Englische Literatur

Englische Literatur

Englische Literatur. I. Erster Zeitraum. Die Anfänge bis aug G. Chaucer, bis 1350 Die Anfänge der E. L. reichen nicht minder wen zurück, als die Anfänge der Englischen Sprache, u. es ist für beide unmöglich einen bestimmten Ausgangspunkt anzunehmen. Nur soviel steht fest, daß das Angelsächsische u. noch mehr das Celtische, welche in der Regel als frühere Perioden des Englischen betrachtet werden, vielmehr als für sich bestehende Sprachen u. Literaturen angesehen werden sollten. Zugleich mit der Bildung u. Gelehrsamkeit, durch welche sich die Angelsachsen ausgezeichnet hatten, gerieth auch ihre in grammatischer Hinsicht bedeutend ausgebildete Sprache allmälich in Verfall u. fing an, von einer Schriftsprache zu einer bloßen Volkssprache herabzusinken. Schon unter der Regierung des letzten angelsächsischen Königs, Eduards des Bekenners (1041–66), begann sich der Einfluß der Normännisch-Französischen Sprache u. Literatur (insoweit von einer solchen die Rede sein kann) auf diese Angelsächsische Sprache in bedeutendem Maße geltend zu machen, da Eduard während seiner 27jährigen Verbannung in Frankreich eine überwiegende Vorliebe für die feingebildeten Normannen eingesogen hatte u. sich nach seinem Regierungsantritte durchaus mit normännischen Hofleuten u. Beamten umgab u. so, trotz der gegen diese Ausländerei gerichteten Empörung der Angelsachsen unter dem Grafen Godwin, der normännisch-französischen Bildung in England einen fruchtbaren Boden bereitete. Nach der Schlacht bei Hastings (1066) zogen mit den Normannen auch deren Sprache u. Poesie siegreich in England ein, u. als ein Symbol dieses Einzuges kann der bekannte Sänger Taillefer dienen, welcher bei Hastings zuerst die sächsische Schlachtreihe durchbrach. Die Heldenthaten der Sieger wurden nicht nur allenthalben von ihren Sängern (Trouvères) gefeiert, sondern es erwuchs aus diesen Liedern sogar eine eigene Poesie, welche mit dem Namen der Anglyo-[752] Normänischen bezeichnet wird u. deren Inhalt hauptsächlich geschichtlich-erzählend war. Als solche Anglo-Normännische Poeten sind zu nennen: Geffrei Gaimar (L'estorie des Engles solum la translation de maistre G. Gaimar in der Collection of Historians, herausgegeben von Francisque Michel, Rouen 1835); Benoit (Chronique des Ducs de Normandie, herausgegeben von F. Michel, Par. 1836–44, 3 Bde.); Guernes um 1175 (Das Leben des St. Thomas von Canterbury, herausgegeben von I. Bekker, Berl. 1838 u. von Black, Lond. 1845) u. A. Der für die E. L. wichtigste Anglo-Normännische Dichter aber war Maistre Wace aus Jersey, um 1150–60, welcher in seinen Dichtungen nicht nur die Normannen (Le Roman de Rou et des Ducs de Normandie, herausgegeben von Frédéric Plaquet, Rouen 1827, 2 Bde.; Master Wace's Chronicle of the Norman conquest, übersetzt von Edgar Taylor, Lond. 1837), sondern auch die Angelsachsen verherrlichte, indem er ein aus 18,000 achtsylbigen Versen bestehendes Heldengedicht unter dem Titel Li Romans de Brut od. Le Brut d'Angleterre verfaßte, dessen Held Brutus, ein eingebildeter Sohn des Äneas ist, welcher lange vor der christlichen Zeitrechnung das Britische Reich gegründet haben soll (herausgegeben von Le Roux de Lincy, Rouen 1836–38). Den Stoff zu diesem Epos entlehnte er aus Geoffroy von Monmouth, welcher kurz vorher die im Volke lebenden Sagen u. Legenden zu einer ernsthaft gemeinten lateinischen Chronik verarbeitet hatte, in welcher er eine ununterbrochene Reihe eingebildeter britischer Könige von jenem Brutus bis auf Ceadwalla (685 n.Chr.) aufzählt (Galfridi Monumetensis historia regum Britanniae, herausgegeben von San Marte, Halle 1854). Diese Chronik hat mehrere Jahrhunderte hindurch als eine reiche Quelle geschichtlicher Romantik gedient, aus welcher selbst noch Lord Sackville (Gorboduc), Drayton (im Polyolbion) u. Shakespeare (im King Lear) zu schöpfen nicht verschmähten. Wace's Brut d'Angleterre diente als ein kräftiges Bindemittel zwischen der Normännischen u. Angelsächsischen Sprache u. Poesie, insofern derselbe am Ende des 12. od. Anfang des 13. Jahrh. von dem Priester Layamon ins Angelsächsische übertragen wurde (herausgegeben von Frederick Madden). Im Brut d'Angleterre fand zuerst die Liebe ihren Ausdruck, welche sowohl die Sieger wie die Besiegten zu der Insel hegten, die sie beide umschloß u. keinem Theile ein Entweichen gestattete, sondern sie vielmehr zur gegenseitigen Vermischung zwang. In dieser Beziehung war der Brut von weitgreifendem Einflusse auf die Bildung der Englischen Sprache u. Literatur. Wie übrigens die Durchdringung der beiden Sprachen u. Literaturen vor sich gegangen u. wann sie vollendet worden ist, läßt sich nur annähernd nachweisen. Um die Mitte des 14. Jahrh. muß der Bildungsproceß in der Hauptsache vollbracht gewesen sein, da Eduard III. im Jahre 1362 die neu entstandene Sprache an der Stelle der französischen zur Gerichts- u. Geschäftssprache erhob. Es ist eine ziemlich willkürliche Eintheilung, wenn man diese Bildungsperiode der Sprache in das Halbsächsische 1066–1250) u. in das Früh- od. Altenglische (1250–1350) zerlegt (s. Englische Sprache). Als schriftliche Überreste des Halbsächsischen gelten außer Layamon's Brut noch The Saxon chronicle (Ausgabe von Ingram, 1823), das Ormulum, eine metrische, ungereimte Evangelienharmonie von Orm, das Gedicht The owl and the nightingale (Ausgaben von Joseph Stevenson 1838 u. von Thomas Wright, 1843) u. A., während die Chronik Roberts von Gloucester aus dem Ende des 13. Jahrh. (herausgegeben von Th. Hearne, Oxf. 1724) als das hauptsächlichste Sprachdenkmal des Frühenglischen betrachtet werden kann. Die zahlreichste Klasse von Schriftwerken aus diesem Zeitraume sind die sogenannten metrischen Romane (Ritson, Ancient Engl. metrical romances; Ellis, Specimens of early Engl. romances; Percy, Essay on the ancient metrical romances in seinen Reliques), von denen in neuster Zeit eine größere Zahl durch die sogenannten Printing-Clubs (Roxb urghe-Club, Bannatyne-Club, Abbotsford-Club, Percy-Society etc.) wenigstens zu einer beschränkten Öffentlichkeit gelangt ist. Sie gehören den verschiedensten Sagenkreisen an, sind theils alliterirend, theils gereimt u. haben vielfache Bearbeitungen erfahren; die meisten wurden später zu Volksbüchern in Prosa umgestaltet. Manche verdanken auch vielleicht, wenigstens in ihrer gegenwärtigen Gestalt, ihre Entstehung erst der folgenden Periode. Zu ihnen gehören The legend of St. Katherine of Alexandria, wahrscheinlich aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrh. u. offenbar Bearbeitung einer angelsächsischen Urschrift (Ausgabe von James Morton, 1841); Havelok the Dane, vermuthlich gegen Ende des 13. Jahrh. entstanden (Ausgabe von Sir Fred. Madden); Sir Tristrem, von Walter Scott 1803 herausgegeben u. von demselben irrthümlich Thomas dem Reimer von Ereildoun (gest. 1299) zugeschrieben; King Horn, gegen Ende des 13. Jahrh.; Leben Alexanders des Großen, von Warton dem Adam Davie in Stratford le Bow (um 1312) zugeschrieben; Sir Guy of Warwick and Rembrun his son; Sire Degarre, gegen Ende des 13. Jahrh.; William and the Werwolf (herausgegeben von Sir Fred. Madden, 1832); The romance of the Emperor Octavian (herausgegeben von J. O. Halliwell); Sir Thopas; Sir Isenbras; Sir Bevis of Southampton; La mort d'Arthur, bes. in der spätern prosaischen (u. A. von Southey herausgegebenen) Bearbeitung berühmt; The squire of low degree etc.

Außer diesen Schätzen der Volkspoesie sind im ersten Zeitraum auch die ersten Anfänge der Kunstdichtung zu erwähnen. Lawrence Minot um 1350 schrieb Gedichte zu Ehren Eduards III., welche mit der Verherrlichung der Schlacht von Halidon Hill beginnen u. mit der Belagerung von Guines Castle enden (herausgegeben von Ritson, Lond. 1825). Um dieselbe Zeit lebte Richard Rolle, welcher einzelne Theile der Heiligen Schrift paraphrasirte. Die bedeutendste Erscheinung auf diesem Felde ist aber The vision of Piers Ploughman, ein satyrisch-moralisches Gedicht von Robert Langlande, mit der Forsetzung The creed of Piers Ploughman, welche offenbar von einem Anhänger Wycliffe's herrührt (herausgegeben von Thomas Wright, 2. Aufl., Lond. 1856, 2 Bde.). Piers Ploughman bildet den natürlichen Übergang zum folgenden Zeitraum. Als Hülfsmittel für den ersten Zeitraum sind schließlich noch zu erwähnen: Thomas [753] Wright, Biographia Britannica Literaria, Lond. 1842 (Anglo-Saxon period), 1846 (Anglo-Norman period). Hippisley, Chapters of early English literature, Lond. 1837; Behnsch, Geschichte der Englischen Sprache u. Literatur bis zur Einführung der Buchdruckerkunst, Bresl. 1853.

II. Zweiter Zeitraum. Von Chancer bis auf Elisabeth, 1350–1558. A) Poesie. a) England. An der Spitze des zweiten Zeitraums steht der durch Studien wie durch Reisen hochgebildete u. von Eduard II. begünstigte Geoffrey Chaucer (s.d. 1328–1400), der mit Recht den Beinamen des Vaters der englischen Dichtkunst trägt. Seine Bedeutung verdankt er hauptsächlich seinen leider unvollendeten Canterbury Tales, in denen er die Grundidee des Decamerone nachgeahmt, dieselbe aber in freier u. wahrhaft nationaler Weise ausgeführt hat. Als Vertreter gelehrter u. lehrhafter Dichtung glänzt neben ihm John Gower (Moral Gower, 1340–1468), von dessen drei zu einem Ganzen verbundenen Dichtungen Speculum meditantis, Vox clamantis u. Confessio amantis) jedoch nur das Letzte englisch geschrieben ist. Trotz der ungünstigen Wirkungen, welche der um das Jahr 1400 ausbrechende Krieg der beiden Rosen auf die Pflege der Literatur äußerte, findet sich um 1430 ein dritter Dichter von Bedeutung, der Mönch John Lydgate im Kloster Bury St. Edmunds, der u. Ä. The history of Thebes, The fall of Princes u. The destruction of Troy dichtete. Gegen Ende des 15. Jahrh. lebten Stephen Hawes, welcher Heinrichs VIII. Krönung besang (sein Hauptwerk ist The temple of Glass) u. Alexander Barklay, vermuthlich ein Schotte, welcher Sebastian Brandts Narrenschiff englisch bearbeitete (1508). In der ersten Hälfte des 16. Jahrh. dichtete der Satyriker John Skelton, Hofdichter Heinrichs VIII., der sich durch seine Ausfälle die Verfolgung des Cardinals Wolsey zuzog u. 1529 starb, u. der Epigrammatist John Heywood, der unter Maria blühte u. 1565 in Mecheln starb. Sein Hauptgedicht ist The spider and the flie, in welchem unter der Spinne die Protestanten, unter der Fliege seine Glaubensgenossen, die Katholiken, u. unter dem Mädchen, welches die erstern vertilgt u. die letztern beschützt, seine Gönnerin Maria verstanden werden. Außerdem schrieb er Epigramme u. Interludes (s. unten III.A). Von großer Bedeutung für die Verfeinerung der Englischen Poesie waren gegen Ende. des Zeitraums die beiden englischen Sonettisten, nämlich der Graf von Surrey (1516, enthauptet 1547) u. Sir Thomas Wyat (1503–1542), beide Günstlinge Heinrichs VIII. u. beide durch längeren Aufenthalt in Italien u. durch das Studium der Italienischen Poesie gebildet. Sie schlugen zuerst den echten lyrischen Ton an u. sind als die Schöpfer der Englischen Lyrik betrachten, welche sie zugleich mit der italienischen Sonettform bereicherten. Wie Petrarca seine Laura, so feierte sein Nachahmer Surrey seine Geraldine (eine Gräfin Kildare); er führte auch in seiner (unvollendeten) Übersetzung der Äneide den Blank verse in die Englische Poesie ein. Den Übergang zum folgenden Zeitraum machen Lord Rochford (Bruder der Anna Boleyn, hingerichtet 1536), Sir Francis Bryan (starb 1548), Lord Vaux (starb gegen 1558), Thomas Churchyard u. Thomas Tusser (1523–1580), der Verfasser des ersten englischen Lehrgedichtes unter dem Titel A hondreth good points in husbandrie.

b) Schottland. Nach der normännischen Eroberung hatten sich Schaaren von Angelsachsen ohne Zweifel auch im sichern Schottland niedergelassen; allein auch hier war ihre Sprache nicht von normännischer Beimischung frei geblieben, obwohl sich dieselbe in freierer u. selbständigerer Weise entwickelte als im Süden. Die Anfänge der Schottischen Poesie sind historisch-epischen Charakters u. zeigen in Form u. Inhalt eine scharf ausgeprägte Nationalität. Gleichzeitig mit Chaucer blühte in Schottland John Barbour (st. 1396), Archidiakonus in Aberdeen u. Verfasser des großen epischen Gedichtes The Bruce. Ihm folgten Andrew Wintoun (um 1420, schrieb Orygynai cronykil of Scotland). sowie der unter dem Namen Blind Harry bekannte Dichter des nationalen Heldengedichtes The Wallace (um 1460, herausgegeben von I. Jamieson, Edinb. 1820). König Jakob I. (1437 in Perth ermordet), der allerdings während seiner langjährigen Gefangenschaft in England sich durchaus englische Bildung u. Denkweise angeeignet hatte, schrieb The Kings Quhair; Robert Henryson (st. gegen 1508) verfaßte The testament of Cresseid (eine Fortsetzung von Chaucers Troilus and Cressida); Will. Dunbar (st. gegen 1520) zeichnete sich in allegorischen u. moralischen, wie in komischen Gedichten aus; Gavin Douglas (st. 1522) schrieb The palace of honour u. King Hart; Sir David Lindsay endlich (1490 bis 1555) richtete seine Gedichte meistens gegen die Geistlichkeit u. den Hof (The play of the Three estates etc.). Neben dieser Kunstpoesie geht sowohl in England wie in Schottland die bes. in neuerer Zeit mit Recht wieder zu Ehren gekommene u. von deutschen Dichtern vielfach ausgebeutete Volksdichtung her. An die Stelle der metrischen Romane treten jetzt die Romanzen u. Balladen, die sich im mittleren England um Robin Hood, im Norden um die Fehden im englischschottischen Grenzlande (Border) gruppiren. Die Hauptträger dieser Volkspoesie waren die fahrenden Minstrels, deren Stand erst 1597 durch eine Verordnung Elisabeths unterdrückt wurde. Der geächtete Robin Hood personificirt jene Guerilla, welche von der angelsächsischen Bevölkerung gegen die jagdliebenden normännischen Großen in den von ihnen gehegten u. durch grausame Gesetze geschützten Waldungen geführt wurde (Ritson, Collection of Ballads relating to Rob. Hood, Lond. 1795). Die zweite Gruppe der Volksdichtung, nämlich die Border-Minstrelsy, enthält einige der schönsten Balladen, welche irgend eine Literatur aufzuweisen hat, wie z.B. The battle of Otterbourne, Chevy Chase u.a. (S. Walter Scott, Minstrelsy of the Scottish Border; Percy, Reliques of ancient English poetry; Joseph Ritson, Pieces of ancient popular poetry). Als eine dritte Gruppe kann die an keine bestimmte Örtlichkeit geknüpfte eigentlich lyrische. Volksdichtung angesehen werden, von welcher The nut browne maid (um 1500) als Beispiel dienen mag.

B) Prosa. Dem Dichter Chaucer läßt sich kein Prosaiker als Vater der Englischen Prosa an die Seite stellen; vielmehr entwickelte sich die Prosa in England wie überall nur sehr allmälig, da das Lateinische noch lange die Sprache der Wissenschaft[754] u. Gelehrsamkeit blieb. Als das erste Werk in Prosa wird gewöhnlich die Reisebeschreibung Sir Jehu Mandevilles (geb. 1300) betrachtet, die ursprünglich lateinisch geschrieben, dann ins Französische u. zuletzt ins Englische übersetzt wurde (herausgegeben von J. O. Halliwell). Einflußreicher waren ohne Zweifel die Bibelübersetzungen John Wicklisses (1324–1384), die erste vollständige in England; William Tyndale's (1477–1536, in Antwerpen verbrannt) u. Miles Coverdale's, dessen Übersetzung 1535 erschien. Überhaupt wurde die Englische Prosa anfänglich bes. zu geistlichen Zwecken benutzt. Die namhaftesten Bearbeiter derselben waren John Fischer, Bischof von Rochester (1459–1535, Predigten), Bischof Hugh Latimer (1555 verbrannt, ebenfalls Predigten), John Fox (1517 bis 1587, History of the acts and monuments of the church); Thomas Wilson (System of Rhetoric and of Logic, 1553) etc. Vorzügliche Erwähnung verdient hier William Caxton (starb 1491), der erste englische Buchdrucker, der als solcher wie auch als Schriftsteller, den wohlthätigsten u. weitestgreifenden Einfluß auf die Entwickelung der E. L. ausgeübt hat. Außerdem müssen noch genannt werden Sir Thomas More, der Antiquar John Leland, Lord Berners, Roger Ascham, der berühmte Lehrer der Elisabeth, sowie die beiden Schotten John Bellenden (The complaynt of Scotland, 1548) u. der Reformator John Knox (1505–1572). Von höchster Bedeutung war gegen Ende dieses Zeitraums die Wiedererweckung des klassischen Alterthums, deren Früchte namentlich im folgenden Zeitraume zur Reise gediehen. Die vorzüglichsten Beförderer der klassischen Studien, die sich großentheils in Italien u. Griechenland selbst ihre Bildung erworben hatten, waren Sir Thomas More (1480–1534), William Groeyne (1442–1524), John Colet (1466–1519, Gründer der St. Paulsschule in London), William Lilly 1466–1523), der Orientalist Robert Wakefield (starb um 1537), Sir Thomas Elyot (starb um 1546) u. A.

III. Dritter Zeitraum. Die Blüthezeit vom Regierungsantritt Elisabeths bis zur zweiten Revolution 1558–1688. A) Poesie. Die Blüthe der englischen Poesie unter Elisabeth u. den Stuarts wurde durch das Zusammenwirken verschiedener günstiger Umstände herbeigeführt. Schon seitdem ein großer Theil des Adels in den Kriegen der beiden Rosen seinen Untergang gefunden hatten war das Bürgerthum immer höher gestiegen u. hatte namentlich unter Heinrich VIII. eine große Geltung erlangt. Handel u. Seewesen waren im steigendem Aufschwunge begriffen, vermittelten vielfache Bekanntschaft mit der Bildung fremder Länder u. verbreiteten zu Hause großen Wohlstand u. allseitige Regsamkeit. Unter Elisabeth wurden die ersten Niederlassungen in Amerika gegründet u. die Ostindische Compagnie gestiftet. Die unter Heinrich VIII. eingeführte Reformation erzeugte einen regen Kampf der Geister, bis später die düstere Herrschaft der Puritaner der Pflege der Dichtkunst hemmend in den Weg trat. Fast alle Gattungen der Poesie erreichten in diesem Zeitraum einen Höhepunkt. Zunächst das romantisch-allegorische Heldengedicht durch Edmund Spenser (1553–1599, The Fairy Queen, in der nach ihm benannten Spenserstanze); das biblische Heldengedicht durch John Milton (1608–1674, das verlorene u. wiedergewonnene Paradies) u. das satyrische Heldengedicht durch Samuel Butler (1613–1680, der gegen die Puritaner u. Independenten gerichtete Hudibras). Als epische od. richtiger geschichtliche Dichter zweiten Ranges sind zu nennen: Thomas Sackville (1562–1608, Mirrour of Magistrates), Samuel Daniel (1564–1619, The civil wars), Michael Draytor (1563–1631, The Barons wars), William Warner (1555–1609, Albion's England) etc. In den beschreibenden Dichtung zeichneten sich aus. Michael Drayton (Polyalbion), John Denham (1615–1668, Cooper's Hill); in der Idyllischen Poesie: Edm. Spenser (The shepherd's calendar), Philip Sidney (1554–1586, Arcadia, eine Nachahmung des portugiesischen Schäferromans Diana von Montemayor), Phineas Fletcher (1584–1650, Purple island and piscatory eclogues), William Browne (1590–1645, Britannia's pastorals). Weniger angebaut wurde das Lehrgedicht, in welcher Gattung nur Sir John Davies (1570–1626, Nosce te ipsum) zu erwähnen ist. Eine reichere Ernte findet sich dagegen auf dem Felde der satyrischen Poesie, welches u.a. von John Donne (1573–1631), Joseph Hall, John Marston, John Dryden u. Thom. Nash angebaut wurde. Am zahlreichsten vertreten ist die Lyrik, wo bes. die von Surrey u. Wyat eingeführte Sonettendichtung eifrige Pflege fand. Obenan stehen hier die Sonette von Spenser, Daniel, Sir Philip Sidney, Milton u. Shakespeare. Andere Lyriker sind der Anakreontiker Rob. Herrick, Sir Henry Wotton, Edmund Waller, der mit gleicher Gewandtheit Cromwell u. die Rückkehr Karls II. besang, Abraham Cowley, George Wither, John Dryden (1631–1701, das von Händel componirte Alexanderfest etc.) u. der Schotte William Drummond (1585–1649). Unter den poetischen Übersetzern nimmt den ersten Rang ein George Chapman (1557–1634, Homer u. Hesiod); neben ihm stehen Sir John Harrington (Ariosts Rasender Roland, 1590), Richard Carew u. Edward Fairfax (beide das Befreiete Jerusalem) u. Sir Richard Fanshawe (Camoens Lusiaden). Am meisten aber drängte sich in diesem Zeitraum die dichterische Schöpferkraft u. das Interesse der Nation in der dramatischen Poesie zusammen. Die Anfänge des englischen Theaters reichen bis auf den Anfang des 12. Jahrh. zurück u. erscheinen zuerst als Darstellungen aus der biblischen Geschichte unter dem Namen Miracles od. Miracle Plays. Diese Miracles entsprechen den französischen Mysterien u. wurden an kirchlichen Festen zuerst von der Geistlichkeit selbst, später auch von städtischen Zünften aufgeführt. Drei Sammlungen derselben sind uns erhalten, nämlich die von Widkirk Abtei, von Chester u. Coventry, an welchem letztern Orte sich die Aufführung derselben bis gegen die Mitte des 16. Jahrh. erhielt. Durch die Aufnahme allegorischer Charaktere (personificirte Tugenden u. Laster) wurden die Miracles zu sogenannten Moralities umgebildet, aus denen dann später die Masques entstanden. Den Übergang von den Moralitäten zum modernen Drama bilden die Interludes, aus denen sich namentlich das eigentliche Lustspiel entwickelte. Der berühmteste Verfasser von Interludes war John Heywood unter Heinrich VIII. (The four P's). Das Studium des klassischen Alterthums[755] blieb natürlich auch auf die dramatische Poesie nicht ohne Einfluß; vielmehr gab es Veranlassung zu einer Reihe von Nachahmungen, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. bes. auf den Universitäten u. gelehrten Schulen gedichtet u. aufgeführt wurden Dahin gehören die Lustspiele Ralph Roister Doister von Nicolas Udall (um 1540, Ausg. von Cooper, Lond. 1847), Jack Juggler, Gammer Gurton's Needle vom Bischof John Still (1542–1607), Gismunda von Rob. Wilmot (1568), sowie das Trauerspiel Gorboduc od. Ferrex and Porrex von Lord Sackville u. Thom. Norton (Ausgabe von Cooper, Lond. 1847). Es wurde zuerst 1561 aufgeführt u. führte den 5füßigen Jambus (Blank verse) auf der Bühne ein. Nach antikem Vorbilde wird jeder Act durch einen Chorgesang beschlossen; alle gewaltsamen Handlungen sind hinter die Bühne verlegt u. werden durch Boten verkündigt. Auch geht, wie bei allen älteren englischen Trauerspielen, jedem Acte eine andeutende Pantomime mit Musik (The dumb show) voraus, von der sich noch bei Shakespeare Spuren finden. Diese Nachahmungen führten jedoch zu keinem klassischen Drama im Sinne der Antike, da der nationale Sinn der Engländer vielmehr auf volksthümliche Stoffe u. dadurch bedingte volksthümliche Behandlung gerichtet war. Wie sehr sie sich als ein thatkräftiges Volk in thatenreicher Zeit zur dramatischen Poesie hingezogen fühlten, geht aus dem Umstande hervor, daß die Zahl der Theater in London so schnell zunahm, daß man deren 1600 schon 11 u. bald nachher sogar 17 zählte. Vielleicht hat keine Literatur der Welt eine so lange u. glänzende Reihe von dramatischen Dichtern aufzuweisen, als die englische während der Elisabethanischen Ära, wenn auch bei manchen derselben das Handwerk die Kunst überwog. Die bedeutendsten Vorgänger Shakespeares waren: George Peele, Th omas Kyd (Jeronimo u. The Spanish Tragedy um 1580), Robert Greene (1550–1592, The Pinner of Wakefield). John Lilly (der auch als Prosaiker durch seinen Euphues von Einfluß war) u. der großartige Christopher Marlowe (1562–1593, Dr. Faustus, Edward II. etc., Werke herausgeg. von Alex. Dyce). Allein sie alle werden weit überstrahlt von William Shakespeare aus Stratford am Avon (1564–1616), dem größten dramatischen Dichter, welchen die germanische Welt hervorgebracht hat. Von Shakespeares Zeitgenossen sind zu nennen: Ben Jonson (1574–1637), der ihn durch Gelehrsamkeit u. Regelrechtigkeit zu übertreffen strebte; Francis Beaumont u. John Fletcher, ausgezeichnet durch Fruchtbarkeit u. seltene Bühnengewandtheit; Philip Massinger (1584–1640), John Ford (1586–1639), Thomas Dekker, John Webster u. A. Von den Puritanern wurden im J. 1648 sämmtliche Theater als sittenverderblich geschlossen, jedoch bei der Rückkehr der Stuarts mit um so größerem Eifer wieder eröffnet. Während die Shakespearesche Bühne äußerst einfach u. schmucklos gewesen war (vgl. Nicol. Delius, Über das englische Theaterwesen zu Shakspeares Zeit, Bremen 1853), wurde jetzt die scenische Ausstattung prächtiger u. im französischen Geschmacke eingerichtet; jetzt wurde das Theater in der That sittenverderblich. William Davenant (1605–1668) führte um diese Zeit die Oper ein u. besetzte zuerst die bis dahin von Knaben u. Jünglingen gespielten weiblichen Rollen durch Frauen. Nach ihm sind in diesem Zeitraum nur noch zu nennen John Dryden (1631–1700), von dessen Stücken bes. The Indian Emperor sich großer Gunst erfreute, Thomas Otway (1651–1685, Orphan u. Venice preserved) u. Nathaniel Lee (1657–1692). Hülfsmittel für die Geschichte des englischen Dramas sind: Hawkins, Origin of the English Drama, Lond. 1773; J. P. Collier, History of English Dramatic Poetry, ebd. 1831, 3 Bde.; Dodsley, Collection of Old Plays.

B) Prosa. So sehr auch die Prosa an Ausdehnung wie an innerem Gehalte in diesem Zeitraum zunahm, so blieb sie doch noch immer weit hinter der Poesie zurück. Die Geschichtschreibung u. ihre Nebenfächer (die Erd- u. Reisebeschreibung) wurden bearbeitet durch Samuel Daniel (1562–1619, History of England), Sir Walter Raleigh (1552–1618, die im Tower geschriebene History of the world). John Stow (1525–1605, S urvey of London, Hist. of England), James Howell (1596–1666, erster königlicher Historiograph, Epistolae Ho-Elianae). William Camden (1551–1623, Britannia), Richard Hakluyt (1553–1616, Reisebeschreiber), John Davis (st. 1605, The Hydrographical descri ption), Sir George Mackenzie (1636–1691, Memoirs of the affairs of Scotland), Sir Henry Wotton u. A. Die philosophische Prosa verdankt ihre Ausbildung dem Begründer der neuern englischen Philosophie Lord Bacon (1561–1626, obwohl er seine Hauptwerke lateinisch schrieb) u. seinen Anhängern Thomas Hobbes (1578–1679, Leviathan, De Cive, Behemoth etc.) u. John Locke (1632–1704, On the human understanding). Über Politik schrieben außerdem Richard Hooker (1553–1600, Ecclesiastical polity), James Harrington (1611–1677, Oceana). Algernon Sidney (1621–16831) u. Sir William Temple (1628–1698). Für die Naturwissenschaften begann eine neue Epoche durch die Gründung der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften (1662 als Corporation bestätigt), die namentlich unter dem Präsidium des großen Isaac Newton (von 1703–1727) zur Blüthe gedieh. Die weltliche Beredtsamkeit war noch in den ersten Anfängen begriffen, wogegen die geistliche durch Joseph Hall (1574–1656 Occasional meditations), Jeremy Taylor (1613–1667, Streitschriften), den Erzbischof John Tillotson (1630–1694) u. den Bischof Thomas Sprat (1636–1713, History of the Royal Society), zu einer großen Höhe gebracht wurde. Als Prosaiker, die keinem besonderen Fache angehören, sind schließlich zu erwähnen: Robert Burton (1576–1640), dessen Anatomy of melancholy sich noch gegenwärtig einer großen Beliebtheit erfreuet u. der wegen seiner Schrift On titles of honour, u. noch mehr wegen seines oft aufgelegten Table Talk berühmte John Selden (1584–1654).

IV. Vierter Zeitraum. Von der zweiten Revolution (1688) bis zum Ende des 18. Jahrh. A) Poesie. Die bürgerlichen Kämpfe vor u. während der Republik, Cromwells eiserne Herrschaft u. der unsittliche u. unverbesserliche Leichtsinn der zurückgekehrten Stuarts hatten einen tiefgehenden Einfluß auf den Nationalcharakter der Engländer ausgeübt; die Zeiten des lustigen Altengland waren unwiederbringlich[756] vorbei, u. das Volk war ernster, kälter u. berechnender geworden. Der durch die letzten Stuarts in England eingeführte französische Geschmack u. Einfluß zeigte sich von wenig günstigem Erfolge für die englische Poesie. Verstand u. Witz traten an die Stelle der Phantasie u. Begeisterung u. man kann die regelrechte u. künstliche Nüchternheit als den hervorstechenden Charakterzug der E. L. während des 18. Jahrh. bezeichnen. Die Nation wandte sich vorzugsweise staatlichen u. kaufmännischen Angelegenheiten zu u. vergaß darüber die wahre Poesie. Die sogenannte goldene Zeit unter der kurzen Regierung der Königin Anna (1702–1714) hält in Bezug auf die Dichtkunst keinen Vergleich mit der Elisabethanischen Ära aus. Eine eigentlich epische Dichtung hat die E. L. während dieses Zeitraumes nicht aufzuweisen; an die Stelle großer Epopöen trat allmählig die mit immer größerer Vorliebe gepflegte, der E. L. eigenthümliche poetische Erzählung. Die einzige bedeutende Erscheinung auf diesem Gebiete war James Macphersons (1738–1796) angeblicher Ossian (s.d.). Richard Glovers (1711–1785) epische Gedichte (Leonidas and Athenais) sind mit Recht längst vergessen. Als komisches Heldengedicht ist außer Sir Samuel Garths (st. 1718) Armenapotheke (The Dispensary) nur Popes berühmter Lockenraub (Kape of the lock) nennenswerth. Die Anfänge der epischen Erzählung finden sich in den Schriften von Matthew Prior (1664–1721, Solomon, Alma), Thomas Parnell (1679–1718, The Hermit), John Gay (1688–1732, The Fan), David Mallet (1700–1765, Amynthor and Theodora), Ol. Goldsmith etc. Die beschreibende u. ländliche Dichtung erreichte ihren Gipfel durch James Thomson (1700–1748, The Seasons), Alexander Pope (1688–1744, Windsor Forest). Ol. Goldsmith (1728–1774, Deserted village u. Traveller), William Falconer (1730–1769, The shipwreck), John Dyer (1700–1758, Grongarhill). Zum Beweise dafür, daß es jetzt nicht auf dichterische Begeisterung, sondern vielmehr auf kunstgerechte Behandlung ankam, dient die Menge didaktischer Gedichte, welche über alle möglichen, selbst über die am wenigsten poetischen Stoffe geschrieben wurden; solche schrieben John Philips (1676–1708, The cider), John Gay (Trivia, or the art of walking the streets of London), Sir Richard Blackmore (st. 1729, Creation), William Somerville (1692–1743, The ohase), Al. Pope (Essay on man), Rob. Blair (1699–1746, The Grave), Mark Akenside (1722–1776, The pleasures of imagination), Edward Young (1681–4765, Night thoughts), James Grainger (1723–1767, The Sugar-Cane), John Armstrong (1729–1779, Art of preserving health), William Mason (1725–1797, The English garden), William Cowper (1731–1800, The Task), Erasmus Darwin (1731–1802, The Botanic garden), James Beattie (1735–1803, The Minstrel) etc. Als Fabeldichter übertraf John Gay alle seine Vorgänger, u. nur Edward Moore (1711–1754) kann noch neben ihm angeführt werden. Als Satyriker zeichneten sich aus Pope in der Dunciad, Charles Churchill (1731–1764, Rosciad), John Wolcot (1738–1819, unter dem Namen Peter Pindar bekannt) u. A. Lyriker im engern Sinne endlich waren Prior, Isaac Watts (1674–1748, Psalmen u. andere geistliche Lieder), Thomas Tickell (1686–1740), Thomas Gray (1716–1771, Dorfkirchhof), William Collins (1720–1756, Oden u. Elegien), Thomas Penrose, John Logan u. A. Die dramatische Poesie stieg von ihrer Höhe herab u. veränderte ihren Charakter, indem sie unter das Joch der französischen Aristotelik gezwungen wurde, obgleich namentlich das Lustspiel noch immer eifrige Pflege fand. Als Trauerspieldichter stehen oben an Thomas Southerne (1659–1746, Isabella u. Oroonoko), Nicholas Rowe (1673–1718, The fair penitent, Jane Shore), William Lillo (1693–1739), führte durch seinen George Barnwell das bürgerliche Trauerspiel ein), Addison (1672–1719, Cato), Edward Young (Revenge), Thomson (1700–1748, Sophosnisba), John Home (1722–1808, Douglas), William Mason (1725–1797, Elfrida) u. A. Das Lustspiel gab den Vers auf u. porträtirte volksthümliche Sitten mit großer Lebendigkeit u. Treue; leider aber war es unter den letzten Stuarts in so hohem Grade von französischer Leichtfertigkeit u. Schlüpfrigkeit angesteckt worden, daß es sich nu allmälig wieder an eine würdigere Haltung gewöhnte u. daß, wie Colley Cibber berichtet, noch unter Wilhelm III. die Damen der Aufführung eines neuen Stückes nur maskirt beizuwohnen wagten. Sogar Schriftstellerinnen wie Aphra Behn (st. 1689) u. Susanna Centlivre (1667–1723) hatten sich durch ihre Lustspiele keines bessern Rufes würdig gentacht. Die bedeutendsten Luft-spieldichter waren der verrufene, theilweise noch der vorigen Periode angehörige William Wycherley (1640–1715), John Vanburgh (1666–1726), William Congreve (1672–1729), Richard Steel, (st. 1729, The conscious lovers), Colley Cibber (1671–1757, der auch Shakespearesche Stücke für die Bühne verballhornte), George Farquher (1678–1707), David Garrick (1716–1779, der größte englische Schauspieler), Samuel Foote (1721–1777, gleichfalls Schauspieler), Arthur Murphy (1727–1805), Oliver Goldsmith (She stoops to conquer), Richard Cumberland (1732–1811), John O'Keefe, sowie endlich als Übergang zur letzten Periode, Richard Brinsley Sheridar (1751–1816, The rivals u. The school for scandal) u. George Colman der Jüngere (1762–1836). Die Oper konnte im unmusikalischer England zu keiner Blüthe gelangen; die einzigen nennenswerthen Versuche in dieser Gattung sind Gays satyrische Beggar's Opera, welche sich bis auf den heutigen Tag als die nationalste englische Oper in Gunst erhalten hat, u. Sheridans Duenna. Dagegen vermochten weder Addisons Rosamunde, Grays Alcis and Galathea, noch die komischen Opern von Fielding, Charles Coffey, Isaac Bickerstaff u. A. Glück zu machen.

B) Prosa. Dieselben Umstände u. Ursachen, welche der Blüthe der englischen Poesie im 18. Jahrh. hindernd im Wege standen, übten auf der anderen Seite eine heilsame Wirkung auf die Entwickelung der Prosa aus, welche in den verschiedensten Zweigen zu einer mustergültigen Durchbildung gelangte. Diese Ausbildung der Prosa, deren Einfluß sich auch auf die Literaturen des Continents, namentlich auf die deutsche erstreckte, war der größte Gewinn, welchen die E. L. im 18. Jahrh. davon trug.[757] In der Geschichtschreibung wurde zunächst die Geschichte des eigenen Vaterlandes durch David Hume (1711–1776) u. seinen Fortsetzer Tobias Smollett (1721–71) zu einer bedeutenden Höhe gebracht. Ehrenvolle Erwähnung verdienen außerdem Goldsmith (History of England), William Robertson (1721–1793) wegen seiner Geschichten Schottlands u. Amerikas, Lord Hailes (1726–92, Annals of Scotland), Robert Henry (1718–90, History of Great Britain). Um die alte Geschichte machten sich verdient Edward Gibbon (17317–94) durch seine History of the decline and fall off the Roman Empire, Adam Ferguson (1724–1816, Römische Geschichte), Goldsmith (Römische u. Griechische Geschichte) u. A. Die allgemeine Geschichte u. die Geschichte einzelner nicht-britischer Länder wurde bearbeitet von Archibald Bower (1686–1756, Geschichte der Päpste), John Campbell (1709–1775), William Russel (1741–1793, History of Modern Europe) etc. Einen ganz vorzüglichen Reichthum besitzt die E. L. an vortrefflichen Biographen, darunter Conyers Middleton (1683–1750, Cicero and his time), Johnson (1709–1784, Lives of the poets), Robertson (Karl V.), William Hayley (1745–1820, Milton u. Cowper), Will. Roscoe (1752–1831, Lorenzo de Medici u. Leo X.), James Boswell (1740–1795, Johnson) etc. Eine nicht minder wichtige Stelle nehmen die Reisebeschreibungen u. Schildernngen aller Art aus dem Gebiete der Länder- u. Völkerkunde ein, da das Reisen so zu sagen eine nationale Leidenschaft der Engländer ist u. ihnen die Mittel zur Befriedigung derselben besser als irgend einem anderen Volke zu Gebote stehen. Hierher gehören die Schriften von Lady Mary Wortley Montagu (1690–1762), John Hawkesworth (1715–1773, Cooks Reise), James Bruce (1730–1794, Reise im nördlichen Afrika), Mungo Park (1771–1805, Reisen in Afrika), George Leonhard Staunton (1740–1801, M'Cartneys Gesandtschaftsreise nach China). Alle Gattungen der Poesie sowohl wie der Prosa wurden jedoch vom Romane überflügelt, welcher ursprünglich aus den prosaischen Bearbeitungen der Metrical romances hervorgegangen, zu Anfang des 18. Jahrh. feste Gestaltung gewann u. bald nicht nur in England selbst, sondern auch auf dem Festlande zu allgemeiner Verbreitung u. zu hohem Ansehen gelangte. Stoffe aller Art, von den höchsten religiösen u. philosophischen Fragen bis herab zur Alltäglichkeit gewöhnlichen Familienlebens u. den Nichtigkeiten der sogenannten Gesellschaft, wurden immer häufiger in Romanform behandelt. Als den Begründer des neueren englischen Romans kann man Daniel Defoe (1661–1731) betrachten, dessen Robinson Crusoe sich die ungetheilte Gunst der gesammten europäischen Lesewelt bis auf den heutigen Tag erhalten hat u. noch immer in neuen Bearbeitungen der Jugend mundgerecht gemacht wird. Nach ihm zeichneten sich aus als Schöpfer des sentimentalen Familienromans Samuel Richardson (1689–1761, Pamela, Grandison, Clarissa Harlowe) u. Goldsmith (Vicar of Wakefield); ferner die Bearbeiter des humoristischen Familienromans Henry Fielding (1707–1754, Tom Jones), Lawrence Sterne (1713–1768, Tristram Shandy), Tobias Smollett (1721–1771, Roderick Random, Peregrine Pickle. Humphrey Clinker) u. Henry Mackenzie (1745–1831, The man of feeling u. The man of the world). Die satyrischen Schilderungen Jonathan Swifts (1667–45, Tale of a tub, Gulliver's travels etc.) sind gleichfalls dem Romane nahe verwandt. Großes Glück machten ferner die morgenländischen Erzählungen u. Mährchen (Johnsons Rasselas) u. die Ritter- u. Schauerromane von Horace Walpole (1717–97, Castle of Otranto), von Clara Reeve (1725–1803, The Old English Baron), Anna Radcliffe (1764–1803, The Mysteries of Udolpho), Matthew Gregory Lewis (1773–1818, The Monk), welcher letztere bereits in die letzte Periode der englischen Literaturgeschichte hinüberreicht. Zur Sitten- u. Gesellschaftsschilderung endlich bedienten sich der Romanform John Moore (1729–1802, Zeluco), die Gräfin d'Arblay (1752–1840, Evelina). Will. Godwin (1756–1836, Caleb Williams), u. die Schottin Elizabeth Hamilton (1748–1816, The cottagers of Glenburie). Was die wissenschaftliche Prosa betrifft, so wurde in der Philsophie hauptsächlich auf dem von Locke gelegten Grunde weitergebaut, u. getreu dem praktischen Nationalcharakter der Engländer wandte sich auch ihre Philosophie vielmehr der Empirie u. der Ethik als der Speculation zu. Die bedeutendsten philosophischen u. philosophirenden Schriftsteller während dieses Zeitraums waren in England: der Graf von Shaftesbury (1671–1713), Viscount Bolingbroke (1672–1752), der Bischof George Berkeley (1684–1753), David Hume (1711–1776); in Schottland: Lord Kames (1696–1782, The elements of Criticism), Adam Ferguson (1725–1816) Adam Smith, Begründer der Volkswirthschaft als Wissenschaft (1723–1790, Wealth of nations), James Beattie, Dugald Stewart u. A. Bei weitem wichtiger als die systematisch-philosophischen Schriften sind die Essays für die E. L. geworden, d.h. die kürzeren Aufsätze, in denen die Ergebnisse der Philosophie dem Volke zugänglich gemacht wurden u. die zur Belehrung u. Geschmacksbildung in den weitesten Kreisen bestimmt sowohl durch ihren mannichfaltigen Inhalt wie durch ihre klare u. anziehende Form wesentlich zur Ausbildung der englischen Prosa beigetragen haben u. einen reichen Schatz praktischer Lebensweisheit enthalten. Sie wurden zumeist in Zeit- bes. Wochenschriften niedergelegt u. aus diesen dann häufig von den Verfassern (Essayists) zusammengestellt u. in gesammelter Form herausgegeben. Ja selbst ganze Zeitschriften (oft allerdings von nur kurzer Dauer) sind wiederholt aufgelegt worden. Der eigentliche Begründer der Wochenschriften war Sir Richard Steele (1671–1729), der Herausgeber des Tatler, Spectator u. Guardian, von denen namentlich der Spectator durch die vortrefflichen Beiträge Joseph Addisons (1672–1719) großes Aufsehen erregte u. bald auch in Deutschland, Holland, Dänemark u. Schweden Nachahmung fand. Ausgezeichnet als Essayists waren ferner Samuel Johnson (1709–84, Rambler u. Idler), John Hawkesworth (1715–73, The Adventurer), u. Moore (The World), sowie die Mitarbeiter an den schottischen Zeitschriften The Mirror (1779–80), The Lounger (1785) u.a. Die vornehmsten Briefschreiber waren der Graf von Chesterfield (1694–1773, Letters to his son) u. der noch immer nicht mit Sicherheit ermittelte Verfasser der fulminanten Juniusbriefe (s.d.). Die politische Beredtsamkeit erreichte ihren Höhepunkt[758] durch Horace Walpole (1676–1745), die beiden Pitt (der ältere 1708–78, u. der jüngere 1759–1806), den leidenschaftlichen Gegner der französischen Revolution Edmund Burke (1730–1797), Charles James Fox (1749–1806) u. Richard Brinsley Sheridan. In Schottland blühte außerdem die gerichtliche Beredtsamkeit durch Thomas Erskine (1748–1823), James Mackintosh (1795–1832) u. John Scott Eldon (1750–1838). Der Kanzelberedtsamkeit fehlte es bei der starren Rechtgläubigkeit meist an Schwung u. Begeisterung, u. es sind als bedeutende Kanzelredner nur Thomas Sherlock (1641–1707) u. der Schotte Hugh Blair (1718–1800) zu nennen. Über diesen Zeitraum vergl. Hettner, Gesch. der E. L. von 1690–1770, Braunschw. 1856.

V. Fünfter Zeitraum. Vom Ende des 18. Jahrh. bis auf die Gegenwart. Der durch den Amerikanischen Befreiungskrieg u. noch mehr durch die Französische Revolution in den staatlichen Verhältnissen u. im geistigen Leben des gesammten Europa hervorgebrachte Umschwung blieb natürlich auch auf England u. die E. L. nicht ohne umgestaltenden Einfluß. Gerade durch die feindselige Stellung, welche England zu seinen nach Unabhängigkeit strebenden Colonien einerseits u. zu dem gährenden Frankreich andererseits einnahm, wurde es dahin gedrängt, auf sich selbst u. seine wahre Volksthümlichkeit zurückzugehen. Alle Kräfte der Nation wurden wach gerufen u. das Nationalitätsgefühl auf das Höchste gesteigert. Die letzten Reste des französischen Geschmackes wurden abgeschüttelt, u. die Poesie kehrte zur Naturwahrheit u. Volksmäßigkeit zurück. Dazu trugen wesentlich die vom Bischof Percy, von Ritson u. Walter Scott aufgegrabenen u. bekannt gemachten Schätze der alten Volkspoesie bei, welche alle Gattungen der Dichtung zu neuem Leben erweckten. Aus der anderen Seite hoben nicht nur die von Jahr zu Jahr zu nie geahnter Höhe steigenden Verkehrsmittel Handel u. Gewerbthätigkeit zur höchsten Blüthe empor, sondern halfen auch der E-n L. das Gepräge der Universalität aufdrücken u. sie immer mehr zu einer Weltliteratur gestalten, während die Französische Literatur u. Sprache, welche während des 17. u. 18. Jahrh. die europäische Welt beherrscht hatten, in den Hintergrund gedrängt wurden.

A) Poesie. Die eigentlichen Heldengedichte stehen auch in dem gegenwärtigen Zeitraume den poetischen Erzählungen bei weitem nach, wie denn überhaupt die Zeit der Heldengedichte vorüber zu sein scheint. Bei dem gegenwärtigen Ineinanderfließen fast aller Stylarten ist es freilich oft schwer zwischen epischen, beschreibenden u. philosophischen Gedichten zu unterscheiden. Zu nennen sind die Dichtungen von James Montgomery (1771–1854, The world before the flood, Greenland, The Pelican Island), von George Croly (st. 1778, The angel of the world, Salathiel the Immortal), Henry Hart Milman (st. 1791, Samor), Robert Southey (1774–1843, Joan of Arc, Thalaba, Madoc, Roderick), William Herbert (Helga u. Attila), Thomas Moore (1780–1852, Lalla Rookh), Sir Edw. Bulwer Lytton (King Arthur) u. A. Am ausgezeichnetsten wurde die poetische Erzählung behandelt von Sir Walter Scott (1771–1832, The lay of the last minstrel, Marmino, The Lady of the Lake etc.) u. von Lord Byron (1788–1824), der namentlich in seinem Child Harold u. im Don Juan den Weltschmerz in die Literatur einführte (außerdem The Bride of Abydos, the Giaur, Lara, Mazeppa etc.). Im zweiten Range stehen Samuel Taylor Coleridge (1772 -1834, The ancient Mariner), John Wilson (1785–1854, The Isle of palms, The City of the Plague), Letitia Elizabeth Landon (1802–1838, The Improvisatrice, The golden violet), Thomas Campbell (1777–1844, Gertrude of Wyoming), James Hogg (1772–1835, The Queen's Wake), Leigh Hunt (st. 1784, The story of Rimini) etc. In der beschreibenden u. ländlichen Dichtung zeichneten sich aus: George Crabbe (1754–1832, The village, The parish register, The borough), Robert Bloomfield (1766–1823, The farmer's boy), James Grahame (1765–1811, The Sabbath), William Wordsworth (1770–1850, The excursion), Samuel Rogers (1762–1855, Italy, The pleasures of memory), William Sotheby (1757–1833, Constance de Castille, Italy), Thomas Campbell (The pleasures of hope) u. A. Eigentliche Lehrgedichte sind gar nicht zu erwähnen, da der lehrhafte u. reflectirende Charakter, der überhaupt die ganze englische Poesie durchdringt, sich mehr den eben genannten beschreibenden u. schildernden Dichtungen zuwandte. Als Satyriker u. Humoristen führen wir an: Thomas Moore (The twopenny post bag u. The fudge family) u. Thomas Hood (1798–1845, Whims and oddities, The comic annual etc.). Am reichsten entfaltete sich die Lyrik, eine Erscheinung, welche eng mit der steigenden Gattung der Massen, der nivellirten Bildung u. der zunehmenden Eilfertigkeit u. Hast des Lebens zusammenhängt. Als Sterne erster Größe glänzen auf diesem Gebiete der schottische Volksdichter Robert Burns (1759–1796), der Irländer Thomas Moore (Irish melodies) u. der Engländer Lord Byron (Hebrew melodies etc.). Bedeutenden Einfluß übte auch die Seeschule (Wordsworth, Coleridge, Southey u. Wilson), sogenannt weil sie ihren Wohnsitz an den malerischen Seen von Cumberland u. Westmoreland aufgeschlagen hatte. Sie unternahm nichts weniger als eine Reform der Poesie, indem sie dieselbe in Inhalt u. Form zur Einfachheit u. Natürlichkeit zurückzuführen strebte; leider aber verfehlte sie dabei den wahren Volkston u. verfiel in nüchternste Alltäglichkeit u. Breite. Der Seeschule läßt sich die Italienische Dichtergruppe gegenüber stellen (namentlich John Keats 1796–1820, Percy Bysshe Shelley 1792–1822 u. neuerdings Robert Browning [geb. 1812] mit seiner Gattin Elizabeth Barrett Browning), die sich trotz ihres großen Talentes in träumerische Philosophie u. teilweise sogar in Visionen verlor. Von anderen Lyrikern nennen wir nur noch den politischen Dichter Ebenezer Elliot (1781–1849, Cron Law Rhymes), Richard Monckton Milnes (geb. 1806), Bryan Waller Procter (Pseudon. Barry Cornwall, geb. um 1790), Charles Mackay u. den gegenwärtigen Hofdichter (Poet laureate) Alfred Tennyson; ferner die Schotten William Knox (1789–1825, Songs of Israel, The Harp of Zion), William Motherwell (1797–1835) u. David Macbeth Moir (1798–1851). Unter den Dichterinnen steht Felicia Hemans (1793–1835) obenan; außer ihr verdienen Erwähnung die schon genannten Letitia Elizabeth [759] Landon, Mrs. Browning, Eliza Cook u. Mary Howitt.

Die dramatische Poesie hat sich noch nicht wieder zu ihrer früheren Höhe erheben können. Auf der einen Seite haben sich viele Dichter von der reflectirenden Zeitrichtung verführen lassen, nicht für die Bühne, sondern vielmehr für das Studirzimmer zu schreiben; aus der anderen aber verlangt das Publikum im Theater mehr sinnberauschenden Flitter der Decoration, Musik etc. als wahrhafte Poesie. Dazu kommt, daß bei dem Alles überwuchernden Geschäftsleben der Mittelstand keine Muße zum Theaterbesuch übrig hat, daß ein großer Theil der höheren Stände aus puritanischer Prüderie den Theaterbesuch für unanständig hält, u. daß so die Mehrzahl der Londoner Theater den untersten Volksklassen anheim gefallen ist. Byrons dramatische Dichtungen (Manfred, The two Foscari, Sardanapalus, Mario Faliero) zeigen großes Talent, aber geringe dramatische Geschicklichkeit. Dasselbe gilt mehr od. weniger von Shelleys Cenci, W, Scotts Halidon hill, Thomas Noon Talfourds nach griechischem Muster gearbeiteten Stücken Ion u. The Athenian Captive, von H. H. Milmans Fazio u. The fall of Jerusalem, Coleridges Remorse, Godwins Antonio u. vielen anderen. Höher stehen die durch Lebendigkeit u. Seelenmalerei ausgezeichneten Dramen von Joanna Baillie (1762–1851), obwohl auch sie wenig für die Aufführung geeignet sind. Die beliebtesten Dramatiker des gegenwärtigen Zeitraums sind Matthew Gregory Lewis (The Castle Spectre etc.), dessen Schauerstücke jedoch zugleich mit den Schauerromanen in Vergessenheit gerathen sind; James Sheridan Knowles (Virginius, Cajus Gracchus, The Hunchback etc.); Edw. Bulwer Lytton (The Lady of Lyons, Richelieu, Cromwell, Not so bad as we seem); Richard Lalor Shiel (Evadne, The Apostate) u. Henry Taylor (Philip van Artevelde). Für Lustspiele niederen Ranges u. Possen wird durch die Londoner Theaterdichter (Douglas Jerrold, Buckstone, Planché, Poole u. A.) in Menge gesorgt, allein ihre Producte werden meistens eben so schnell wieder vergessen, als sie entstanden sind. Auch werden eine große Anzahl dramatischer Erzeugnisse, wie zu Anfang des Jahrh. aus dem Deutschen, so gegenwärtig aus dem Französischen übersetzt u. bearbeitet.

B) Prosa. Während schon die poetische Production im 19. Jahrh. eine unerhörte Ausdehnung gewonnen hat, so ist es mit der prosaischen fast noch ärger, u. es ist als ein Glück zu betrachten, daß die Zeit die Mehrzahl der literarischen Kinder, die sie gebiert, auch wieder verschlingt. Allein auch die Zahl der Berufenen, deren Werke in den bleibenden Besitz der klassischen Literatur übergehen, ist keineswegs unbeträchtlich. Die Geschichtschreibung wurde durch gründliche Quellenforschung u. glänzende Darstellung außerordentlich befördert; so durch Sharon Turner (History of the Anglo-Saxons), Henry Hallam (View of the Sate of Europe during the Middle Ages, The Constitutional history of England, Introduction to the literature of Europe), Archibald Alison (History of Europe from 1789), Robert Southey (History of the war in the Peninsula), Sir Francis Palgrave (The History of the Anglo-Saxons), James Mill (History of India), John Lingard (History of England), Lord Mahon (A History of England from the peace of Utrecht etc.), Sir James Mackintosh (History of England), Thomas Carlyle (The French revolution), Napier (The history of the war in the Peninsula), Grote (History of Greece) u. endlich Lord Macaulay, dessen Ruhm namentlich auf dem Festlande den aller früher genannten weit überragt. Als Biographen haben sich ausgezeichnet: Robert Southey (Nelson, Wesley), Walter Scott (Swift, Dryden), John Gibson Lockhart (W. Scott u. Bruns), Thomas Moore (Sheridan) u. A. Als Verfasser von Reisebeschreibungen u. Völkerschilderungen sind vorzugsweise nennenswerth: John Roß, William Edward Parry, John Franklin, Frederick William Beechey (Reisen nach den Polargegenden), Basil Hall (Travels in North America etc.), Charles Fellows (Ancient Lycia), Samuel Laing (Residence in Norway), Layard, Barrow, Livingstone u. unzählige Andere.

Die Zahl der Romane aller Arten u. Farben ist Legion. Alle Ideen u. Bestrebungen, welche die englische Nation bewegten, haben sich der bequemen Form des Romans bedient, um sich dadurch den größtmöglichen Leserkreis zu sichern. Politik u. Theologie, tiefsinnige Speculation u. leichtfertige Mode, See- u. Landleben, Geschichte u. Reiseschilderung, alles ist in Romane eingekleidet worden. Eine neue Ära für die Romanschreibung wurde durch Walter Scott (die Waverley-Novels) begründet, in denen er großartige u. lebensvolle Gemälde anziehender geschichtlicher Epochen entrollte u. durch deren fast unerschöpfliche Aufeinanderfolge er das Staunen u. die Bewunderung der ganzen gebildeten Welt erregte. Weit unter diesen Geschichtsromanen Scotts stehen in Bezug auf poetischen Werth die bes. in Deutschland überschätzten Gesellschaftsromane Sir Edward Bulwer Lytton's (Pelham, Eugen Aram, Devereux, Ernest Maltravers, Clifford etc.). Der alte humoristische Familienroman wurde mit erweitertem Gesichtskreise erneuert von Charles Dickens (Pickwick Papers, David Copperfield, Chuzzlewit, Bleak House, Little Dorrit) u. von dem scharfsichtigen, aber menschenfeindlichen William Makepeace Thackeray (Vanity Fair, Pendennis, Henry Esmond, The Virginians). Fruchtbare u. beliebte Romanschreiber sind außerdem Capt. Marryat (Jacob Faithful, Peter Simple, Masterman Ready), Benjamin Disraeli (Vivian Grey, Sybil, Coningsby etc.), William Harrison Ainsworth (Crichton, Rookwood, Jack Sheppard), Samuel Lover (Roy O'More), G. P. R. James, Charlotte Bronte (Pseudon. Currer Bell, Jane Eyre, Shirley, Villette), Lady Blessington, Miß Martineau, Maria Edgeworth etc.

Auf dem Gebiete der Philosophie tritt uns kein Systematiker ersten Ranges entgegen. Dagegen sind die angewandten Zweige der Philosophie, namentlich die National-Ökonomie u. noch mehr die Naturwissenschaften mannichfach angebaut worden, bes. durch Whately (Elements of Logic), David Ricardo (1772–1823, principles of Political Economy and Taxation), James R. Mac Culloch (Elements of Political Economy), T. R. Malthus (1766–1836, On the Principle of Population), Jeremy Bentham (1749–1834, Introduction to the principles of Morals and[760] Politics), Sir John Herschel (Discourse on natural Philosophy), Sir David Brewster (Letters on Natural Magic etc.), William Whewell (History of the Inductive sciences), Pritchard (Inquiries into the Physical history of man). Bedeutende Theologen sind: William Paley (1743–1805, Elements of Moral and political Philosophy, natural Theology), der Schotte Thomas Chalmers u. der Dissenterprediger Robert Hall (1764–1831). Außerordentliche u. bleibende Leistungen finden sich weder in der geistlichen, noch in der politischen Beredtsamkeit, da den Engländern im Allgemeinen rednerische Anlage, Begeisterung u. Feuer mangeln; in der letzteren ist nur Macaulay als Parlamentsredner, der irische Agitator Daniel O'Connell als Volksredner hervorzuheben. Groß ist die Zahl der Essayistenn. Miscellaneous writers, wie sie die Engländer nennen. Hier sind der humoristische Sidney Smith (1771–1815, Letters of Peter Plymley), der beißende William Cobbett (1762–1835), der Bibliograph Sir Egerton Brydges (Censuraliteraria), der alänzende Kritiker William Hazlitt, der gesuchte, deutschthümelnde Thomas Carlyle (Sartor resartus), der vielseitige Douglas Jerrold (Men of character, Curtain lectures) u. Thomas de Quincey (Confessions of an English Opium Eater) zu erwähnen. Von eigentlichen Essays sind ohne Zweifel die vollendetsten u. glänzendsten die von Lord Macaulay, die auch in Deutschland durch mehrfache Übersetzungen allgemein bekannt u. geschätzt sind.

Eine besondere Beachtung verdient die Presse, welche, durch keinerlei Censur od. Repressivmaßregeln gehemmt, sich in England nicht nur zu einer literarischen, sondern auch zu einer politischen Macht ausgebildet hat, deren Wirkungen sich weit über die Grenzen des eigenen Landes hinaus bis in die fernsten Welttheile fühlbar machen. Die englische Presse ist die öffentliche Meinung, es ist das laute Denken der Nation, der hörbare Pulsschlag ihres Geistes. Alle englischen Schriftsteller, die berühmtesten u. größten nicht ausgenommen, haben sich an der Presse betheiligt; aber auch alle englischen Leser ohne Ausnahme befördern dieselbe durch lebendige Theilnahme. Es ist hier nicht sowohl von den politischen Zeitungen, als von den Reviews, Monats- u. Vierteljahrsschriften (Monthly and Quarterly Reviews) die Rede, obwohl auch von diesen eine jede eine bestimmte politische Färbung hat u. gerade in ihnen der Kampf der Parteien lebhaft fortgeführt wird. Zu den berühmtesten gehört das whigistische Edinburgh Review, welches u. A. Sidney Smith, Lord Jeffrey u. Lord Macaulay zu ihren Mitarbeitern zählte. Im Gegensatze gegen das Edinburgh Review wurde auf W. Scott's Betrieb das lange Zeit von seinem Schwiegersohne John Gibson Lockhart geleitete toryistische Quarterly Review gegründet. Das unter den Auspicien Jeremy Bentham's 1824 entstandene Westminster Review huldigt dem Radicalismus; das Dublin Review, das früher in O'Connells Diensten stand, ist das Organ des katholischen, Dublin University Review hingegen das des protestantischen Irlands. Fraser's, Gentleman's u. Blackwood's Magazine folgen der conservativen Fahne. Das Eclectic Review gehört den Dissentern; das Athenaeum endlich nimmt in der literarischen Welt eine ähnliche Stellung ein, wie die Times in der politischen, s.u. Zeitungen u. Zeitschriften.

Während sich die Reviews an den gebildeten Theil der Lesewelt wenden, ist ein anderer Zweig der Literatur für die unteren Schichten der Bevölkerung bestimmt, welche in England mehr als anderswo leselustig u. für Belehrung empfänglich sind. Verschiedene Gesellschaften, namentlich die Society for the diffusion of useful knowledge haben sich um die Herstellung u. Verbreitung billiger u. gediegener Volksschriften große u. bleibende Verdienste erworben. Von der genannten Gesellschaft sind u.a. das Penny Magazine u. die Penny Cyclopaedia ausgegangen, denen alsbald in England wie auf dem Festlande eine wahre Fluth ähnlicher, bes. auch illustrirter Publicationen folgte. Unter den Verlegern, welche sich mit Ernst u. aus Liebe zur Sache diesem Literaturzweige gewidmet haben, stehen die auch als Schriftsteller hochgeachteten Gebrüder Chambers in Edinburgh obenan. In neuester Zeit haben sogar die Eisenbahnen u. Dampfschiffe ihren Einfluß bis auf die Literatur erstreckt, indem sie das Entstehen zahlreicher Bibliotheken für Reisende u. die bekannten Sammlungen von Schillingsbänden veranlaßt haben, die auf allen Dampfschiffen u. Eisenbahnen im ganzen Lande zum Verkauf angeboten werden, so daß auf den Eisenbahnstationen viel sicherer ein Book-stall als eine Restauration anzutreffen ist.

VI. Englische Literatur in Amerika, s.u. Nordamerikanische Literatur.

VII. Hülfsmittel. Außer den bereits oben gelegentlich angeführten Werken über einzelne Theile u. Perioden der E. Literaturgeschichte müssen wir zum Schlusse noch einen kurzen Überblick über die wichtigsten Quellen u. Hülfsmittel zum Studium derselben hinzufügen. Vor allen Anderen zeichnet sich durch mühevolles u. gewissenhaftes Quellenstudium wie durch gesunde u. besonnene Kritik Thomas Warton's History of English Poetry (Ausg. von Price, 1824, 3 Bde.) aus, welche jedoch nur bis auf den Anfang des 17. Jahrh. reicht. Als vollständige Literaturgeschichten sind hervorzuheben: Bouterweks Geschichte der Poesie u. Beredtsamkeit seit dem Ende des 13. Jahrh., Götting. 1809–10, 7. u. 8. Bd.; Mezières, Histoire Critique de la litérature Anglaise, Par. 1834, 3 Bde., u. Pecchio, Storia critica della poesia inglese; R. Chambers Cyclopaedia of English Literature, Edinb. 1844, 2 Bde., enthält außer den in chronologisch geordneten u. in passende Gruppen abgetheilten biographisch-kritischen Lebensbeschreibungen der Schriftsteller auch zahlreiche Proben aus deren Werken; ein ähnliches Werk ist G. L. Craik Sketches off the history of literature and learning in England from the Norman conquest to the accession of Elizabeth, Lond. 1844, 2 Bde.; biographische Hülfsmittel: Sam. Johnson, Lives of the most eminent English poets (Dunham), Lives of the most eminent literary and scientific men of Great Britain, Lond 1836–39, 3 Bde.; Rob. Bell, Lives of the most eminent English poets, ebd. 1839, 2 Bde.; Thom. Campbell, Specimens of the British poets ebd. 1819, 7 Bde.; D. J. Reuß, Das gelehrte England od. Lexikon der jetzt lebenden Schriftsteller in Großbritannien, Irland u. Nordamerika nebst einem Verzeichniß ihrer Schriften von 1770–90,[761] Berl. 1791, Nachtrag u. Fortsetzung von 1790–1803, Berl. 1804, 2 Bde. Handbücher sind: Wm. Spalding, The history of English literature, Edinb. 1833 (deutsch, Halle 1854); R. Chambers, History of the English language and literature, Edinb. 1837, 4. Aufl.; Joh. Scherr, Geschichte der Englischen Literatur, Lpz. 185.4; Alexander Büchner, Geschichte der englischen Poesie, Darmstadt 1856, 2 Bde. Für die Schottische Literatur sind wichtig: Sibbald, Chronicle of Scottish poetry from the 13th century to the union of the crowns, Lond. 1804, 4 Bde.; D. Irving, Lives of the Scottish poets, ebd. 1804; E. Fiedler, Geschichte der volksthümlichen schottischen Liederdichtung, Zerbst 1846, 2 Bde. Eine reiche Auswahl guter u. billiger Textausgaben enthält die Tauchnitzer Sammlung. Von den zahlreichen Zeitschriften, welche es sich zur Aufgabe gestellt haben, die Kenntniß der E-n L. in Frankreich u. Deutschland zu verbreiten, sind zu erwähnen: Die Bibliothèque Britannique; Revue Britannique (Übersetzungen aus englischen Zeitschriften); Archenholz, The British Mercury u. British Museum; Schubart, Englische Blätter. Bibliographische Hülfsmittel sind Lowndes' Bibliographer's manual (n. Ausg.) Lond. 1858 (Bohn).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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