Griechenland [2]

Griechenland [2]

Griechenland (Neue Geogr. u. Statistik), Königreich im südöstlichen Europa; erstreckt sich einschließlich der dazu gehörigen Inseln von 36° 10' bis 39°34' nördl. Br. u. von 38°20' bis 44°8' östl. Länge (von Ferro) u. ohne die Inseln von 36°22' bis 39°10' nördl. Br. u. von 38°20 bis 41°50' östl. Länge; grenzt (auf drei Seiten vom Meer umgeben) im Osten an das Ägäische Meer (Archipelagus), im Süden an das Mittelmeer, im Westen an das Ionische Meer u. nur im Norden an das Land, u. zwar in einer ziemlich geraden vom Meerbusen von Arta im Osten bis an den Busen von Volo im Westen sich hinziehenden, durch den Vertrag vom 21. (9.) Juli von England, Frankreich u. Rußland bestimmten Linie an die türkischen Ejalets Janina (Epirus) u. Selanik (Saloniki, Thessalien). Es besteht aus dem continentalen od. Nordgriechenland (Livadien, Hellas) mit 364,5 QM., der Halbinsel Morea od. Südgriechenland (Peloponnes) mit 397,4 QM., der Insel Euböa (Negroponte), u. einem Theil der Sporaden (Skopelo, Sclidromi, Palagulsi, die Teufelsinseln, Skyro, Andro, Tino, Mykoni, Naxia, Stenosa, Amorgo mit Zinari, Santorin, Polykandro, Milo, Annanimes, so wie den nach dem griechischen Festland zu gelegenen Kykladen) mit zusammen 130,59 so QM., also aus den früheren türkischen Besitzungen Livadien, Morea u. den daran liegenden Inseln. Gesammtflächenraum von ganz G.: 892,58 QM. Die Küste zeigt zwar nicht selten Klippenbildung; allein gewöhnlich ist sie Steilküste u. bietet in tiefen, malerischen Golfen schöne u. sichere Häfen u. Ankerplätze dar, welche Handel u. Verkehr erleichtern. Gebirge: G. ist durchzogen von der Gebirgsmasse Agrapha, Fortsetzungen des Pindos, von dem sich die Kette des Grabovo (Thyamos) bis zu 7500 F. u. des Othrys (bis zu 6000 F.), jener zur Grenzscheide mit Epirus, dieser mit Thessalien bildet, abzweigen. Weiter südlich biegt er nach Osten um u. geht in den Öta (mit den Thermopylen, bis 4000 F.) über. Von da an ist das Land von isolirten Berghausen besetzt, die nur durch tiefe Einsattelungen mit einander verbunden sind. Im Westen knüpfen sich, aber nur lose, an den Pindos die wilden Küstengebirge von Arkarnanien, Ätolien u. Westlokris etc., die gänzlich geschieden sind von den alleinstehenden Bergen Parnassos (Liakura bis zu 7000 F.) u. Helikon (Zagora, bis 4700 F.). Ähnlich schließen sich im Osten an den Öta solche Berghausen, die aber von geringerem Umfange sind u. nach Südosten ziehen; die Berge von Ostlokris, dann die Kette des Kithäron (mit dem Elatra, 4350 F.), welche sich an den Helikon anlehnt, u. mit den ersteren Böotien umschließt. Daran schließt sich das Bergland von Attika u. Megaris, welches aus lauter isolirten, dicht gedrängten Berggruppen besteht, welche das Land bis zum Cap Kolonna u. bis zum Isthmos füllen (Parnes [Nozea, 4300 F.], Korax [Kóraka od. Vadhusigebirg], Pentelikos, Hymettos, Gerania). Tiefländer sind nur wenige u. kleine vorhanden: die Thäler des Sperchios u. Kephissos, Böotien am Kopaissee u. kleine Küstenstriche um Athen, Eleusis u. Megara. Das peloponnesische Bergland, vom vorigen durch die tiefe Einsenkung des Isthmos vollständig abgesondert, ist einfach in der Mitte eine wellige Plateaufläche (Arkadien), auf allen Seiten von Randgebirgen eingeschlossen, die nach Süden u. Südosten Äste in die vier Landzungen senden; unter ihnen im Norden das Kyllene- od. Ziriagebirg bis 7640 Fuß, im Osten das Malevosgebirg od. Artemision bis 6000 Fuß, im Südwesten der Pentadaktylon od. Chaychelos bis 7550 Fuß. Doch sind die Gebirge sehr zerrissen u. zerklüftet; ihnen entsprechen die eben so unregelmäßig geformten Thäler. Tiefebenen finden sich nur am Meere zwischen den Gebirgen der Landzungen u. den Küsten, so wie an der Nordwestecke des Berglandes. Alle diese Gebirge geben zahlreiche Zweige ab u. dem Land durch ihr Vorspringen in die See seine zackige u. zerrissene Form. Vorgebirge: im Agäischen Meere: Stauro, Mantello, Marathon, Kolonna, Skylli, Malio (St. Angelo); im Mittelmeere: Matapan, Gallo; im Ionischen Meere: Klarenza, Rhion, Antirrhion, Strophes u. Punta. Meerbusen: die von Zeitun, Ägina, Nauplia (im Ägäischen Meer), Kolokythia, Koron (im Mittelmeer), Arkadien, Patras, Lepanto, Arta (im Ionischen Meer). Meerengen: die von Trikeri, Talanti, Egribos. Flüsse: zum Ägäischen Meere; Hellade, Mauropotamo (Mauronero); zum Mittelmeere: Vasilipotamos od. Eurotas, Pamisus u. Pirnazza; zum Ionischen: Rusia (Alpheos), Peneos, Fidaris (Euenos), Aspropotamo (Acheloos). Die Flüsse sind, da große Längenthäler fehlen, alle unbedeutend, etwa mit Ausnahme des Acheloos, Alpheos, Eurotas u. Pamisos. Früher war G. reich an Wäldern; mit dem Lichten derselben, bes. im Osten, verschwanden die Quellen, daher sind viele früher wasserreiche Flüsse jetzt nur noch Waldbäche, die namentlich im Sommer wasserarm sind. Doch war auch im Alterthume nie ein Fluß G-s schiffbar, indem schon das starke Gefälle u. der kurze Lauf der[592] Flüsse die Schiffbarkeit hindert. Seen: Kopais (Topolias), Trychonia mit Lysimachia, Vulgari, Lesini (sehr versumpft), Phonia, die Seen von Agopitza u.m. kleinere; mehrere Versumpfungen, bes. in den Hochebenen Arkadiens, diese meist Quellen von Flüssen. Mineralwässer: heiße Schwefelquellen in den Thermopylen, auf Euböa, zu Methona u. Patratsik, alkalische zu Thermiä, Salzquellen auf Milo, bes. merkwürdig ist das die mit Kupfer beschlagenen Schiffe vom Grünspan reinigende Wasser zu Santorin u. das schwarzfärbende am Öta. Das Klima zeigt mit der Verschiedenheit der Höhe des Landes sehr verschiedene Abstufungen zwischen Mildem u. Rauhem, wie namentlich im Peloponnes, ist aber im Ganzen warm u. höchst gesund, mit Ausnahme der Ufer des Kopais u. mancher Gegenden am Meere, wo die Nähe vernachlässigter Sümpfe die Luft im Sommer sehr ungesund macht. In den niederen Gegenden besteht der Winter nur in einer Regenzeit; im Sommer fällt, mit Ausnahme der höchsten Gebirge, gar kein Regen, daher die Trockenheit u. Dürre; nur der Thau erfrischt die Pflanzenwelt u. frische Bergluft u. kühle Seewinde mäßigen die Hitze. Der Himmel ist im Sommer stets rein u. tiefblau; die Luft durchsichtig u. trocken; die mittlere Jahrestemperatur ist + 15,6° R.

Producte, ziemlich mannigfaltig u. zahlreich, von Thieren viel Hausvieh (bes. Schafe, ziemlich weichwollig, schöne Ziegen, dauerhafte Pferde, Esel, gutes Rindvieh, von dem jedoch die Milch nicht frisch genossen wird, da man dies für gesundheitswidrig hält, u. dasselbe nur zur Zucht benutzt), Wild (Hafen, viel wilde Schweine, Hirsche, Meer- u. Fischottern), Schildkröten, Seidenwürmer, Bienen, die Kermeslaus u.a.; von Raubthieren: Wölfe, Füchse, Luchse, wilde Katzen etc.; Geier, Aasvögel, Adler, Fasane, Bienenfresser, einige seltene Arten Nachtigallen, Kraniche, Reiher u. viele Sumpf- u. Wasservögel, bes. Schwäne, Pelikane, Sturmvögel, Puffins; von Gewächsen u. Bäumen kommen vor: Ölbäume, Wein (auch zu Rostnen u. Korinthen verwendet), Reis, Baumwollenpflanzen, Flachs, Getreide, Mohn, Kümmel, Anis, Erbsen, Wicken, Linsen, Klee, Waid, Süßholz, Rettige, Melonen, Kürbisse, Orangen- u. Citronenbäume, Tabak, Färberröthe u. andere Färberpflanzen, wie Graines d'Avignon, Gummipflanzen, Johannisbrod-, Granatäpfel-, Quitten-, Kirschen-, Pflaumen-, Maulbeer-, Birn- u. Äpfelbäume, gute Kastanien-, Pfirsich-, Mandel- u. Lorbeer-, Wallnuß-, Erdbeeren-, Feigen- u. Mastixbäume, Haselnuß-, Sandbeeren- u. Kapernsträucher, von Waldbäumen: Eichen in mehrfachen, bes. südlichen Arten, Platanen, Eschen, auch Manna-Eschen, Buchen, Linden, Erlen, Ulmen, griechischen Pappeln, Tannen, Pinien, Cypressen, Taxus, Judasbäume, Ebereschen, Ahorne, Buchsbäume, Weg-, Schwarz- u. Weißdorn; ferner Pfriemkraut, Wachholder, auch Cederwachholder, Rosmarin, Salbei, Baldrian, Safran, Meerrettig, Wegerich, Alraunwurzel, Judenkirschen, Perrückensumach, Opoponax, Dattelpalmen (angepflanzt u. selten), Zwergpalmen, Cactus opuntia, Kermesbeeren, Nieswurz, Salep, Osterluzei, Schwarzwurzel, Lattich, Cichorien u.a. Von Mineralien hat man vielerlei, Gold u. Silber (wenig), mehr Blei, Kupfer, Eisen (aber sämmtlich nur wenig ausgebeutet), ferner Marmor (vorzüglich zu Paros, doch auch auf den anderen Inseln, bes. sehr schön gefärbten), Mühlsteine, Schmirgel, Halbopal, Stein- u. Braunkohlen, Braunstein, Meerschaum (der beste zu Theben), Porzellanerde, viele Thonarten, Puzzolanerde, Bolus, Mergel, Bimsstein, Formsand, Farbenerden, Schwefel, Alaun, Soda, Salpeter, Salz u.m.a.

Die Gesammtbevölkerung betrug 1858: 1,067,216 Ew., also 1195 auf 1 QM. Es sind vorzugsweise Griechen (Neugriechen, ungefähr 800,000 Seelen). Das Volk der Neugriechen entstand durch Mischung der seit dem Ende des 6. Jahrh. hier eingewanderten Slawen u. der noch übrigen, geringen Reste der Hellenen. Die fremdartigen Elemente gaben der Bevölkerung einen unbestimmten Charakter; Haß u. Leidenschaft ließen keine nationale Ausbildung zu; die letzten Spuren nationaler Eigenthümlichkeit verschwanden unter dem allmäligen Einflusse fremder Sitte, u. es entstand jene geistlose Gleichgültigkeit unter den Byzantinern, welche nur zuweilen durch die Leidenschaftlichkeit aufgerüttelt wurde. Selbst die Herrschaft der Osmanen fand durch die Hinneigung der Griechen zum Oriente u. zu dessen Genüssen leicht Eingang u. Einfluß. Unter ihr bildeten sich die nachtheiligen Seiten des griechischen Volkscharakters (Oberflächlichkeit, Treulosigkeit, Mißtrauen, Aberglauben, Grausamkeit, Habsucht, Arbeitsscheu) bestimmt aus, die Bewohner des platten Landes erniedrigten sich durch ihr Hingeben an die Gewaltherrschaft, während die wilden Bergbewohner, zwar alte Kraft u. Sitte bewahrend, in steten Raubzügen ihre Kraft schwächten. Jedoch begünstigte gerade die eigenthümliche Stellung der. Osmanen zum europäischen Staatensystem das Fortbestehen der griechischen Nationalität; um den Riß zwischen morgen- u. abendländischer Kirche u. somit auch zwischen deren Politik zu erhalten, verblieb den Griechen ihre Religion u. ihre mächtige Geistlichkeit; der religiöse Gegensatz erhielt auch den nationalen Unterschied zwischen Siegern u. Besiegten; die Ohnmacht der Pforte, alle Theile ihres Reiches in Abhängigkeit zu erhalten, nöthigte sie, die Gebirgsbewohner durch Vorrechte zu gewinnen, wodurch sich militärische Corporationen der Heerführer bildeten, die daher immer mehr eine gewisse politische Unabhängigkeit erlangten. Ähnliche Vorrechte mußten den Inseln eingeräumt werden. Der Despotismus der Pforte u. ihrer Statthalter zwang die Griechen zum festen Anschließen, zur Gründung eines griechischen Staates innerhalb des osmanischen; zugleich waren die Griechen, wenn auch unwissend, durch den Handelsverkehr in immer lebhaftere Beziehung zu Europa gekommen u. erhielten dadurch eine geistige Überlegenheit über das herrschende Volk. Und als nun die Türkei in das europäische Staatensystem gezogen wurde, mußte sie sich der gebildeteren Griechen als Unterhändler bedienen; in diesen wurde daher immer mehr das Bedürfniß nach geistiger Bildung rege, sie wurden dem Abendlandeimmer mehr zugewendet; zugleich aber erhielten sie die wichtigsten- u. einflußreichsten Stellen im Reiche. So beherrschten die Griechen die Türkei, wie sie sich auf der anderen Seite ausschließlich in den Besitz des Handels nach der Levante gesetzt hatten. Die damals in Europa herrschende Bildung war vorzugsweise auf Politik gerichtet; sie verbreitete die Ideen über die höchsten Interessen der [593] Menschheit nach G., u. diese führten die neue Gestaltung G-s u. seine Wiederauflebung, welche die Interessen der verschiedenen Staaten zuerst verzögerten, dann förderten, herbei. Die Griechen sind von schönem Körperbau, bes. die Frauen (doch verblühen diese schon vor dem 20. Jahre), mit minder schönen Gesichtszügen, hellem Verstand, witzig, munter, geschickt zu allen Gewerken u. Künsten, u. namentlich zum Handel schlau, doch, zumal in den niederen Ständen, mit geringer od. keiner Schulbildung. Die Wissenschaften werden neurer Zeit sehr gefördert, sind aber im Ganzen doch noch weit zurück. Das Leben in G. ist einfach. Die Häuser in den Städten haben selten außer dem Parterregeschoß noch ein Stock; unten ist stets ein großes Zimmer zu Mahlzeiten; auch dient es als Abendaufenthalt u. Schlafzimmer der Männer. Abends sammeln sie sich zur Unterhaltung um das Feuer, welches in diesem Zimmer brennt, od. um eine Lampe; Öfen kannte man vor dem letzten Kriege gar nicht; Schornsteine haben die Häuser auch nicht, sondern der Rauch zieht durch die Thür. Man schläft auf Matrazzen, die man auf Sophas od. auf die Erde wirst; Morgens werden diese weggeräumt u. aus dem Schlafzimmer wieder ein Wohnzimmer gemacht. Noch einfacher sind die Bauerhäuser; eine Breterwand scheidet hier Menschen u. Vieh, welches aber nur in den Arbeitsmonaten zu Hause gefüttert wird, sonst stets im Freien ist. Der Bauer schläft auf Rohrdecken u. deckt sich mit wollenen Decken zu. Außer den Decken besitzt der Bauer, als Hausgeräth, einige Töpfe u. Pfannen, einen Tisch mit 8 Zoll hohen Füßen u. keine Stühle. Die Früchte werden in großen, mit Lehm verdichteten Körben aufbewahrt, der Wein in Fässern, das Öl in großen irdenen Krügen, die vorher zum Aufbewahren des Wassers dienen; Butter u. Käse in Bockhäuten, deren rauche Seite nach innen gekehrt ist. In solchen Bockhäuten transportirt man auch den Wein. Der Grieche hält meistens zwei Mahlzeiten, bes. liebt man am Spieß gebratene Schöpfe u. während der streng gehaltenen Fasten gekochte Kräuter, Kohl, Oliven, Caviar u. gesalzene Fische. Man sitzt an niederen Tischen, auf türkische Weise, die Beine untergeschlagen. Nach Tisch werden 6–7 Fuß lange, mit roththönernen goldverzierten Köpfen u. meist mit Mundstücken von Bernstein versehene Pfeifen u. Kaffee gereicht. Tabakrauchen u. Kaffee liebt der Grieche überhaupt u. Pfeife u. Kaffee ist das Erste, was man dem besuchenden Fremden bietet. Bäder (namentlich Seebäder) sind sehr gebräuchlich; warme, ganz auf türkische Weise eingerichtete, nur bei denen, die in Städten gelebt haben. Die Kleidung der Griechen ist sehr kleidsam; die Inselbewohner tragen weite, kurze Beinkleider u. farbige Kamaschen, die auf dem festen Lande aber, bes. die Krieger u. die den reicheren Klassen Angehörigen, enge Beinkleider, die bis an den Knöchel gehen, einen gesteiften u. gefälteten, sehr weiten Weiberrock (Fustanella) von weißer Leinwand, zu dem oft 50 Ellen gehören. In dem reichen Gürtel wird ein mit Silber beschlagenes Paar Pistolen, ein prächtiger Dolch u. an ihm ein Handschar, eine messerartige Waffe, getragen. Die Ärmelweste meist von Farbe der Kamaschen u. von lebhaften Farben, ist mit seidenen Schnüren reich besetzt; unter ihr wird eine Unterweste von anderen Farben getragen, der Hals bleibt unbedeckt. Das Hemd ist sehr sein, im Ärmel 1 Elle weit u. ragt unter den Ärmeln der Weste mehrere Zoll weit hervor. Über die Ärmelweste wird zum großen Anzug ein Waffenrock, dessen Ärmel auf altpolnische Art aufgeschlitzt sind, bis an das Knie u. über diesem ein brauner, mit rothem Tuch besetzter u. gestickter Mantel, mit Kapuze u. herunterhängenden Ärmeln, getragen. Kopfbedeckung ist der rothe Feß (s.d.) mit langer, blauer Quaste. Diese Tracht ist zwar kleidsam, aber auch kostspielig u. höchst unzweckmäßig; man hat sie deshalb für die Truppen wie für die Civilbeamten bereits sehr modificirt. Nur am Hofe wird sie noch sehr geliebt. Der Schnurrbart wird fast allgemein getragen, dagegen ist Backenbart u. selbst bei dem gemeinen Griechen das vordere Kopfhaar abgeschoren (Theseus'sche Tonsur), während das Haar des Hinterkopfes lang herabhängend stehen bleibt. Priester lassen auch den ganzen Bart wachsen. Die Nationaltracht der Frauen ist nach den Provinzen u. einzelnen Inseln verschieden, die Rumeliotinnen tragen den Feß, die Hydriotinnen u. Ipsariotinnen reiche Sammetkleider mit Perlen- u. Edelsteinstickereien. Die Königin Amalie hatte einigemal die griechische Nationaltracht idealisirt getragen. Die Griechinnen niederen Standes tragen ein langes, unten roth gestreiftes Hemd u. darüber einen langen weißen Ärmelrock mit schwarzer Stickerei, den Kopf mit weißen Tüchern umwickelt, so daß Stirn u. Kinn bedeckt u. eigentlich nur die Augen u. Wangen zu sehen sind. Das Hemd dagegen ist vom Kinn bis zum Gürtel offen. Die Frauen schminken sich auch, aber so sein u. durchsichtig, daß es kaum zu sehen ist. Das Leben der griechischen Frauen ist höchst zurückgezogen, fast auf Art der Türkinnen; sie fliehen die Nähe der Männer, bes. Fremder, u. vermeiden öffentlich zu erscheinen. Vornehme griechische Frauen stillen nie selbst, sondern miethen hierzu Ammen. Diese begleiten das Kind, welches sie gesäugt, meist bis an ihren Tod u. genießen die Rechte der Erzieherin. Alle Feste werden durch den griechischen Nationaltanz, die Romaika, durch Männer fast allein getanzt, gefeiert. Die griechische Musik ist im Allgemeinen unharmonisch, hat aber zuweilen schöne Melodien. In den übrigen Künsten (Bildhauer- u. Bildgießerkunst, Malerei, dramatische Kunst etc.) haben die Neugriechen noch wenig geleistet. In ihrer Zeitrechnung richten sich die Griechen noch nach dem Julianischen Kalender (s.d.). Die Tagesstunden zählt man auf dem Lande nach türkischer Weise so, daß der Tag mit Sonnenuntergang beginnt u. schließt. Der Tag hat 24 Stunden, 12 des Tags, 12 der Nacht. Die Sprache der Griechen ist die Neugriechische (s.d.). Der Gruß der Griechen ist, daß sie die Hand auf die Brust legen. Ueber ihre Hochzeits- u. Leichengebräuche s.u. Hochzeit u. Todtenbestattung. Alles bisher von den Sitten u. dem Leben der Griechen Gesagte gilt nur von dem Volke u. einigen wenigen Vornehmen, die noch am Allen hängen; der größere Theil der höheren Klassen hat die alten Nationalsitten größtentheils verlassen, kleidet sich europäisch u. lebt ganz auf europäische Weise.

Außer den Griechen sind nun noch am zahlreichsten die Albanesen (Arnauten), etwa 250,000, ein slawisches Mischlingsvolk, Nachkommen der alten Epiroten u. Illyrier; sie sind am zahlreichsten im[594] nördlichen G., namentlich in den nordwestlichen Nomarchien, u. zerstreut bei Korinth, so wie auf Hydra, Spezzia, Poros u. Salamis, sind mehr mit fremden Elementen vermischt u. größtentheils griechische Christen, auch ihre Sprache ist eine andere, als die der Neugriechen (obgleich sie fast sämmtlich das Griechische verstehen u. sprechen); s.u. Albanien. Ferner Juden (kaum 500), Türken, auch nur einige Hundert, da die meisten nach 1827 von der Freiheit, auszuwandern, Gebrauch machten; doch ist ihnen der Aufenthalt erlaubt. Franken, unter denen man in G., wie im ganzen Orient sämmtliche Europäer versteht; am häufigsten sind die Italiener, dann (neuerdings) die Deutschen, bes. die Baiern, obschon sich ihre Zahl durch die sich gegen sie erhebende Opposition bedeutend vermindert hat. Im Ganzen zählen die Juden, Türken u. Franken nebst wenigen Armeniern kaum 30,000 Köpfe.

Die Bewohner G-s sind zum allergrößten Theil Griechischer Religion, deren Cultus u. kirchliche Verhältnisse im Allgemeinen s. unt. Griechische Kirche. Im Besonderen ist hier zu bemerken, daß die Kirche des Königreichs G. zwar nach der Verfassungsurkunde von 1844 dem Geiste u. den Dogmen nach unzertrennlich mit der Hauptkirche Christi in Constantinopel u. mit allen übrigen orientalisch-griechischen Christen verbunden, staatsrechtlich aber unabhängig u. nur der einheimischen Heiligen Synode unterworfen ist. Die Beschlüsse der Nationalsynode zu Nauplia den 27. Juli 1833 u. die königliche Verordnung vom 4. August (nach welchen nicht mehr der Patriarch zu Constantinopel, überhaupt gar kein sichtbarer Repräsentant, sondern allein Christus selbst, als ihr Oberhaupt anerkannt wird, die Verwaltung der Kirche aber in der Hand des Königs ruht) sind nach langer Verweigerung durch eine Bulle vom 29. Juni (11. Juli) 1850 vom Patriarchen von Constantinopel anerkannt worden. Die oberste geistliche Behörde ist die permanente Heilige Synode, welche sich stets in der Residenz des Königs (jetzt Athen) befindet. Die Zahl der hohen geistlichen Ämter beträgt jetzt 24; u. zwar in Nordgriechenland u. auf Euböa 4 Erzbischöfe u. 4 Bischöfe; im Peloponnes 6 Erzbischöfe u. 6 Bischöfe; auf den Inseln 1 Erzbischof u. 3 Bischöfe. Die Geistlichkeit besaß unter der türkischen Herrschaft fast 1/4 des Bodens, u. ist auch jetzt noch im Besitz großen Grundvermögens; unter türkischer Herrschaft stand dieselbe auf einem ziemlich niedrigen Bildungsgrade, hat sich aber unter König Otto wesentlich gehoben, so daß die Geistlichkeit im Allgemeinen sehr hoch geachtet ist. Von den zahlreichen, meistens ziemlich reichen Klöstern, wurden schon 1829 unter der Regentschaft durch den Beschluß des Nationalconvents zu Argos 320, welche nur 5 Mönche zählten, geschlossen u. verpachtet (die Einkünfte zu Gunsten des Kirchen- u. Schulwesens verwandt), so daß nur noch 82 übrig blieben, die jetzt wohl 1500 bis 2000 Mönche zählen; die Nonnenklöster wurden durch das Gesetz vom 9. März 1833 auf 30 (mit ungefähr 150 Nonnen) reducirt. Außer der Griechischen Kirche, welche als Staatsreligion gilt, werden alle übrigen Bekenntnisse geduldet u. haben völlig freie Religionsübung; es bestehen neben ihr namentlich noch: die Römisch-katholische (welcher der König selbst angehört [doch muß sich der Thronfolger zur Griechischen Kirche bekennen], u. die 1 Erzbischof auf Naxos u. 4 Bisthümer zu Syra, Adros, Tyne-Mykone u. Santorin u. ungefähr 100 Priester u. Mönche, 43 Kirchen, 9 Klöster u. 2 Seminare hat, im Ganzen zählt sie gegen 25,000 Seelen), der Protestantismus, selbst der Islam u. der Mosaismus. Was den öffentlichen Unterricht anbelangt, so gab es vor der Revolution für die christliche Bevölkerung keine öffentlichen, sondern nur einige wenige Privatunterrichtsanstalten u. Stiftungen. Seit König Otto ist für den Unterricht dagegen sehr viel geschehen. 1856 besaß G.: 1 Universität, 11 Gymnasien (darunter 7 öffentliche, u. zwar 2 in Athen, 1 in Nauplia, Patras, Syra, Tripolizza u. Lamia), 93 öffentliche u. Privathellenische Schulen, 300 Privat-Simultan-Primärschulen u. 450 öffentliche Primärschulen (mit insgesammt nahe an 60,000 Schülern). Die Otto-Universität in Athen ist nach deutschem Muster gebildet u. besitzt 4 Facultäten, Bibliothek (80,000 Bände), Sternwarte, Museum u. Botanischen Garten u. zählte 1856 schon 43 Professoren u. ungefähr 400 Studenten. Die Gymnasien sind ebenfalls den deutschen nachgebildet u. unfassen beinahe die nämlichen Unterrichtsgegenstände im Lehrplan. Die hellenischen Schulen entsprechen so ziemlich unsern Bürgerschulen. Schulpflichtig ist jedes Kind von 5–12 Jahren. Dennoch genießt verhältnißmäßig noch wenig von der schulpflichtigen Jugend Elementarunterricht. Für besondere Fächer bestehen: eine Polytechnische Schule in Athen, ebenfalls nach deutschen Anstalten dieser Art eingerichtet, zu welcher ein ungemeiner Zudrang ist, eine Militärschule (das Institut der Cuelpiden) in Athen, welche 1856 gegen 80 Zöglinge zählte, die sich entweder zu Architekten, Civilingenieuren etc. ausbilden, od. nach achtjährigem Cursus in die Armee als Offiziere od. Junker eintreten, u. 2 Schifffahrtsschulen in Syra u. Nauplia, wo sich die Schüler drei Jahre in der Theorie u. Praxis der Nautik bilden sollen; ferner eine Normalschule (Seminar) in Athen zur Ausbildung von Schullehrern, ein Geistliches Seminar, 3 Priesterschulen, eine Landwirthschaftliche Schule in Tyrinth, eine Schule für Gewerbe u. Künste in Athen. Die Summe von 75,000 Thlrn., welche die Erhaltung der Schulen sonst kostete, ist von dem Erlös der geschlossenen Klöster (125,000 Thlr.) auf 110,000 Thlr. erhöht. Obgleich die edleren Theile der Bevölkerung die Werke der alten Griechen studiren u. deren wissenschaftlichen Ruhm wieder erwerben möchten, so ist doch bis jetzt noch nicht viel Ersprießliches geleistet worden, s. Neugriechische Literatur. Der Hauptpunkt für das wissenschaftliche Leben ist immer nur Athen, wo auch Vereine für Naturwissenschaften, Medicin, Archäologie u. Schöne Künste nach dem Muster der anderen europäischen Staaten errichtet sind. Politische Zeitungen erschienen 1853 in ganz G. 23, davon 14 in Athen.

Von anderen Beschäftigungen treiben die Griechen mehr Ölbau (iedoch müssen sie sich Ölbäume erst wieder anpflanzen, da die Ägyptier bei der Invasion 1825–27 die meisten Ölpflanzungen im Peloponnes u. Livadien verheerten): Viehzucht (namentlich Schafe u. Ziegen, Rindvieh weniger, da man dessen Fleisch, Milch etc. nicht genießt, sondern dasselbe fast ausschließlich zum Pflügen, Ziehen etc. anwendet)-Korinthenbau (eine Hauptquelle des [595] Reichthums), Bienenzucht, Seidenbau (namentlich in neuester Zeit sehr in Aufschwung), Reis- u. Weinbau (letzterer erzeugt sehr gute Sorten, wird aber ohne Kenntniß betrieben, obgleich neuerdings eine Weinbaugesellschaft die Weine der Inseln zu veredeln strebt, vgl. Griechische Weine) als Getreidebau (hauptsächlich Weizen), welcher nicht einmal genügend ist, u. etwas Jagd. Die Forstwirthschaft steht hinter anderen Staaten noch weit zurück, doch wird von der Regierung viel dafür gethan; der Bergbau liegt trotz des Mineralreichthums sehr darnieder. Die Industrie ist ebenfalls noch unbedeutend, da zur schnellen Entwickelung derselben die nöthigen Capitalien fehlen. Von einiger Bedeutung ist die Seidenfabrikation u. Leinwandindustrie; die Baumwollenmanufactur steht noch auf niederer Stufe; zu hoher Vollkommenheit ist dagegen Gold-, Silber- u. Seidenstickerei gediehen; ferner verfertigt man noch Maroquin, Seidenwaaren (Hemden, Schnüre u. Handschuhe), Gigs- u. Thonwaaren, Tauwerk, Seife, Strohgeflechte etc. Auch die Runkelrübenzuckerfabrikation hat sich in neuester Zeit Eingang verschafft. Handel u. Schifffahrt sind die Geschäfte, welche die Griechen am geschicktesten betreiben. Es werden nicht nur die Landesproducte aus- u. dagegen die Bedürfnisse eingeführt, sondern G. besitzt auch für fremde Plätze einen großen Theil der Verschiffung. Die Handelsmarine G-s hat sich deshalb auch mit wunderbarer Schnelligkeit entwickelt; sie bestand 1821 noch aus 449 Fahrzeugen mit 52,000 Tonnen Gehalt, welche im Freiheitskampf größtentheils verloren gingen, u. zählte Ende 1857 bereits 43;9 Fahrzeuge mit 325,000 Tonnen Gehalt u. 26,000 Köpfen Bemannung. Die Einfuhr (hauptsächlich Getreide, Holz, Baumwollenwaaren etc.) betrug 1856 über 25 Mill. Drachmen (wovon der größte Theil auf Großbritannien, Österreich u. die Türkei kommt), die Ausfuhr (hauptsächlich Seide, Korinthen, Wein u. Knoppern) 1856 nahe an 14 Mill. Drachmen (größtentheils nach der Türkei, Großbritannien u. Österreich). G. besitzt fast allenthalben gute Häfen. Haupthandelsplätze sind Syra, Nauplia, Korinth, Patras u. der Piräos. Die oberste Behörde ist der Generalhandelscomité in Athen, zu welchem jede Handelskammer (zu Syra, Nauplia u. Patras) einen Abgeordneten schicken darf u. welcher unter dem Minister des Innern die Angelegenheiten des Verkehrs berathet. Es besteht von Athen ein Dampfschiffcurs nach Triest, ein anderer von Athen über die Kykladen u. Smyrna nach Constantinopel; diese Dampfschifffahrtsgesellschaft besaß 18579 Dampfschiffe mit einem Gehalt von 11,200 Tonnen. Seit 1837 besteht eine Seeassecuranzgesellschaft; der Plan zu einer Nationalbank scheiterte Anfangs (1828 u. 1836): 1841 wurde dieselbe mit einem Capital von 5 Millionen Drachmen (in 5000 Actien à 1000 Drachmen) aufs Neue begründet; sie discontirt Wechsel u. andere kaufmännische Papiere, leiht auf Grundstücke, Werthgegenstände etc. u. ist ermächtigt, gewisse Summen in nationalen Unternehmungen anzulegen; sie emittirt Noten zu 10, 25, 50, 100 u. 500 Drachmen. Der Binnenhandel wird auf Saumthieren betrieben u. dadurch sehr erleichtert, daß man von jedem Punkte G-s höchstens eine Tagereise zur See hat. Für Fahrstraßen war ehedem sehr schlecht gesorgt u. bei Ankunft des Königs Otto (1833) besaß ganz G. keine einzige Chaussee; die Regierung hat indessen für die Anlage von Chausseen u. Fahrstraßen sehr viel gethan, u. Ende 1855 waren bereits 372 Kilomètres dem Verkehr übergeben. Von Eisenbahnen ist bis jetzt nur eine solche von Athen nach dem Piräus projectirt. Telegraphen besitzt bis jetzt das Land noch nicht, doch steht Athen submarin mit Syra, Chios, Constantinopel u. Kreta in telegraphischer Verbindung. Handels- u. Schiffahrtsverträge hat G. abgeschlossen: mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika 1831, mit Österreich 1835 u. 36, mit Hamburg 1836, mit Großbritannien 1837, mit Schweden 4836 u. 37, mit Preußen 1839, mit Belgien 1840, mit Sachsen 1841, mit Bremen 1843, mit Dänemark 1843 u. 46, mit Holland 1843 u. 51, mit Hannover 1846, mit Rußland 1850, mit Sardinien 1851, mit der Pforte 1855; aller Flaggen (Schiff wie Ladung) werden der griechischen Flagge gleich behandelt; Gesandten u. Chargés d'affaires gibt es fast von allen Nationen, selbst von der Pforte, in Athen; sie nützen jedoch weniger, als die Consuln u. Handelsagenten, welche alle bedeutenderen Mächte in den wichtigern Plätzen haben.

Der Verfassung nach ist G. ein constitutionelles Königreich. König ist Otto I. (s. Griechenland Geneal.). Bei der Kinderlosigkeit des Königs sind durch das Londoner Protokoll vom 20. November 1852 nähere Bestimmungen über die Thronfolge getroffen, s.u. Griechenland (Gesch.); doch können die Kronen von G. u. Baiern nie auf einem Haupte vereinigt werden. Die gegenwärtige Verfassung beruht auf der am 6. März 1845 von der Nationalversammlung angenommenen u. am 18. März desselben Jahres vom König beschworenen Constitution (Σύνταγμα); die Hauptgrundsätze derselben sind: Die griechische Religion ist Staatsreligion, alle anderen Religionen sind geduldet; die Nationalkirche ist nur dogmatisch mit der Orientalisch-orthodoxen Kirche verbunden, administrativ dagegen selbständig u. wird von einer heiligen, aus Prälaten zusammengesetzten Synode verwaltet etc. (s. Griechische Kirche). Alle Hellenen sind gleich vor dem Gesetz; zu Staatsämtern sind nur griechische Bürger befähigt. Die persönliche Freiheit ist unantastbar; gerichtliche Verfolgung findet nur auf Grund des Gesetzes statt. Es besteht Petitionsrecht, Preßfreiheit ohne Cautionsstellung; das Briefgeheimniß ist gewährleistet. Folter, Sklaverei u. allgemeine Vermögensconfiscation sind verboten Die Gesetzgebende Gewalt steht gemeinschaftlich bei dem König, dem Senat (Γερουσία) u. der Abgeordnetenkammer (Βουλή), sie haben gegenseitig die Initiative; die vollziehende Gewathat der König durch die Minister; der König ist unverletzlich, die Minisier sind verantwortlich. Der König erklärt Krieg, schließt Friedens- u. Allianzverträge, bedarf jedoch zu den Handelsverträgen der Zustimmung der Kammern; er ernennt u. entläßt die Minister wie die übrigen Staatsbeamten, ist oberster Kriegsherr, beruft, vertagt, suspendirt u. schließt die Sitzungen der Kammern, löst die Abgeordnetenkammer auf u. übt das Begnadigungsrecht; Adelstitel kann er weder verleihen, noch von auswärts verliehene bestätigen Die Erbfolge der Krone geschieht in gerader Linie: jeder Thronfolger muß sich zur Griechischen Kirche bekennen; bei Erledigung[596] des Thrones findet neue Wahl statt. Die Kammern treten alljährlich zusammen, die Sitzungen sind öffentlich, die Abgeordneten unverletzlich; keine Abgabe darf ohne Bewilligung der Kammern ausgeschrieben werden. Die mindestens 80 Abgeordneten werden auf 3 Jahre erwählt, müssen griechische Bürger u. 30 Jahre alt sein. Die mindestens 27 Senatoren ernennt der König auf Lebenszeit; ein Senator muß 40 Jahre alt sein u. sich ausgezeichnet haben. Der Senat entscheidet über die von der Abgeordnetenkammer erhobenen Ministeranklage. Die Richter werden auf Lebenszeit vom König ernannt u. sind nur nach Urthel u. Recht absetzbar. Gerichtssitzungen sind öffentlich; Geschworengerichte entscheiden auch über politische u. Preßvergehen. Die oberste Staatsbehörde ist der Ministerrath; es bestehen sieben Ministerien, nämlich des königlichen Hauses u. des Äußern, des Innern, des Cultus u. des Unterrichts, der Justiz, der Finanzen, des Kriegs u. das der Marine. Im Cabinet des Königs arbeiten die Cabinetsräthe; unter dem Gesammtministerium stehen der Rechnungshof, das Generalschatzamt u. das Generalpostamt. Die Rechtspflege ist in weit besserer Ordnung als früher. Oberster Gerichtshof ist der Areopag in Athen; Gerichte zweiter Instanz sind die beiden Appellationsgerichte in Athen u. Nauplia; Gerichts- u. Assisenhöfe erster Instanz gibt es 10; außerdem noch 108 Friedensgerichte, welche in leichteren Rechtsfällen u. Polizeisachen entscheiden, u. für Civilsachen Schiedsgerichte. Das früher unter den Mainoten bestehende Faustrecht ist durch die Zerstörung der 800 dortigen Thürme gebrochen. Die vier wichtigsten neuen Gesetzbücher sind seit 1834 eingeführt, nämlich der Strafcodex vom 30. Decbr. 1833 (dem Code Napoléon nachgebildet), das Gesetz über Verfahren in Strafsachen vom 22. März 1834 mit Geschwornen, die Gerichts- u. Notariatsordnung vom 2. Febr. 1834, u. die Civilproceßordnung vom 14. Apr. 1834; als Civilgesetzbuch gilt das Πρόχειρον τῶν νόμων (d.i. Handbuch der Gesetze), ein Auszug aus der 1345 von dem Byzantiner Harmenopoulos verfaßten Basilika; das Militärstrafgesetzbuch ist ebenfalls dem französischen nachgebildet (das Militär hat besonderen Gerichtsstand); das Handelsgesetzbuch ist das französische Code de Commerce; in Ehesachen gilt das Canonische Recht. Der Areopag in Athen ist das Cassationsgericht; er hat über Rechtspunkte, Competenzfragen u. angegriffene falsche Auslegung eines Gesetzes zu entscheiden. Die eingelegte Cassation hat in der Regel keinen Suspensiveffect. Außer den erwähnten organischen, Gesetzen bestehen Gewohnheitsrechte, ja in manchen Fällen, bes. wo es sich um den auf den Staat übergegangenen Grundbesitz der Moscheen handelt, gelten noch türkische Gesetze. Das Vormundschaftswesen wird von einem Familienrath (sonst meist unter Vorsitz des Bischofs) gebildet; jetzt hat der Staatsprocurator die Obervormundschaft u. der Friedensrichter die Leitung u. Prüfung des Familienraths. Testamente gibt es nach der Bestimmung von 1830 öffentliche, geheime, holographische u. mündliche. Das Hypothekenwesen ist völlig von der Justiz getrennt, es wird von eignen Beamten geleitet u. ist durch Hypothekengesetze vom 23. Aug. u. 24. Nov. 1636 regulirt. Die Rechtsvollstreckung ist der Partei überlassen, welche damit einen Gerichtsboten, nach Art der französischen Huissiers, beauftragt, sich aber auch an den Friedensrichter od. Tribunalspräsidenten wenden kann, um dieselbe zu verordnen. Die Todesurtheile werden durch die Guillotine vollstreckt. Für das Innere sind neuerdings die zweckmäßigsten Anstalten getroffen worden, namentlich ist das Gemeindewesen u. die Gemeindepolizei gut organisirt. Als Sicherheitspolizei besteht ein treffliches Gendarmeriecorps von 36 Brigaden zu Fuß, 20 zu Pferd, im Ganzen 448 Mann unter Oberst Rosner, welchem 1000 Hülfsgendarmen beigegeben sind. Im Nothfall müssen sie von dem Militär u. der Landesbewaffnung unterstützt werden. Die Gendarmen sind blau uniformirt. Die Gemeinden sind für in ihrer Flur begangene Räubereien verantwortlich, mitverantwortlich auch alle in der Nähe befindliche Hirten, Waldarbeiter, Gastwirthe etc. Bei den oft in der Türkel vorkommenden Pestfällen ist die Gesundheitspolizei ein Hauptaugenmerk der Behörden G-s u. deshalb 10 Kreisärzte angestellt, welche auf alles Medicinische, auf jede Contagion, auch auf Naturhistorisches zu achten haben. Auch die Hebammen stehen unter ihnen, u. ihnen ist zugleich das Quarantänewesen, deren bedeutendste Anstalt in Syra ist, anvertraut. Die Finanzen G-s befanden sich seither in einem traurigen Zustande, obgleich die Regierung die höchste Ökonomie eingeführt hat; nur erst in den letzten Jahren übersteigen die Einnahmen die Ausgaben. Nach dem Budget von 1859 belaufen sich die Einnahmen auf nahe an 19 Mill. Drachmen, die Ausgaben auf wenig über 18 Mill. Die Einnahmen bestehen in: a) directen Abgaben (worunter die Zehnten [die bedeutendste über 7,200,000 Drachmen], dreiprocentige Abgaben für Dotationen, die Viehsteuer [über 2 Mill. Drachmen], Patent-, Miethsteuer begriffen sind); b) indirecten Abgaben (Zoll [3 Mill. Drachmen], Stempel, Consulats-, Hafen- etc. Abgabe); c) öffentlichen Anstalten (Münze, Post, Druckerei u. lithographische Anstalt); d) Staatsdomänen (Münze, Mineralwasser, Salzwerke, Fischereien, Posten, Olivengärten, Weinberge u. Korinthenanpflanzungen, Gärten, Mühlen u.a. Werkstätten); e) Domänenverkauf; f) verschiedenen Einnahmen. Unter den Ausgaben sind die wichtigsten: das Heer, nahe an 5 Mill. Drachmen, die Marine, über 11/2 Mill. Drachmen; die Zinsen der auswärtigen Staatsschulden betrugen über 11/2 Mill. Drachmen, Verwaltungskosten über 11/2 Mill., die Civilliste des Königs 1 Mill. Drachm. etc. Staatsschulden hatte G. 1838 180 Mill. Drachmen (45 Mill. Thlr); 1856 hatten sich dieselben bis auf 112 Mill. Drachmen vermindert, u. bestanden noch aus: a) auswärtige Schuld (Rothschildsche Anleihe) über 66 Mill.; b) Schuld an Baiern, über 31/2 Mill. Drachm.; c) innere Schuld gegen 10 Mill. Drachm., das Übrige Zinsenrückstände u. schwebende Schuld. Die Generalcontrole der Finanzen führt der Rechnungshof (s. oben).

Das griechische Heer ging auf eigenthümliche Art aus einem früheren rohen Zustande hervor. Zur Zeit der türkischen Herrschaft waren nämlich die Bergbewohner immer gegen die aufgedrungenen Oberherrn bewaffnet, trieben neben dem Kriegshandwerk auch Räuberei u. wurden daher von den ruhigen Bewohnern des flachen Landes als Räuber betrachtet, deshalb auch Klephten (griech. so v.w. [597] Räuber) genannt. Durch eine Umkehrung der Begriffe hieß später auch die sich aus ihnen bildende Miliz, welche den Paschas u. anderen Stellvertretern der Pforte in Erhaltung der Ordnung beistand, Klephten; sie standen unter einzelnen Capitanis; der Bezirk derselben hieß Armatoliki u. die einzelnen Krieger Armatolen. Im Geiste des Mittelalters hießen diese Armatolen auch Palikaren (Knappen, Gefährten, Helden), u. die Capitanien auch Palikaria. Solche Bezirke waren in Macedonien, Thessalien, Akarnanien u. Ätolien 14. Diese alte Nationalmiliz trug die griechische Nationaltracht (s. oben), war mit langen Flinten, Pistolen, Handschar bewaffnet, u. die Soldaten erhielten monatlich meist 25 türkische Piaster (täglich 15 Paras), gingen aber nach Belieben zu dem Capitani vielleicht von der Gegenpartei, welcher sie besser bezahlte. Ihre Fechtart war die zerstreute der Türken; in Gräben, hinter Erdaufwürfen u. alten Mauern warteten sie auf den Feind u. schossen da in großer Entfernung. Als Verschanzungen wurden Thürme u. Tambours angelegt. Gegen Gefangene waren sie grausam. Als 1821 die Griechische evolution ausbrach, waren sie der Kern der bewaffneten Macht u. bildeten unregelmäßige Corps, wogegen die Taktiker, eine reguläre Truppe, von den Generalen Normann, Fabvier u. Heidegger einzurichten versucht wurden. Aus beiden Elementen wurde nach Ankunft des Königs 1833 die reguläre Armee errichtet. Über die Art ihrer Bildung s. Griechenland (Gesch.). Gegenwärtig (1859) besteht das griechische Heer etatsmäßig aus 3 Regimentern Linieninfanterie (à 2 Bataillone zu 6 Compagnien) u. 3 Bataillonen Jägern, zusammen 6712 Mann; 3 Schwadronen Reiterei (zusammen 327 Mann), 1 Bataillon Artillerie (à 4 Compagnien, zusammen 363 Mann), Gendarmerie 1446 Mann, Grenztruppen 542 Mann, außerdem 1 Handwerks- u. 1 Pompierscompagnie, Geniestab, Adjutantur etc.; insgesammt 9686 Mann. Die Linieninfanterie ist europäisch uniformirt (hellblaue Uniform, roth aufgeschlagen, Beinkleider: bellblau, Kopfbedeckung: Czakos); die Jäger sind griechisch gekleidet, mit Fustanella, gleichfarbigen (hellblauen) Jacken, rothen Leibbinden, rothem Feß; die Cavallerie hat grüne Uniform mit carmoisinrothen Aufschlägen, eben solchen Hosen mit carmoisinrothen Streifen, rothe Czapka mit weißen Roßbüschen, das erste Glied führt Lanzen; Artillerie: Uniform dunkelblau, Aufschläge carmoisin. Eine Art Garde bildet die Phalanx, ein Corps, welches, 1835 organisirt, den europäischen zur Disposition stehenden Offizieren gleicht u. in 4 Tetrarchien getheilt ist, deren jede 1 Capitän (mit Oberstenrang), 1 Lieutenant (Oberstlieutenant), 2 Secondelieutenants (Majors) u. 4 Wachtmeister (Hauptleute), sowie 54 Eliten (Lieutenants) enthalten soll. Diese alle sind inactive, aus dem Griechischen Befreiungskriege herrührende Offiziere; jeder trägt die Uniform des Truppentheils, bei welchem er früher stand. Außerdem sind jeder Tetrarchie Veteranensectionen beigegeben. Außer dem eigentlichen Heer besteht noch eine Grenzwehr (Ethnophylakes), welche etwa 4000 Mann stark, in 3 Corps Phthiotis, Eurythanien u. Akarnanien u. 8 Bataillone formirt, in kleinen Abtheilungen von unbestimmter Zahl die türkische Grenze bewacht u. Überschreitung derselben durch Räuber verhüten soll; aus den alten Palikaren gebildet, heißen sie gewöhnlich Palikaren, u. sind irreguläre Truppen. Im Fall der Noth kann gegen Empörung u. feindliche Einfälle der Landsturm aufgeboten werden. Die Ergänzung des Heeres geschieht durch Freiwillige u. durch Conscription, welche im April 1838 befohlen wurde, aber Anfangs einigen Widerstand fand, jetzt aber ruhig vollzogen wird. Dienstzeit 4 Jahre, vom 18. Jahre an; Ausnahmen, die in Baiern gewöhnlichen; Ersatzmänner können gestellt werden; Ausländer sind jetzt ganz aus Per Armee entfernt. Kriegsschule zu Athen, auf welcher in 6 Classen außer Offizieren auch Civilingenieure u. Architekten herangebildet werden. Festungen: Athen (Akropolis), Chalkis, Lamia, Vonitza, Missolunghi. Rhion u. Antirrhion, Navarin, Monembasia, Tripolitza, Nauplia (Palamides) u. Akrokorinth; die meisten stammen noch aus venetianischer Zeit u. sind verfallen; von Bedeutung ist nur Nauplia. Die Marine G-s ging wie die Armee aus dem Volke hervor; es wurden nämlich große Handelsschiffe zum Kriege armirt u. siegten meist durch Brander über die türkischen Linienschiffe. Die Flotte besteht gegenwärtig (1858) aus 27 Schiffen mit 149 Kanonen, nämlich 2 Corvetten (eine zu 26, eine zu 22 Kanonen), 3 Dampfern (wovon einer zu 6 Kanonen), 3 Briggs (wovon 2 zu 16 Kanonen u. 1 Transportschiff), 7 Goëlelten (wovon 4 Schraubendampfschiffe mit zusammen 38 Kanonen), 2 Kuttern mit zusammen 9 Kanonen, 2 Postkullern, 4 Kanonenschaluppen mit zusammen 12 Kanonen, 4 Kanonenbooten mitzusammen 4 Kanonen; Bemannung 1000 Mann; außerdem sind noch einige Hundert Personen bei der Marine angestellt, worunter zahlreiche inactive Offiziere. Im Fall des Kriegs kann G. seine große Handelsmarine (s. oben) zur Ergänzung der Bemannung seiner Schiffe benutzen. Das Marine-Arsenal befindet sich auf der Insel Poros. Wappen: ein silbernes Kreuz in blauem Felde, Herzschild die baierischen blauen u. weißen Rauten, von der Königskrone bedeckt; der Hauptschild wird ebenfalls von der Königskrone bedeckt u. von zwei goldenen gekrönten Leoparden gehalten; das Ganze umschließt ein purpurnes mit Hermelin besetztes Wappenzelt, gleichfalls von der Königskrone bedeckt. Nationalcocarde: hellblau, mit einem 1/3 der Cocarde breiten weißen Rand. Flagge 5 blaue u. 4 weiße Streifen, welche der Länge nach abwechseln, in der unteren Ecke aber das Wappen des Königreichs. Wimpel: hellblau, mit kleinem weißen Kreuz in der obern Ecke. Handelsflagge: die Streifen ohne das Wappen; auch dürfen Kauffahrteischiffe das Wimpel nicht führen. Ehrenzeichen: Orden des Erlösers (s. Erlöserorden) u. Griechisches Ehrenkreuz in Silber, Bronze, Eisen, mit einem Lorbeerkranz umgeben, für Griechen u. Philhellenen, welche den Freiheitskampf mitgemacht; auf dem Avers: Otto I., König von Griechenland; auf dem Revers: Den heroischen Kämpfern des Vaterlands, in Griechischer Sprache, Band blau.

Eintheilung: Anfangs in 3 Provinzen (Festland, Peloponnes u. Inseln), jetzt in 10 Kreise (Nomarchien), deren jedem ein Nomarch vorstand, u. welche wieder in 49 Bezirke (Eparchien) zerfallen, jeder mit einem Eparchen an der Spitze. Eine 1835 in 30 (1838 in 24) Gouvernements (Diikisis) u. 7 Untergouvernements (Hypodiikisis) eingeführte Eintheilung wurde bald wieder aufgehoben. Die[598] 10 Nomarchien sind: a) Attika u. Böotien (mit 5 Eparchien u. der Hauptstadt Athen), 95,220 Ew.; b) Euböa (mit 4 Eparchien u. der Hauptstadt Chalkis), 67,847 Ew.; c) Phthiotis u. Phokis (mit 4 Eparchien u. der Hauptstadt Lamia), 87,676 Ew.; d) Akarnanien u. Ätolien (mit 6 Eparchien u. der Hauptstadt Missolunghi), 101,578 Ew.; e) Argolis u. Korinth (mit 6 Eparchien u. der Hauptstadt Nauplia), 109,477 Ew.; f) Achaja u. Elis (mit 4 Eparchien u. der Hauptstadt Patras), 125,967 Ew.; g) Arkadien (mit 4 Eparchien u. der Hauptstadt Tripolitza), 126,860 Ew.; h) Messenien (mit 5 Eparchien u. der Hauptstadt Kalamata), 100,757 Ew.; i) Lakonien (mit 4 Eparchien u. der Hauptstadt Sparta), 88,425 Ew.; k) Kykladen od. Cycladen (mit 7 Eparchien u. der Hauptstadt Syra), 139,337 Ew. Hauptstadt des ganzen Königreichs: Athen, früher Nauplia.

Münzen: Unter Capo d'Istrias wurde nach Phönikes à 100 Lepta gerechnet, 1 Phönix = 1 Colonnato od. 1/6 spanischer Piaster; nach Anfang der königlichen Regierung wurde dies aber (nach dem Münzgesetz vom 8. [20.] Februar 1833) dahin abgeändert, daß von da an nach Drachmen zu 100 Lepta Buch u. Rechnung geführt werden sollte, die Norm blieb der 1/6 span. Piaster od. 58,043063 Drachmen = 1 Kölnische seine Mark, also 1 Drachme = 7 Sgr. 2,832 Pf. preuß. Courant od. etwas besser als 20 Kreuzer im damaligen österreichischen Zwanzigguldenfuß; die Phönikes wurden ihres geringeren Gehaltes wegen auf 93 Lepta, die Kupfermünzen (20, 10, 5 u. 1 Lepton) auf 80 Procent des Nennwerthes herunter gesetzt u. von den Staatskassen eingewechselt u. so der Umlauf der neuen Münzen zweckmäßig vorbereitet. Wirklich geprägte Nationalmünzen gibt es: in Gold: Stücke zu 40 u. 20 Drachmen im Feingehalt von 9/10, od. 21 Karat 74 Grän in der rauhen Mark, also 20,241972 Stück à 40 Drachmen = 1 f. Mark, also ein. 40-Drachmenstück– 8,619059 Thlr. à Friedrichsd'or 5 Thlr., u. 40,483944 Stück à 20 Drachmen = 1 f. Mark, also ein 20-Drachmenstück = 4,309525 Thlr.; in Silber: Stücke zu 5, 1, 1/2 u. 1/4 Drachme im gesetzlichen Feingehalt von 9/10 od. 14 Loth 74 Gränin der rauhen Mark; in Kupfer: Stücke zu 10, 5, 2 Lepta u. 1 Lepton. Von fremden Münzen cursiren namentlich französische 20- u. 5-Frankenstücke, deutsche Thaler, österreichische 20-Kreuzer u. spanische Piaster. Als Papiergeld sind die Noten der Nationalbank anzusehen. Wechselcurse durchschnittlich Hamburg, 1 Mark Banco – 2 Drachmen 1 Lepton, Wien u. Triest, 1 Gulden Banknoten = 2 Drachmen 20 Lepta, London, 1 Pfd. St. = 29 Drachmen 65 Lepta, Paris, 1 Fr. = 1 Drachme 15 Lepta. Maße u. Gewichte sind nach dem Gesetz vom 28. Septbr. 1836 die den französischen nachgebildeten metrischen (neue königliche. Maße genannt), doch kommen im Handel hauptsächlich noch die alten Maße u. Gewichte vor. Die neuen sind: die Piki (genau 1 franz. Mètre) à 10 Palmen à 10 Zoll à 10 Linien; die alten: die große Piki od. Elle für Leinen- u. Wollenwaaren = -0,6858 Mètre od. 304 Pariser Linien, 100 große Piki = 102,8260 preuß Ellen; die kleine Piki für Seidenwaaren = 0,6350 Mètre od. 281,488 Pariser Linien, 100 kleine Piki = 95,2092 preuß. Ellen. Wegmaß: 1 (neues) Stadion (genau 1 franz. Kilomètre) – 1000 Piki = 5,429 alte Stadien, 10 Stadien – 1 Meile; Flächenmaß: 1 (neue) Stremma (10 franz. Ares) = 1000 Quadratpiki – 0,787 alte Stremma; Hohlmaß: 1 (neues) Kilo (1 franz. Hectoliter) zu 100 Litres à 10 Kotyli à 10 Mystra à 10 Kubus; gilt für Flüssigkeiten u. Getreide. Für letzteres häufig noch das alte Kilo (1 neues Kilo = 3,015 alte Kilo); das alte Kilo (Kiloz, Quillot) hat 33,148 Liter od. 1671, ot Pariser Cubikzoll, 1 Kilo = 0,60311 preuß. Scheffel; im Innern kommt noch der Staro von 3 Bachels vor = 1,49377 preuß. Scheffel. Flüssigkeiten (Wein, Öl) werden auch häufig nach dem Gewicht verkauft. Handelsgewicht: die neue Mine (11/2 franz. Kilogrammes od. 3 deutsche Zollpfund) zu 1500 Drachmen (franz. Grammes) à 10 Obolen à 10 Gran; 100 Minen sind 1 Talent, 10 Talente = 1 Tonne; doch wird noch meistens nach altem Gewicht gerechnet, u. zwar nach venetianischem Peso grosso zu 12 Onces = 477 Grammes (vgl. Centner, A) b) aa) od. nach Constantinop. Oke zu 400 alten Drachmen – 1280 Grammes (s. ebd. A) p). Als Münzgewicht gilt ausschließlich die neue Mine mit ihrer Decimaleintheilung. Apothekergewicht das baierische. Beschreibungen von G.: Bartholdy, Bruchstücke zur näheren Kenntniß des heutigen G-s, Berl. 1805; Ukert, Gemälde von G., Königsb. 1811, Darmst. 1833; Vaudoncourt, Schilderung des heutigen G-s, aus dem Englischen mit Zusätzen von Bergk, Lpz. 1821; Stourdza, La Grèce en 1821, ebd. 1822; Depping, G. u. die Griechen, Pesth 1823; G. u. die Griechen, nach dem Englischen, von W. A. Lindau, Dresd. 1823 u. 1831; K. Th. Kind, Beiträge zur besseren Kenntniß des neuen G. s, in historischer, statistischer u. geographischer Beziehung, Neust. 1831; Cammerer, Historisch-statistisch-topographische Beschreibung des Königreichs G., Kempt. 1834; Thiersch, De l'état actuel de la Grèce, Lpz. 1833 (deutsch ebd. 1834), 2 Bde.; von Maurer, Das griechische Volk in öffentlicher, kirchlicher u. privatrechtlicher Beziehung, Heidelb. 1835, 3 Bde.; Lischke, Morea u. seine Bewohner, Dresd. 1827; Gell, Beschreibung von Morea, Karlsr. 1829; Strong, Greece as a Kingdom, Lond. 1842; Brandis, Mittheilungen über G., Lpz. 1842; Leconte, Etude économique de la Grèce, Par. 1847; E. Curtius, Der Peloponnes, Gotha 1851; About, Greece and the Greeks of the present day, Edinb. 1855; H. M. Baird, Modern Greece, New York 1856._– Reisebeschreibungen: Choiseul Gouffier, Voyage pittoresque de la Grèce, Par. 1782 (deutsch Gotha 1798); Dodwell, Klassische u. topograph. Reise nach G. im Jahre 1801, 5 u. 6, aus dem Englischen, von Sickler, Mein. 1821, 2 Bde.; Chr. Müller, Reise durch G. u. die Ionischen Inseln, Lpz. 1822; Broendsted, Reisen u. Untersuchungen in G., Stuttg. 1825; von Klenze, Aphoristische Bemerkungen, gesammelt gus einer Reise nach G., Berl. 1838; Greverus, Reise in G., Bremen 1839; Fürst Pückler, Südöstlicher Bildersaal, Stuttg. 1841; Fiedler, Reise durch alle Theile des Königreichs G., 1834–37, Lpz. 1840, 2 Thle.; Steub, Bilder aus G., ebd. 1641, 2 Thle.; Roß, Reisen durch G., 1. Thl.: Reisen im Peloponnes, Berl 1841; J. F. Neigebaur u. F. Aldenhoven, Handbuch für Reisende in G., Lpz. 1842, 2 Thle.; Hettner, Griechische Reiseskizzen, Braunschw. 1853; Appert, Voyage en [599] Grèce, Athen 1856; W. Vischer, Erinnerungen u. Eindrücke aus G., Bas. 1857. Karten: Fried, Karte von Alt- u. Neu-G., Wien 1825, 4 Bl.; Weiland, Das Königreich G., Weim. 1832; Fiedler, Geognostisch-bergmännische Karte von G., Lpz. 1840; Aldenhoven, Carte du royaume de la G., Athen 1841, 8 Bl.; H. Kiepert, Das Königreich Hellas od. G., Weim. 1849; Carte de la Grèce, rédigée d'après la triangulation et les levés exécutés par les offciers du corps d'étatmajor, Par. 1852, 6 Bl.; Derselbe, Generalkarte der europäischen Türkei u. G-s, Weimar 1853; Ziegler, Karte der europäischen Türkei u. G-s, Lpz. 1858; M. Busch, Reisehandbuch für G. mit Einschluß Thessaliens. Albaniens, der Inseln des Archipelagus u. der Ionischen Republik, Triest 1859.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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