Jesuiten

Jesuiten

Jesuiten (Jesuiter, Gesellschaft Jesu) Orden regulirter Geistlicher. I. Geschichte des Ordens von der Stiftung 1539 bis zur Auflösung 1773. A) Die Stiftung. Ignaz von Loyola (s.d.), verwundet bei der Vertheidigung von Pampelona 1521 u. aufgeregt durch Lesen von Legenden, verband sich 1534 in Paris mit einigen Studenten (Pierre le Febre, Franz Xaver, Jakob Lainez, Nikol. Bobadilla u. Rodriguez) zur Bekehrung der Ungläubigen u. zu einer Reise nach Jerusalem. Ein Türkenkrieg vereitelte diesen Plan, Loyola, le Febre u. Lainez gingen nach Rom u. Erster bildete hier den Verein 1539 zu einem förmlichen Orden aus, welcher 1540 auch die päpstliche Bestätigung erhielt u. dessen Glieder, außer zu Armuth, Keuschheit u. unbedingtem Gehorsam gegen die Oberen, auch zur Bekehrung der Ketzer u. Ungläubigen überall verpflichtet wurden. Die eigene innere Vervollkommnung, Beförderung des Seelenheils Anderer, Verbreitung der reinen katholischen Lehre, Verdrängung des Protestantismus durch Unterricht u. Missionen, war der Zweck des Ordens, welcher von den Päpsten Paul III. u. Julius III. mit vielen Privilegien ausgestattet wurde. Die wichtigsten derselben waren: das Recht des Generals, die Mitglieder von allen Sünden u. Strafen zu absolviren, die Freiheit der Personen u. Güter von der bischöflichen Gerichtsbarkeit, indem dieselben unmittelbar unter dem Papst standen, die Erwerbung aller Arten von Gütern ohne päpstliche Bestätigung, das Recht Kirchen zu erbauen, Collegien zu stiften, die Mitglieder von Fasten, Speiseverboten[800] u. Abwartung der kanonischen Stunden zu dispensiren etc.

B) Die Organisation des Ordens war sehr künstlich; der Ordensgeneral, dessen Residenz Rom, dessen Amt lebenslänglich, dessen Recht unumschränkt u. selbst darauf gerichtet ist, Glieder des Ordens hinzusenden, wo er es für gut findet, als Missionäre od. als Lehrer der Theologie mit akademischer Würde einzusetzen, ist mit einem Admonitor, welcher ihn stets controlirt, mit einem Generalverweser als Bevollmächtigten u. fünf Räthen od. Assistenten, welche die fünf Hauptnationen (Italiener, Deutsche, Franzosen, Spanier u. Portugiesen) repräsentiren, umgeben, u. ihm haben die Provinzialen monatlich, die Superioren der Profeßhäuser, die Rectoren der Collegien u. die Novizenmeister vierteljährig über alles Wichtige, bes. über politische u. kirchliche Ereignisse, über Fähigkeiten u. Wirksamkeit der Ordensglieder Bericht zu erstatten, worauf der General das, was gethan werden soll, befiehlt. Die Mitglieder des Ordens, welcher ursprünglich nur 60 Glieder zählen sollte, wurden später in vier Stände od. Klassen getheilt: a) Novizen; ohne Rücksicht auf bürgerliche Verhältnisse aus den fähigsten u. unternehmendsten Jünglingen u. Männern gewählt, u. unter einem Novizenmeister u. dessen Socius, klugen, in die Zwecke des Ordens eingeweihten u. Zutrauen erweckenden Männern, u. unter dem Manuductor in den Novizenhäusern lebend. Sie können wieder aus dem Orden treten od. gestoßen werden. Vornehme Weltleute, Beamte u.a. Personen, welche dem Orden nützen können, werden bisweilen in diesen Grad aufgenommen. Solche hießen Jésuites de la robe. Die Novizen sind aa) Scholastiker, welche den Wissenschaften sich widmen wollen; bb) Coadjutoren, welche, als Nichtstudirte, blos zu häuslichen Verrichtungen angenommen werden. b) Approbirte Scholastiker, Schüler der geistlichen Coadjutoren, in welche Klasse die Novizen, nach bestandenen beiden Prüfungsjahren, mit dem Gelübde der Treue gegen den Orden übertreten. Diese werden in die Collegien gesandt, um nach Maßgabe ihrer Kenntnisse unter dem Rector des Collegiums in den Wissenschaften Unterricht zu ertheilen od. zu nehmen. c) Formirte Coadjutoren: aa) weltliche, solche, welche obwohl ohne Studien u. priesterliche Weihe, doch durch ihre lenkbare, stille Gemüthsart dieses Grades sich würdig gemacht haben u. sich von den Priestern durch ihre Kleidung unterscheiden; od. bb) geistliche, Priester, welche in den Wissenschaften u. dem Wandel vorgerückt sind, zwar in den Verhandlungen eine Stimme, aber kein Wahlrecht des Generals haben u. bei ihrem Eintritt in diesen Grad ihren Gütern entsagen. d) Professen: aa) von drei Gelübden, diese leisten einfache, die Coadjutoren feierliche Gelübde ab. Die Professen müssen nicht nur so viel wissenschaftliche Bildung besitzen, daß sie das Amt eines Beichtvaters mit Würde übernehmen können, sondern auch durch Fähigkeit u. Verdienste 7 Jabre lang bekannt sein; bb) von vier Gelübden (als viertes noch, Missionen zu übernehmen); diese sind die vornehmsten u. gleichsam das Herz der Gesellschaft. Sie müssen neben den Humanioren Philosophie u. 4 Jahre Theologie studirt u. disputirt haben, 33 Jahre alt u. Priester sein. Sie allein sind in die Geheimnisse des Bundes eingeweiht, haben Sitz u. Stimme in den General- u. Provinzialversammlungen, bekleiden die vornehmsten Ämter u. erwählen aus ihrer Mitte den General. Doch können sie, wie die Glieder der übrigen Klassen, jedoch nicht ohne Urtheil, entlassen werden. Die Professen sind die Missionärs unter Heiden u. Ketzern, die Regenten in fernen Colonien des Ordens, die Beichtväter der Fürsten, die Residenten an Orten, wo der Orden noch kein Collegium hat; sonst leben sie in den Collegien frei; vom Unterricht der Jugend sind sie entbunden. Die J. leben meist in eigenen Profeßhäusern, deren jedem ein Superior vorsteht, u. in Collegien, eigenen Schulen, auch für die Novizen, unter einem Pater regens od. Rector. Bei der Aufnahme in den Orden, durch den Provinzial (Vorsteher der Provinz), unterstützt vom Provinzialprocurator, herrscht große Strenge; fünf Hauptpunkte, Confessionswechsel, entehrende Verbrechen, Theilnahme an anderen Mönchsorden, Verheirathung od. Leibeigenschaft u. Disposition zu geistigen Krankheiten sind Hindernisse des Eintritts. Der Eintretende wird zuvor einer ganz genauen Prüfung unterworfen u. durch die an ihn gerichteten Fragen ein vollkommener Überblick über das innere u. äußere Leben desselben gewonnen. Hierauf hat er eine Generalbeichte über sein ganzes früheres Leben abzulegen, u. es beginnt nun eine neue Prüfung mit neuen Befragungen u. geistlichen Übungen, worauf die Aufnahme in das Novizial ohne besondere Ceremonie vor sich geht. Der Novize, welcher damit der Gnaden u. Ablässe des Ordens theilhaftig, in die Geheimnisse desselben aber keineswegs eingeweihet wird, erhält eine 6 Fuß breite u. 7 Fuß lange Zelle mit einem Bett, Stuhl u. Betpult in dem gemeinschaftlichen Schlafsaal u. ist genau an die Tagesordnung (früh 4 bis Abends 9 Uhr Gebet, Lectüre, körperliche u. geistliche Übungen, Gewissenserforschungen u. Unterricht in verschiedenen Gegenständen) gebunden. Die Speisen werden gut u. sehr reichlich verabreicht. Übrigens ist Stillschweigen die Regel, das Haus darf nur bei Spaziergängen verlassen u. die Stadt nur selten betreten werden; empfangene u. abgesendete Briefe der Zöglinge werden von den Oberen gelesen u. die Gewissenserforschungen durch die Oberen fortgesetzt. Nach zwei od. drei Jahren beichtet er über sein Noviziat, legt die drei Gelübde der Armuth, Keuschheit u. des Gehorsams ab, u. nun beginnen die eigentlichen Studien, Rhetorik u. Literatur, Mathematik u. Physik, Pädagogik u. Literatur nach einem statutenmäßig festgesetzten Cursus. Für die Studien selbst gilt die Ratio atque institutio studiorum Societatis Jesu von 1832, mit bestimmten Vorschriften über die einzelnen Fächer, Repetitionen, Privatstudien etc. Nach Vollendung der Studien folgt noch ein drittes Prüfungsjahr in einem abgesonderten Raume des Novizenhauses, der Examinand wird mit der Constitution des Ordens bekannt gemacht u. er wird nun durch die Weihe wirkliches Gesellschaftsmitglied. Das Aufsteigen in höhere Grade ist ebenfalls an gewisse Formen u. Voraussetzungen gebunden.

C) Die Verbreitung des Ordens. Sogleich nach der Bestätigung des Ordens, 1540, errichteten Franz Xaver u. Rodriguez in Portugal, auf die Aufforderung der Regierung, Collegien; in Italien kam ihnen das Ansehen[801] des Papstes sehr zu Statten; in Spanien, wo sich ihnen Anfangs die Bischöfe heftig widersetzten, erlangten sie, bes. durch Franz Borgia, Aufnahme, eben so in Deutschland, bes. in Österreich u. Baiern, wo sie bald der Universitäten in Prag, Wien u. Ingolstadt durch ihre berühmten Gelehrten Le Jay u. Canisius Meister wurden u. dort die Herrschaft zwei Jahrhunderte behaupteten. Auch in Nordamerika lehrten sie, bekehrten viele Irokesen u. errichteten in Californien eine Mission. Im portugiesischen Ostindien bekehrte Franz Xaver mit seinen Gehülfen seit 1541 bis nach Japan hin (wo sie jedoch zu Ende des 16. Jahrh. wieder vertrieben wurden), Viele zum Christenthum. Aber das Parlament u. der Clerus Frankreichs, so wie die Universität in Paris, welche den Orden für staatsgefährlich erklärte, setzten sich ihrem Eindrängen offen entgegen, so daß sie nur durch Gunst des Hofes 1562, unter dem Namen der Väter des Collegiums zu Clermont, mit fast gänzlicher Entsagung ihrer Gerechtsame, eine Stätte finden konnten. An der Westküste von Afrika wurden sie auch nicht aufgenommen u. an der Ostküste von den Kopten vertrieben, von den Abyssiniern sogar getödtet. In den protestantischen Ländern Europas wurden sie gar nicht angenommen, od. bald wieder vertrieben. Zu der Zeit des Todes des ersten Generals Loyola, 1556, als Lainez, ein Hauptwerkzeug für weitere Ausbildung u. Verbreitung des Ordens, zum zweiten General erwählt wurde, bestand der Orden schon aus mehr als 1000 Gliedern in 12 Provinzen; auch verschwand unter Lainez (st. 1564) immer mehr der ascetisch-mönchische Geist, u. es trat die feinere Weltbildung in den Vordergrund, wodurch sich die J. zu Beichtvätern, Predigern u. Jugendlehrern geschickt machten; selbst der mönchisch-fromme Franz Borgia, sein Nachfolger, u. die Päpste vermochten nicht, dieser Richtung entgegenzuwirken, u. die Abhaltung der kanonischen Stunden durchzusetzen. Der vierte Ordensgeneral Aquaviva, 1581–1615, entwarf zuerst den ausführlichen Lehrplan, wodurch die J. Collegien für alle Stände anlegten, welche bes. von vornehmen Jünglingen, auch Protestanten, häufig besucht wurden; hierdurch erhielten die I. vollständig Gelegenheit, die besten Köpfe für den Orden zu gewinnen.

D) Die Bekämpfungen der Jesuiten u. ihre Streitigkeiten. Die große Bedeutung der I. u. ihre umfassende Thätigkeit erweckten ihnen bald Gegner. Die Universitäten, Bischöfe u. Pfarrer, die übrigen Mönchsorden (die Karthäuser ausgenommen, bei denen allein die I., außer bei ihren Ordensgliedern, beichten durften), bes. die Dominicaner, die Staatsbeamten u. Juristen, die Staaten endlich selbst, alle beschwerten sich über die zahlreichen Eingriffe, bes. in der Politik, u. über die oft unerlaubten Mittel, welche sie zur Erreichung ihrer Zwecke anwendeten. So wollten sie in Portugal unter Johann III. u. Sebastian nach des Letzteren Tode das Reich an Spanien bringen. Später beschuldigte man sie in Frankreich der Mitwirkung bei Ermordung des Königs Heinrich III., u. wegen des Attentats des Jesuitenschülers Joh. Chatel auf Heinrich IV. wurden sie 1594 aus Frankreich verwiesen, jedoch 1603 von Heinrich IV., auf Bit ten des Papstes, wieder zurückgerufen; der Mord Heinrichs IV. wurde ihnen Schuld gegeben, doch blieben sie in Frankreich ungestört im Besitz ihrer Güter. In England wurden mehrere Mordversuche gegen die Königin Elisabeth u. die Pulververschwörung ihnen wieder allgemein zugeschrieben. Dessenungeachtet gelangte der Orden zu immer höherem Ansehen. Kurz nach dem Tode Aquavivas 1618 zählte derselbe in 32 Provinzen (zu den früheren waren noch die Rheinlande, Niederlande, Polen u. Lithauen, das spanische Amerika, die Philippinen u. China etc. gekommen) über 13,000 Mitglieder, u. 1640 wurde das 100jährige Jubiläum des Ordens von dem Ordensgeneral Vitelleschi begangen. Besonders sichtbar war ihr Treiben in Deutschland, wo sie fast alle Schritte der Ligue leiteten, 1629 von den Kaisern Ferdinand II. u. III., ihren Zöglingen, ein Mandat zur Einziehung aller von den Reichsständen zu restituirenden Kirchengüter für ihren Orden erwirkten u. Lamormain, Beichtvater des Kaisers, Wallenstein stürzte, auch Baiern bei Österreich erhielt. Aber der Kampf, in welchen sie sich mit den Jansenisten (s.d.) verwickelten, war ihnen sehr nachtheilig; man beschuldigte sie des Semipelagianismus; Pascal setzte 1656 in seinen Provinzialbriefen diese Beschuldigungen noch mehr auseinander u. trug viel dazu bei, daß Papst Innocenz IX. 1679 65 anstößige Sätze der jesuitischen Casuisten verdammte. Zwar wirkten die jesuitischen Beichtväter Ludwigs XIV., la Chaise u. le Tellier, königliche Decrete u. päpstliche Bullen gegen den Jansenismus aus, allein dem Publikum waren einmal die Augen über die laxe Moral u. gefährlichen Grundsätze der I. geöffnet. Mehrere Vorfälle in geschlechtlicher Hinsicht, unter denen sogar Schändungen im Beichtstuhle vorkamen, schadeten zugleich den I. ungemein. Dennoch hatte der Orden um die Mitte des 18. Jahrh. 24 Profeßhäuser, 669 Collegien, 176 Seminarien, 61 Noviziathäuser, 335 Residenzen u. 273 Missionen in protestantischen u. heidnischen Ländern, u. gegen 22,600 Mitglieder aller Grade, die Hälfte Priester. Da bereitete der Handel, welchen der Orden auch als eine Erwerbsquelle benutzte, seinen Fall vor. 1743 hatte nämlich der Jesuit la Valette, zur Aufhülfe des in Verfall gekommenen Jesuitencollegium zu Martinique ein Handelshaus daselbst gegründet, das fast den ganzen Vertrieb der Erzeugnisse Westindiens an sich zog. Als nun die Engländer zwei Schiffe, welche von dieser Gesellschaft an das Handelshaus Leoncy zu Marseille gesendet waren, weggenommen hatten, u. die I. sich diesen Schaden zu ersetzen weigerten, wurde ein Proceß anhängig, der Orden durch alle Instanzen zur Entschädigung von 2 Mill. Ladungswerth verurtheilt, u. da der Ordensgeneral Lorenz Ricci die Abänderung mehrer hierbei zum Vorschein gekommener Mißbräuche, mit der Erklärung: Sint, ut sunt, aut non sint! weigerte: so wurden die I., ungeachtet sie Clemens XIII. standhaft vertheidigte, bes. durch den Einfluß Choiseuls, der Pompadour u. des Parlaments, durch ein königlich französisches Decret als eine irreligiöse, unmoralische u. staatsgefährliche Gesellschaft, aus Frankreich verbannt u. 1767 ganz aufgehoben. Auch von Spanien aus hatten sie im 16. Jahrh. eine Handelsansiedelung in Paraguay (s.d.) angelegt u. dort einen förmlichen Staat gegründet, der nur dem Namen nach unter spanischer Hoheit stand. Sie regierten dort mild u. hatten so die Eingeborenen civilisirt u. zu Christen gemacht.[802] 1750 trat nun Spanien durch Tractat an Portugal sieben Pfarrbezirke dieses Landes ab; die I. wollten sich jedoch dieser Einrichtung nicht fügen u. widerstanden mit 14,000 Mann den portugiesischen Truppen. Der Tauschvertrag ging hierdurch wieder zurück, in Portugal wurde aber die Sache streng untersucht u. die J. aus Brasilien verbannt. Da erfolgte 1758 ein Mordversuch auf den König Joseph. Es ergab sich, daß verschiedene Umstände die I., bes. den Beichtvater des Königs, Malagrida, gravirten; die I. wurden in den Proceß verwickelt u. 1759 die I. aus Portugal verbannt. Auf Arandas Rath wurden sie 1767 auch aus Spanien verbannt, da man in den Jesuitencollegien staatsverrätherische Papiere aufgefunden haben wollte, welche den König für einen Bastarden u. des Thrones für verlustig erklärten. Gleichzeitig wurde auch der Jesuitenorden in Neapel, Malta u. Parma aufgehoben. Die bourbonischen Höfe wendeten sich nun an den Papst Clemens XIII., um von diesem die Verdammung der I. u. deren völlige u. definitive Aufhebung zu erlangen. Der Papst wies aber den Antrag nicht nur zurück u. mahnte die Fürsten von der Vertreibung ab, sondern erließ auch eine Bulle, worin er die I. empfahl. Als indeß Clemens XIII. 1766 starb, u. die Versuche, einen den I. günstigen Papst zu wählen, fehlgeschlagen waren, war der Untergang der I. gewiß. Clemens XIV. verweigerte dem General der I., als derselbe sich zum Fußkuß stellte, Umarmung u. Audienz; zwar ertheilte er 1769 ein Ablaßprivilegium für die Missionen der I. u. erklärte auch in einem Schreiben an den König von Frankreich, daß er ein von 19 Päpsten gut geheißenes u. von dem Trienter Concil gebilligtes Institut nicht aufheben, ja nach den Grund]ätzen der Gallicanischen Kirche nicht einmal ändern dürfe; allein die Höfe von Portugal u. Spanien drangen auf die Auflösung der I., u. so decretirte denn Clemens XIV. endlich den 21. Juli 1773 durch ein Breve: Dominus redemtor noster, die Aufhebung der I. in allen Staaten der Christenheit.

II. Geschichte der Jesuiten von ihrer Aufhebung bis 1848. A) Ihre Schicksale bis zur Wiederherstellung des Ordens 1814. Während u. nach der Auflösung hatten die I. ihre Papiere, Acten, Capitalien etc. zu sichern gewußt, u. es blieb ihnen freigestellt, ob sie sich unter andere Orden, od. unter die Aufsicht der Bischöfe begeben wollten. Nur in Spanien u. Portugal wurde ihnen der Aufenthalt versagt. Obgleich König Friedrich II. von Preußen, um sich den Katholiken in seinen Landen geneigt zu zeigen u. das katholische Schulwesen in der Verfassung zu lassen, die ihn nichts kostete, den Orden nicht aufhob, so mußten doch die J. ihr Kleid ablegen, ihrer Constitution entsagen, ihre Wirksamkeit auf den Unterricht beschränken u. den Namen Priester des königlichen Schulinstituts führen. Nachdem aber Friedrich Wilhelm II. das Institut aufgehoben hatte, wendeten sich die I. nach Rußland, welchem Reiche mit seinem Antheil von Polen mehrere Ordenshäuser zugefallen waren. Dort waren sie zwar von Peter dem Großen früher vertrieben worden, allein sie erhielten von Katharina II., aus gleichem Grunde wie in Preußen, Erlaubniß, sich anfänglich in den polnischen Provinzen, später in Rußland selbst aufzuhalten, ja sie durften sogar durch Tschernyschews u. Potemkins Einfluß 1779 ein Generalvicariat anlegen. Damals sollen die J. außer Italien noch gegen 9000 betragen u. sich aller Mittel, selbst des Einflusses auf mehrere geheime Gesellschaften zur Wiedergewinnung ihrer vorigen Macht bedient haben. So drangen sie wenigstens in Frankreich in die Freimaurerei ein u. gewannen Hundt (s.d.), um unter dem Vorwand des Tempelherrnsystems auch den Jesuitismus in Deutschland wieder einzuführen, was ihnen jedoch nur vorübergehend gelang. Auch bei den Rosenkreuzern waren sie thätig u. die Illuminaten (s.d.) waren nach jesuitischen Grundsätzen organisirt. Um diese Zeit erhoben sich, bes. in Norddeutschland, heftige Stimmen gegen die J., bes. die Allgemeine deutsche Bibliothek des Buchhändlers Nicolai in Berlin, u. überall witterte man verkappte I., bei jedem Unheil, das sich ereignete, sollten sie ihre Hand im Spiel gehabt haben. Ging diese sogenannte Jesuitenriecherei vielleicht theilsweise zu weit, so scheint sie doch, wie die Wiederherstellung des Ordens nach wenigen Jahrzehnten bewies, nicht bloses Phantom gewesen zu sein. 1787 versuchten die I. mit veränderter Regel als Vicentiner (s.d.), 1795 unter Paccanari als Väter des Glaubens (Paccanaristen) aufzuleben. Allein ihr erster Versuch mißlang u. die Paccanaristen wurden von den geheimen Obern der I. nicht anerkannt u. wieder aufgelöst. Auch ein Collegium, welches der Abt Broglio bei London förmlich errichtete, wurde wegen Mangels an Subsistenzmitteln wieder aufgehoben; dagegen besteht das 1799 in Stonyhurst bei Preston errichtete Collegium bis jetzt fort (s. unten B) a). Ein günstigerer Stern schien dem Orden unter Papst Pius VII. aufzugehen, welcher denselben 1801 in Weiß-Rußland u. Lithauen unter dem Generalvicar Daniel Gruber bestätigte, 1804 ihn im Stillen auf Sicilien wieder herstellte, 1806 einen I. canonisirte, bis er am 14. Aug. 1814, sobald er wieder freie Gewalt hatte, durch die Bulle Sollicitudo omnium die Wiederherstellungder J. erklärte.

B) Ihre Schicksale von 1814–1848. Nach ihrer Wiederherstellung suchten die J. zunächst a) für ihre Verbreitung zu sorgen. So faßten sie in Rußland immer festeren Fuß, indem ihnen hier selbst ungeachtet des Widerstandes des Cultministers Fürsten Galyzin die Gunst des Kaisers Alexander, die Rücksicht auf die polnischen Provinzen, der Wunsch, das sehr vernachlässigte Schul- u. Erziehungswesen ohne große Theilnahme der Staatsbehörden wohl versorgt zu sehen, u. vor Allem die außerordentliche Klugheit des Generalvicars Thaddäus Brzozowski sehr zu statten kam. In Rom, wo sie ein Noviziat mit einem Cötus von 40 ausgezeichneten Männern errichteten u. 1814 das Collegium Romanum als Eigenthum erhielten, blühte der Orden bes. unter dem Ordensgeneral Aloisio Fortis auf, die Päpste Leo XII., Pius VIII. u. Gregor XVI. wendeten ihm ihre ganze Gunst zu u. der 1829 zum Ordensgeneral erwählte Pater Johannes Roothaan vermittelte eine ganz enge Verbindung mit dem Päpstlichen Stuhle. Auch in die meisten andern italienischen Staaten traten sie ein; in Neapel erhielten sie von Ferdinand I. den größeren Theil ihrer vormaligen Besitzungen zurück u. Franz I.[803] u. Ferdinand II. eröffneten ihnen Gelegenheit zu neuen Ansiedelungen. In Modena gab ihnen Herzog Franz IV. 1815 nicht nur ihr Collegium u. die dazu gehörenden Güter zurück, sondern gestattete auch 1816 die Gründung eines neuen Collegiums u. in dem Königreich Sardinien gründeten sie schon 1815 unter Victor Emanuel, der ihnen geneigt war, ein Collegium, verbreiteten sich auch unter Karl Felix u. Karl Albert immer weiter, erhielten ihre Grundbesitzungen zurück u. gründeten an vielen Orten, z.B. in Novara, Nizza etc., Collegien. Dagegen gab ihren Wünschen in Parma die Erzherzogin Marie Luise, nach langem Widerstand, erst durch ein Decret vom 5. März 1844 ein günstiges Gehör. Auch in Toscana fand der Orden erst 1846 Eingang, u. namentlich entfalteten hier die Frauen vom heiligen Herzen Jesu, welche mit dem Orden in dem genausten Verkehr standen, eine sehr rege, jedoch von der Universität Pisa bekämpfte Thätigkeit. In der Lombardei konnte erst 1837 die erste Ansiedelung vorgenommen werden, u. in Venedig wurde am 31. Juli 1844 ihre Wiedereinführung gefeiert, worauf sie hier im September 1844 das erste Collegium gründeten. In Lucca konnte bei der Abneigung gegen sie kaum ein Versuch zu ihren Gunsten gewagt werden. In Portugal protestirte der König Johann VI. gegen ihre Restitution, u. obgleich Dom Miguel ihre Aufnahme durch ein Decret 1829 genehmigte, so verfügte doch Dom Pedro von Neuem 1834 ihre Vertreibung von portugiesischem Boden. In Spanien wurden sie durch Ferdinand VII. nach dessen Wiedereinsetzung 1824 sofort zurückberufen u. mit großen Besitzungen u. Privilegien ausgestattet, aber in den Carlistischen Kämpfen wurde die Königin Christina 1835 genöthigt, ein Verbannungsdecret gegen sie zu unterzeichnen, u. die provisorische Regentschaft verordnete im December 1840 die Aufhebung des Jesuitenklosters zu Loyola in Guipuzcoa; jedoch fanden sie seit 1844 in Spanien wieder Eingang u. gründeten mehrere Institute. In Frankreich war ihnen die Zeit der Restauration nicht günstig; Ludwig XVIII. behielt wegen der Abneigung des Volks die gegen ihre Wiederaufnahme gerichteten Gesetze bei, was sie indeß nicht hinderte, unter dem Namen Väter des Glaubens sich an verschiedenen Orten niederzulassen. Karl X. aber vermochte ihre Wiederherstellung vor den Kammern, bes. vor den Pairs, nicht durchzusetzen, ja er mußte 1828 die Ordonnanzen unterzeichnen, wodurch 8 Collegien derselben aufgehoben wurden. Jedoch behielten sie ihren Einfluß auf Karl X., die Einsetzung des Ministeriums Polignac war hauptsächlich ihr Werk u. an den Juliordonnanzen hatte der Jesuit Janson, Beichtvater des Königs, großen Antheil. In der Julirevolution mußten sie Frankreich verlassen; doch Ludwig Philipp neigte sich unter dem Einfluß seiner Gemahlin, wie der päpstlichen Partei überhaupt, den I. zu, die zugleich in der legitimistischen Partei einen Stützpunkt fanden. Auch in Belgien wußten die I. festen Fuß zu fassen, selbst der protestantische König Wilhelm I. gestattete ihnen Niederlassungen, u. die spätern strengern Maßregeln wegen ihres Widerstands gegen das Staatsgrundgesetz u. gegen die Regierung wurden aus Rücksicht auf den Adel u. die katholische Bevölkerung Belgiens nicht consequent durchgeführt. Nach der von den I. in Verbindung mit den Liberalen geförderten Trennung Belgiens von Holland 1831 gewannen sie hier ein bei weitem größeres Terrain, als vorher, indem ihnen die freisinnige Verfassung u. bes. die darin gewährleistete Trennung des Staats u. der Kirche zu Statten kam. Auch unter dem protestantischen König Leopold erhöhte sich theils durch politische Rücksichten theils durch die Königin Luise ihr Ansehen u. ihr Reichthum von Jahr zu Jahr, obschon ihr Einfluß seit 1846 durch ihre Kämpfe mit dem Episkopat u. mit der Universität Löwen (s. unten) gesunken ist. In England wurde es den I. durch die dort herrschende Toleranz u. durch das Associationsrecht leicht, sich niederzulassen, u. sie gingen bereits zu Ende des 18. Jahrh. dahin. Ein reicher Katholik, Thomas Weld von Lulworth Castle, schenkte ihnen 1799 das Gut Stonyhurst, das noch jetzt ihren Hauptsitz bildet. Der Versuch der englischen Staatsregierung, durch eine Clausel in der Emancipationsbill 1829 ihrer Thätigkeit Schranken zu setzen, hatte bei ihrer Klugheit, sich den Staatsgesetzen zu fügen, keinen Erfolg u. mit ihren Etablissements in England, wo sie in der Hauptstadt London am 1. Aug. 1849 ihre erste Kirche einweiheten, u. in Irland (in Schottland konnten sie bis jetzt keine Niederlassung gründen) mehrte sich ihr Einfluß für die katholischen Interessen. In der Schweiz berief sie die Regierung von Wallis nach ihrer Restitution, nachdem sie schon mehrere Jahre vorher im Stillen eingezogen waren, u. gab ihnen die früheren Besitzungen zurück. Im Canton Freiburg setzten sie es durch ihre Partei im Großen Rathe durch, daß sie, statt als Ligorianer, unter ihrem wirklichen Namen auftraten, daß man ihre Zahl nicht beschränkte, daß ihnen von Seiten des Staats die Mittel zum Bau einer Schule bewilligt wurden, u. daß der Franciscaner Pater Girard, durch welchen sich das ganz darniederliegende Schulwesen dieses Cantons sehr gehoben hatte, seine Erziehungsinstitute schließen mußte. Im Canton Schwyz verschaffte ihnen der Landamman Ab-Iberg Geldmittel zur Gründung von Schulen u. Pensionaten, u. in Luzern setzten Joseph Leu, Siegwart Müller u. A. nach Einführung der neuen Verfassung von 1841 ihre Berufung nach vielen Kämpfen 1844 durch. In Deutschland war für die J. Österreich die wichtigste Station, doch durften sie nur unter dem Namen der Ligorianer od. Redemptoristen auftreten. Von hier aus gingen sie nach Gallizien, wo sie 4 sehr wichtige Stationen inne hatten, u. nach Ungarn über, obschon die Stände dieses Landes nie die Genehmigung dazu ertheilten. In Baiern versagte ihnen der König Maximilian Joseph den Eintritt, u. unter König Ludwig erhielten sie erst seit 1837 als Station den Wallfahrtsort Alten-Ötting. Im Königreich Sachsen untersagte ihnen eine Bestimmung in der Verfassungsurkunde 1831 den Aufenthalt im Lande. In Anhalt-Köthen wurde die Mission der I., die seit dem Übertritt des Herzogs Friedrich Ferdinand zum Katholicismus (1825) gegründet worden war, 1848 aufgehoben. Auch in den übrigen Erdtheilen fanden sie Eingang. In Alexandrien erbauten sie 1848 eine Kirche, am Himalaya soll ein prachtvolles Collegium der I. bestehen, u. in China gehört ihre Mission unter die bedeutendsten. Ihr Hauptaugenmerk[804] blieb aber in neuerer Zeit Amerika, wo sie durch keine Regierungsmaßregel beschränkt wurden, u. schon 1842 konnte der Vorsteher der J. in Amerika, Pater Alexander, dem Papste von einer Vermehrung der Etablissements u. dem Aufblühen der 2 Klöster in New York u. Philadelphia berichten. Bei ihrer Vertreibung aus der Schweiz 1847 begaben sich sehr viele nach Nordamerika.

b) Die Thätigkeit der I. ging in dieser Periode dahin, auf dem kirchlichen Gebiete der streng katholischen Richtung die Alleinherrschaft zu sichern; auf dem politischen dem Conservativismus das Übergewicht zu verschaffen, den Staat aber in steter Abhängigkeit von der kirchlichen Hierarchie zu erhalten. Als Mittel dazu dienten ihnen die Erziehung u. der Unterricht, theils in abgesonderten Instituten, theils auch so, daß sie das gesammte Erziehungswesen der einzelnen Länder, von den Elementarschulen an bis zu den Universitäten herauf leiteten. So gelang es ihnen 1812 in Rußland, wo es in allen bedeutenden Städten Institute gab, ihr Collegium zu Polozk zur Universität zu erheben, wodurch sie von den russischen Akademien u. zugleich von der speciellen Staatsaufsicht unabhängig wurden In Neapel, dem Königreich Sardinien, dem Kirchenstaat, in Modena u. anderwärts wurde ihnen der Unterricht entweder von Staatswegen übertragen od. für denselben unbeschränkte Freiheit gegeben. Zugleich aber kamen sie durch ihre adeligen Pensionate für Kinder höherer Stände in genaue Verbindung mit vornehmen u. reichen Familien, was auf ihre Unternehmungen vortheilhaft zurückwirkte. In Rom erhielten sie außer andern Anstalten 1836 das wichtige Collegium de propaganda fide u. in Belgien waren ihre Schulen weit besser, als die übrigen Anstalten des Landes. Als Musteranstalt aber erschien das große Jesuitenpensionat in Freiburg mit Zöglingen aus den ersten Familien beinahe aller Länder; die Anzahl der hier Studirenden wurde 1845 auf 676 berechnet, von denen 380 im großen Pensionat, 40 im kleinen Seminar u. 26 im theologischen Seminar sich befanden; 230 waren Extraneer u. das Filialpensionat zu Stäffis zählte 100 Zöglinge. Die pecuniären Mittel dazu flossen aus den ältern 1814 restituirten Besitzungen, aus Staats- u. Gemeindekassen, aus Sammlungen, Vermächtnissen, Erbschaften etc. u. mehrten sich theils durch Handelscompagnien, theils durch Speculationen in Actien u. Staatspapieren. Nächst der Erziehung richtete sich ihre Thätigkeit auf Bekehrung Andersgläubiger. So suchten sie in Rußland die Juden, Protestanten u. griechischen Christen zu bekehren, aber der Übertritt eines in ihrem Collegium erzogenen Fürsten Galyzin 1814 zum Katholicismus, scheint hauptsächlich zu ihrem Sturz in Rußland beigetragen zu haben. Wie aus England, so wurden auch von Mecklenburg 1851 mehrere von ihnen bewirkte Tonversionen berichtet, u. die Emissäre, die man um das Jahr 1845 u. 46 in mehreren protestantischen Universitätsstädten bemerkt haben wollte, standen wohl mit dem Orden in Verbindung. Ihre Thätigkeit war auch der Politik nicht fremd. Ganz offen geschah dies in Rom, bes. seit der Erhebung Roothaans zum Ordensgeneral, u. es gelang erst den Bemühungen des Papstes Pius IX., welcher dem Orden abgeneigt war, den politischen Einfluß zu beseitigen, den derselbe unter seinen Vorgängern Leo XII., Pius VIII. u. Gregor XVI. in dem Kirchenstaate auf alle Staatsgeschäfte gewonnen hatte. In Sardinien aber galten die beiden I. Grassi u. Roothaan (damals Superior) unter König Karl Felix seit 1821 Alles. In andern Staaten machten sich ihre politischen Bestrebungen äußerlich weniger bemerklich, aber als Beichtväter mehrerer Fürsten hatten sie an der Politik einen gewichtigen Antheil u. setzten durch ihre Verbindung mit einflußreichen Frauen manche Maßregel durch. Als Bundesgenossen des Absolutismus bekämpften sie liberale Tendenzen u. nationale Erhebungen. Bes. suchten sie sich der Büchercensur zu bemächtigen; in Modena verordnete der Beichtvater des Herzogs 1829 eine Visitation sämmtlicher Privatbibliotheken, u. in Belgien arbeiteten sie der in der Verfassung garantirten Preßfreiheit durch Bedrohung mit Excommunication entgegen. In der Schweiz förderten sie die Stiftung eines katholischen Sonderbundes. Die Thätigkeit der I. wendete sich auch nach Außen in größern Kreisen zu; wie sie sehr bald nach ihrer Stiftung das Missionswesen in Japan, China, Ostindien, Paraguay u. anderwärts gefördert hatten, so widmeten sie in neuerer Zeit der Verbreitung des Christenthums ihre Dienste; wiewohl auch jetzt wieder manche Vorwürfe gegen ihre Missionsthätigkeit laut wurden. Neben dieser äußern Missionsthätigkeit haben sie auch einer Art von innern Mission ihre Thätigkeit gewidmet (s. unten III). Um dieser vielseitigen Thätigkeit Nachdruck zu geben, benutzten sie zunächst die Presse, indem sie eine Menge von Tractaten, Erbauungsschriften etc., namentlich bei, für ihre Interessen wichtigen Maßregeln, z.B. bei ihrer Berufung nach Freiburg u. Luzern, bei den Kämpfen mit dem Episkopat in Belgien, bei dem Streite mit der Pariser Universität, unter das Volk verbreiteten, od. Journale, z.B. in Luzern die Schweizerische Kirchenzeitung, in Frankreich den Ami de la religion u. in Belgien das Journal historique, sich geneigt machten. Sehr umfassend in dieser Beziehung wurde die Mechitaristencongregationsbuchhandlung in Wien, zu der 1828 Concession ertheilt wurde, u. von der eine Menge ascetischer Schriften in Umlauf gesetzt wurde. Nächst der Presse bedienten sie sich aber bes. der Congregationen. Diese, theils mehr religiösen, theils mehr politischen Vereine waren dem Orden nur affiliirt, ihre Mitglieder aus allen Ständen u. Kreisen der bürgerlichen Gesellschaft waren nicht zu strenger Beobachtung der Statuten genöthigt; dagegen standen sie mit der eigentlichen Gesellschaft. für die sie sich auch durch gewisse Äußerlichkeiten erkennbar machten, an deren ascetischen Übungen sie Theil nahmen u. der sie sich, unter Ablegung eines einfachen Gelübdes, auf eine gewisse Zahl von Jahren zum Dienst verpflichteten, in der genausten Verbindung. Die Congregationen führten verschiedene Namen, z.B. in Genua die Damen vom heiligen Herzen, die Rafaeliner für die Erziehung der männlichen Jugend, die Dorotheanerinnen für die der weiblichen, die Leonhardiner für die Bildung der jungen Kleriker, in Frankreich die Congregation des heiligen Herzens Jesu, des heiligen Herzens Mariä, des heiligen Rosenkranzes etc. Diese Congregationen trugen wesentlich zu dem großen Einfluß u. zu der ausgedehnten Thätigkeit des Ordens bei, sie vermittelten[805] ihre politische Wirksamkeit, indem z.B. Staatsmänner, wie Villèle, Corbière n. A. zu diesen Gesellschaften gehörten, nahmen auf ihren Namen die Schenkungen u. Vermächtnisse in den Ländern, wo die I. als Corporation dergleichen Gaben nicht annehmen durften; leiteten die Agenturen für Anstellungen, Versorgungen u. Dienste, trieben mercantilische Geschäfte, durch welche eine Anzahl von Arbeitern u. Arbeiterinnen in ein abhängiges Verhältniß zu den I. traten, machten sich durch fromme Institute die Nothleidenden, die Gefallenen u. die Dienstlosen geneigt, knüpften überhaupt zwischen der Abgeschlossenheit des Ordens u. zwischen dem bürgerlichen u. socialen Leben ein inniges Band, welches die verschiedensten Elemente umschloß.

C) Die Kämpfe u. Streitigkeiten der J., die sich bei ihrem wachsenden Einfluß immer erneuerten, waren oft mehr vorübergehend u. auf kleine Kreise beschränkt, so z.B. in Rußland mit der Universität Wilna, welche der Erhebung des Jesuitencollegiums in Polozk zur Universität (s. oben) energischen Widerstand leistete, zuletzt aber doch der kaiserlichen Genehmigung sich zu fügen hatte; mit dem russischen Gouvernement selbst, wegen eines Complots der J., wodurch unter Einverständniß eines Theils der Truppen u. des Adels ein Nachkomme Poniatowskis auf den polnischen Thron erhoben werden sollte; in Spanien, wo 1834 in dem Carlistischen Kriege die Sage von der Vergiftung des Wassers einen Aufstand gegen sie veranlaßte; im Kirchenstaate, wo in Folge der Julirevolution 1830 Aufstände gegen sie u. ihre Institute stattfanden, u. wo nur die schleunigste Flucht sie vor persönlichen Mißhandlungen sichern konnte; in Sardinien mit der Universität in Genua, welche sehr lebhaft dagegen ankämpfte, als sie die, bei Auflösung des Ordens ihr überwiesenen Güter desselben 1816 bei der Restitution ohne Entschädigung zurückgeben sollte, zuletzt aber den Befehlen des Königs gehorchen mußte, u. mit den Geistlichen von Genua, die wegen Differenzen über das Sacrament der Buße von den I. des Jansenismus beschuldigt wurden. Auch führten sie literärische Streitigkeiten, namentlich mit Gioberti (s.d.), der 1844 viele Angriffe von den I., bes. von Franc. Pellico (A. Vinc. Gioberti etc., Genua 1845) zu erleiden u. dieselben in seiner Schrift: Il Gesuita moderno (1846) mit scharfer Polemik erwidert hatte. Wichtig war bes. ihr Streit über die Universität Löwen mit dem Episkopat in Belgien. Die von dem Episkopat 1835 gegründete Universität Löwen, an welcher auch I. Vorlesungen hielten, suchte dieselben ganz von sich abhängig. zu machen, allein dagegen erklärte sich der Erzbischof u. das Episkopat überhaupt so entschieden, daß der Versuch scheiterte. Von nun an aber entbrannte ein heftiger Kampf gegen die Universität; die Lehrer derselben, namentlich der Rector Abbé de Ram, wurden von den J. ultraliberaler politischer Gesinnungen, irreligiöser Tendenzen, einer zu nachsichtigen Disciplin, gemeiner Laster unter der studirenden Jugend beschuldigt u. die Eltern beredet, daß sie ihre Söhne lieber den Staatsanstalten zu Gent u. Lüttich, als der katholischen Hochschule in Löwen anvertrauten. Hierdurch verlor die Universität eine Menge Studenten. Auch wurde von den I. in Namur ein philosophischer u. philologischer Cursus eröffnet, für den sich bald Theilnehmer fanden. Hiergegen protestirte aber de Ram mit sämmtlichen Facultäten u. die Versammlung der belgischen Bischöfe zu Mecheln, die deshalb vom 9.–14. Febr. 1846 tagte, beschwerte sich bei dem Papst. Die Abhülfe, welche Gregor XVI. zusagte, trat jedoch erst unter Pius IX. ein, u. die I. standen seit der Zeit von dem Kampfe gegen die Universtiät Löwen ab. Ein anderer Streit der I. war der in Frankreich mit der Universität, wobei sie mit dem höhern katholischen Clerus der durch die Charte von 1830 zugesicherten Unterrichtsfreiheit das Wort redeten, um dadurch der Universität die Aufsicht über das Unterrichtswesen zu entziehen (s. Gallicanische Kirche III). Die Angriffe der I. Desgarets u. Combalot gegen den Unterricht der Universitätsprofessoren in Flugschriften hatten theils Bestrafungen theils literärische Entgegnungen zur Folge, indem namentlich die Professoren Michelet u. Quinet in ihren populären Reden den zahlreichen Zuhörern ein Licht über die Tendenzen der I. aufsteckten. Diese literärischen Gefechte bereiteten auf die Debatte über die I. in der Deputirtenkammer 1845 vor, die, trotz der den I. günstigen Bestrebungen des Episkopats, der Regierung das Einschreiten gegen den Orden zur Pflicht machte. Doch hatten die Verhandlungen des Gesandten in Rom, Grafen Rossi, nur den Erfolg, daß trotz der Zurückberufung der Patres blos ihre Hauptetablissements, z.B. das in Paris, St. Acheul Lyon u.a., zeitweilig geschlossen, die übrigen aber tolerirt wurden. Der Hauptkampfplatz für die I. war aber die Schweiz. In den meisten Schweizercantonen trat 1830 die Aristokratie von dem Staatsregimente vor den liberalen Elementen zurück, u. nun verbanden sich die I. mit den durch die Revolution von 1830 nicht berührten Cantonen u. mit der anderwärts gestürzten Aristokratie u. bildeten dadurch eine bedeutende Macht. Sie bekämpften durch die Presse die Männer der liberalen Richtung u. das Schulwesen u. erlangten durch den 1831 in Luzern gestifteten, sehr verzweigten katholischen Verein einen Centralpunkt, von dem aus weitere Operation unternommen werden konnten. Bereits 1835 traten sie gegen die Badener Tonserenzartikel, durch welche die Cantone Bern, Luzern, Aargau, Thurgau, St. Gallen, Baselland u. Zürich eine Sicherung des Episkopats gegen die Übergriffe der Staatsgewalt u. des römischen Stuhls bezweckten, auf, suchten das Verdammungsurtheil, welches der Papst Gregor XVI. über diesen Bund ausgesprochen hatte, im Volke möglichst bekannt zu machen u. sahen sich darin wieder von der päpstlichen Nuntiatur in Luzern unterstützt, welche 14. Nov. 1835 von dort nach Schwyz übersiedelte, das von nun an der Hauptpunkt der jesuitischen Wirksamkeit wurde. Sie bestrebten sich, die liberalen Großräthe der Cantone aus ihrer Stellung zu verdrängen, u. leiteten die Revision der Verfassungen bes. 1841 in Luzern; die Freischaarenzüge 1844, die Schlacht am Trient am 21. Mai 1844, die in ihrem Interesse vollzogenen Gemeindewahlen, die Maßregeln gegen die Presse, die Gesetze über das Volksschulwesen etc. in Wallis waren zum großen Theil ihr Werk. Von dieser Zeit an trat die Jesuitenfrage in der ganzen Schweiz in den Vordergrund, zahlreiche Adressen an die Großräthe der einzelnen Cantone verlangten ihre Verbannung, u. die Regierung von Aargau richtete deshalb Kreisschreiben[806] an die eidgenössischen Stände. Allein dieser Antrag fiel bei der Tagsatzung den 19. Aug. 1844, u. den 12. Sept. 1844 nahm der Regierungsrath von Luzern u. den 24. Oct. 1844 der Große Rath trotz der damals herrschenden Aufregung die I. in ihren Canton auf, zugleich wurde ihnen die theologische Lehranstalt u. die Filialpfarren in der Kleinstadt übertragen. Die gegen die I. gerichteten Freischaarenzüge den 7. Dec. 1844 u. den. 31. März 1845 waren ohne Erfolg. Allein die Härte der jesuitischen Partei gegen die Besiegten u. die Erhebung der liberalen Partei in mehreren Cantonen zur Herrschaft bewirkte, daß die Tagsatzung 1847 die Aufhebung des Sonderbundes u. die Entfernung des Jesuitenordens aus der Schweiz verfügte u. mit Gewalt durchsetzte. Am 19. Nov. 1847 erließ die provisorische Regierung in Freiburg ein Decret, wonach die I. u. die zu ihnen gehörenden Orden verbannt u. ihre Güter für die Staatskasse eingezogen wurden. Ein Gleiches geschah in Luzern nach dem Treffen an der Gislikonbrücke den 23. Nov. 1847, wo sich zugleich in der neuen Verfassung für die Zukunft vor den I. verwahrt wurde, sowie in den übrigen Cantonen des Sonderbundes; in Schwyz ging es dabei nicht ohne Excesse ab. Der Orden selbst hatte damals nicht unbedeutende pecuniäre Verluste, doch war auch viel Vermögen gerettet worden.

III. Die Geschichte der J. seit 1848–59. Die Bewegungen des Jahres 1848 mußten für die I. nachtheilige Folgen herbeiführen, weil die damaligen Ideen mit ihren Tendenzen nicht harmonirten, u. so wurde ihrem Regimente in vielen Ländern ein Ende gemacht. Sie entwichen aus Frankreich, wo selbst die legitimistische Partei sie aufgab (wurden aber später von der Regierung begünstigt u. hatten seit 1854 in ihren Anstalten viel Zöglinge), u. aus Italien, wo sie als Gegner der nationalen Erhebung galten. In Genua kam es am 29. Februar 1848 zu einer Volkszusammenrottung vor ihrem Collegium, die ihre sofortige Entfernung zur Folge hatte; in Neapel griff das Volk den 11. März. 1848 das Jesuitenkloster an, u. es mußten sich 120 I. unter militärischer Bedeckung einschiffen; in Palermo hob am 31. Juli 1848 die Gemeindekammer den Jesuiten- u. alle mit demselben verbundenen Orden auf; in Rom erregte die Entfernung der I. durch päpstlichen Beschluß im März 1848, der bes. durch Enthüllungen des Königs von Sardinien beschleunigt wurde, eine freudige Bewegung; in Sardinien verbannte sie ein Decret des Prinzen Statthalters definitiv aus dem Lande u. zog ihre Güter zu Gunsten des Staates ein. In Österreich stürmte am 6. April 1848 ein Volkshaufen in Wien ihr Kloster, u. Kaiser Ferdinand verfügte den 8. Mai 1848 die Aufhebung des Ordens im ganzen Umfange der Monarchie; in Baiern. wurde ihnen die Redemptoristenmission in Alten-Ötting (gegen Gewährung einer Staatspension, sofern sie in den Nordamerikanischen Freistaaten ihre Wirksamkeit den katholischen Einwanderern deutscher Abkunft zuwenden wollten), entzogen. Die vertriebenen I. schlugen verschiedene Wege ein, der größere Theil begab sich von Europa hinweg in die andern Erdtheile u. widmete sich dem Missionsgeschäfte, der Ordensgeneral Roothaan ging mit mehreren Begleitern nach England, viele schifften sich nach Amerika ein. Doch verknüpfte auch die Zerstreuten ein inniges Band, u. bereits 1848 wurde eine Instruction, von Lemberg datirt, für die Väter u. Brüder in der Diaspora veröffentlicht, worin ihnen die Befolgung der Gelübde u. Regeln u. ein ascetisches Leben, bes. aber den Novizen die zeitherige Lebensart als Vorbereitung zum einstigen Eintritt zur Pflicht gemacht ward. Der Umschwung in den politischen Verhältnissen seit 1840 milderte die exceptionelle Lage, in der sich die J. seit 1848 befunden hatten, zumal da die in mehrere Verfassungsurkunden aufgenommenen Bestimmungen über das Associationsrecht u. über die religiöse Freiheit ihr Wiederauftreten erleichterten. So wurde ihnen in dem Venetianisch-Lombardischen Königreiche, nachdem sich bereits 1849 die höhere Geistlichkeit für ihre Wiedereinsetzung erklärt hatte, 1850 die Jesuitenkirche in Venedig mit dem angrenzenden Hospiz u. die Antoniuskirche in Verona zurückgegeben, jedoch mußten sie 1859 bei dem Einrücken der Franzosen mehrere Orte verlassen; in Neapel durften sie nach einer Ministerialverordnung vom October 1849 an ihr Collegium eröffnen; in Sicilien erhielten sie auf Specialbefehl des Königs die Verwaltung ihrer Güter in ihrem früheren Umfange zurück, u. ihre Collegien waren hier u. in Neapel bald überfüllt. Dort hatten sie 1855 Differenzen mit der Regierung wegen ihres Blattes: Civilta cattolica, worin ein Tadel gegen die Regierung, als eine von einem weltlichen Geiste beseelte ausgesprochen wurde. Als der Papst zur Correction der I. angerufen, dies als in seiner Macht nicht liegend abgewiesen hatte, wurde der Vorsitzende des Erziehungsrathes, ein Jesuit, abgesetzt u. den I. die Leitung mehrer, von der Regierung abhängiger Erziehungsanstalten entzogen. Doch um weitern Maßregeln zu begegnen, suchten sie die Regierung von ihrer loyalen Wirksamkeit zu überzeugen; seit 1858 erhielten sie in der Provinz Neapel die Leitung der Strafhäuser. Nach dem Königreich Sardinien kehrten sie im Mai 1850 nach Finale zurück; in Modena wurden sie auf das Allerheiligenfest 1850 zurückberufen u. erhielten die Güter zurück u. die Leitung des öffentlichen Unterrichts, auch durften sie vom 1. Nov. 1850 an in Modena, Reggio u. Massa Schulen eröffnen. Im Kirchenstaat wurden schon 1849 zu Ferrara Jesuitencollegien eröffnet, u. in Rom erhielten sie 1850 das Collegium romanum u. 1851 das Deutsch-Ungarische Collegium zur Bildung von jüngeren Geistlichen, u. die während der Wirren unterdrückten Annalen der religiösen Wissenschaften (Annali della scienze religiose) erschienen aufs Neue. Auch der Ordensgeneral Roothaan kehrte 1850 nach Rom zurück. Wie in Italien, so erleichterte auch in Frankreich die in der Constitution von 1848 gewährleistete religiöse u. kirchliche Freiheit ihren Eingang. In der Schweiz blühten seit. 1858 ihre Erziehungsanstalten wieder auf. In Österreich kehrten sie im März 1851 nach Linz zurück (wo sie die Leitung des geistlichen Knabenseminars wieder übernahmen), erhielten am 4. September 1851 das kaiserliche Schloß Politz bei Prag zur Errichtung eines Knabenseminars u. in Innsbruck kauften sie ihr früheres Convictgebäude zurück; in Ketzelsdorf, an der mährischböhmischen Grenze, fanden schon 1849 die Ligorianer ein Asyl, u. die Landleute strömten. zu ihren Predigten u. zu ihrem Ablaß, wiewohl sie später wegen ihrer Vorträge bei verschlossenen Thüren[807] zum Abzug genöthigt wurden. In Paderborn förderte bes. der Pater Roh ihre Anstalten. 1850 berief auch der Bischof von Münster I., die 1850 ein Grundstück zum Aufbau eines Collegiums erwarben. So fanden die I. beinahe allenthalben wieder Eingang, bes. auch durch ihre Missionen, indem sie unter großem Volkszulauf u. oft mit viel Beifall Zeitpredigten hielten, um nach Bewältigung der Revolution Frieden in die Gemüther zu bringen. Hierzu kam, daß an den Orten, z.B. in Italien, wo die Agitation zum Theil mit großer Rohheit sich gegen sie gewendet u. ihre Güter ohne Weiteres geraubt hatte, die Reaction eine natürliche Folge sein, u. daß man bei der Ansicht über die Heiligkeit u. Sicherheit des Eigenthums, die sich allmälig wieder geltend machte, ein Verfahren mißbilligen mußte, bei dem ihnen nur durch Willkür u. Gewalt ihr Besitzthum entzogen worden war.

Von den Obern der J. wird ihr Gebiet eingetheilt in 4 Kreise: Italien, Spanien, Gallien u. Germanien, u. diese in folgende 14 Provinzen: Rom, Sicilien, Neapel, Turin, Spanien mit Südamerika, Paris, Lyon, Belgien, England, Gallizien mit Österreich, Oberdeutschland nebst der Schweiz, Baiern, Köthen u. Sachsen, Irland, Maryland u. Missouri. Nach einer statistischen Nachricht von 1855 hatte der Orden 5510 Mitglieder u. zwar 1515 in Italien, 1697 in Frankreich, 463 in Holland u. Belgien, 364 in Spanien u. Portugal, 177 in Österreich u. Deutschland, 1294 in England, Amerika u. andern Ländern; 2 Profeßhäuser in Rom u. Sicilien u. 27 Häuser für Novizen. 1717 hatte er 19,876 Mitglieder. Die Zahl der Jesuitengeneräle seit dem Bestehen des Ordens bis jetzt beträgt 22; sie sind folgende: 1) Ignatius Loyola, ein Spanier, seit 19. April 1541 (st. 31. Juli 1556); 2) Jakob Lainez, Spanier, 2. Juli 1558 (st. 19. Jan. 1565); 3) Franz Borgia, Spanier, 2. Juli 1565 (st. 1. Oct. 1572); 4) Eberhard Mercurian, Belgier, 28. April 1573 (st. 1. August 1580); 5) Claud. Aquaviva, Neapolitaner, 19. Febr. 1581 (st. 31. Jan. 1615); 6) Mucius Vitelleschi, Römer, 15. Nov. 1615 (st. 9. Feb. 1645); 7) Vinc. Caraffa, Neapolitaner, 7. Jan. 1646 (st. 8. Juni 1549); 8) Franc. Piccolomini, Florentiner, 21. Dec. 1549 (st. 17. Juni 1651); 9) Alex. Gottosredi, Römer, 21. Jan. 1652 (st. 12. März 1652); 10) Goswin Nickel, Deutscher, 17. März 1652 (st. 31. Juli 1664); 11) Joh. Paul Oliva, Genuese, 31. Juli 1664 (st. 26. Nov. 1681); 12) Karl von Noyelle, Belgier, 5. Juli 1682 (st. 21. Dec. 1686); 13) Thirsus Gonzalez, Spanier, 6. Juli 1687 (st. 27. Oct. 1705); 14) Mich. Angelo Tamburini, Modenese, 31. Jan. 1706 (st. 28. Feb. 1730); 15) Franz Retz, Böhme, 30. Nov. 1730 (st. 19. Nov. 1759); 16) Joh. Visconti, Mailänder, 4. Juli 1751 (st. 4. Mai 1755); 17) Aloisio Centurioni, Genuese, 30. Nov. 1755 (st. 2. Oct. 1757); 18) Lor. Ricci, Florentiner, 21. Mai 1758 (st. 23. Nov. 1775; [in Rußland als Generalvicare u. dann Generale die Polen: Stanislaus Tschernewitsch, 1782–85; Gabriel Lenkewitsch, 1785–98; Franz Xavier Kareu, 1799–1802; der Deutsche: Gabriel Gruber, 1802–05; Thaddäus Brzozowski, Pole, 1805, u. dann General des wiederhergestellten Ordens:] 19) Thaddäus Brozozowski, 7. Aug. 1814 (st. 5. Feb. 1820); 20) Aloisio Fortis, Veronese, 18. Oct. 1820 (st. 27. Jan. 1829); 21) Johannes Roothaan, Niederländer, 9. Juli 1829. (st. 8. Mai 1853) 22) Peter Beckx, Belgier, 2. Juli 1853.

IV. Zur Beurtheilung der I. Eine so weit verbreitete wohlorganisirte u. äußerst thätige Gesellschaft, wie die der I., ist von jeher der verschiedensten Beurtheilung ausgesetzt gewesen. Von der einen Seite wurden sie als die alleinige Stütze des politischen u. religiösen Conservativismus ausgegeben u. ihre Verdienste für Erhaltung des Bestehenden, für Jugendbildung u. Unterricht, Armenunterstützung, Krankenpflege, gelehrte Studien u. Forschungen, durch Gelehrte wie Petavius, Tursellinus, Bellarmin, Mariana, Flechier u. Andere, für Verbreitung des Christenthums unter den Seiden, Förderung eines erbaulichen u. beschaulichen Lebens etc. anerkannt; während ihnen von der anderen Seite die egoistische Begünstigung des Ordens, der Grundsatz: der Zweck heiligt das Mittel, ihre Sophistik, Casuistik u. laxe Moral, der Probabilismus u. die Reservatio mentalis (s. b.) zum Vorwurf gemacht wurden. Hierbei ist aber bemerkt worden, daß manche Entstellungen u. Übertreibungen mit unterliefen, daß man Ereignisse, die in der excentrischen Thätigkeit Einzelner ihren Grund hatten, als von der Gesellschaft beabsichtigte bezeichnete, daß man die verschiedenartigsten Thatsachen unter dem gemeinschaftlichen Namen des Jesuitismus zusammenfaßte u. daß man sie in Folge davon für eine Menge Erscheinungen der schlimmsten Art verantwortlich machte, bei denen jedenfalls ganz andere Factoren mitwirkten. Dergleichen Übertreibungen sind von den J. entschieden abgelehnt worden, u. General Roothaan wies noch 1847 die Insinuationen der französischen Journale über politische Tendenzen des Ordens u. namentlich den Vorwurf des. permanenten Verschwörungszustandes gegen den Papst mit dem Bemerken zurück, daß die Gesellschaft Jesu für die politischen Verfassungen der verschiedenen Staaten weder Abneigung noch Zuneigung hat, sondern allenthalben in ihre Form mit ihren Mängeln od. mit ihren Vorzügen sich fügt u. daß sie sich gegen den Papst, als das Oberhaupt der Kirche, durch die strengsten Pflichten, durch Liebe, Ergebenheit u. Gehorsam für gebunden erachtet. Bei dem Conflict, in welchem die J. 1854 bei der Regierung in Neapel kamen, erklärten sich jene der letztern gegenüber wegen der politischen Haltung des Ordens dahin, daß derselbe seit seinem Ursprung der unumschränkten Monarchie Beweise der Hochachtung, Liebe u. Aufopferungsfähigkeit gegeben hätten, weil sie diese für die beste Staatsform hielten; die Verfassung der I. selbst sei monarchisch, u. ihre Lehren voll Eifer für die Monarchie, unter welcher allein der Katholicismus unangefochten gedeihen könne. Dieser Erklärung gegenüber gab aber der Ordensgeneral Beckx in einem Rundschreiben, Rom 10. Jan. 1855, die Grundsätze der Gesellschaft also an: »Die Gesellschaft Jesu, als geistlicher Orden, hat keine anderen Lehren u. keine andere Richtschnur ihrer Handlungsweise als diejenigen der heiligen Kirche. Die größte Verherrlichung Gottes u. das Heil der Seelen sind unser einziges Ziel, welches wir durch apostolische, der Schöpfung des heiligen Ignatius eigenthümliche Werke erreichen wollen. Thatsächlich u. dem Rechte nach steht u. erklärt sich die Gesellschaft Jesu außerhalb aller politischen Parteien, welche es sein mögen. In allen Ländern u. unter allen Regierungsformen[808] beschränkt sie sich ausschließlich auf die Ausübung der geistlichen Pflichten mit nichts Anderem im Auge als ihrem stets über alle Interessen der politischen Parteien hoch erhabenen Ziele. Immer u. überall erfüllt der Geistliche der Gesellschaft redlich die Pflichten des guten Bürgers u. treuen Unterthanens gegen die Gewalt, welche in seinem Lande regiert; immer u. überall sagt er zu Allen durch seine Worte u. Handlungen: Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist, u. Gotte was Gottes ist. Dies sind die Grundsätze, zu denen sich die Gesellschaft Jesu immer bekannt hat u. von denen sie sich niemals trennen wird.« Selbst unter den. Protestanten sind Vertheidiger gegen Verunglimpfungen dieser Art aufgetreten, u. noch 1846 erinnerten die Lords Morpeth u. Manners im englischen Parlamente an ihre Verdienste als Geistliche, als Missionäre, als Lehrer, redeten ihrer Aufnahme in England das Wort u. versuchten zwischen den imaginären I., wie sie in den Romanen, namentlich in den neueren französischen, geschildert werden, u. den wirklichen einen Unterschied zu machen. Diesen Bestrebungen wurden aber die Thatsachen, wie sie in älterer u. bes. in neuerer Zeit in der Schweiz, Frankreich, Belgien, Italien u. anderwärts vorliegen, entgegenhalten u. von diesem Standpunkte aus eine Gesellschaft mit dem Grundsatze: in majorem dei gloriam, die durch eine kunstvolle u. doch durchaus brauchbare Organisation zusammengehalten wird, für alle Weltfragen ein scharfes Auge u. Ohr hat; die durch ihre Congregationen mit dem socialen Leben in die innigste Verbindung zu kommen weiß; die durch ihre bedeutenden Mittel stets ein großes Gewicht für eine Person od. Sache in die Wagschale legt; die von dem Willen Eines Oberhauptes gelenkt wird, an welches sie durch das Gelübde des. unbedingten Gehorsams gefesselt ist; welche die Welt als ihr Reich u. alle Länder als das Gebiet ihrer Thätigkeit betrachtet: als nothwendig sehr gefährlich bezeichnet. Die Abbreviatur der I. IHS. ist nach Einigen so v.w. Jesum habemus socium, od. Jesus hominum salvator, nach Anderen ist H das griechische Eta u. IHS Anfangsbuchstaben des Wortes Jesus.

Vgl. Extraits des assertions dangereuses et pernicieuses des Jésuites, Par. 1762; Ch. Laumier, L'enfant du Jésuite, ebd. 1822, 2 Bde.; Graf Julius (Clemens) Sciotti (nach And. Imhofer) als Lucius Cornelius Europäus, Monarchia solipsorum (einem Spottnamen der I. als derer, die alles allein gelten u. ausrichten wollen), Ven. 1645 u.ö.; Derselbe, De potestate pontificia in Societatem Jesu, 1646; L. R. de Caradeny de la Chalotais, Comtes rendus des constitutions des Jésuites, ebd. 1826; u. die Schriften der I. Mariana, Sanchez, Bauny, Escobar, Suarez etc. Ratio et institutio Societatis Jesu, 1635, 2. Aufl. als Corpus institutorum Societatis J., Antw. 1762, neueste Ausgabe, Prag 1757, 2 Bde., Fol.; Orlandini, Sacchini, Passinus u.a. Historia S. J., von 1540–1625; Herenberg, Pragmatische Geschichte der I., 1760, 2 Bde.; Wolf, Allgemeine Geschichte der I., Lpz. 1803, 4 Bde.; Dallas, History of the Jesuits, Lond. 1816, 2 Bde. (deutsch Düsseld. 1820); Spittler, Über Geschichte u. Verfassung der I., 1817; Friedmann, Die I. u. ihr Benehmen gegen Regenten, Grimma 1825; Degola, Catechismo de Gesuiti, Lpz. 1820; Monita privata J. S., Krakau 1612, dann Mon. secreta (eine Satyre), Mon. secretiora Societatis Jesu, Paderb. 1661, u. übersetzt als Geheime Verhaltungsbefehle der I., Aachen 1825; Scheffer, Précis de l'histoire des généraux de la Compagnie de Jésus, Par. 1824; de Pradt, De Jésuitisme ancien et moderne, ebd. 1826; M. M. de la Roche Arnauld, Les Jésuites modernes, ebd. 1827; v. Deppen, Die. Demagogie der I., Altenb. 1826; C. Liskenne, Übersicht der Geschichte der I., aus dem Franz. Lpz. 1827; H. Simon, Les Jésuites anciens et nouveaux, Par. 1832; Jordan, Die I. u. der Jesuitismus 1839; Ellendorf, Die Moral u. Politik der I., 1840; Kortüm, Entstehungsgeschichte des Jesuitenordens, Mannh. 1843; Zur Kenntniß der Gesellschaft Jesu, Zür. u. Winterth. 1843; Crétineau-Joly, Histoire religieuse, politique et lit. de la Compagnie de Jésu, Par. 1844–48, 6 Bde. (deutsch 1.–5. Bd. Wien 1845–52); Ludw. Hahn, Geschichte der Auflösung der Jesuitencongregation in Frankreich 1845, Lpz. 1846; Gioberti, Il Gesuita moderno, Laus. 1846 f., 8 Bde. (deutsch von Carnet, Lpz. 1849); Bode, Das Innere der Geschichte der I., 1847; Sugenheim, Geschichte der I. in Deutschland, 1847, 2 Bde.; Buß, Die Gesellschaft Jesu, Mainz 1854.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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