli einen Waffenstillstand mit Dänemark geschlossen habe, dem zu Folge S. von Holstein getrennt, im ersteren Herzogthume eine Demarcationslinie gezogen, der nördliche Theil von schwedisch-norwegischen, der südliche von preußischen Truppen besetzt, eine Landesverwaltung aus einem dänischen, einem preußischen u. einem englischen Commissär gebildet u. derselben die ausschließliche Administration S-s übertragen werden sollte. Ferner sollte laut den beigefügten Friedenspräliminarien S. eine besondere Verfassung erhalten, ohne mit Holstein vereinigt zu sein u. unbeschadet der politischen Verbindung, welche das Herzogthum S. an die Krone Dänemark knüpfte. Übrigens sollten die preußischen u. holsteinischen Truppen binnen 25 Tagen S. räumen. In den Herzogthümern waren auf dir erste Nachricht von dem Waffenstillstande alle Parteien zum Widerstande entschlossen. Die Landesversammlung faßte am 19. Juli den Beschluß, daß die Friedensbasis u. die Waffenstillstandsconvention für die Herzogthümer ohne alle Rechtsverbindlichkeit sein u. bleiben würden u. daß der Statthalterschaft 41/2 Mill. zur Verfügung gestellt, die Vermehrung der Wehrkraft zugestanden u. die nachträgliche Zustimmung zu allen von der Regierung für Landesvertheidigung zu treffenden Maßregeln zugesagt werden sollte, worauf sie sich am 25. Juli bis zum 8. Ang. vertagte. Auch die Statthalterschaft hatte in einem Manifest vom 18. Juli bereits erklärt, daß sie dem Waffenstillstande u. den Friedenspräliminarien ihre Zustimmung versagen müsse, protestirte dann in Stockholm gegen die Besetzung S-s durch schwedische Truppen u. erklärte auch dem preußischen Cabinet, daß sie den Waffenstillstand nicht anzuerkennen vermöge, erhielt jedoch von Berlin aus die Antwort, daß bei thätlichem [263] Widerstand von Seiten der Herzogtümer die preußische Regierung den General von Bonin u. die preußischen Offiziere sofort aus dem schleswig-holsteinischen Heere abberufen werde. Von da an blieb die Statthalterschaft in dem eigenthümlichen Widerspruche, daß sie mit Preußen zu unterhandeln versuchte u. doch zugleich sich stets gegen die Gültigkeit aller zur Ausführung des Waffenstillstandes Ergriffenen Maßregeln erklärte. Dabei unterließ sie denn auch alle Verstärkung der Truppen, ja sie ließ die ganze schleswig-holsteinische Armee sogar hinter die Eider zurückgehen u. die Landesversammlung schon für den 7. Aug. nach Schleswig wieder einberufen, welche noch in der Nacht zum 8. ihre Zustimmung zu diesem Schritt aussprach, da sie sich gegenüber den Drohungen Preußens u. der Aufforderung der Centralgewalt an alle deutschen Staaten, die Feindseligkeiten einzustellen, in der traurigsten Lage befand u. wohl erkannte, daß S. aufgegeben war. Inzwischen waren die in Flensburg aufgenommenen Verhandlungen über Ausführung des Waffenstillstandes bereits so weit gediehen, daß für die Landesverwaltung S-s Tillisch als dänischer, Graf Eulenburg als preußischer u. Oberst Hodges als englischer Commissär angenommen waren; ebenso war der von Dänemark erhobene Streit über die Demarcationslinie endlich beigelegt. Die holsteinische Statthalterschaft wurde aufgefordert mit der Commission in Verhandlung über die administrativen Verhältnisse der Herzogthümer zu treten. Sie kam auch diesem Verlangen nach, obschon sie noch immer die ganze Landesverwaltung als nicht zu Recht bestehend erklärte. Am 12. Aug. kamen Tillisch in Begleitung mehrer dänischer Beamten u. Eulenburg in Flensburg an. Bis zum 20. Aug. hatte sich die Statthalterschaft bereits mit der Landesverwaltung über die Hauptsächlichsten Fragen verständigt u. am 25. August wurde die Letztere durch die Bevollmächtigten Preußen u. Dänemarks, von Bonin u. von Pechlin, in Flensburg installirt. Für die Verwaltung wurden drei Departements eingerichtet. Am 28. August rückten die schwedischen Truppen in Flensburg ein. Die holsteinische Landesversammlung vertagte sich; die inzwischen von Schleswig nach Kiel übergesiedelte Statthalterschaft aber erließ am 25 August eine Proclamation, wonach sie sich für die allein berechtigte Negierung in den Herzogtümern erklärte u. die Beamten aufforderte ihre Stellen so lange zu behalten, als sie dies mit Pflicht u. Gewissen vereinigen könnten.
Für S. brach nun eine schwere Zeit an. Nachdem die Beamten des Landes erklärt hatten, daß sie in ihren Stellen bleiben wollten, jedoch unter der Voraussetzung, daß die Landesverwaltung die Negierung Nicht im Namen des Königs von Dänemark, sondern nur im Namen des Herzog von S. zu führen habe, Hing die Landesverwaltung mit nachdrücklicheren Schritten vor u. setzte neue Beamte ein. Um S. factisch mehr u. mehr von Holstein abzutrennen, befahl die Landesverwaltung die Steuern künftig nicht mehr nach Rendsburg, sondern nach Flensburg einzuliefern u. setzte am 17. Sept. 14 Gesetze der Statthalterschaft, Namentlich das Staatsgrundgesetz, außer Kraft. Der Widerstand dir deutschen Bevölkerung Hegen diese Maßregeln wurde durch Waffengewalt bezwungen. Auch gegen die, durch Aufhebung der Verordnung über das Kirchengebet in den Streit gezogene Geistlichkeit wurde mit Absetzung vorgeschritten, u. dasselbe widerfuhr dann auch dem Lehrerstande. Bis Mitte des nächsten Jahres waren mehr als 150 Beamte, darunter 35 Prediger, aus S. vertrieben; an manchen Orten waren Kirche u. Schule gänzlich geschlossen. Daneben wurde, namentlich auch im Zoll- u. Pustwesen, die Trennung S-s von Holstein eifrig fortbetrieben. Vergebens wendeten sich die bedrängten Einwohner an den König von Preußen, an die Landesversammlung, an die Statthalterschaft; ihr passiver Widerstand, zu welchem sie nun ihre Zuflucht nahmen, rief von Kopenhagen aus nur immer wieder strengere Weisungen an die Landesverwaltung hervor. Inzwischen war die Landesversammlung in Kiel am 1. Nov. zusammengetreten u. kalte bis zum 9. getagt, jedoch ohne jedes erhebliche Resultat, da die Statthalterschaft selbst ohne genauere Kenntniß der politischen Sachlage war. Die Statthalterschaft versuchte, jetzt noch einmal annähernde Schritte u. ernannte Anfang Dec. drei Vertrauensmänner, welche mit dänischen Bevollmächtigten unterhandeln u. ein Expose über die Wünsche u. Rechte der Herzogthümer in Kopenhagen überreichen sollte; beide Versuche scheiterten. Damit war aber dänischer Seils wieder Zeit bis Ende Jan. 1850 gewonnen worden. Am 17. Jan. hatten nun auch in Berlin die directen Friedensverhandlungen begonnen; aber wie sehr auch Rußland u. England auf eine endgültige Einigung drangen, so zerschlugen sich die Verhandlungen doch bei den weit auseinandergehenden Forderungen beider Mächte hinsichtlich der Stellung S-s wieder gänzlich. Eben so resutlatlos blieb ein anderer Plan Preußens unter seiner Vermittelung die Herzogthümer selbständige Verhandlungen mit Kopenhagen aufnehmen zu lassen. Der Statthalterschaft aber, welche nun endlich, nachdem alle ihre Bitten u. Beschwerden wegen der traurigen Lage S-s u. der Finanznoth in Berlin abgewiesen worden waren, zu dem Äußersten entschlossen war u. bereits nach S. marschiren lassen wollte, wurde im Namen Preußens jedes feindliche Vorleben unterlagt. Um so peinlicher mußte ihre Stellung nun zu der auf den 19. März einberufenen Landesversammlung sein; sie verlangte von derselben die Bewilligung von 51/2 Mill. Mark, welche durch Kriegssteuer u. eine gezwungene Anleihe aufgebracht werden sollten, u. erklärte sich dabei nicht unbedingt gegen den Krieg, wies aber doch immer noch vor Allem auf eine friedliche Ausgleichung unter Preußens Vermittelung hin. Als die Versammlung die Anträge ihres Ausschusses, daß ein Mißtrauensvotum gegen die Politik der Negierung abgegeben, daß das Einrücken des Heeres in S. durch die innere Lage des Landes so gebieterisch gefordert werde, daß Rücksichten auf auswärtige Verhältnisse davon nicht länger abhalten dürfen u. endlich, daß die Verhandlungen über die finanzielle Frage bis zu erlangtet Verständigung mit der Statthalterschaft über die zu befolgende Politik ausgesetzt werden sollten, am 30. März annahm, drohte die Statthalterschaft mit Auflösung der Versammlung, brachte die Gesetzentwürfe über die Kriegssteuer u. die neue Anleihe ein u. machte zugleich die Vorlage über die Neuwahlen. Der Ausschußbericht über das Finanzgesetz ging auf einen Majoritäts- u. Minoritätsantrag hinaus: die Majorität wollte Bewilligung der Anleihe bis zur Berufung der neuen Versammlung, aber Verweigerung der Kriegssteuer;[264] die Minorität dagegen knüpfte alle Bewilligung an Bedingungen, als völlige Lossagung von Preußen, sofortige Zusammenziehung des Heeres, Entfernung der Preußen aus S., Stellung von Friedensvorschlägen in Kopenhagen, bei deren Zurückweisung aber alsbaldige Besetzung von S. Die Regierung erklärte sich am 2. April gegen beide Anträge, u. so schien der völlige Bruch unvermeidlich: als plötzlich der Abgang des Generals Vonin u. die Gewinnung des, aus preußischem Dienstverhältniß getretenen Generals von Willisen für den Oberbefehl des schleswig-holsteinischen Heeres angezeigt wurde (9. April). Damit schien die Sachlage eine so veränderte geworden, daß nun auch die Minorität für die Geldbewilligung bis zum Zusammentritt der neuen Versammlung stimmte. Dann wurde auch die Vorlage zur Wahl der ordnungsmäßigen Versammlung angenommen, u. damit trennte sich die Versammlung. Die Friedensverhandlungen in Berlin hatten indessen keinen günstigen Fortgang gehabt; Preußen wurde durch die Hartnäckigkeit Dänemarks immer weiter zurück gedrängt u. mußte endlich auch die Clausel, wonach das Recht Deutschlands auf die Herzogthümer gewahrt wurde, fallen lassen (Sendung des Generals von Below nach Kopenhagen im Mai). Dazu drängte Rußland immer stärker, u. bei den Verhandlungen in London erklärten sich alle Großmächte, nachdem sie sich bereits (Protokoll vom 2. Juni) für Erhaltung der dänischen Gesammtmonarchie ausgesprochen hatten, gegen Erneuerung der Feindseligkeiten von Seiten Preußens. So wurde denn endlich am 2. Juli 1850 der Friede zwischen Dänemark u. Preußen in seinem u. des Deutschen Bundes Namen unterzeichnet, wonach die Rechte, welche jede Macht vor dem Kriege besessen hatte, wiederhergestellt, dem Könige von Dänemark das Recht die Intervention des Bundes anzurufen u., falls diese wirkungslos bleiben sollte, mit militärischen Maßregeln gegen Holstein vorzuschreiten zugestanden u. außerdem festgesetzt wurde, daß innerhalb sechs Monaten gegenseitige Commissäre für die Grenzregulirung zwischen S.u. Holstein eintreten sollten. Ein besonderes Protokoll bestimmte, daß Preußen die in S. von den Dänen zu nehmenden militärischen Maßregeln nicht hindern wolle. Somit waren die Herzogthümer von Deutschland aufgegeben. Die Statthalterschaft hatte inzwischen auf Preußens Veranlassung noch einmal Vertrauensmänner (Heinzelmann, Prehn, Graf Reventlow-Farve) nach Kopenhagen gesandt, aber auch diese konnten nichts erlangen.
Der Krieg zwischen den Herzogthümern u. Dänemark war nun unvermeidlich geworden. Mit Willisen war der General von der Horst gekommen, auch von der Tann mit mehren baierischen Offizieren langte an. Am 8. Juli erließ die Statthalterschaft eine Proclamation, wonach jedem dänischen Einbruche begegnet werden sollte. Am 10. Juli löste sich die schleswigsche Landesverwaltung auf, die preußischen Truppen zogen ab (14. Juli); ebenso im Norden die schwedischen u. die dänischen Beamten in Südschleswig entflohen. Das schleswig-holsteinische Heer, in 4 Brigaden, unter Baudissin, Aberkron, von der Horst u. Garrels eingetheilt, war gegen 30,000 M. mit 72 Geschützen stark; nur fehlten viele Offiziere. Das dänische Landheer zählte 38,000 M. mit 90 Kanonen, u. schon am 12. Juli waren dänische Schiffe, begleitet von einer starken russischen Flotille, im Angesicht von Kiel erschienen. Am 14. Juli war das Gros der schleswig-holsteinischen Armee in Schleswig, am 15., wo Willisen in S. anlangte, rückte die Avantgarde in die Position von Idstedt u. Wedelspang, am 16. zog sich das ganze Heer auf diesem Punkte zusammen; auch Eckernförde wurde wieder besetzt. Die Dänen rückten indessen von Jütland vor, zogen ungehindert ihre Streitkräfte von Alsen an sich, besetzten Flensburg u. ganz Angeln bis zur Schlei. Vom 19. Juli an begannen die Plänkeleien zwischen beiden Heeren; die Dänen zogen sich in eine immer vortheilhaftere Stellung nach dem Westen. Ehe es jedoch hier zu einem ernsteren Zusammenstoß kam, war der Krieg bereits zur See eröffnet worden. Schon am 21. Juli hatte eine dänische Dampfkriegssregatte mit dem schleswig-holsteinischen Dampfschiff Bonin ein für sie nachtheiliges Gefecht bestanden; auch bei Heiligenhafen waren die dänischen Kriegsdampfboote zurückgeschlagen worden; dagegen sprengte sich der Befehlshaber des schleswig-holsteinischen Dampfschiffes von der Tann, nachdem er am 22. ein glückliches Gefecht mit dem dänischen Dampfschiffe u. einer Corvette bestanden hatte, weil es auf einer Sandbank am Lande aufstieß u. nun den Dänen hätte in die Hände fallen müssen, in die Luft. Inzwischen waren die Landesheere bei Idstedt bis zum 23. Juli einander so nahe gerückt, daß auch dort die Entscheidung kommen mußte. Die Stellung des schleswigholsteinischen Heeres war dergestalt, daß das Centrum hinter dem Idstedter See, der linke Flügel an der Treene zur Deckung der Übergänge, der äußerste rechte Flügel am Ende des Langsees u. zwischen ihm u. dem Centrum die Brigade von der Horst in der Mitte des Langsees, wo eine schmale Laufbrücke über denselben ging, standen. Schon am 24. Juli begannen die Dänen den Kampf, indem sie den linken Flügel an der Treene u. zugleich das Centrum bei Idstedt angriffen. Hier, wo des Generals Baudissin Brigade stand, wurde von früh 8 Uhr bis gegen Abend hartnäckig gekämpft u. Idstedt endlich von den Deutschen wieder genommen; ebenso waren die Dänen an der Treene am Abend wieder über den Fluß zurückgeworfen u. hatten auf beiden Punkten starke Verluste gehabt. Am 25. ging die Brigade von der Horst, welche dem gegen Idstedt vordringenden Feind in die Flanke fallen sollte, am frühen Morgen über den Langsee auf Oberstolk u. hielt dies Dorf gegen General Schleppegrell, welcher hier fiel, mußte aber, da gegen die Disposition die Brigade Aberkron zur Unterstützung nicht eintraf, sich wieder über den Langsee zurückziehen, wobei sie bei der schmalen Passage starken Verlust erlitt u. die eroberten Kanonen zurücklassen mußte u. in großer Unordnung jenseits des Sees ankam. Das war das Schicksal des rechten Centrums u. des rechten Flügels. Inzwischen hatten die Dänen schon nach 3 Uhr Morgens sich mit der ganzen Macht auf Idstedt geworfen u. endlich genommen, wiesen auch einen neuen Angriff darauf zurück. Hierauf griffen sie das Centrum mit ihrer Artillerie an. Auf dem linken Flügel war indessen mit äußerster Anstrengung um das Buchholz gefochten worden, bis sich die Deutschen endlich gegen Schubye zurückzogen u. das Gefecht nur noch durch Kleingewehrfeuer fortgesetzt wurde. Hierdurch getäuscht, als ob schon eine stärkere Macht der Dänen bei Schubye stände, ging Willisen selbst mit 2 Bataillonen[265] dahin u. ließ zugleich die bisher trefflich wirkende Artillerie aus dem Centrum abfahren. Die Dänen, welche die beträchtlichsten Verluste erlitten, hatten sich bereits zum Rückzuge entschlossen, welcher im Centrum nur durch die jetzt vorrückende Garde gedeckt werden sollte; da aber der Rückzug der schleswigschen Artillerie jetzt schon begonnen hatte, so eroberte die vorrückende dänische Garde die letzten noch im Centrum postirten 4 Kanonen der Deutschen, u. damit war der ganzen Position die Spitze genommen. Die schleswig-holsteinische Armee ging langsam zurück, u. da jetzt die Dänen auch einen wichtigen u. doch ungeschützten Paß zwischen dem Idstedter u. dem Langsee besetzten, wurde auch das Centrum zum Rückzug genöthigt, u. die Schlacht war Mittags 1 Uhr entschieden. Die Dänen konnten an keine Verfolgung denken (sie hatten an 3800 M. verloren), dagegen waren die Schleswig-Holsteiner (ihr Verlust betrug 2800 M.) noch so kampffähig, daß sie eine neue Schlacht erwarteten. Aber Willisen befahl alle Positionen aufzugeben u. bis auf Rendsburg zurückzugehen. Die Dänen setzten sich nun in S. sofort fest u. befestigten ganz ungestört das Danewerk. Hunderte von Deutschen flohen aus Schleswig nach Holstein; was nicht geflohen war, wurde später ausgewiesen, deutsche Beamten in Masse abgesetzt, viele nach Kopenhagen abgeführt. Zugleich wurden in ganz Südschleswig erdrückende Requisitionen ausgeschrieben u. dadurch dem Lande die Mittel zu Unterstützung der schleswig-holsteinischen Sache entzogen. Bald waren auch auf der Westküste Husum, Frederiksstadt, Tönningen von den Dänen besetzt u. Frederiksstadt wurde aufs vollständigste befestigt. Willisen blieb ruhig bei Rendsburg stehen, wo es höchstens zu einigen Vorpostengefechten, namentlich am 7. August, kam. Während inzwischen die Großmächte, von denen nun auch Österreich das Londoner Protokoll unterzeichnet hatte, den Krieg in ungünstigster Weise betrachteten u. das nun ganz isolirte Preußen drängten die Beendigung der Feindseligkeiten herbeizuführen, erhob sich in Deutschland, bes. nach der Schlacht bei Idstedt, noch einmal die lebendigste Theilnahme an dem Schicksale S.-Holsteins. Freiwillige, Offiziere u. gediente Soldaten zogen von da dem Heere zu; in kurzer Zeit 1890, u. es würden noch mehr gekommen sein, wenn nicht die Statthalterschaft alle polnischen u. ungarischen Offiziere zurückgewiesen hätte. Übrigens war jetzt die Stellung der Statthalterschaft zu Willisen auch eine gespannte geworden, ihr Drängen nach entscheidenden Maßregeln war vergebens, u. sie mußte mehr u. mehr ihre Abhängigkeit von dem General fühlen, welcher zugleich doch auch beständig um seinen Abschied drängte. Als aber nun wegen völliger Erschöpfung der Finanzen die Regierung sich zur Einberufung der neuen Landesversammlung entschließen mußte, u. diese nach ihrem am 9. Sept. erfolgten Zusammentritt sich zwar zu Bewilligung einer gezwungenen Vermögensanleihe zu ungefähr 4 Procent des gesammten Vermögens, ferner einer Staatsanleihe u. einer neuen Zettelemission bereit erklärte, sich aber auch ebenso bestimmt gegen die Art der Kriegsführung aussprach, wurde von dem General endlich eine neue Waffenthat beschlossen. Am 12. Sept. wendete sich das schleswig-holsteinische Heer gegen den linken Flügel der Dänen an der Schlei, wo Letztere zwischen Eckernförde u. Missunde bei Kochendorf eine Verschanzung mit einem Hüttenlager angelegt u. den Übergang über die Schlei stark befestigt hatten. Das 1. Bataillon der Schleswig-Holsteiner nebst 2 Jägercorps stürmte die Schanze von Kochendorf, schlug eine von Missunde vorrückende Jägercolonne zurück, nahm den Brückenkopf an der Schlei, drang trotz dem mörderischen Feuer der Dänen über die Brücke vor u. eroberte nach heftigem Kampf den Übergang nach Missunde. Zu gleicher Zeit war Eckernförde genommen worden, u. die Dänen hatten sich von dort auf ihre Schiffe zurückgezogen. Plötzlich jedoch wurde der Befehl zum Rückzug ertheilt, u. nun landeten die Dänen wieder, drangen bei Missunde vor, nahmen bei der Brücke eine Abtheilung Jäger gefangen u. beunruhigten den Rückzug bis Cosel. Die Schleswig-Holsteiner hatten 130 Todte u. Verwundete verloren. Einige Tage darauf, am 17. Sept., hatten einige Schiffe der schleswig-holsteinischen Marine an der Westküste einen Kampf gegen eine dänische Flotille zu bestehen, wehrten sich einen ganzen Tag lang, mußten aber endlich der Übermacht weichen, u. es gingen damit die nordseeischen Inseln Föhr, Amrum etc. verloren, wodurch die Dänen drei Fahrstraßen nach dem Festland gewannen. Die Stimmung in Heer u. Volk war nach dem Gefecht bei Kochendorf sehr trübe. Von Neuem wurde Willisen durch die Statthalterschaft zur Fortsetzung des Krieges aufgefordert; endlich gab er nach, u. es wurde der Angriff auf Frederiksstadt beschlossen, durch dessen Einnahme allerdings der Westen von Südschleswig zurückgewonnen u. die rechte Flanke des Feindes ernstlich bedroht gewesen wäre. Frederiksstadt war von den Dänen durch Schanzen u. Aufstauen der Gewässer fast uneinnehmbar gemacht worden, aber dennoch u. obgleich sehr schlechtes Wetter den Anmarsch erschwerte, sollte die Eroberung der Stadt versucht werden. Während ein Theil des Expeditionsheeres bei Wallersum über die Eider gesetzt war u. sich westlich von Frederiksstadt postirt hatte, rückte die Hauptmacht von Süderstapel vor. Am 28. Sept. begann die Beschießung der Stadt von mehren Kanonenbooten wie von den schweren Batterien bei Süderstapel aus u. wurde nun bis zum 4. Oct. fast ununterbrochen fortgesetzt. Die halbe Stadt lag bereits in Trümmern, aber ein am 4. Oct. Abends versuchter Sturm mißglückte, nach Verlust von 360 M. wurde der Kampf eingestellt u. gegen Mitternacht gingen die Truppen zurück. Dies war der letzte größere Kampf des Feldzuges.
Die Landesversammlung hatte inzwischen der Regierung die Mittel zur Vermehrung des Heeres um 10,000 M. bewilligt u. dem Lande die beantragte Vermögensanleihe aufgelegt, worauf sie sich am 5. Sept. vertagte. Doch schon nahte die letzte Entscheidung von außen her. Anfangs October war der preußisch-dänische Friede in Frankfurt von allendeutschen Mächten ratificirt worden; Preußen u. Österreich waren über die Nothwendigkeit einer Intervention in Holstein einig. Gemäß der Olmützer Punctation vom 29. Nov. beschlossen Österreich u. Preußen gemeinsam Commissäre nach Holstein zu schicken, von der Statthalterschaft die Einstellung der Feindseligkeiten, die Zurückführung der Truppen hinter die Eider u. Reduction der Armee auf ein Drittheil der gegenwärtigen Stärke verlangen u. zugleich auf das Gouvernement dahin einwirken zu wollen, daß dasselbe im Herzogthum S. nicht mehr Truppen aufstelle, als zur Erhaltung der Ruhe erforderlich wären. In Folge hiervon wurden zunächst[266] als Commissäre preußischer Seits der General von Thümen, österreichischer Seits der Graf Mensdorf-Pouilly ernannt. Am 25. Nov. war die Landesversammlung noch einmal zusammengetreten u. hatte zunächst einen Ausschuß zur Berathung über die allgemeine Sachlage niedergesetzt. Als diesem der Inhalt der Olmützer Punctation mitgetheilt worden war, waren Ausschuß u. Statthalterschaft darüber einig, daß jetzt sofort ein kräftiger Angriff auf die Dänen gemacht werden müsse; Willisen jedoch antwortete auf die deshalb an ihn ergehende Aufforderung damit, daß er nun definitiv am 7. Dec. seinen Abschied eingab, worauf er das Land verließ. General von der Horst übernahm das Obercommando. Die Landesversammlung nahm den Antrag des Ausschusses auf eine kräftige Kriegführung gegen Dänemark an. Aber bei dem ungewöhnlich milden Winter u. dem unaufhörlichen Regen war für jetzt an einen Angriff nicht zu denken. Inzwischen waren die Verhandlungen der österreichisch-preußischen Commission mit der Statthalterschaft im Kieler Schlosse eröffnet worden. Am 9. Jan. 1851 machte die Regierung der Landesversammlung über die Forderungen der Commissäre Mittheilung, dieselben bestanden in fünf Punkten: sofortige Einstellung der Feindseligkeiten; deshalb Zurückziehung sämmtlicher Truppen hinter die Eider; Reducirung der Armee auf ein Drittheil der gegenwärtigen Stärke; Auflösung der Landesversammlung; sofortige Einstellung aller behufs der Fortsetzung der Feindseligkeiten angeordneten Maßregeln. Die Rechtsfrage erklärten die Commissäre als außerhalb ihrer Aufgabe liegend, für den Weigerungsfall wurde mit dem Einrücken einer österreichisch preußischen Executionsarmee von 50,000 M. gedroht. Nach dieser Mittheilung sprachen beide Statthalter ihre Ansicht gegen die Landesversammlung aus, Graf Reventlow mit sämmtlichen Departementschefs befürwortete die Unterwerfung unter die Forderungen der Commissäre aus Nothwendigkeitsgründen; Beseler war gegen die Annahme der Forderungen u. für Fortsetzung des Kampfes. Beide Statthalter gaben die Entscheidung der Versammlung anheim, u. die Majorität derselben erklärte sich am Morgen des 11. Jan. mit den in dem Schreiben des Gesammtministeriums hinsichtlich der Forderungen der Commissäre vom 9. Jan. ausgesprochenen Politik einverstanden. Hiermit war die schleswig-holsteinische Erhebung zu Ende. Beseler gab seine Entlassung, Graf Reventlow stellte durch Proclamation die Rechte des Landes unter den Schutz des Deutschen Bundes.
Sofort nach dem Beschlusse der Landesversammlung begann der Rückzug u. die Reduction der Armee sowie die Desarmirung der festen Werke; von der Horst legte das Commando nieder. Am 17. Januar wurde die Landesversammlung, nachdem sie das Budget für 1851 bewilligt hatte, vertagt. An demselben Tage überschritten die österreichischen Truppen unter Feldmarschalllieutenant von Legeditsch die Elbe u. betraten am 7. Febr. den holsteinischen Boden, worauf Rendsburg, am 8. nach Abzug der Schleswig-Holsteiner von Österreichern u. Preußen gemeinschaftlich besetzt, das Kronenwerk aber am 9. den Dänen übergeben wurde; die Übergabe der Festung Friedrichsort an dieselben war schon Tags vorher erfolgt. Die commissarischen Verhandlungen, im Januar zunächst in Hamburg eröffnet u. dänischer Seits von Graf Reventlow-Criminil geführt, wurden seit dem 12. Februar in Kiel fortgesetzt, aber durch die Überspanntheit der dänischen Forderungen erschwert. Laut Proclamation vom 1. Febr. hatte die Statthalterschaft ihr Amt niedergelegt; gleichzeitig waren die Departementschefs von der Leitung der Geschäfte entbunden worden. Dagegen erließen am 2. Febr. die Commissäre im Namen des Landesherrn u. im Auftrag des Deutschen Bundes die Bekanntmachung über Einsetzung einer obersten Civilbehörde für das Herzogthum Holstein; zum Vorsitz in derselben war Baron Blome berufen, das Innere an von Heintze, Cultus an Heinzelmann, Justiz an Malmros, Finanzen an Prehn übertragen. Zugleich wurde das Staatsgrundgesetz vom 15. Sept. 1848 außer Kraft gesetzt, die Landesversammlung aufgelöst, die Gültigkeit der Deutschen Grundrechte aufgehoben, die übrigen seit dem 24. März 1848 ohne landesherrliche Sanction erlassenen Gesetze u. Verordnungen sollten nur für die Dauer der Interimsregierung Geltung behalten, doch wurden die schleswig-holsteinischen Kassenscheine von der neuen Regierung anerkannt. Dagegen wurde von der obersten Civilbehörde die Aufhebung des Bürgerwehrgesetzes u. sämmtlicher Bürgergarden verfügt. Das Herzogthum Schleswig , wo der Regierungscommissär Tillisch die oberste Gewalt führte, befand sich jetzt, mit Ausnahme der nächsten Umgebung von Rendsburg, ganz in dänischem Besitz. Die Zollgrenze für S.u. Dänemark wurde nun an die Eider verlegt u. der Eintritt ins Herzogthum ohne besondere Erlaubniß des Regierungscommissärs untersagt. Vom Juni an trat die neu errichtete königlich dänische Gendarmerie für S. in Wirksamkeit. Indessen war die Auflösung der schleswig-holsteinischen Armee eifrig betrieben, der größte Theil der Offiziere entlassen, eine neue Aushebung nach den alten Gesetzen vorgenommen u. so eine neue Armee aus 3500 M. aller Waffengattungen unter dem Oberbefehl des Generals von Bardenfleth gebildet worden. Am 15. Mai war die von der Regierung berufene Versammlung von Notabeln aus den Herzogthümern u. aus Dänemark, durch deren Berathung über eine Versassungsrevision eine gegenseitige Verständigung herbeigeführt werden sollte, in Flensburg zusammengetreten u. tagte nun bis zum 16. Juni, faßte jedoch so weit auseinandergehende Beschlüsse, daß eine Einigung auf Grund derselben nicht zu Stande kam; die Holsteiner hatten sich schon vorher dahin entschieden, gegen jede Trennung S-s u. Holsteins Verwahrung einzulegen. Ein am 13. Juli zu Kopenhagen erfolgter Ministerwechsel änderte in der Lage der Herzogthümer nichts, außer daß der zum Minister des Innern berufene Tillisch durch von Bardenfleth als Minister für S. ersetzt wurde. Schon am 10. Mai war indessen das langerwartete Amnestiedecret für das Herzogthum S. erschienen; ausgeschlossen von der Amnestie waren die Herzöge von Augustenburg nebst Familien, Beseler, die Mitglieder der vormaligen schleswig-holsteinischen Regierung u. des Obergerichts u. eine große Menge von Beamten. Inzwischen währten die Verhandlungen über die Erbfolge wie über die Schleswigholsteinische Frage bes. in Berlin fort, ohne wesentlich weiter zu rücken; Preußen hielt noch immer an der staatsrechtlichen Verbindung beider Herzogthümer u. einer gemeinschaftlichen ständischen Einwirkung[267] derselben auf die Lösung der Frage fest, worauf Dänemark einzugehen sich weigerte; dagegen waren die Forderungen Dänemarks hinsichtlich der Integrität der dänischen Gesammtmonarchie, wie die Aufrechthaltung des ständischen Systems in Holstein von Preußen u. Rußland bereits zugestanden. Trotz zwei entschiedenen österreichischen Noten vom 9. September nach Kopenhagen u. einem wiederholt im Oct. u. Nov. eintretenden Stellenwechsel im dänischen Cabinet waren die Wirren am Schlusse des Jahres noch immer ungelöst u. die Kämpfe zwischen der Eiderdänen- u. der Gesammtstaatspartei im Ministerium wie im Reichstag ließen eine baldige Lösung kaum erwarten. Nicht einmal die Grenzregulirung zwischen den Herzogthümern hatte zu einem Abschluß gebracht werden können, obschon die betreffende Commission schon im April zusammengetreten war; hierbei bildete den Hauptstreitpunkt die Frage, ob Rendsburg als deutsches od. dänisches Gebiet zu betrachten sei. Unter diesen Umständen hatte sich nun auch Österreich trotz dem Andringen Dänemarks nicht dazu verstanden seine Truppen zurückzuziehen. Im Übrigen hatte Dänemark seine Danisirungsversuche eifrig fortgesetzt; so wurden die in S. zum dänischen Militär Ausgehobenen nach Kopenhagen u. Fridericia einberufen u. 1200 schleswigsche Soldaten nach Kopenhagen versetzt. In Deutschland fuhr man indessen fort die schleswig-holsteinischen Verbannten u. Invaliden möglichst zu unterstützen u. in einzelnen Staaten (Hannover, Baden. Gotha w.) wurden einige entlassene Beamte entsprechend angestellt.
Erst dem Jahre 1852 war es vorbehalten, eine Lösung der deutsch-dänischen Krisis herbeizuführen. Nachdem zu Anfange desselben die von deutscher Seite gestellten Schlußforderungen, als Beibehaltung u. Einberufung der früheren Provinzialstände beider Herzogthümer, Wegfall jeder Clausel hinsichtlich einer einstmaligen Incorporirung S-s, Fortbestand der Gemeinschaftlichkeit einzelner provinzieller Institutionen, Entfernung der Hemmnisse im Handel u. Verkehr durch die Eiderzollgrenze, Bestellung besonderer vom Reichstag unabhängiger Minister für die Herzogthümer, von dem königlichen Commissär für die Herzogthümer, Grafen Bille-Brahe, genehmigt worden waren, wurde am 27. Januar in dem Reichstag zu Kopenhagen ein königlicher Erlaß mitgetheilt, wonach sowohl S. als Holstein besondere, nur dem König verantliche Minister erhalten sollten, welche die die einzelnen beider Landestheile angehenden Geschäfte u. Verrichtungen bes. wahrzunehmen u. die beiden Herzogthümer gemeinsamen nicht-politischen Anstalten u. Einrichtungen, Universität, Ritterschaft, Kanal, Brandversicherungswesen, Straf-, Taubstummen- u. Irrenanstalt, collegialisch zu behandeln hätten; den Provinzialständen beider Herzogthümer sollte eine solche Entwickelung zu Theil werden, daß jedes hinsichtlich der zu der Wirksamkeit der Provinzialstände gehörigen Angelegenheiten eine ständische Repräsentation mit beschließender Autorität erhalte; dabei sollte der deutschen wie der dänischen Nationalität in S. vollkommene Gleichberechtigung gewährt werden; die Stände sollten nach vollzogenen Neuwahlen baldigst berufen werden u. dann denen von S. der freie Gebrauch der Dänischen wie der Deutschen Sprache gestattet sein; die Aufhebung der Zolllinie an der Eider sollte baldigst eintreten u. die früher erlassene Amnestie einer umfassenderen Revision unterzogen werden, die dem Herzoge von Augustenburg beigelegte Virilstimme in der schleswigschen Ständeversammlung aber wegfallen. Als Minister für die Herzogthümer waren nach Wiederauflösung des vorigen Ministeriums Karl Graf Moltke für S., Heinrich Graf Reventlow-Criminil für Holstein ernannt. Sonach erfolgte dann die Übergabe der bisherigen Regierung in Holstein am 18. Februar; die im Kriegsdepartement etc. angestellten Militär- u. Civilbeamten wurden verabschiedet; Archive, Arsenal, Marineinventar wurden abgeliefert. Ebenso ward die Festung Rendsburg von den Bundescommissären dem dänischen Commissär übergeben u. erhielt nach Abzug der Preußen eine holsteinische u. lauenburgische Besatzung. Vom 20. Februar an traten dann auch die österreichischen Truppen ihren Rückmarsch an. Die Bundescommissäre endlich nahmen über Kopenhagen ihren Rückweg nach der Heimath. Das verheißene erweiterte Amnestiepatent für S.u. Holstein begnadigte 18 von den früher nicht amnestirten 33 Schleswigern; dagegen blieben 15 Schleswiger u. 6 Holsteiner noch immer ausgeschlossen, namentlich die Herzöge von Augustenburg, Beseler, Reventlow. Preetz, Kaufmann Schmidt, Olshausen, Francke, Schleiden, von Harbou, die Mitglieder des vormaligen schleswigschen Obergerichts, die Prediger Nielsen u. Lorenzen u.a.; ferner wurde allen Unteroffizieren u. Soldaten, sowie den erst nach dem 27. März angestellten Offizieren Amnestie ertheilt, während die vormärzlichen Offiziere ausgeschlossen blieben. Ein weiteres königliches Patent, die Ordnung der Verhältnisse der zur Zeit fungirenden Geistlichen u. Civilbeamten im Herzogthum Holstein betreffend, bestimmte, daß alle zur Zeit fungirenden Beamten ihre amtlichen Verrichtungen bis auf Weiteres fortsetzen, hiernächst aber alle diejenigen, welche unter dem vorigen König angestellt waren, ihre Bestallungen mittelst Gesuchs noch vor dem 1. Mai einzureichen hätten; dies gelte auch von den durch die oberste Civilbehörde jüngst eingesetzten Beamten; die Angestellten, in deren Händen sich keine königlichen Bestallungen fänden, waren als entlassen zu betrachten. Endlich wurde jetzt auch die Erbfolgefrage zur Entscheidung gebracht, indem das Protokoll der deshalb seitens der Großmächte zu London geführten Verhandlungen am 8. Mai geschlossen wurde, worauf am 19. Juni die Auswechselung der Ratificationen erfolgte. Danach wurde die dänische Erbfolge dem Prinzen Christian von S.-Holstein-Sonderburg-Glücksburg u. dessen männlichen Erben von seiner gegenwärtigen Gemahlin Luise zugesichert u. zugleich das Princip der Integrität der Dämschen Monarchie anerkannt; die Rechte u. gegenseitigen Verbindlichkeiten des Königs von Dänemark u. des Deutschen Bundes in Betreff der Herzogthümer Holstein u. Lauenburg sollten hierdurch in keiner Weise geändert werden. Ermöglicht war diese Feststellung erst durch die vom Herzog von Augustenburg gegebene Zustimmung zu den dänischen Vorschlägen hinsichtlich des Verkaufes seiner schleswigschen Güter an die Krone Dänemark; danach sollte derselbe 3 Mill. Thlr. in Obligationen u. 350,000 Thlr. baar erhalten. So errang die dänische Politik einen Sieg nach dem anderen. Am 3. Juni ertheilte auch der Deutsche Bundestag der von Österreich u. Preußen für Deutschland mit Dänemark hinsichtlich der Verhältnisse der Herzogthümer[268] abgeschlossenen Übereinkunft seine Zustimmung, obgleich von einzelnen Mittel- u. Kleinstaaten manche Bedenken über die Art, wie dabei die Interessen Deutschlands wahrgenommen seien, ausgesprochen wurden; nur Koburg-Gotha versagte beharrlich die Zustimmung. Damit war das letzte Hinderniß gehoben, welches Dänemark außerhalb des Landes in der Verfolgung seiner Pläne finden konnte. Die Folge davon trat sofort an den Tag. Am 7. Juni erschienen zwei königliche Decrete, eins für S., eins für Holstein, wodurch allen während der Erhebung der Herzogthümer gemachten Staatsanleihen die Anerkennung versagt u. sämmtliche darauf bezügliche Verschreibungen für null u. nichtig erklärt wurden; nur die Kassenscheine blieben für jetzt anerkannt. Doch erschien noch eine mildernde Erläuterung, derzufolge jene Staatspapiere zwar von dem Gesammtstaat als solchem nicht anerkannt werden, aber allerdings als Provinzialschulden Gültigkeit behalten sollten, worüber den Ständen eine Gesetzvorlage gemacht werden würde. Den Finanzdecreten folgte die Maßregel der Beamtenpurification auf dem Fuße, namentlich wurden acht Kieler Professoren entlassen, welche das Gutachten über den Offenen Brief Christians VIII. abgefaßt hatten. Darnach wurde das holsteinische Bundescontingent in dänische Uniformen gekleidet u. das dänische Commando bei den holsteinischen Bataillonen eingeführt; auch den Mitgliedern des Oberappellationsgerichtes in Kiel u. des Obergerichtes in Glückstadt wurde das Tragen der Uniform der dänischen Gerichtshofsbeamten befohlen; den holsteinischen Seefahrern wurde die Führung eines holsteinischen Abzeichens in ihrer Flagge verboten u. dänische Truppen wurden nach Holstein gelegt. Seit dem 15. Sept. wurde auch eifrig an der Schleifung der Festungswerke von Rendsburg gearbeitet. Gegen Ende des Jahres wurden die Ständewahlen für S. nach der Verordnung vom 15. Mai 1834, etwas später auch die für Holstein angeordnet u. lieferten in beiden Herzogthümern ein dem Deutschthum überwiegend günstiges Ergebniß.
In der begonnenen Weise fuhr die dänische Regierung auch 1853 fort, die ausgehobene junge Mannschaft wurde nach Dänemark geschickt u. dänische Garnisonen besetzten das Land; ein polizeiliches Zwangsregiment wurde eingeführt; die deutschen Beamten entlassen u. an deren Stelle dänische eingesetzt; willkürlich wurden die Steuern erhöht u. die Überschüsse nach Kopenhagen abgeführt; an Stelle der von den interimistischen Regierungsbehörden in Holstein publicirten allgemeinen deutschen Wechselordnung wurde mittelst Patent vom 1. April 1853 eine provisorische Wechselordnung für Holstein gesetzt, Einheit der Münze, sogar der Rechnungsweise in den Handelsbüchern, vorgeschrieben, die Ausgabe preußischer Thaler verboten, um den Kopenhagener Banknoten Turs zu verschaffen; durch Patent vom 4. Mai die Branntweinbrennereibesteuerung vom 1. Juli an in Holstein eingeführt; die Zolllinie von der Eider an die Elbe verlegt u. so die Zolleinheit des Staates hergestellt; die Patrimonialgerichte in S. aufgehoben, u. für dieselben theils neue Harden errichtet, theils wurden sie den bestehenden Ämtern unterlegt. Alles dieses geschah, ohne daß die Provinzialstände gefragt wurden. In S. wurden alle öffentlichen Gesellschaften u. Vereine, darunter selbst die seit 1815 bestehende Bibelgesellschaft, aufgehoben u. deutschen Zeitungen die Privilegien entzogen. Die von dänischer u. deutscher Seite gestellten Commissare zur Regulirung der Grenze hatten zu keiner Einigung gelangen können, eine Verordnung vom 16. März 1853 trennte einen zum Amt Rendsburg gehörigen sechs Dörfer umfassenden District von Holstein u. legte ihn zu S. Das bei Schleifung der Festung Rendsburg gewonnene Terrain wurde als schleswigsche Domäne bezeichnet, dänische Sprache u. dänische Gebräuche allenthalben in S. eingeführt, eine große Anzahl der bisherigen deutschen Ortsnamen mit dänischen vertauscht; zahlreiche Geld- u. Gefängnißstrafen unterdrückten jede Äußerung der Unzufriedenheit mit diesen Maßregeln. Inmittelst hatten in Kopenhagen die Verwerfung der Vorlagen über die Zolleinigung u. die Erbfolgeordnung wiederholt zu einer Auflösung des dänischen Landtags geführt, bis schließlich beide genehmigt wurden (s. Dänemark S. 715). Gleichzeitig mit der neuen Eröffnung des dänischen Reichstags traten am 5. Octbr. 1853 die schleswigschen Stände in Flensburg, die holsteinischen in Itzehoe zusammen. Von den holsteinischen Ständen wurde die ihnen vorgelegte Städteordnung angenommen, nur mit der Änderung, daß blos die Bürgermeister, nicht auch die anderen Rathsverwandten, von der Regierung unmittelbar ernannt werden sollen; dagegen stimmten sie dem Gesetzentwurf wegen Amortisirung der Kassenanweisungen nicht zu u. erbaten vielmehr die Vorlage eines anderen, nach welchem mit der Amortisirung nicht vor dem 1. Jan. 1860 zu beginnen sei. Bei Berathung eines provisorischen Wehrpflichtgesetzes wurden Anträge auf Rückverlegung der holsteinischen Truppen nach Holstein, auf Gründung einer Offizierbildungsanstalt mit deutschem Unterricht, auf Gebrauch der deutschen Sprache in holsteinischen Militärsachen gestellt. Beim schleswigschen Landtage machte ein Erlaß des Ministeriums für S., in welchem wegen einiger von zwei Deputirten gebrauchter Ausdrücke bezüglich der interimistischen Regierung starke Rügen ausgesprochen wurden, viel böses Blut. Für Beibehaltung des Oberappellationsgerichts in Kiel u. dir Gültigerklärung der während des Kriegs gemachten Communalanlehen sprach sich die schleswigsche Versammlung mit Majorität aus. Den Hauptgegenstand der Berathungen aber bildeten die vorgelegten Entwürfe von Provinzialverfassungen, bei denen jedoch die auf die Verbindung mit Dänemark bezüglichen Paragraphen ausdrücklich den ständischen Berathungen entzogen wurden, während eine solche Beschränkung bei dem dem dänischen Reichstag vorgelegten Verfassungsentwurf nicht gemacht wurde. Der Entwurf für S. bezeichnete das Herzogthum als ein unzertrennliches Zubehör der dänischen Krone, der für Holstein nannte dieses Herzogthum einen selbständigen Theil der dänischen Monarchie u. mit derselben durch das Thronfolgegesetz vom 31. Juli 1853 auf immer vereinigt. Im Übrigen waren beide Entwürfe fast wörtlich gleichlautend, Finanzen, Krieg, Marine u. Auswärtiges sollten nicht zur Competenz der neuen Stände gehören; nur wenn ein Ausfall in den Finanzen entstände, sollte jedes Herzogthum, S. für 17 u. Holstein für 23 Procent die Deckung dieses Ausfalls vertheilen dürfen. Hinsichtlich der nichtpolitischen gemeinschaftlichen Einrichtungen (Irrenhaus, Taubstummeninstitut[269] u. Zuchthaus) sollten die Stände befugt sein ein Gutachten abzugeben u. etwa dafür erforderliche neue Steuern zu bewilligen; sie könnten Veränderungen in der Gesetzgebung beantragen u. wegen nicht dringender, zwischen den Sitzungen der Stände erlassener provisorischer Gesetze die Minister anklagen. Die Ständeversammlungen sollten nur aller drei Jahre abgehalten werden, die Gewählten müßten innerhalb des Wahlbezirks wohnen, alle Beamten Urlaub haben etc. Die holsteinischen Stände baten die ganze Verfassung gar nicht in Berathung ziehen zu dürfen u. empfahlen die Wiederherstellung des Zustandes vor 1848 mit absoluter monarchischer Gesammtverwaltung u. berathenden Provinzialvertretungen (in der ganzen Monarchie). Die schleswigsche Versammlung, welche erst am 10. Jan. 1854 geschlossen wurde, änderte bei der Einzelberathung den Verfassungsentwurf in vielen wesentlichen Punkten vollständig ab, verwarf aber schließlich die Vorlage mit großer Majorität u. beantragte die Herstellung des früheren gesetzlichen Zustandes bezüglich der Kirchen- u. Schulsprache u. die Wiedereinführung eines geordneten Kirchenregiments. Trotz dieser Gutachten der Stände aber wurde die Sonderverfassung für S. durch Verordnung vom 15. Febr., die für Holstein unterm 11. Juni 1854 publicirt. Beide bestimmten zugleich, daß jeder Ungehorsam gegen die von Regierungs-, obrigkeitlichen u. Polizeibehörden getroffenen Maßregeln strafbar sei u. den Gerichten nicht zustehen solle über die Rechtmäßigkeit solcher Maßregeln zu urtheilen, u. daß jede Vereinigung Mehrer zu gemeinschaftlichen Petitionen od. Adressen bei Strafe verboten sein solle. Hierdurch wurde jede Äußerung der Unzufriedenheit im Voraus unterdrückt. Für Lauenburg war nach Vernehmung von Ritter- u. Landschaft bereits durch ein Patent vom 20. Dec. 1858 für die inneren Angelegenheiten des Herzogthums das bisherige Recht auf ständische Vertretung zur Mitwirkung bei Veränderungen im Steuerwesen u. in der Gesetzgebung anerkannt, jedoch die Art der Vertretung, namentlich durch Ausdehnung derselben auf bäuerliche Grundbesitzer u. durch eine Wahlordnung, verändert. Diesen Publicationen folgte am 28. Juli 1854 ohne weitere Vernehmung der einzelnen Landesvertretungen der Erlaß der Gesammtstaatsverfassung. Für die besonderen Angelegenheiten der einzelnen Landestheile bleiben die bisherigen Landesvertretungen bestehen, für Dänemark der Reichstag, für S.u. Holstein die Provinzialstände, für Lauenburg die Ritter- u. Landschaft. Die Angelegenheiten der Gesammtmonarchie werden vom König unter Zuziehung eines Reichsraths entschieden, welcher, ausgenommen im Betreff neuer Steuern, Anleihen u. Veränderungen der Gesammtstaatsverfassung, nur berathende Stimme hat. Er sollte aus 50 Mitgliedern bestehen, 8 vom König ernannten u. 12 vom Volke gewählten aus den Herzogthümern, 12 ernannten u. 18 gewählten aus dem Königreich. Für gemeinschaftliche wurden alle Angelegenheiten erklärt, welche nicht ausdrücklich den einzelnen Landestheilen zugewiesen werden. Die Verfassung sollte für die drei Herzogthümer ohne Weiteres gültig sein, mit dem dänischen Reichstag aber eine Verständigung über dieselbe eintreten. Aber sowohl in dem dänischen Reichstage, als auch im dänischen Volke fand diese Gesammtstaatsverfassung den lebhaftesten Widerstand; man forderte für den Reichsrath mitbeschließende Befugniß, damit die feste dänische Majorität desselben künftig das Schicksal der Herzogthümer bestimme. Über die Niederlagen, welche das Ministerium Örsted deshalb im Reichstag erlitt, den Antrag auf Ministeranklage, die Auflösung des Volksthings, die Bildung eines neuen Ministeriums, in welches Raaslöff als Minister für S., von Scheel für Holstein eintrat, den Entwurf einer anderweiten (dritten) Gesammtstaatsverfassung u. deren Berathung u. Genehmigung durch Reichsrath (d.h. dessen vom König ernannte Mitglieder) u. Reichstag s.u. Dänemark S. 717. Nach dieser neuen am 2. Oct. 1855 erlassenen Gesammtstaatsverfassung sollte die gesammtstaatliche Vertretung, der Reichsrath aus 80 Mitgliedern bestehen, 29 vom König ernannten, 60 theils von den repräsentativen Versammlungen der vier Lande, theils durch unmittelbare Wahlen ernannten, u. zwar 47 aus Dänemark, 13 aus S., 18 aus Holstein, 2 aus Lauenburg. Dem Reichsrath steht in allen Angelegenheiten, namentlich auch in der Gesetzgebung, volle beschließende Gewalt, sowie das Recht der Ministeranklage zu. In Verbindung mit dieser Verfassung wurden mehre nach der Proclamation vom 28. Jan. 1852 den Sonderverfassungen zuzurechnende Gegenstände, namentlich die Domanialangelegenheiten, zu gemeinschaftlichen gemacht. Die Stände der Herzogthümer wurden bei allen diesen Verhandlungen wieder nicht befragt u. im Jahr 1854 gar nicht zusammengerufen; die Verwaltung wurde immer mehr auf dänischem Fuße eingerichtet, alles deutsche Wesen bei Seite geschoben u. unterdrückt; die Verschmelzung der Truppen der Herzogthümer mit den dänischen wurde vollständig vollzogen, die Gemeinschaftlichkeit des Oberappellationsgerichts in Kiel aufgehoben u. ein besonderes Appellationsgericht für S. errichtet, die Zolllinie zwischen den Herzogthümern Holstein u. Lauenburg mit dem 1. Mai 1854 aufgehoben; die Märzpatente unverändert als Gesetze publicirt; die Umwechslung der im Jahr 1851 ausgestellten Kassenscheine auf die Zeit vom 1. Jan. bis 31. März festgestellt u. denselben nach Ablauf dieser Frist alle Gültigkeit entzogen, die Courantscheidemünze im Herzogthum S. verboten. Die von einer englischen Gesellschaft unternommenen Eisenbahnbauten rückten nur langsam vorwärts, doch wurde im Octbr. 1854 die schleswigsche Eisenbahn von Rendsburg u. resp. Tönning nach Flensburg eröffnet. Unter dem neuen Minister für Holstein, von Scheel, wurden mehre Beamte, darunter der Präsident u. zwei Räthe des Oberappellationsgerichts, plötzlich abgesetzt, die Presse unterdrückt, der Polizeizwang verschärft.
Die neue Gesammtstaatsverfassung unterwarf die Herzogthümer vollständig der dänischen Übermacht. Der Reichsrath ist mit einer Allgewalt ausgestattet, welcher kein Minister widerstehen kann, die Dänen haben in ihm eine Majorität von wenigstens 47 gegen 33 Stimmen, welche durch die von dem König aus den Herzogthümern zu ernennenden Mitglieder noch vermehrt wird. Auch das Wahlgesetz ist darauf berechnet den Dänen noch einige Stimmen zu gewinnen. Die Ungleichheit in der Stellung der einzelnen Landestheile ergibt sich namentlich daraus, daß nach der Sonderverfassung des Königreichs Dänemark dessen Reichstag jedes Jahr zusammentritt u. das Recht der Steuerbewilligung u. Ministeranklage hat, während[270] die Ständeversammlungen für S.u. für Holstein nur alle drei Jahre zusammentreten, nur über die Art der Aufbringung der Steuern entscheiden sollen u. überhaupt dem Reichsrache u. Reichstage gegenüber völlig machtlos sind. Namentlich finanziell sind die Herzogthümer durch die Gesammtstaatsverfassung höchst ungünstig gestellt, ein Theil der Staatseinkünfte eines jeden Landestheils wurde nicht nach einem Quotenansatz, sondern nach gewissen Rubriken der Einkünfte zur Gemeinschaft gezogen, so namentlich alle Domanialeinkünfte, welche einem neugebildeten gemeinschaftlichen Ministerium des Innern unterstellt wurden. Gerade diese Einkünfte sind aber in S.u. Holstein im Verhältniß der Volkszahl 3–4mal stärker als in Dänemark. Die Zollbesteuerung wurde in beiden Herzogthümern durch die Gemeinschaft um 10 Proc., die Grundsteuer auf das 3–5fache erhöht. Vom 15. Nov. bis 5. Dec. 1855 tagte eine außerordentliche schleswigsche Ständeversammlung; sie sprach die nachträgliche Anerkennung der Zwangsanleihen aus den Jahren 1849 u. 1850 als Communalschulden aus. Ein vom 10. Novbr. datirter königlicher Erlaß, welcher sogleich in Kraft treten u. bei einer Revision der Verfassung für S. in derselben ihren Platz angewiesen erhalten solle, bezeichnete als besondere Angelegenheiten des Herzogtums S. namentlich: das Justiz- u. Polizeiwesen, die Ausschreibung der Mannschaften zum Land- u. Seedienst, welche nach der gemeinsamen Gesetzgebung zu stellen sind, das Kirchen- u. Unterrichts-, Communal-, Armenwesen, Besteuerung von Vermögen u. Einkommen, Stempel-, Kanal-, Hafen-, Wege-, Eisenbahn-, Deichsachen. Als besondere für die Herzogthümer S.u. Holstein gemeinsame Angelegenheiten sollen betrachtet werden: die Universität in Kiel, die Ritterschaft, der Eiderkanal (doch nicht der Zolltarif), das Brandversicherungswesen, die Strafanstalten, das Taubstummeninstitut u. die Irrenanstalt.
Die seit 27. Dec. 1855 versammelte holsteinische Ständeversammlung versuchte vergeblich ihren Bedenken gegen das neue Verfassungswerk Gehör zu verschaffen; sie beschloß auf Antrag des hierzu niedergesetzten Ausschusses über das Verfahren des Ministers für Holstein, von Scheel, namentlich die ohne dringende Noth vorgenommene Trennung der Justiz von der Verwaltung in mehren Ämtern, die Einsetzung eines Oberdirectors für die Stadt Kiel, die Einführung der Reichsmünze, die willkürliche Absetzung richterlicher Beamten etc., bei dem König Beschwerde zu führen u. gleichzeitig den Minister in Anklagestand zu versetzen. Die Wahlen zum Reichsrath erfolgten nun unter der ausdrücklichen Erklärung einer Mehrzahl Abgeordneter, daß damit kein Urtheil über die Gesammtstaatsverfassung abgegeben od. etwa eine Zustimmung zu derselben ausgesprochen sein solle; gewählt wurden Baron Scheel-Plessen, Baron Blome, Graf Reventlow-Jersbeck. Th. Reincke, Pauly u. Etatsrath Lüders. Wegen der ohnedies schon sehr bedeutenden Belastung des Landes mit außerordentlichen Steuern wurde gebeten die weitere Einlösung der holsteinischen Kassenanweisungen bis 1860 zu sistiren u. die schon zu Wege gebrachte Einlösungssumme von 275,000 Thlrn. zu anderen außerordentlichen Ausgaben verwenden zu dürfen. Der den Ständen vorgelegte Entwurf eines Verfassungsgesetzes für die besonderen Angelegenheiten des Herzogthums Holstein sollte von denselben, soweit er Veränderungen der Verordnung vom 11. Juni 1854 in sich fasse, jedoch mit Ausschluß der auf die Verbindung mit Dänemark bezüglichen Bestimmungen, berathen werden. Nach diesem Entwurf, welcher euch die Patrimonialgerichtsbarkeit aufhob ü. die Gerichte für incompetent in Bezug auf die Maßregeln der Verwaltungsbehörden erklärte, sollten die Provinzialstände aus dem jedesmaligen Besitzer der fürstlich hessensteinischen Fideicommißgüter, 5 Abgeordneten der Geistlichkeit, 4 Deputirten der Ritterschaft, 9 Besitzern größerer Güter zu einem Steuerwerth von wenigstens 50,000 Thalern, 16 kleineren Landbesitzern, 15 städtischen u. 1 Deputirten der Universität Kiel bestehen. Jedoch beschloß die Versammlung am 17. Febr. 1856 den König zu ersuchen, daß die der Wirksamkeit der holsteinischen Stände hiernach gewordene Beschränkung zurückgenommen u. für alle Zeit ausgesprochen werde, daß es den Ständen unbeschränkt gestattet sei in allen das Wohl ihres Landes betreffenden Angelegenheiten dem Throne mit geziemender Bitte zu nahen, eventuell daß er eine veränderte Fassung der betreffenden Paragraphen des Verfassungsgesetzes zur Beschlußnahme vorlegen lasse. In der Sitzung Tags vorher war auch der Entwurf eine Gerichtsverfassung für das Herzogthum Holsteinr, nach welchem an Stelle der aufgehobenen Patrimonialgerichtsbarkeit 9 königliche Kreis- u. 45 königliche Bezirksgerichte treten, der nicht besoldete Bezirksrichter die Gerichtssporteln für sich beziehen, die aus einem Kreis-, einem Hülfsrichter u. einem Secretär bestehenden Kreisgerichte aber aus königlicher Kasse besoldet werden sollten, abgelehnt worden. Allen diesen Beschlüssen aber wurde die königliche Genehmigung versagt, die Beschwerdeführung über den Minister für Holstein durch ein Rescript vom 16. Febr. 1856 als unberechtigt, ungereimt u. ungebührlich bezeichnet, jede weitere Verhandlung über den Reventlowschen Antrag untersagt u. die weitere Einlösung der Kassenanweisungen doch angeordnet. In der Anklagesache gegen den Minister von Scheel aber erklärte sich das Oberappellationsgericht in Kiel für incompetent. Endlich versuchte die deutsche Partei die Vertheidigung ihrer Rechte auch noch in dem am 1. März 1856 zusammengetretenen Reichsrathe, in welchem durch Mitwirkung dänischer Beamten u. Militärpersonen u. andern Beeinflussungen sowohl aus Holstein als S. mehre dänisch Gesinnte gewählt worden waren. Elf Mitglieder aus den 3 Herzogthümern stellten den Antrag, der Reichsrath wolle den König ersuchen den Provinzialständen des Herzogthums S., sowie des Herzogthums Holstein u. der Ritter- u. Landschaft des Herzogthums Lauenburg rücksichtlich des Verfassungsgesetzes für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 2. Oct. 1855 u. des vorläufigen Gesetzes betreffend die Wahlen zum Reichsrathe von demselben Datum diejenigen Vorlagen machen zu lassen, auf welche sie verfassungsmäßig u. namentlich auf Grund des Patents vom 28. Jan. 1852 einen Anspruch zu machen berechtigt wären, zu diesem Ende die gedachten Landesvertretungen so bald wie möglich zu außerordentlichen Versammlungen zu berufen u. unter möglichster Berücksichtigung der von denselben erstatteten Gutachten ausgearbeitete Entwürfe zu einem Verfassungsgesetze für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten u. einem Wahlgesetz dem Reichsrathe als Gesetzvorschläge vorlegen zu lassen. Der [271] Reichsrath aber verwarf den Antrag am 25. April mit 49 gegen 14 Stimmen, worauf die Mitglieder der Minorität sich zu der ausdrücklichen Erklärung veranlaßt sahen, daß sie durch ihre fernere Theilnahme an den Verhandlungen des Reichsraths den Rechten ihrer Landestheile in keiner Weise etwas vergeben wollten. Auch in der Frage wegen des Verkaufs der Domänen in Holstein u. Lauenburg entschied sich die Majorität gegen den Widerspruch der deutschen Mitglieder für die Competenz des Reichsraths. Die Ritter- u. Landschaft von Lauenburg hatte bereits am 17. Nov. 1855 gegen die Verfassung vom 2. October 1855 Protest eingelegt; der Vertreter derselben verlas den Protest am 30. April 1856 im Reichsrath. Die Mittel der Herzogthümer gegen die dänische Übermacht waren hiermit erschöpft. Unterm 23. Juni 1856 wurde die königliche Bekanntmachung in Bezug auf die besonderen Angelegenheiten Holsteins u. das Gesetz über den Verkauf von Domanialgrundstücken in den Herzogthümern Holstein u. Lauenburg veröffentlicht. Der Baron von Scheel-Plessen, Präsident der holsteinischen Ständeversammlung, wurde seines Amtes als Oberpräsident in Altona entlassen. In S. schienen sich, seitdem (Juni 1856) Wolfhagen an Raaslöffs Stelle als Minister eingetreten war, die Verhältnisse etwas zu bessern; im südlichen S. wurden die Verordnungen nicht mehr in dänischer Sprache publicirt u. einige der unfähigsten Beamten entlassen.
Die Verwahrungen der Herzogthümer gegen die Gesammtstaatsverfassung hatten jedoch endlich die Aufmerksamkeit der deutschen Vormächte wieder auf S.-Holstein gelenkt. Am 1. Juli 1856 richtete Preußen, am 23. Österreich eine Note wegen Holstein an das dänische Cabinet, Preußen unter Beifügung einer Denkschrift. Die Noten äußerten sich namentlich dagegen, daß über die Gesammtverfassung die Provinzialstände nicht gehört, daß die Domänen den gemeinschaftlichen Gegenständen zugewiesen worden u. daß durch eine Verfügung über das Areal des sogenannten Kronwerks von Rendsburg in die zwischen dem Bunde u. Dänemark streitig gebliebene Berichtigung der Grenzen zwischen Holstein u. S. eingegriffen werde. Die preußische Denkschrift wies nach, daß in den Verhandlungen mit den deutschen Mächten 1851 ausdrücklich zugesagt worden war, es solle die Verbindung der Herzogthümer mit Dänemark erst nach Befragung der Provinzialstände derselben u. der Ritter- u. Landschaft von Lauenburg ins Werk gesetzt werden, daß das Januarpatent von 1852 den Provinzialständen sogar hinsichtlich aller bisher zu ihrem Wirkungskreis gehörigen Angelegenheiten statt berathender beschließende Befugniß u. Vorlegung eines Gesetzentwurfs über Ertheilung dieser Befugniß versprochen habe, daß der verfassungsmäßige Weg der Berathung mit den Ständen bei keinem einzigen von den Verfassungsgesetzen eingeschlagen worden wäre, daß hier nach die Regierung nach Belieben jede Angelegenheit zu einer gemeinsamen erklären könne, wie dies bereits mit den Domänen geschehen sei, u. daß durch ein solches Gebahren die feierlich zugesicherte Selbständigkeit der Herzogthümer schwer gefährdet werde. In Dänemarks Antwort am 5 Sept. nach Berlin u. am 13. Oct. nach Wien wurde behauptet, die Mehrzahl der Bevölkerung sei gar nicht unzufrieden, die Opposition sei nur theils als Verfolgung einseitiger Standesinteressen, theils als Nachwirkung früherer Erschütterung anzusehen; die Rechte der Provinzialstände hätten sich früher nicht auf die gemeinschaftlichen Angelegenheiten erstreckt, sie könnten daher auch keinen Anspruch haben bei Bildung einer Gesammtstaatsverfassung gehört zu werden; man habe früher nicht alle gemeinschaftlichen Dinge bezeichnen können u. sich weniger erhebliche Veränderungen vorbehalten; die Domanialeinkünfte seien von jeher in die gemeinschaftliche Kasse geflossen u. die früheren Ständeversammlungen hätten nicht das Recht gehabt in Domanialangelegenheiten befragt zu werden. Übrigens erkläre sich die Regierung bereit dem Reichsrath ein Gesetz vorzuschlagen, daß der Verkauf von Domänen nur mit einer Zweidrittelmajorität beschlossen werden könne. Von Preußen u. Österreich erfolgten unterm 23. u. 26. Oct. hierauf neue Noten; die erstere namentlich betonte, bei der ganzen Octroyirung der Gesammtverfassung sei überhaupt das Recht der Herzogthümer nicht geachtet worden u. der Vorschlag in der Domänensache mache das Unrecht nicht gut; auf die Achtung des Rechts u. die Erfüllung der von der Krone Dänemark gemachten Zusagen hätten nicht blos die Stände, sondern auch der Deutsche Bund einen vollen Anspruch, Preußen hoffe daher, daß, damit Letzter der Nothwendigkeit überhoben werde die Sache in die Hand zu nehmen, die dänische Regierung die Initiative ergreifen werde, um eine Verständigung mit den Ständen herbeizuführen u. die Verfassungsverhältnisse Holsteins u. Lauenburgs den gerechten Ansprüchen entsprechend zu gestalten. In ähnlicher Weise forderte dir österreichische Note vom 26. Oct. Verhandlung mit den Provinzialständen über die gemeinsame. Verfassung der Monarchie u. stellte entgegengestzten Falls in Aussicht, daß die Sache vor den Bund werde gebracht werden.
Den schleswigschen Provinzialständen, welche am 15. Dec. wieder in Flensburg zusammentraten, wurden nur Gesetzentwürfe von meist untergeordneter Bedeutung vorgelegt. Den in der letzten Session angenommenen Antrag auf Anerkennung der Zwangsanleihe von 1849 u. 1850 als Communschulden versagte die Regierung die Genehmigung; weshalb ein Antrag für die einzelnen Communen die Erlaubniß erbat, durch Stimmenmehrheit sich darüber entscheiden zu dürfen, ob sie die betreffenden Summen an ihre Darleiher zurückerstatten wollen. Zu lebhaften Debatten gaben die Sprachverhältnisse namentlich in den gemischten Districten Anlaß, aus denen über die zwangsweise Einführung der dänischen Sprache in den Gerichten, Kirchen u. Schulen zahlreiche Klagen u. Gesuche um Wiedereinführung des Deutschen eingelaufen waren. Die Versammlung beantragte, daß in den Districten, wo die Volkssprache beweislich u. notorisch die deutsche sei, die dänische in Kirche, Schule u. Gericht wieder abgeschafft werde, u. daß den Gemeinden, wo bis 1851 die deutsche geherrscht habe, gestattet werde sich selbständig durch Stimmenmehrheit für eine der beiden Sprachen zu entscheiden. Die auf materielle Verbesserungen gerichteten Regierungsvorlagen wurden mit wenigen Modificationen angenommen, namentlich die Lage der Schullehrer wesentlich verbessert. Da die Repartition des außerordentlichen Beitrags S-s zu den gemeinschaftlichen Ausgaben der Monarchie für die Jahre 1856 bis 1858 (zusammen 465,664 Thlr.) von der Majorität[272] verweigert wurde, was der königliche Commissär für Verfassungsbruch erklärte, brachte die Regierung dieselbe durch einseitige Verordnung vom 4. März 1857 nach der Repartitionsnorm der ordentlichen Steuern in Ausführung. Am 21. Febr. schon war die Versammlung geschlossen u. am 23. durch Decret der Regierung aufgelöst worden.
Erst unterm 23. Febr. 1857 erfolgte nun auch die Erwiderung des dänischen Cabinets auf die Noten der deutschen Großmächte vom 23. u. 26. Oct. 1855. Es wurde den letzteren zum Vorwurf gemacht, daß sie nicht früher ihre Einwendungen erhoben hätten, nunmehr sei es zu spät, die Verfassungsverhältnisse seien definitiv geordnet u. es könne an denselben nicht mehr gerüttelt werden, ohne die Autorität des Königs zu erschüttern, die Grundlagen des Staatsrechtes zu unterwühlen u. Zwietracht u. Verwirrung in alle Verhältnisse zu bringen. Übrigens könnten Anträge wegen Veränderung der Verfassung immer im. Reichsrath gestellt u. erledigt werden. Augenscheinlich um entscheidende Schritte noch weiter zu verzögern, hatte die dänische Regierung gleichzeitig durch vertrauliche mündliche Mittheilungen, daß sie geneigt sei die Stände Holsteins u. Lauenburgs zu außerordentlichen Versammlungen über die Verfassungsangelegenheit zu berufen, von den beiden Vormächten gegen Ende März die Erklärung zu erlangen gewußt, daß sie noch drei Wochen lang mit dem sonst beabsichtigten Antrag an den Bundestag zurückhalten wollten. Nach Ablauf dieser Frist fand in Kopenhagen eine Ministerkrisis statt, in deren Folge am 12. April von Scheel seine Entlassung erhielt u. am 13. Mai Michelsen als interimistischer Minister des Auswärtigen, Unsgaard als interimistischer Minister für Holstein u. Lauenburg eintrat. Durch einen Erlaß vom 13. Mai erklärte die dänische Regierung ihre Absicht die holsteinischen Stände einzuberufen, um ihnen eine Revision der Sonderverfassung des Herzogthums zu verfassungsmäßiger Behandlung vorzulegen. Die Regierungen Österreichs u. Preußens nahmen darauf den ihren Bundestagsgesandten bereits ertheilten Auftrag, die Sache am Bund zur Sprache zu bringen, wieder zurück, machten jedoch in Erlassen vom 20. Mai der dänischen Regierung bemerklich, daß es sich nicht blos um die Sonderverfassung für Holstein, sondern um die Gesammtverfassung handle u. daß auch die lauenburgischen Stände zu vernehmen sein würden. Weitere Wechselnoten vom 24. Juni u. resp. 6. Juli hielten den differirenden Standpunkt fest, doch erklärten sich die Großmächte bereit die weiteren Schritte der dänischen Regierung abwarten zu wollen. Die außerordentliche Versammlung der holsteinischen Stände wurde auf den 15. Aug. 1857 zusammenberufen. Der ihr vorgelegte revidirte Entwurf einer holsteinischen Specialverfassung wich von dem Scheeleschen nur wenig ab; doch sprach er den Grundsatz der Unabsetzbarkeit richterlicher Beamten aus, bezeichnete aber Holstein nicht als selbständigen Theil der Monarchie u. enthielt überhaupt die sechs Paragraphen über das Verhältniß Holsteins zum Gesammtstaat nicht. Die Versammlung beschloß am 9. Sept. mit 46 gegen 2 Stimmen die Berathung des Entwurfes abzulehnen u. dem König eine Darlegung ihrer Überzeugung von der bedenklichen Lage des Landes mit der Erklärung zu überreichen, daß sie sich außer Stand gesehen habe der Absicht des Königs auf Einführung einer verbesserten Verfassung für die besonderen Angelegenheiten Polsteins entgegenzukommen, ehe u. bevor die politische Stellung dieses Herzogthums in der Monarchie in einer dem gerechten Anspruch des Landes auf Selbständigkeit u. Gleichberechtigung entsprechenden Weise geregelt sein werde. Andere von der Versammlung gebilligte Anträge betrafen die Rückerstattung der dem Herzogthum Holstein in Folge eines nur im Budget für 1835/56 herausgebrachten Deficits zu viel abgeforderten 313,341 Thlr., welche der Finanzminister dem gemeinsamen Kassenbehalte der Monarchie zugeschlagen hatte, u. die Wiederaufhebung von zehn von Scheele ohne Zustimmung der Stände erlassenen u. diesen noch nicht vorgelegten provisorischen Verfügungen, eventuell deren nachträgliche Vorlegung. Der königliche Commissar schloß am 12. Sept. die Diät unter dem Bemerken, daß ein Einverständniß der Regierung mit den Beschlüssen der Stände außer aller Erwartung liege. Inmittelst hatte auch bereits im April 1857 die lauenburgische Ritter- u. Landschaft den Beschluß gefaßt wegen Verletzung ihrer Rechte durch die Gesammtstaatsverfassung beim Bunde Beschwerde zu führen. Die Beschwerdeschrift wies nach, daß Lauenburg rechtlich u. thatsächlich ein selbständiger, nur durch Personalunion mit der Krone Dänemark verbundener deutscher Bundesstaat sei u. daß durch die beabsichtigte Einziehung des Domaniums für den Gesammtstaat Dänemark die lauenburgische Verfassung unausbleiblich über den Haufen geworfen werde. Bevor diese Schrift abgehen konnte, gab die Regierung in Folge von Bemühungen des Vicelandmarschalls des Herzogthums, Grafen Kielmannsegge, die Zusage, nochmals zum Zweck eines billigen Vergleichs in Unterhandlung zu treten. Da aber die Zeit bis zum September verstrich, ohne daß ernste Anstalten zum Beginn der Verhandlungen gemacht wurden (der dänische Commissar behauptete fortwährend ohne Instructionen zu sein), so beschloß die Ritter- u. Landschaft die Fortstellung ihrer Beschwerde u. ließ dieselbe im October beim Bundestag einreichen. Sie zeigte nicht nur, daß die Verfassung Lauenburgs verletzt sei, sondern stellte auch Vorschläge zur Modificirung der Gesammtverfassung auf (namentlich durch Errichtung einer Ersten Kammer aus einer gleichen Anzahl von Abgeordneten der Ständeversammlungen eines jeden Landes u. mit völlig gleichen Gerechtsamen, wie die der Zweiten Kammer) u. schloß mit dem Antrage: die Bundesversammlung wolle erklären, daß diejenigen Bestimmungen des Verfassungsgesetzes vom 2. Oct. 1855 nebst anderen Erlassen, welche eine Unterordnung des Herzogthums Lauenburg in der Gesammtverfassung enthalten od. dessen begründeten Anspruch auf Selbständigkeit verletzen, theils dem Bundesrechte, insbesondere Art. 56 der Wiener Schlußacte, theils den vertragsmäßig ertheilten Zusagen u. feierlichen Erklärungen zuwiderlaufen u. also für das Herzogthum Lauenburg nicht rechtsverbindlich seien, demnächst bei der dänischen Regierung dahin wirken, daß andere Bestimmungen u. Einrichtungen an deren Stelle gesetzt werden, welche die Gleichberechtigung des Herzogthums in der Gesammtverfassung u. die Selbständigkeit seiner besonderen Verfassung herstellen u. garantiren. Es war gewissermaßen nur eine Consequenz aller dieser Schritte der holsteinischen u. lauenburgischen Stände,[273] daß die Mehrzahl der Mitglieder des Reichsrathes aus den deutschen Herzogthümern nach u. nach ihre Entlassung eingab u. sich weigerte ferner an dessen Sitzungen Theil zu nehmen. Gleichzeitig mit dem Eingang der lauenburgischen Beschwerde gaben Österreich u. Preußen am 29. Oct. 1857 dem Bundestag von ihren Verhandlungen mit Dänemark Kenntniß. Auf Vorschlag Hannovers wurde die Angelegenheit einem besonderen Ausschuß überwiesen, welcher beantragte die Beschwerde Lauenburgs zunächst dem Kopenhagener Cabinet zur Erklärung mitzutheilen, u. nachdem diese am 4. Febr. erfolgt war, über die Angelegenheit ein Gutachten erstattete, dessen am 11. Febr. 1858 zum Beschluß erhobenen Schlußanträge dahin gingen: der dänischen Regierung kundzugeben, daß die Bundesversammlung im Hinblick auf Art. 56 der Wiener Schlußacte die Verordnung vom 11. Juli 1854, soweit Paragraphen derselben der Berathung der holsteinischen Stände nicht unterbreitet worden, die Bekanntmachung vom 23. Juni 1856 u. die Gesammtverfassung von 1855, soweit sie auf Holstein u. Lauenburg Anwendung finden solle, als in verfassungsmäßiger Wirksamkeit bestehend nicht anerkennen könne; in den zum Behuf der Neugestaltung der Verfassungsverhältnisse Holsteins u. Lauenburgs u. der Ordnung ihrer Beziehungen zu den übrigen Theilen der dänischen Monarchie erlassenen Gesetzen die allseitige Beachtung der 1851 u. 1852 u. namentlich im Januarpatent ertheilten Zusicherungen vermisse u. die Gesammtverfassung von 1855 nicht durchweg mit den Bundesgesetzen vereinbar erachte; demzufolge an die dänische Regierung das Ersuchen zu stellen: in Holstein u. Lauenburg einen den Bundesgesetzen u. den gegebenen Zusagen entsprechenden Zustand herzustellen, insbesondere ein die Selbständigkeit der besonderen Verfassungen u. der Verwaltung der Herzogthümer sicherndes u. deren gleichberechtigte Stellung wahrendes Verhältniß herbeizuführen u. der Bundesversammlung über die getroffenen od. beabsichtigten Anordnungen Mittheilung zu machen. Am 25. Febr. sprach die Bundesversammlung auf Antrag Hannovers noch die Erwartung aus, daß die dänische Regierung bis dahin, wo sie die Forderungen des obigen Hauptbeschlusses erfüllt, davon abstehe neue hiermit nicht im Einklang stehende Gesetze, Verfügungen od. Auflagen in Holstein u. Lauenburg zu erlassen. Aus dem diplomatischen Notenwechsel, welcher diesen Beschlüssen vorausging, ist nächst einer dänischen Circularnote vom 12. Oct. 1857 u. einer Denkschrift derselben Regierung vom 14. Nov. 1857, namentlich einer russischen Note vom 1. Dec. 1857 zu gedenken, in welcher die Angelegenheit als eine rein deutsche anerkannt u. die Erwartung ausgesprochen wurde, daß Dänemark sich geneigt zeigen werde zu einem gerechten u. ihm selbst ehrenvollen Abkommen die Hand zu bieten.
Trotz der am Bunde schwebenden Verhandlungen nahm die dänische Regierung keinen Anstand die Gesammtstaatsrepräsentation, den Reichsrath, auf den 14. Januar 1858 zusammenzurufen. Die neugewählten Mitglieder aus Holstein verweigerten sämmtlich den Eintritt, von den früheren erschien die Mehrzahl nicht. Die Thronrede des Königs deutete nicht auf Nachgiebigkeit, vielmehr wurden Gesetzvorschläge zur Verstärkung der Land- u. Seemacht u. zur Befestigung Kopenhagens vorgelegt. Eine Veränderung im Verfassungsgesetz, des Gesammtstaates wurde dahin vorgeschlagen, daß in Übereinstimmung mit dem Ergebniß der letzten Volkszählung die Verhältnißzahlen zum Beitrag für die Gesammtstaatslasten 62 (anstatt 60) für Dänemark, 16 (anstatt 17) für S., 22 (statt 23) für Holstein sein, dafür aber auch Dänemark künftig 48 (statt bisher 47), Holstein nur 17 (statt bisher 18) Vertreter im Reichsrath haben, S. seine 13 behalten solle. Von sechs Mitgliedern aus Holstein wurde beantragt, daß die Verhandlungen des Reichstages auf Dasjenige beschränkt werden möchten, was für Aufrechthaltung des Staatshaushaltes u. zur Fortführung der Verwaltung erforderlich sei; aber der Vorschlag wurde verworfen, wogegen die Vorlagen, welche die Fortdauer der Unterordnung der Herzogthümer u. der Belastung derselben für dänische Interessen bezweckten, genehmigt wurden.
Im weiteren Verlauf des Jahres 1858 lag der Schwerpunkt der deutschdänischen Verhandlungen wesentlich in der Bundesversammlung. Auf die Bundesbeschlüsse vom 11. u. 25. Februar ließ die dänische Regierung am 26. März im Wesentlichen folgende Erklärung abgeben: den innerhalb der unbestrittenen Competenz des Bundes gefaßten Beschlüssen werde die Regierung Folge leisten u. sei deshalb geneigt der holsteinischen Ständeversammlung nunmehr die ihrer Berathung entzogen gewesenen Paragraphen der Provinzialverfassung zur Begutachtung vorzulegen u. derselben hierbei Gelegenheit zu gehen ihre Wünsche u. Ansichten über die Stellung des Herzogthums in der Dänischen Monarchie vorzutragen. Die im Materiellen bundesseitig gemachten Einwendungen betreffend, könne die dänische Regierung der Bundesversammlung ein einseitiges Auslegungsrecht der getroffenen Vereinbarungen nicht einräumen, sei aber bereit nähere commissarische Verhandlungen nach Vernehmung der holsteinischen Stände anzuknüpfen. Der Bundesbeschluß vom 25. Febr. endlich, daß die dänische Regierung sich einstweilen der mit dem Beschlusse vom 11. Febr. nicht im Einklang stehenden Vorschritte enthalten möge, könne nicht auf solche Verfügungen bezogen werden, welche nach der früheren provinzialständischen Verfassung nicht zum Gebiete der Gesetzgebung gehört hätten, u. wurde daher für solche Angelegenheiten fortdauernd die Gültigkeit der Beschlüsse des Reichsrathes beansprucht; doch wolle die Regierung die Verhandlung mit dem Reichsrath über einen neuen Zolltarif nicht zu Ende führen, auch ihr Bestreben dahin richten, daß einstweilen vermieden werde von den holsteinischen Ständen die Repartition einer neuen Steueranlage zur Deckung von Bedürfnissen der Gesammtmonarchie zu fordern. Die Bundesversammlung fand diese Erklärung nicht genügend u. erhob am 20. Mai einen Vorschlag des Ausschusses, in welchem anfänglich eine Minorität (Hannover) auf entschiedenere Zurückweisung angetragen hatte, dahin zum Beschluß, die dänische Regierung zu ersuchen dem Bunde binnen sechs Wochen mitzutheilen, wie sie im Vollzug des Beschlusses vom 11. Febr. die Verhältnisse Holsteins u. Lauenburgs zu ordnen gedenke, u. ihr zu erklären, daß man ihre Auslegung des Bundesbeschlusses vom 25. Febr. nicht anerkenne, vielmehr sich weitere Beschlußnahme vorbehalte, falls man Vorgänge erfahre, welche mit dem Zweck u. Wortlaut dieses Beschlusses nicht in Übereinstimmung ständen. Erst am letzten Tag der Frist, 15. Juli, lief hierauf von[274] dem dänischen Cabinet eine Erklärung ein, in welcher dasselbe zwar die durch den Beschluß vom 20. Mai geforderte Mittheilung darüber, in welcher Weise es die Einreden gegen die Gesammtstaatsverfassung zu beseitigen gedenke, als verfrüht ablehnte, aber unter Bestehen auf seinem Vorschlage der Verhandlung durch beiderseitige Deputirte sich bereit finden ließ, die Gesammtverfassung vom 2. Oct. 1855 als für die Herzogthümer Holstein u. Lauenburg mittlerweile außer Wirksamkeit gesetzt zu betrachten. Gleichzeitig bemühten sich auf Anlaß der dänischen Regierung die außerdeutschen Großstaaten die deutschen Regierungen für eine möglichst milde Auffassung der dänischen Erklärung zu stimmen. Auch hab ein dänisches Patent vom 26. Juli das in Verbindung mit der Gesammtverfassung von 1855 errichtete Ministerium des Innern für den Gesammtstaat nominell wieder auf, wies aber zugleich die Functionen desselben dem gesammtstaatlichen Finanzministerium zu Am Bunde aber setzte sich der für die Schleswig holsteinische Frage bestehende Ausschuß mit dem Executionsausschuß in Verbindung, u. es kam darauf am 12. Aug. zu einem Bundesbeschlusse dahin, die Mittheilung vom 15. Juli für ungenügend zu erklären, die dänische Regierung aufzufordern, daß sie sich binnen drei Wochen darüber ausspreche, ob mit der Gesammtverfassung gleichzeitig auch die königlichen Bekanntmachungen vom 16 Oct. 1855 u. 23. Juni 1856 (über Errichtung des gesammtstaatlichen Ministeriums des Innern u. die besonderen Angelegenheiten des Herzotums Holstein), so wie die §§. 1–6 des Verfassungsgesetzes für Holstein vom 11. Juni 1854 außer Wirksamkeit treten auch daß sie durch das Organ der vereinigten Ausschüsse der Bundesversammlung solche Mittheilungen machen lasse, welche dem Beschlusse vom 20. Mai entsprächen u. die Ausführung der Beschlüsse vom 11. u. 25. Febr. sicher stellten. Am 9. Sept. ließ die dänische Regierung von Neuem eine Erklärung in der Bundesversammlung abstatten, hierauf auch durch ihren Gesandten den vereinigten Ausschüssen weitere vertrauliche Mittheilungen machen. Beide wurden jedoch nicht für genügend erachtet, u. bereits war in der Sitzung vom 11. Nov. in der Bundesversammlung beantragt, daß die Executionscommision den Auftrag erhalten möge für das weitere Verfahren entsprechende Anträge zu stellen: als der holstein-lauenburgische Gesandte der Bundesversammlung drei Patente des König-Herzogs vom 6. Nov. überreichte, durch welche die Gesammtstaatsverfassung von 1855 für Holstein u. Lauenburg, die §§. 1–6 der holsteinischen Provinzialverfassung, sowie die Bekanntmachung vom 23. Juni 1856 definitiv aufgehoben, die holsteinschen Stände aber auf den 3. Jan. 1859 zusammenberufen wurden, um eine Prüfung der Vorlagen vorzunehmen, welche der König-Herzog zur Ergänzung der Verfassung Holsteins für erforderlich erachtete. In Folge dieser Mittheilungen wurde die Abstimmung über die Ausschußanträge ausgesetzt, u. in der Sitzung der Bundesversammlung vom 22. Decbr. der Beschluß gefaßt dem eingeleiteten Executionsverfahren einstweilen Anstand zu geben, die vereinigten Ausschüsse aber zu beauftragen über daß Ergebniß der bevorstehenden Verhandlungen mit den holsteinischen Ständen od. auch im Verlauf derselben , wenn nöthig, weiteren Bericht zu erstatten.
Die Sitzung der holsteinischen Ständeversammlung, dauerte vom 3. Jan. bis 12. März 1859. Von 24 Gesetzesvorlagen fanden 20, theilweis allerdings mit nicht unerheblichen Abänderungen, die Genehmigung der Versammlung Angenommen wurden u.a. Gesetzentwürfe über Änderungen in der Gerichtsverfassung u. Aufhebung der veralteten Strafgesetzgebung über fleischliche Verbrechen. Über mehre Petitionen um Gleichstellung der politischen Rechte der Katholiken u. Juden mit denen der Bekenner der protestantischen Landeskirche ging die Versammlung zur Tagesordnung über. Zur Ordnung der Verfassungswirren legte die Regierung den Ständen den Entwurf einer neuen Provinzialverfassung vor, forderte sie hinsichtlich der Stellung des Herzogthums zur Gesammtmonarchie blos auf ihre Wünsche auszusprechen u. wies dabei auf die Gesammtverfassung von 1855 u. resp. das Januarpatent von 1852 als Ausgangspunkt bin. Die Stände, durch die angewiesene Grundlage genöthigt sich an das Januarpatent zu halten, verwarfen das Verfassungsgesetz für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten, ebenso wie das Wahlgesetz von 1855, schlugen vor (damit nicht Beschlüsse des für Dänemark u. S. nicht beseitigten Reichsrathes in Form vom königlichen Cabinets schreiben für Holstein zur Ausführung gebracht würden) bis weiter die Befugnisse der holsteinischen Stände auf die bisher gemeinschaftlichen Angelegenheiten auszudehnen, protestirten abermals gegen die Aufhebung der legislativen u. administrationen Verbindung mit S.u. legten zwei vollständig ausgearbeitete Verfassungseinwürfe für die dänische Monarchie u. das Herzogthum Holstein vor. Nach denselben sollte die Monarchie aus vier selbständigen u. gleichberechtigten Theilen, Dänemark, S., Holstein u. Lauenburg bestehen, die Regierungsform die einer beschränkten Monarchie sein, eine gemeinsame Vertretung aber nicht geschaffen werden, zu jedem gemeinschaftlichen Gesetz u. jeder Geldbewilligung über das Normalbudget hinaus sollte vielmehr die Zustimmung von vier gleichberechtigten Provinzialversammlungen erforderlich sein, welche nur zur Annahme od. Ablehnung, nicht zur Amendirung berechtigt sein sollten. Nur für besondere Angelegenheiten sollte den einzelnen Repräsentativversammlungen das Recht der Initiative zustehen, ein gemeinsames Normalbudget festgestellt werden, welches nur durch ein Gesetz geändert werden dürfen, alle zwei Jahre eine Einberufung der vier Versammlungen auf zwei Monate stattfinden etc. Gleichzeitig beklagte sich der Bericht über mehre Beschwerden S-s, namentlich über das unterm 14. Dec. 1858 erlassene Regierungsverbot der Theilnahme an S.-Holstein-Lauenburgischen Gesellschaften für vaterländische Geschichte, für vaterländische Alterthümer u. an anderen ähnlichen wissenschaftlichen Privatvereinen. Die Stände adoptirten trotz des Widerspruches des königlichen Commissars mit Einstimmigkeit die sämmtlichen Anträge des Ausschusses. Bereits in einer Circularnote an ihre diplomatischen Agenten im Auslande vom 24. März sprach sich die dänische Regierung ausführlich über die Forderungen der holsteinischen Versammlung aus, wies dieselben allen halben zurück u. betonte hinsichtlich einer Behauptung des Berichts, daß die Promulgation des Erbfolgegesetzes von 1853 ohne Mitwirkung der holsteinischen Provinzialstände erfolgt sei, namentlich den Umstand, daß dies eine directe Protestation gegen einen mit Zustimmung der europäischen Großmächte festgestellten[275] Act sei, welcher es um so mehr an Begründung fehle, als zu jener Zeit die Provinzialstände von Holstein keine entscheidende Stimme gehabt hätten. Bereits im Januar hatte der Erbprinz von S.- Holstein-Augustenburg gegen die von der dänischen Regierung bei den holsteinischen Ständen beantragte Anerkennung des Londoner Protokolls u. gegen jede Beeinträchtigung seines Erbfolgerechtes in den Herzogthümern u. in der dänischen Monarchie überhaupt protestirt. Ein königliches Patent vom 23. Sept., betreffend die einstweilige Sicherstellung der Interessen des Herzogthums Holstein bei Behandlung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten, bezeichnete die Vorschläge der Stände als unannehmbar, ertheilte jedoch den Letzteren eine kleine Erweiterung ihrer Competenz in finanziellen Fragen; der Reichsrath solle künftig in keine solchen Gegenstände, welche vor Erlassung der holsteinischen Specialverfassung vom 11. Juni 1854 zum Wirkungskreis der früheren holsteinischen berathenden Provinzialstände gehört hatten, mit unmittelbarer Wirksamkeit für Holstein eingreifen dürfen, vielmehr alle diese Gegenstände vor Erlassung eines endgültigen Gesetzes der holsteinischen Ständeversammlung zur Berathung vorgelegt werden. Diese sollte hiernach in den ihr durch die Specialverfassung von 1854 ausdrücklich zugewiesenen Gegenständen fernerhin beschließende Stimme haben; in anderen dort nicht namhaft gemachten, welche aber früher zu ihrem anerkannten Wirkungskreis gehörten, nur um ihr Gutachten ersucht werden u. darin auch selbständige Anträge stellen können; in noch anderen, welche nach Ansicht der Regierung nie zu ihrer Competenz gehört hatten od. nicht mehr gehören könnten, gar nicht gefragt werden u. auch keine Anträge stellen dürfen, so daß hinsichtlich dieser das Herzogthum Holstein während der Dauer des Provisoriums unter dem Absolutismus steht, während dafür in S.u. Dänemark der Reichsrath competent ist. Die holsteinischen Stände sollten unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht zur Vornahme außerordentlicher Steuerrepartitionen für gemeinschaftliche Angelegenheiten aufgefordert, u. für jedes Jahr das Maximum des Beitrages zu den gesammtstaatlichen Ausgaben festgestellt werden. Endlich ward noch dieser Beitrag statt der bisherigen 23 Procent auf 21,64 Proc. herabgesetzt. Die Verhandlungen des kurz darauf in Kopenhagen eröffneten Reichsrathes (für Dänemark u. S.) waren nicht geeignet die Schwierigkeiten zu beseitigen. Als Minister für Holstein u. Lauenburg war schon seit 6. Mai Unsgaard eingetreten; Ende November trat das ganze Ministerium zurück; Kammerherr Rottwitt bildete im Decbr. ein neues, in welchem er selbst außer dem Vorsitz u. der Justiz interimistisch das Ministerium für Holstein u. Lauenburg, Baron Blixen-Finecke ebenfalls interimistisch das für S. übernahm. Einer der ersten Acte des neuen Ministeriums war die Ernennung des Prinzen Christian von Dänemark zum Gouverneur von Holstein; derselbe lehnte aber die Annahme dieses Postens ab.
Den vereinigten Ausschüssen der Bundesversammlung theilte der dänische Gesandte nicht eher als am 3. Novbr. u. in Folge eines durch Österreich u. Preußen übermittelten Excitatoriums das Ergebniß der Verhandlungen in Itzehoe unter der Erklärung mit, die Regierung beabsichtige in Kürze Abgeordnete für das Herzogthum Holstein mit Vertretern der übrigen Theile der Monarchie, gewählt in gleicher Zahl von den holsteinischen Provinzialständen u. dem Reichsrathe, behufs einer gemeinsamen Verhandlung zusammentreten zu lassen. Die Ausschüsse konnten jedoch diese Eröffnungen nicht für genügend erachten u. beantragten daher am 18. Febr. 1860, die Bundesversammlung wolle beschließen, daß in den bisherigen Maßnahmen der dänischen Regierung die Erfüllung des Bundesbeschlusses vom 11. Febr. 1858 vermißt werde, daß aber von der Bundesexecution vorläufig abzusehen sei; bis zur Herstellung eines definitiven, den Zusicherungen von 1851 u. 52 entsprechenden Verfassungszustandes sollte hinsichtlich der Bestimmungen über die Gegenstände, welche als allgemeine od. als besondere betrachtet werden sollen, der Tenor des Januarpatentes von 1852 ausschließlich maßgebend sein; alle Gesetzvorlagen, welche dem Reichsrath zugingen, sollten auch den Ständen von Holstein u. Lauenburg vorgelegt werden u. kein Gesetz über gemeinschaftliche Angelegenheiten, namentlich auch in Finanzsachen, für die Herzogthümer ohne Zustimmung der Stände in Kraft treten; der Absicht der dänischen Regierung, Delegirte der verschiedenen Theile des Reiches zu Berathungen über eine definitive gemeinschaftliche Verfassung zu berufen, wolle die Bundesversammlung unter der Bedingung nicht entgegentreten, daß diese Verhandlungen mit Delegirten der gesetzlichen Specialvertretungen sämmtlicher Landestheile stattfinden, daß sie mit möglichster Beschleunigung herbeigeführt u. durch sie der Verhandlung mit den Ständen Holsteins u. Lauenburgs nicht präjudicirt werde. Trotz des Widerspruches des dänischen Gesandten erhob die Bundesversammlung diese Anträge, durch welche ein die Rechte der Herzogthümer Holstein u. Lauenburg wahrendes Provisorium geschaffen wurde, am 8. März 1860 fast einstimmig zum Beschluß.
Hatten diese Verhandlungen mit dem Deutschen Bunde hauptsächlich das Verhältniß von Holstein u. Lauenburg betroffen, so wurden nun auch die Klagen Schleswigs über die dänischen Unterdrückungen des deutlichen Elements, die Bestrebungen alle Verbindung mit Holstein zu zerreißen u. bis zu einer förmlichen Einverleibung vorzuschreiten, immer lauter. In allen Anordnungen der Behörden trat die Absicht hervor die im Herzogthum S. bestehenden Einrichtungen u. Verhältnisse ohne Rücksicht auf die Interessen u. Wünsche des Landes nach dänischen Mustern umzugestalten. Durch einen Anhang an die schleswigsche Verfassung war in der Propstei Flensburg mit 25 Kirchspielen in der Stadt Tondern u. 10 Kirchspielen der Propstei gleiches Namens, in der Propstei Husum in 4 u. in der Propstei Gottorf in 9 Kirchspielen die dort seit Jahrhunderten in den Schulen eingeführte deutsche Unterrichtssprache mit der dänischen vertauscht worden; später geschah dasselbe in dem großen Kirchspiel Golting. Das Deutsche sollte dort nur als fremde Sprache in der Schule gelehrt werden; die Vereinigung mehrer Familien zur Annahme deutscher Hauslehrer wurde untersagt, die Confirmation nur in Dänischer Sprache abgehalten; der Gottesdienst sollte in den erwähnten Bezirken einen Sonntag um den andern dänisch sein; man zwang die Gutsbesitzer, unter Androhung schwerer Geldstrafen, in den vom Sprachedict betroffenen Districten alle dänisch abgefaßten Schreiben der Prediger u. Behörden dänisch zu beantworten; die Ärzte am Irrenhaus in Schleswig[276] mußten ihre Krankenberichte u. Journale dänisch schreiben; die Namen einer Anzahl von Dörfern in Mittel-S. wurden durch ein Ministerialrescript (Juni 1858) danisirt u. mit den neuen Benennungen auf einer dänischen Generalstabskarte eingetragen, dagegen eine deutsche Karte mit den früheren Bezeichnungen verboten. Die Verwaltung wurde fast ausschließlich dänischen Beamten u. Predigern übertragen; die Stellen der Dorfschullehrer, selbst im Süden des Herzogthums, mehr u. mehr an Nationaldänen vergeben, der Besuch der Landesuniversität Kiel, welche die Dänen als Pflanzschule des schleswig-holsteinischen Patriotismus betrachten, mehrfach behindert. An das Verbot der Vereine, welche Bewohner S-s u. Holsteins zu irgend welcher gemeinschaftlicher Wirksamkeit zusammenbringen sollten, reiheten sich weitere Verbote von Landkarten u. Schriften, Maßregelungen der Presse u. der damit zusammenhängenden Gewerbe. So vielfach auch in den letzten Jahren die dänischen Ministerien wechselten, das Verfahren gegen S. blieb gleich, auch als in Folge des am 8. Febr. 1860 erfolgten Todes des Conseilpräsidenten Rottwitt sämmtliche Minister ihre Entlassung einreichten u. am 24. Febr. unter der Präsidentschaft Hall's ein anderes Ministerium gebildet wurde, in welchem Wolfhagen wiederum als Minister für S., Raaslöff interimistisch für Holstein u. Lauenburg eintrat. Bereits am 20. Jan. 1860 war die Ständeversammlung für S. in Flensburg zusammengetreten. Unter den Regierungsvorlagen befand sich eine neue Wechselordnung, Gesetzentwürfe gegen den Nachdruck, über das Concursverfahren u. die Alimentation unehelicher Kinder, die Einführung eines neuen (metrischen) Gewichts, über Haide- u. Moorbrennen u. andere Gegenstände des landwirthschaftlichen Betriebes, aber keine Vorlagen eigentlich politischer Natur. Dagegen gingen bei der Versammlung zahlreiche Petitionen ein, welche dieselbe aufforderte ihre Stimme für die Rechte des Herzogthums zu erheben, gegen den Fortbestand des Reichsraths zu protestiren, dem alten Anspruch S-s auf Verbindung mit Holstein Anerkennung zu verschaffen; Anträge aus der Mitte der Versammlung forderten Aufhebung der Sprachrescripte, Erlaß einer Adresse an den König, Erhebung einer Anklage wider den Minister Wolfhagen wegen Verfassungsverletzung, Rückverlegung des Militärs in das Heimathsland. Bezüglich des Antrags über die Sprachverhältnisse erklärte aber der königliche Commissar im Voraus, daß demselben keine Folge gegeben werden könne. Der Adreßentwurf faßte die Klagen des Landes in einer Verwahrung gegen das Fortbestehen der Verordnung vom 2. Oct. 1855 für Dänemark u. S., sowie gegen die Rechtsbeständigkeit der von dem Reichsrath in seiner jüngsten Diät gefaßten Beschlüsse für S.; gegen die Rechtsbeständigkeit der §§. 1–4 der Specialverfassung für S., über welche keine Berathung der Stände stattgefunden habe; gegen die Rechtsbeständigkeit der Bekanntmachung vom 10. Novbr. 1855, wodurch der Wirkungskreis der Stände verfassungswidrig beschränkt wird; gegen jede ohne vorgängige Vernehmung der schleswigschen Stände vorzunehmende Regulirung des Verhältnisses des Herzogthums S. zu den übrigen Provinzen u. gegen alle bisherigen od. künftigen Maßregeln zur Lösung der Verbindung zwischen S.u. Holstein zusammen. Auf Veranlassung des königlichen Commissars gestattete aber der Präsident eine weitere Verhandlung über diese Adresse im Ständesaal nicht. Ähnliches Schicksal hatten die übrigen Anträge; der Commissionsbericht über die Anklage gegen Minister Wolfhagen u. über ein Gesuch um Einführung der Preßfreiheit wurde vom Präsidenten nicht einmal auf die Tagesordnung gesetzt, u. die Versammlung wurde am 19. März, ohne daß eine Verständigung erzielt worden war, geschlossen. Die an die Stände gerichteten, von dem Präsidenten an den königlichen Commissar ausgeantworteten Petitionen u. Adressen hatten langwierige Untersuchungen zur Folge, in Folge deren viele Unterzeichner u. Verbreiter derselben mit Geld- u. Gefängnißstrafen belegt wurden; ebenso wurde die Verbreitung des von der Ständemajorität unterzeichneten Entwurfs der Adresse an den König geahndet. Verhandlungen, welche Anfang Mai im preußischen Abgeordnetenhause aus Anlaß einer Petition über S. stattfanden, u. die hierbei von dem preußischen Ministerium abgegebenen Erklärungen veranlaßten zwischen den beiderseitigen Regierungen einen langwierigen Notenwechsel (dänische Depesche vom 16. Mai, Circulardepesche vom 25. Mai, Depesche vom 10. Juni, Circulardepesche vom 23. Juli, preußische Depesche vom 29. Mai, Depesche nebst Promemoria vom 29. Juni), ohne daß sich schließlich aus demselben ein praktisches Resultat ergab.
In der Bundesversammlung kam die holsteinische Verfassungsangelegenheit durch einen am 26. Juli von Oldenburg gestellten Antrag wieder in Anregung. Durch das Gesetz- u. Ministerialblatt für Holstein u. Lauenburg vom 4. Juli war das Staatsbudget für das Finanzjahr vom 1. April 1860 bis 31. März 1861, welches den Ständen zur Zustimmung nicht vorgelegt worden war, publicirt u. in Kraft gesetzt worden. Oldenburg beantragte auf Grund dieser gegen den Bundesbeschluß vom 8. März 1860 verstoßenden Thatsache, daß in Erwägung genommen werden möge, ob nunmehr nicht ein Vorgehen nach Maßgabe der Bundesbeschlüsse vom 11. Febr. u. 12. Aug. 1858 geboten sei. Noch bevor über diesen Antrag Bericht erstattet wurde, hatte das englische Cabinet eine auf dänische Berichte gestützte Denkschrift über S.-Holstein an die preußische Regierung mitgetheilt, ohne indessen die darin enthaltenen Vorschläge zu seinen eigenen zu machen. Der preußische Minister des Auswärtigen lehnte die gemachten Vorschläge in einer Depesche vom 8. Novbr. ab, welche wiederum von dem englischen Cabinet am 8. Decbr. erwidert wurde. Das Letztere hob in einer gleichzeitigen Mittheilung nach Kopenhagen ausdrücklich hervor, daß der König, wenn nicht juristisch, mindestens durch seine Ehre verpflichtet sei, S. nicht in Dänemark zu incorporiren, im Herzogthum repräsentative Stände zu erhalten u. die deutsche wie dänische Nationalität gleichmäßig zu beschützen. Dänemark sah sich in Folge dieser Verhandlungen veranlaßt (Januar 1861), einige Zugeständnisse hinsichtlich der Confirmation in Deutscher Sprache u. des Privatunterrichts zu machen. Die Deutsche Bundesversammlung aber beschloß am 7. Febr. 1861 auf den Antrag der vereinigten Ausschüsse, daß sie das Patent vom 25. Septbr. 1859 mit allen darauf gegründeten weiteren Verordnungen bezüglich des Budgets von Holstein u. Lauenburg in so lange als zu Recht bestehend nicht betrachten könne, als sie der Zustimmung der Stände ermangeln, daß sonach auch das Budget[277] für das mit dem 1. April 1861 beginnende Finanzjahr der laufenden Finanzperiode nicht ohne Zustimmung der Stände der beiden Herzogthümer festgestellt werden könne; daß sie von der königlichherzoglichen Regierung daher verlange, daß dieselbe den durch den Bundesbeschluß vom 8. März 1860 getroffenen Anordnungen für das Provisorium nachkommen werde; daß sie, falls eine solche Erklärung binnen 6 Wochen nicht in vollkommen sichernder Weise erfolge, dies durch den Bundesbeschluß vom 12. Aug. 1858 eingeleitete Executionsverfahren wieder aufnehmen werde. Die Schärfe, mit welcher die dänische Regierung die Competenz des Bundes in dem vorliegenden Falle bestritt, die mit Ostentation betriebenen Kriegsrüstungen u. Befestigungsarbeiten, das Gerücht von einer zwischen Frankreich u. Dänemark abgeschlossenen Defensivallianz u. die Vorauserhebung der Steuern in S. gaben Anlaß zu der Annahme, die dänische Regierung werde die Verhandlungen abbrechen u. in der Hoffnung auf Unterstützung von Seiten der europäischen Großmächte die drohende Bundesexecution als, einen Kriegsfall betrachten, indeß ließ sie, um den Schein der Nachgiebigkeit zu bewahren, den im letztverflossenen December neugewählten u. am 6. März zu Itzehoe eröffneten holsteinischen Ständen neue Vorlagen machen. Die königliche Botschaft erklärte zunächst, daß auf die Anträge der Stände von 1859 nicht habe eingegangen werden können, daß auch die Absicht, Delegirte zu berufen, wieder aufgegeben sei u. daß, da inzwischen der Bundesbeschluß vom 7. Febr. erfolgt, nicht für angemessen erachtet werden könne den Ständen den Entwurf zu einer neuen Gesammtstaatsverfassung vorzulegen. Indessen wolle man die Versammlung zu einer Äußerung über eine Organisation dahin veranlassen, daß der durch das Verfassungsgesetz von 1855 gebildete Reichsrath in zwei Kammern getheilt, die erste Kammer aus wenigstens 30 vom König ernannten Mitgliedern, die zweite Kammer aus 60, zur Hälfte mittelbar, zur Hälfte unmittelbar auf 6 Jahre gewählten Mitgliedern gebildet u. demnächst alle Gesetze in gemeinschaftlichen Angelegenheiten beiden Kammern zur Beschlußnahme mitgetheilt würden. Die neue Gesammtstaatsverfassung selbst solle erst dem Reichsrath, dann den holsteinischen Ständen zur Bestätigung vorgelegt werden. In der Zwischenzeit solle ein Provisorium stattfinden; auf die Forderung des Bundes vom 8. März 1860 einzugehen sei unthunlich gewesen. Endlich erfolgte noch die Vorlage des Entwurfs einer Sonderverfassung für Holstein. Die erste Regierungsvorlage, die Theilung des Reichsraths in zwei Kammern betreffend, lehnte die Ständeversammlung ab. In der zweiten Vorlage über die Herstellung eines Provisoriums wollte die Regierung sich vorbehalten, in Fällen, wo bei einer Gesetzvorlage eine Übereinstimmung zwischen dem Reichsrath für S.u. Dänemark u. der Ständeversammlung für Holstein nicht zu erzielen sei, die in Rede stehende Maßregel innerhalb des Theils der Monarchie, dessen Vertretung zugestimmt, durchzuführen u. damit die Gemeinschaft der Gesetzgebung u. Verwaltung aufzulösen, nachdem es nicht gelungen etwaige Abweichungen durch combinirte Ausschüsse auszugleichen. Auch zu diesem Provisorium konnte die Versammlung die Hand bes. deshalb nicht bieten, weil durch den für S.u. Dänemark fortbestehenden Reichsrath die Beziehungen Holsteins zu S. nur noch in weiterem Umfange gelöst, die Mitwirkung der Stände auf einzelne Gegenstände der gemeinschaftlichen Gesetzgebung beschränkt werde, dem Principe der Selbständigkeit u. Gleichberechtigung auch nicht annähernd Genüge geschehe u. den finanziellen Interessen Holsteins nicht ausreichend Rechnung getragen sei. Der Ausschuß hoffe daher, daß eine den Anträgen der letzten Ständeversammlung u. dem Bundesbeschlüsse vom 8. März 1860 entsprechende provisorische Regelung des Verhältnisses Holsteins zu den übrigen Theilen der Monarchie baldigst ins Leben treten werde, u. schlage für den Fall, daß dies geschehe, die Annahme des von der Regierung weiter vorgelegten Entwurfs einer Sonderverfassung für Holstein als einer provisorischen u. mit gewissen dazu beantragten Modificationen vor. Dieser Entwurf enthielt in der That ein reiches Maß bürgerlicher Freiheiten, volle Ministerverantwortlichkeit mit Anklagebefugniß der Stände, Unabsetzbarkeit der Richter, Freiheit des Vereinsrechts, Gleichstellung der Glaubensbekenntnisse, zweijährigen Zusammentritt der Stände etc. Gegen Aufnahme der Bestimmungen in Betreff der Thronfolgeordnung verwahrte sich der Ausschuß ausdrücklich. Endlich beantragte derselbe noch den Präsidenten zu beauftragen, das Bedenken der Versammlung nebst den Vorlagen, auf welche es sich bezieht, zur Kenntniß der Bundesversammlung zu bringen. Bei der Vorberathung über das Provisorium kam ein eigenthümlicher Incidenzpunkt zur Sprache: Die dänische Regierung hatte den Großmächten mitgetheilt, sie habe in Befolgung eines ihr von denselben ertheilten Rathes den holsteinischen Ständen das Budget vorgelegt. Erst durch Verhandlungen im englischen Parlament erhielten die holsteinischen Stände von dieser angeblichen Budgetvorlage Kenntniß; sie sollte geschehen sein durch §. 13 der Vorlage über das Provisorium, in welchem es hieß: Für das Finanzjahr vom 1. April 1861 bis zum 31. März 1862 sollen diejenigen Bestimmungen maßgebend sein, welche durch die königliche Resolution vom 23. Septbr. 1859, betreffend den von dem Herzogthum Holstein zur Deckung der gemeinschaftlichen Ausgaben der Monarchie während der Finanzperiode 1860–62 zu leistenden Beitrag, getroffen sind. Der Regierungscommissar Raaslöff konnte auf diesfallsige Anfrage des Ausschusses keine Antwort geben, sondern mußte erst Instruction von Kopenhagen einholen, nahm aber in Folge der Zweideutigkeit des dänischen Ministeriums hierbei seine Entlassung (29. März) u. der Conseilpräsident Hall übernahm selbst interimistisch das Ministerium für Holstein. Ein neuer Bericht des Ausschusses wies nach, daß mit den gemachten Vorlagen den Ständen überall kein Budget vorgelegt, die Resolution von 1859 in den Entwurf über das Provisorium nicht aufgenommen, sondern nur als allegirtes Gesetz dort enthalten, den Ständen eine beschließende Mitwirkung hierbei nicht eingeräumt, sondern nur eine nachträgliche gutachtliche Berathung zugestanden sei, u. beantragte deshalb auf die Behandlung der als Budget bezeichneten Vorlage nicht einzugehen Alle Anträge des Ausschusses wurden von der Versammlung angenommen. Ein um dieselbe Zeit (2. Febr.) von dem Großherzog von Oldenburg an den König von Dänemark gerichteter Brief, in welchem der Erstere auf Wiederherstellung der alten rechtlichen Verbindung Holsteins mit S. drang, wurde von Letzterem unterm 15. März ablehnend beantwortet.
[278] Wiederum kehrten nun die Verhandlungen zum Bundestag zurück. In der Sitzung vom 27. April gab der dänische Gesandte eine Erklärung dahin ab, daß den holsteinischen Ständen nicht blos das Budget vorgelegt worden sei, sondern dieselben auch berechtigt gewesen das königliche Patent vom 25. Septbr 1859 zu modificiren, wenngleich man ihnen das Recht, dasselbe aufzuheben, nicht zugestehen konnte. Da aber die Stände sich nicht hierauf beschränkt hätten, sondern ihre Competenz auch über die andern Theile des Gesammtstaats ausdehnen wollten, so habe die Regierung die Bedenken der Stände für unannehmbar erklären müssen. Die Berichterstattung über diese Erklärung wurde ausgesetzt, da in mittelst wieder zwischen Berlin u. Kopenhagen Verhandlungen von Cabinet zu Cabinet angeknüpft worden waren, deren Initiative von England u. Schweden ergriffen worden war. Gegenstand der vertraulichen Unterhandlungen dürfte namentlich die Frage eines vollständigen constitutionellen Abscheidens Holsteins von den übrigen Ländern der Monarchie od. einer Theilung S-s nach der Sprachgrenze od. einer Regelung durch eine europäische Conferenz gewesen sein. Erst im August erhielten die Ausschüsse durch Vermittelung der Gesandten Österreichs u. Preußens davon Kenntniß, daß deren Regierungen gegenüber Dänemark in einer Depesche vom 29. Juli eine Erklärung dahin abgegeben hatte, daß für das laufende, mit 31 . März 1862 schließende Finanzjahr vorläufig von dem außerordentlichen Zuschuß des Herzogthums Holstein aus seinen besonderen Einnahmen über die im Normalbudget vom 28. Febr. 1856 festgestellte Quote hinaus Abstand genommen werde u. allgemeine für Holstein zur Anwendung kommende Gesetze seit dem Bundesbeschluß vom 7. Febr. 1861 nicht erlassen seien, noch zur Zeit in Aussicht ständen. Da weiteren Mittheilungen von Österreich u. Preußen entgegenzusehen war, hielten die Ausschüsse (Sitzung vom 12. Aug.) es nicht für angezeigt weitere Maßregeln in Verfolg des Bundesbeschlusses Vom 7. Febr. 1861 (d.h. die Bundesexecution) zu beantragen. Für eine wirkliche Concession konnte die Erklärung Dänemarks nicht angesehen werden; es war von der dänischen Regierung nur auf eine Umpostirung abgesehen, Holstein sollte dadurch nichts erspart, der über das Normalbudget hinausgehende Betrag vorläufig dem Antheil Holsteins am gemeinschaftlichen Kassenbehalt entnommen werden. Mehre in der dänischen Erklärung vom 29. Juli enthaltene Entstellungen u. Reservationen fanden in einer preußischen Depesche vom 12. Aug. Entgegnung, worauf unterm 17. Aug. dänischer Seits erwidert wurde, wenn preußischer Seits es als verfassungsmäßiges Recht vorausgesetzt zu werden scheine, daß die holsteinischen Stände bei der Festsetzung des Beitrages Holsteins zu den Gesammtausgaben mitwirkend sein sollen, so sei dies ein wesentlicher Irrthum, u. es werde gerade ein Hauptpunkt der bevorstehenden Verhandlungen sein zu bestimmen, inwieweit u. unter welchen Bedingungen eine solche Befugniß den Ständen künftig werde zugestanden werden können. Ein im August in Kiel gefeiertes Fest, zu welchem sich mehr als 1000 Schleswiger eingefunden hatten, legte Zeugniß für das Zusammengehörigkeitsgefühl der Herzogthümer ab. Um dieselbe Zeit vollendeten die Dänen die Zerstörung des Rendsburger. Kronenwerkes; die Maßregelungen gegen jede Äußerung zu Gunsten der deutschen Herzogthümer dauerten unverändert fort. In einer Depesche vom 26. Oct. 1861 machte die dänische Regierung dem preußischen Cabinet wiederum Anerbietungen zur Regelung der obschwebenden Differenz, welche aber die Trennung der holsteinischen von der schleswigschen Frage zur Voraussetzung hatten u. mit den von den holsteinischen Ständen bereits im März verworfenen Vorlagen identisch waren. Preußen erinnerte darauf im Einverständniß mit Österreich (Depesche vom 5. Dec.) von Neuem an die 1851 u. 1852 übernommenen Verpflichtungen, namentlich an das Versprechen S. weder direct noch indirect zu incorporiren, u. erklärte Unterhandlungen auf der vorgeschlagenen Grundlage für unmöglich. Die Antwort Dänemarks (26. December 1861) war ablehnend; ja es wurden dem in Kopenhagen zusammengerufenen dänisch-schleswigschen Reichsrath zwei Gesetzentwürfe über Modificationen des Verfassungsgesetzes vom 2. Oct. 1855 vorgelegt, welche den Verabredungen von 1851 u. 1852 präjudicirlich sein mußten u. unverkennbar auf eine wesentliche Alterirung der Stellung S-s in der Gesammtmonarchie gerichtet waren. Der Reichsrath nahm die Vorlagen im Wesentlichen an; zwei schleswigsche Mitglieder, welche gegen die Rechtsbeständigkeit der Versammlung protestirten, wurden von derselben ausgeschlossen. Die deutschen Vormächte aber legten in gleichlautenden Depeschen vom 14. Febr. 1862 bezüglich jener Vorlagen Verwahrung ein u. die vereinigten Ausschüsse empfahlen am 13. März der Bundesversammlung den Beitritt zu diesem Protest, da, wenn auch dem Deutschen Bunde in Bezug auf das nicht zu demselben gehörige Herzogthum S. nicht dieselbe Berechtigung zustehe, wie bezüglich Holsteins, doch in den Verabredungen von 1851 u. 1852 die Competenz des Bundes eine vertragsmäßige internationale Grundlage gewonnen habe. Der dänische Gesandte protestirte sofort gegen die Zuständigkeit der Bundesversammlung, u. dieser Protest wurde in Actenstücken vom 12. u. 19. März weiter ausgeführt, jede Verhandlung über die Verhältnisse S-s u. über die Berechtigung der Zusammenberathung des dänisch-schleswigschen Reichsrathes zurückgewiesen, den deutschen Großmächten die Befugniß sich in die inneren Angelegenbeiten der dänischen Monarchie einzumischen abgesprochen, zugleich aber die Hoffnung ausgesprochen, die beiden Mächte würden nunmehr ihre Ansichten über den dänischen Vorschlag vom 26 Oct. 1861 mittheilen u. namentlich darüber sich bestimmt erklären, in welcher Beziehung derselbe nicht die Forderungen von Selbständigkeit u. Gleichberechtigung Holsteins befriedigen sollte, sowie, welche Stellung der Deutsche Bund dann überhaupt für diese Landestheile in Anspruch nehme. Die Bundesversammlung aber beschloß am 27. März, in Übereinstimmung mit den von den Regierungen von Österreich u. Preußen in Kopenhagen gethanen Schritten, sich insbesondere der von denselben in den gleichlautenden Noten vom 14. Febr. 1862 eingelegten Verwahrung anzuschließen u. am 1 Mai den Protest Dänemarks gegen die mittlerweile zum Beschluß erhobenen Ausschußverträge als unbegründet zurückzuweisen. Darauf erließ die dänische Regierung an ihre Gesandten in London, Paris, Petersburg, Brüssel u. im Haag eine Circulardepesche vom 8. Mai 1882, in welcher unter Wiederholung der Beschuldigung, daß sich Deutschland[279] unberechtigter Weise in die Angelegenheiten S-s einmische, der Passus enthalten war, der Augenblick sei vielleicht nicht fern, wo die Regierung des Königs sich genöthigt sehen werde eine Lösung auf anderem Wege zu versuchen. Ob hiermit ein Antrag auf Regelung der Streitfrage durch einen europäischen Congreß, od. die Octroyirung einer neuen Gesammtstaatsverfassung in Aussicht gestellt sein soll, ist zur Zeit nicht entschieden.
Vgl. außer den unter Holstein bereits ausgeführten Werken noch: Wienbarg, Geschichte S-s, Hamb. 1861: Quellensammlung der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte, herausgegeben von I. M. Lappenberg, Kiel 1862 ff.; Dahlmann, Sammlung der wichtigsten Actenstücke, die gemeinsamen Angelegenheiteen des Corps der Schleswig-Holsteinischen Prälaten u. Ritterschaft betreffend, Kiel 1815–19; Falck, Das Herzogthum S. in seinem gegenwärtigen Verhältniß zu Dänemark u. zu dem Herzogthum Holstein, Kiel 1816; Ders., Über die staatsrechtliche Verbindung der Herzogthümer S.- u. Holstein, ebd. 1816; Ders., Sammlung zur nähern Kunde des Vaterlandes, Altona 1819 ff., 3 Bde; Samwer, Die Staatserbfolge in den Herzogthümern S.u. Holstein, Hamb. 1844; Michelsen, Polemische Erorterung über die Schleswig-Holsteinische Staatssuccession, Lpz. 1844, 2 Bde.; Häusser, S.-Holstein, Dänemark u. Deutschland, Heidelb. 1846; Kamptz, Staatsrechtliche Bemerkungen über den königlich dänischen Offenen Brief, Berl. 1846; Wegener, Actenmäßige Beiträge zur Geschichte Dänemarks im 19. Jahrh., Kopenh. 1851; S.-Holsteins Entscheidungskampf, Meißen 1850; von Willisen, Acht Kriegsmonate in S.-Holstein, Stuttg. 1851; Busch, Schleswig-Holsteinische Briefe, Lpz. 1856; Allen, Geschichte der Dänischen Sprache u. Nationalität in S.u. Süd-Jütland, Schleswig 1858; Falck, Handbuch des Schleswig-Holsteinischen Privatrechts, ebd.1825–40, 4 Bde.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.