London [1]

London [1]

London (spr. Lond'n, fr. Londres, holländ. Londen, ital. Londra), Hauptstadt des Britischen Reichs, des Königreichs England u. der Grafschaft Middlesex, zu beiden Seiten der Themse (ungefähr 12 Meilen oberhalb ihrer Mündung in die Nordsee), westlich von der Serpentine, einem Bach, welcher auf Kosten der Königin Karoline 1730–33 im Hydepark gedämmt u. zu einem langen Bassin verwendet ist, u. nördlich u. östlich vom Regentskanal, der vom Grand-Junction-Kanal kommend in einem großen Halbkreis die äußerste nördliche u. östliche Vorstadt durchfließt u. durch ein Bassin gehend an dem Ostende jenseits der London-Docks in die Themse mündet. In letztere mündet auch noch der New River, ein künstlicher Fluß zwischen Pentonville u. Hoxton. Dem größten Theile nach liegt L. in der Grafschaft Middlesex (links von der Themse), während der auf dem rechten Ufer liegende Theil zur Grafschaft Surrey gehört, sich aber auch noch südöstlich in die Grafschaft Kent ausdehnt. L. ist die Residenz der Königin von Großbritannien, Sitz der Ministerien u. anderer Oberbehörden Großbritanniens, des Parlaments, der Behörden der City u. Westminsters u. der Grafschaften Middlesex u. Surrey. L. zerfällt in drei Theile. A) das ursprüngliche L., die City, bildet den Kern derselben u. liegt am linken Ufer der Themse, hat alte Privilegien, einen jährlich wechselnden Lord Mayor, zwei Sherifs, 26 Aldermen (über jeden Bezirk [Ward] einen u. von diesem gewählt), 268 Rathsherren; sie bilden zusammen den Gemeinderath (Common Council) u. versammeln sich zu Guildhall. Die City wählt vier Parlamentsglieder. Der Innungen sind mit den Kaufleuten 91, jede mit besonderen Beamten; sie versammeln sich einzeln in den Halls (alterthümlichen Gebäuden, Mercer's Hall für die Seidenhändler, Ironmongers' Hall für die Eisenhändler, Fishmongers' Hall für die Fischhändler u. Goldsmiths' Hall für die Goldschmiede). Die City hat keine Festungswerke mehr, aber noch auf der Hauptstraße nach Westminster zu ein Thor (Temple Bar), mit zwei Seitenpförtchen, an welches der König, wenn er bei feierlichen Gelegenheiten Einlaß begehrt, durch einen Herold klopfen u. Erlaubniß zum Eintritt begehren muß. Kein Militär darf bewaffnet in ihr sich blicken lassen. In der City sind die Straßen, welche nicht Hauptstraßen sind, nicht sehr breit, oft schmutzig u. Häuser wechseln außerhalb der Hauptstraßen mit Magazinen. Handel u. Gewerbe sind in der City die Hauptsache, daher wohnen meist Geschäftsmänner, Stadtbeamte u. Handwerker in derselben. B) Westminster, westlich jenseit Temple Bar, mit meist breiten Straßen; in ihr die königlichen Paläste, das Parlament, die höheren Staatsbehörden, die Wohnungen der seinen Welt. Westminster hat eigene Gerichtsbarkeit u. besondere Gesetze, einen High Steward, von den Beamten der Westminsterabtei auf Lebenszeit gewählt, unter diesem steht ein High Bailiff, ein Stellvertreter, von[497] ihm ernannt, u. 16 Burgesses (Stadtverordnete), welche mit den Aldermen Ähnlichkeit haben u. von den stimmfähigen Bürgern der 16 Bezirke Westminsters (Wards) gewählt werden. Sie wählen wieder aus sich zwei Head burgesses (Oberbürgermeister). Der Polizei steht ein High constable vor, Westminster wählt zwei Parlamentsglieder u. hat weit weniger Freiheiten, als die City, es darf kein Bürgerrecht verleihen u. keine Handelscompagnien u. Gerichtshöfe errichten, ausgenommen für die Jury u. für geringe Vergehen. C) Westlich, nördlich u. östlich umgeben nun diese beiden eigentlichen Städte die auf dem Grund u. Boden der Grafschaft Middlesex liegenden, eigentlich nicht zur Stadtgehörigen Stadttheile od. Vorstädte, welche in drei Divisionen zerfallen, deren jede zwei Repräsentanten ins Parlament wählt u. eigene Magistrate u. Diöcesen hat, nämlich: a) Holborn Division, nordwestlich mit St. Giles in the Fields, Mary le bone, Paddington u. Pancras, wie Westminster bes. Wohnungen der eleganten Welt u. hohen Aristokratie enthaltend; b) Finsbury, mit Clerkenwell, Finchley, Hornsey, Islington u. Stoke Newington, der City an Leben gleichend; c) Tower Hamlets (Tower Division), mit Bethnal Green, Spitalfields, Hackney, Limehouse (bes. mit Werften), Shadwell, Shoreditch, Stepney, Stratford, Wapping u. Whitechapel, von Schiffsleuten, Matrosen, Handwerkern u. von Deutschen bewohnt. Spitalfields, in dieser Division, von Webern, bes. Seidenwebern, bewohnt, ist ein armer Stadttheil. Südlich der Themse beginnt die Grafschaft Surrey, dort liegt D) Southwark, ursprünglich ein Flecken; steht unter der City u. bildet deren 26. Bezirk; erhält vom Lordmayor ihren Steward u. Bailiff u. wählt zwei Parlamentsglieder. E) Lambeth (Brixton Division), ein Borough, welcher Southwark umschließt u. Barnes, Battersea, Bermondsey, Camberwell, Clapham, Mortlake, Putney, Rotherhithe, Torting u. Wandsforth umfaßt. Die Straßen in Southwark u. Lambeth, bes. die entfernteren, bestehen zum Theil aus großen Gehöften u. Fabriken; der Gewerbfleiß herrscht vor. In den entferntesten Straßentheilen, so wie im nahen Deptford, wird bes. Gärtnerei getrieben. Von Parlamentsgliedern sendet Lambeth u. die anderen mit L. verschmolzenen Dörfer des rechten Ufers von zwei Wahlbezirken je zwei in das Parlament. Die Vorstädte waren ehedem nur Dörfer, u. man rechnet, daß L. nach u. nach 45 derselben in sich verschlungen hat, u. noch immer nimmt es deren auf. Dies ist die officielle Eintheilung, im gemeinen Leben unterscheidet man aber nur a) die City, b) Westminster, sammt dem Flecken Chelsea u. dem Dorf Kensington; c) Westend, den ganzen Theil nordwestlich von L., u. d) Ostend, den ganzen Theil der Vorstädte, nordöstlich u. östlich, mit den Straßen bei den Eastindian u. Westindian Docks, sammt der Isle of Dogs, zwischen welche (c u. d) man zuweilen noch Finsbury mit ziemlich vagem Begriff einschiebt; e) Southwark u. Lambeth (Borough), zu denen der Flecken Deptford (West-Greenwich), der dicht an Greenwich stößt u. einige andere Dörfer noch gerechnet werden. Das Klima von L. ist sehr nebelig u. feucht, u. der starke Steinkohlendampf verdichtet die Luft noch mehr. Mittlere Jahrestemperatur + 8,4° R.; mittlere Januartemperatur + 2,4° R.; mittlere Julitemperatur + 14,6° R. Im Herbst u. den Winter hindurch fällt vorherrschend ein feiner Regen, die Herbstnebel sind so bedeutend, daß sogar am Mittag Licht gebrannt werden muß u. selbst die Sommertage sind selten ohne Nebel u. ganz heiter Selten u. nur am Abend hat man von hohen Punkten eine freie Aussicht auf L., doch nirgends auf die ganze Stadt, L. ist die größte u. bevölkertste Stadt der Erde u. bedeckt einen Flächenraum von ungefähr 5 geographischen QM. Die Unbestimmtheit, was eigentlich zu L. gehört, bewirkt auch die verschiedenen Angaben der Einwohner- u. der Häuserzahl. Der letzte officielle Census von 1851 gibt die Bevölkerung zu 2,362,263 Ew. u. 350,000 Gebäude an.1855 betrug die Bevölkerung bereits über 2,565,000 u. 1859 nahe an 2,800,000 Ew. 1170 hatte L. 40,000, 1702: 674,000, 1760: 676,000, 1801: 1,079,000, 1811: 1,304,000, 1831: 1,574,000, 1841: 1,948,000 Einw.

Die Themse, 1000 bis 1500 Fuß breit, mit der weit über L. herausgehenden Ebbe u. Fluth, ist der Hauptpuls des Lebens von L., 7 Brücken führen über dieselbe; sie sind von Osten nach Westen gerechnet folgende: a) die Londonbrücke (London Bridge), die alte, 1176–1206 erbaute, 1831 abgebrochene, war mit Häusern u. Buden besetzt, doch wurde 1825–31 eine neue, 200 Fuß von der älteren, aus Granit, mit 5 Bogen, 958 Fuß lang, 650 Fuß breit, erbaut; bis hierher geht die Seeschifffahrt; b) Southwarkbrücke, von Gußeisen 1814–1819 erbaut, 3 Bogen, der mittelste von 240 u. die anderen von 210 Fuß Spannung, 758 Fuß lang; c) Blackfriars- (d.i. schwarze Mönchs-) brücke, 9 Bogen, der eine zu 100 Fuß, 1760–68 aus Quadern erbaut, 956 Fuß lang, 42 F breit; d) Waterloobrücke (sonst Strandbrücke), 1814–1817 aus Granit erbaut, 9 elliptische Bogen zu 120 Fuß, 1224 F. lang; e) Kettenbrücke (Strand- od. Hungerford-Hängebrücke, Suspension Bridge), zwischen Hungerford u. Lambeth, am 2. Mai 1845 eröffnet; nur für Fußgänger; f) Westminsterbrücke, 1739–1750 aus Portlandstein gebaut, 1223 Fuß lang, 44 Fuß breit, mit 15 Bogen u. 28 Thürmchen; g) Vauxhallbrücke, 1813–1816 aus Gußeisen gebaut, mit 9 Bogen); Hierzu kommt noch der unterirdische Weg unter der Themse, der Tunnel (s.d.), eine halbe Stunde unterhalb der Londonbridge angelegt, um die längs der Themse laufende Straße Wapping am linken Ufer der Themse bei den London Docks u. das gewerbfleißige Rotherhithe zu verbinden, u. doch es Seeschiffen erster Klasse möglich zu machen, die Themse aufwärts bis Londonbridge zu gelangen. Außer diesen Verbindungen über die Themse sind noch sehr viele Kähne vorhanden, deren Fahrleute (Watermen) von einem Ufer zum andern u. nach Schiffen übersetzen, Gondelfahrten thun u. dgl.; man rechnet ihre Zahl auf 18,000.

Die Bauart L-s ist im Ganzen nicht schön; nnr die öffentlichen Gebäude u. die Paläste der britischen Großen, zum Theil Terrassen (Terraces) genannt, sind stattlich, dagegensind die Privathäuser zwar meist drei Stock hoch u. höher, aber schmal, kaum 3–4 Fenster breit, da der Engländer es nicht liebt, mit einer andern Familie in einem Hause zu wohnen. Die Privathäuser sind nur von Ziegeln u. oft leicht gebaut, indem sie meist auf fremden, der Stadt od. Privaten gehörigem Grund u. Boden stehn, der auf 99 (seltner auf 49) Jahre vermiethet ist, wo sie dann dem Grundherrn zufallen u. von ihm[498] anderweit als Zeitpacht verliehn werden. Fast alle sind nicht beworfen u. von Steinkohlen geschwärzt. Nut die hellen Spiegelscheiben u. die gebohnten Tbüren mit blanken, messingnen Klopfern heben das Anschen, Im Westende sind die Häuser solider gebaut u. fast stets durch einen, etwa 6 Fuß breiten, tiefen, ausgemauerten, mit Gittern umschlossenen Graben (Area), über den ein Brückchen nach der Hausthüre führt, umgeben; in der Regel hat die Herrschaft im Erdgeschoß ihre Abtrete- u. Speisezimmer (Parlours u. Dining rooms), im ersten Stock die Gesellschaftszimmer (Drawing rooms) u. im zweiten Wohn- u. Schlafzimmer (Sitting- u. Bedrooms), im dritten (den Attics) sind die Schlafstellen der Dienerschaft: Die Straßen u. Gassen L-s zerfallen in Roads, alte Landstraßen, die mit der Zeit mit Häusern eingefaßt u. jetzt völlige, zur Stadt führende, meist sehr breite Vorstadtstraßen geworden sind (manche von diesen heißen Row, Reihen); Streets, eigentliche Straßen im Innern der Stadt, meist auch noch breit; u. in Lanes, meist enge Seitengassen zu Verbindung der Streets. Manche Straßen heißen auch Places, etwas hügelige Orte Hills, halbkreisförmige, von Häusern umbaute Plätze Crescents od. Quadrants, große runde Plätze Circus, sechs- od. achteckige Polygones; eigentliche Quais längs der Themse gibt es in L. nicht, nur selten läuft eine Straße eine kurze Strecke längs derselben hin, sonst stoßen die Häuser od. Etablissements bis an die Themse. Viele Straßen sind gepflastert, einige mit Holzplatten, andere in den Vorstädten, bes. in dem Westende, macadamisirt, fast alle etwas gegen den Fahrweg geneigt u. mit Trottoirs versehn, die an den Ecken durch gußeiserne, 31/2 Fuß hohe Säulchen gegen das Fuhrwerk geschützt sind. Die Straßenbeleuchtung mit Gaslicht verbreitet mit der Gaserleuchtung der Läden, die noch durch große Krystallflaschen voll bunt gefärbten Wassers verstärkt wird, u. mit den Aushängelaternen der Kaffee-, Speise- u. Wirthshäuser, Tageshelle. Bei Apotheken od. Wohnungen der Ärzte sind die die Gasflammen umschließenden Laternen des leichtern Erkennens halber von buntem Glase. Wasserleitungen versehen ganz L. mit Wasser, u. außerdem ist die Herbeischaffung von Wasser noch das Geschäft mehrer Gesellschaften. Die wichtigste Straße (od. vielmehr Reihe an einander hängender Straßen), welche von Osten kommend, das Ostende, die City u. Westminster der Themse ziemlich parallel durchschneidet, beginnt als Mile-End, in welche bald die Commercialroad in spitzigem Winkel einfällt, setzt sich als Whitechapelroad, Leadenhallstreet (dort sich verengernd), Cornhill, Cheapside bis zur Paulskirche fort, theilt sich dort u. läuft rechts als Newgate u. Skinnerstreet, Holborn-Hill, nach High Holborn u. Broadstreet weiter u. endigt in der breiten u. geraden, 1/5 geographischen Meile langen, noch längs des Hydeparks als Uxbridge Road verlängerten Oxfordstreet; links geht sie aber neben der Paulskirche, diese links lassend, als Ludgatehill u. Ludgatestreet, Fleetstreet, Strand fort, theilt sich auf dem Platz Charing Croß wieder u. läuft links als Whitehall u. Parlamentstreet, wo, dem Parlament gegenüber, die bronzene Statue Cannings sich erhebt, nach dem Parlament, der Westminsterbrücke u. der Westminsterabtei, rechts aber als Pall Mall nach St. Jamespalast. Zwischen Oxfordstreet u. Pall Mall läuft noch Piccadilly parallel u. diese letztren werden durch St. Jamesstreet, Regents- u. Haymarketstreet verbunden; Yorkstreet (zwischen Pall Mall u. Piccadilly) mündet in St. James Square aus, wo die Statue des Herzogs von York von Westmacott auf einer hoben besteigbaren Granitsäule steht. Wo Pall Mall in Cockspurstreet ausläuft, steht die bronzene Reiterstatue Georgs III. (1836 gesetzt), auf Portland Place das Waterloodenkmal. Längs des Regentsparks, ganz am Nordende der Stadt, längs der Clarence- u. Albanystreet, erheben sich prachtvolle Gebäude. Nach jener zusammenhängenden Straßenreihe laufen nun viele Straßen, bes. von Norden kommend, hin u. vereinigen sich mit ihnen, andere gehn nach den Brüchen, u. von diesen ausgehend vereinigen sich in Surrey Westminsterroad, Waterlooroad u. Great Surrey Street in einen Punkt, Georgesfield, wo ein großer Obelisk steht.

Plätze gibt es in L. viele: a) Verkaufsplätze sind 34, unter ihnen Coventgarden (d.i. Klostergarten, der eleganteste), Cornmarket (Kornmarkt), Smithfield (Viehmarkt), New-Smithfield, Billingsgate (Fischmarkt), Fleetmarket (Gemüse- u. Obstmarkt), Haymarket, Hungerfordmarket etc. b) Andere Plätze über 70: Great- u. Little Tower Hill (im Ostende), Goodman's Field ebenda, auf einem kleinen Platz neben der Street Hill (in der City) das Monument zum Andenken an die große Feuersbrunst 1666, eine von innen besteigbare cannelirte, 202 Fuß hohe Säule; Charing Croß (in Westminster), mit Nationalmuseum u. Reiterstatue Karls I. Der nördliche Theil dieses Platzes heißt Trafalgar Square. c) Den Namen Fields (Feld) führen nicht allein mehre leere Plätze, sondern auch bebaute Plätze, fast Stadttheile etc., ein Field erster Art ist Lincoln Inn Fields. d) Squares (Vierecke), sind mit eisernen Gittern eingefaßte viereckige, ovale od. runde Plätze, in deren Umfang sich Bosquets, Blumen, Rasen, Sandgänge befinden; meist haben die Bewohner der Häuser um diese Squares Schlüssel zu denselben; esgibt deren etwa 30: in der City: Finsbury-Square, Circus; in Westminster: Großvenor Square, mit Statue Georgs I., Berkeley Square mit Statue Georgs III., Hannover-Square mit Statue Pitts, Soho-Square mit Bildsäule Karls II., St. James-Square mit Statue Wilhelms III. u. Bassin, Leicester-Square mit Reiterstatue Georgs I., Golden-, Trafalgar-Square; in Westend: Bryanstone-, Montague-, Portman-, Cavendish-Square mit Statue des Herzogs von Bedford, Bloomsbury-Square mit Statue von Fox, Euston-, Red Lyon-, Brunswick-, Mecklenburg-, Regent-, Queens-Square, letzter mit Statue der Königin Anna etc.; im Ostende: Trinity- u. Boxton-Square; in Southwark: West-Square; in Lambeth: Surrey-Square. Zu Spaziergängen dienen e) die Parks, in Westminster u. in Westend große irreguläre, zum Theil mit eisernen Gittern umschlossene Plätzex die mit Rasen bewachsen u. mit krummen Sandwegen durchschnitten sind, u. auf denen einzelne Baumgruppen stehen; einige haben Wasserbassins. Es sind dies: St. Jamespark, bei dem St. Jamespalast, von Heinrich VIII. angelegt. mit eroberten französischen u. spanischen Kanonen u. Mörsern als Siegeszeichen; er ist mit eisernen Gittern eingefaßt. In der Nähe steht Georgs IV. bronzene Reiterstatue. Der St. Jamespark hängt durch Greenpark, her nur durch eine Straße, the [499] Mall, von Jamespark getrennt wird, mit dem Hydepark an dem Westende von L., zusammen, durch den die Serpentine (s. oben) fließt, u. an dessen Eingang ein nackter, kolossaler, aus zwölf erbeuteten Kanonen auf Kosten der englischen Frauen dem Herzog von Wellington zu Ehren gegossener Achill auf granitnem Würfel aufgestellt ist; der Hydepark dient zum Zusammentreffen der Londoner schönen Welt, zum Spazierengehn, Reiten u. Fahren (doch darf kein Omnibus in denselben), zum Exerciren der Truppen, zu Spielplätzen für Kinder etc. Der Regentspark, an dem Nordwestende der Stadt, seit 1814 von Nash eingerichtet, mit Anlagen u. nördlich mit dem Zoological Garden, einem festländischen Park ähnlich, in welchem Baumgruppen mit Rasenplätzen, Meiereien (zum Theil Privaten gehörig), Villen, Lauben, Bosquets u. Alleen wechseln. Alle Parks sind öffentlich u. stark besucht, indem auch Communicationswege durch dieselben gehn, nur Abends werden sie geschlossen.

Locale für Gottesverehrung werden gegen 700 angegeben, darunter 189 Kirchen u. 90 Kapellen der Englischen Bischöflichen Kirche, über 200 Meetinghouses der Dissenters, 21 Kirchen u. Kapellen für Römische Katholiken, 21 ausländische Kirchen od. Kapellen, wo der Gottesdienst in fremden Sprachen gehalten wird, 12 Synagogen etc. Viele Kirchen sind in gothischem Geschmack gebaut, aber mit winzigen Thürmchen versehen; mehre Zifferblätter der Kirchthürme L-s sind transparent, bunt u. bei Nacht erleuchtet. Ausgezeichnet unter den Kirchen sind: in der City die St. Paulskirche (St. Paulskathedrale), 610 angelegt, schon früh in eine gothische Kirche umgebaut, litt mehrmals durch Feuer, wurde zuletzt nach dem großen Brand von 1666 durch Christoph Wren von 1675–1710, nach Art der Peterskirche in Griechischem Styl in Kreuzesform, mit zwei unansehnlichen Glockenthürmen gebaut; ist 510 Fuß lang, 282 Fuß hoch; die auf 32 Säulen ruhende Kuppel, mit goldner Kugel u. Kreuz geschmückt (unterhab derselben die Whispering-Gallery, wo man ein gegenüber gesprochenes Wort deutlich hört), hält 146 Fuß von außen im Durchmesser. Das Innere ist durch 23 Denkmale berühmter Engländer (u. A. Nelsons, Abercrombies, Johnsons, Reynolds, Howes, Howards, W. Jones, Pictons, Elliots, Rodneys, Moores, Colingwoods, Babingtons, J. Bedfords, Chr. Wrens etc., die meist auch hier begraben sind) u. mit eroberten Flaggen u. Fahnen geziert. Die Kuppel gewährt an heitern Tagen eine schöne Aussicht auf L. Auf dem südlichen Kirchthurm befindet sich eine der größten Glocken der Welt, 10 Fuß im Durchmesser. Der Kirchhof ist mit eisernen Gittern umgeben u. enthält eine Statue der Königin Anna. Außerdem enthält die City noch die Christ Church, St. Lawrence, St. Paul auf Coventgarden u. mehre andere Kirchen u. Kapellen. In Westminster: die Westminsterkirche, alte gothische, in Kreuzform, im 6. Jahrh. gebaute, im 11. Jahrh. erneuerte, von Chr. Wren zu Anfang des 18. Jahrh. restaurirte u. mit den jetzigen Thürmen geschmückte Klosterkirche (daher der Name), 390 Fuß lang, 195 Fuß im Kreuze, 72 Fuß im Schiffe breit, 100 Fuß hoch; in ihr werdendie englischen Könige gekrönt; merkwürdig sind in ihr in der Kapelle Eduards des Bekenners, die zwei uralten Krönungsstühle, die Kapelle Heinrichs III. u. die für den Bathorden bestimmte Kapelle Heinrichs VII., mit dem Grabmal dieses Königs u. seiner Gemahlin, an welche sich mehre andere Kapellen reihn; in einer derselben Begräbnisse u. Monumente der Maria Stuart u. Elisabeth u. auch ein Sarkophag, welcher die vermuthlichen Überreste der ermordeten Prinzen Eduard u. Richard enthält, so wie die Denkmale vieler historisch berühmter Personen. In einer derselben befinden sich die Wachsfiguren der Königinnen u. Könige Elisabeth, Anna, Wilhelm, Maria, sowie Chatams u. Nelsons. Zwischen diesen Kapellen u. dem mittlern, ganz geschlossenen Kirchenschiff u. herumlaufenden Gange u. zwar in den beiden Kreuzflügeln, deren einer der Poets Corner, Dichterwinkel, heißt sind die Denkmale der vorzüglichsten Männer Englands angebracht, jedoch liegen nicht alle wirklich hier begraben; der Poets Corner enthält von Folgenden Denkmäler: Shakspeare, Dryden, Chaucer, Ben Johnson, Buttler, Spencer, Milton, Grey, Garrick, Cowlev, Davenant, Thomson, Goldsmith, Atkins, Addison, Händel, Sheridan, Robinson, Coxe, Casaubon, Camden, Chardin, Congreve, Kneller, Lawrence, Carteret, Newton, Owen. In dem gegenüberliegenden Kreuzflügel befinden sich die Gräber von Pitt, Fox, Wilberforce, Canning (auch dessen Bildsäule) u. A., meist nur mit einfachen Decksteinen u. mit der Angabe des Namens. Zahlreiche Denkmale sind noch in dem Seitenschiff der Kirche. Übrigens ist die Ehre, in der Westminsterabtei begraben zu werden od. Denkmale zu erhalten, keine Nationalehre, sondern käuflich. Südlich an die Westminsterkirche stößt die Westminsterabtei, mit Kreuzgang, Kapitelhaus u. Sanctuarium etc. Andere Kirchen in Westminster sind: Kirche aller Seelen (All Souls' Church) am Ende der Regentsstraße, St. Martin in the Fields, am Ende von Charing-Croß, St. Margarets-Church, hinter der Westminsterkirche, mit Denkmal Walter Raleighs, St. Annenkirche, mit Begräbniß u. Denkmal Theodors von Neuhoff, Königs von Corsica, St. James-, St. Mary le Strand, St. Clement Danes, Mary le Bone New-Church, St. Pancras New-Church, St. Stephanskirche etc. Kirchen in Westend sind: St. Georgs, in Georgestreet, St. Georgs in Blooms bury, St. Philips Chapel; in Chelsea: Lukes-Church, 1820 in Gothischem Styl erbaut; Trinity Church, dicht am Tower, mit Statue Alfred des Großen davor; in Ostend: St. Johns the Evangelist, Stepney-Church; in Lambeth: die Lambethskirche. Die Stadt ist in 185 Kirchspiele getheilt, unter denen Stepney das größte der Erde ist, indem alle englischen Seeleute unter dasselbe gehören u. alle zur See Gestorbene im dortigen Kirchenbuche verzeichnet werden. Die Begräbnißplätze liegen meist noch um die Kirchen, nur in neurer Zeit hat man einen General cemetery auf dem Harrow-Road, drei englische Meilen von Oxfordstreet, für alle Religionsverwandte angelegt, so den New cemetery u. einige andere auf Actien; die Dissenters hatten schon lange auf dem Bunhills Fields u. alle Religionsparteien auf dem City Bunhills Burial-ground, aber beide innerhalb der Stadt, Begräbnißplätze.

Von königlichen Gebäuden ist das älteste der Tower, welcher in dem Ostende dich, an der City liegt; er ist ein nach alter Art mit Mauern u. Wassergräben umschlossenes, fünfeckiges, mit Yeomen u. von Linieninfanterie besetztes Castell, auf dessen Rondelen 60 Kanonen aufgestellt sind, welche[500] bei feierlichen Gelegenheiten gelöst werden, u. enthält die Reichskleinodien (Krönungsinfignien) u. Gold- u. Silbergeschirr, das Arsenal mit Land- u. Seewaffen, das Staatsgefängniß, das Archiv, den spanischen Waffensaal, die angeblichen Überbleibsel der Armada, Rüstkammern etc.; die großen Gewehrniederlagen u. vieles geschichtlich Merkwürdige ist bei dem Brand einer der Seiten des inneren Vierecks, das den eigentlichen Tower (Weißer Tower von dem Anstrich) bildet, 1841 mit in Flammen aufgegangen. Bis zur Zeit Heinrichs VIIl. war der Tower Residenz. Der St. Jamespalast (Kingshouse), wie die nächstfolgenden in Westminster, ist nach dem sonst hier stehenden Hospital zu St. James benannt, alt, unregelmäßig u. unansehnlich, erbaut von Heinrich VIII., nach dem Brande von Whitehall 1695 bis 1825 Residenz, ein Theil brannte 1809 ab u. ist, obschon das Ganze 1821–23 ausgebessert wurde, nicht wieder erbaut worden. Hier werden alle königlichen Levers u. Drawing Rooms gehalten. Der New-Queens-Palace (Buckinghamhouse), 1703 vom Herzog von Buckingham erbaut u. 1761 von der Königin Charlotte erkauft, welche ihn seitdem stets bewohnte; 1825–30 wurde er ganz umgebaut u. ist jetzt Wohnung der Königin Victoria; er ist in Griechischem Styl gebaut, steht zu Ende einer vierfachen Allee u. hat einen Triumphbogen zur Einfahrt in den mit eisernen Gittern umschlossenen Hof; daran befindet sich ein Garten, welcher nur durch eine Allee von dem Greenpark geschieden ist. Sonst war die Residenz in Carltonhouse (1826 als baufällig niedergerissen u. früher Wohnung des Prinz-Regenten). Whitehall, 1530–1695 königliche Residenz; von hier aus ging Karl I. auf das vor demselben erbaute Schaffot; er brannte 1695 ab u. steht nur theilweise noch; dieser Theil 1829 wieder restaurirt. Marlboroughhouse, früher Residenz des Prinzen Leopold von Koburg, später der verwittweten Königin Adelaide. Kensington, königlicher Palast, westlich an Hydepark stoßend, mit großen Gärten im Westend. Somersethouse, 1549 von Somerset erbaut, nach dessen Hinrichtung von der Krone eingezogen; die Königin Elisabeth u. mehrere spätere Mitglieder der königlichen Familie residirten da; 1771 wurde es als großes Viereck, welches eine Seite nach dem Strand, die andere gegen die Themse kehrt, umgebaut u. ist jetzt Sitz. vieler königlichen Behörden u. mehrer königlichen gelehrten Gesellschaften. Ferner sind königliche Gebäude meist in der Gegend vom St. Jamespark: die Admiralität, das Ministerium des Auswärtigen (Foreign office), das Kriegsministerium (Horse guards, weil hier zwei Gardisten zu Pferd Wache halten), das Staatssecretariat (Council office), die Schatzkammer (Treasury), das Handelsministerium (Board of control), das Acciseamt (Excise office), das Fremdenbureau (Alien office), Heralds college, wo alle Wappen, Lehnbriefe u. Urkunden des englischen Adels aufbewahrt werden, die Gardekaserne, die königlichen Ställe etc. An anderen Punkten L-s befinden sich das Customhouse (Zollhaus), dicht an der Londonbridge, wo die Visitation der auf der Themse Ankommenden geschieht; das Generalpostgebäude, die Münze (Mint), dem Tower gegenüber.

Andere öffentliche Gebände der Stadt, von Corporationen u. dgl.: Westminsterhall, ein weitläufiges Gebäude, der Westminsterabtei gegenüber, von dem die Parlamentshäuser einen Theil ausmachen; letztere brannten 1834 theilweise, das Unterhaus ganz nieder. Darauf wurden von Charles Barry die neuen Parlamentshäuser (New Houses of Parliament, Grundsteinlegung den 27. April 1840) gebaut, der größte gothische Bau u. eins der prachtvollsten Gebäude in der Welt. Es ist durchaus massiv u. so wenig Holz dazu verwandt, daß es nie wieder abbrennen kann. Der äußere Bau hat vier Fronten, von denen die östliche od. Flußfronte 900 Fuß lang, in fünf Hauptfelder getheilt, mit Steinverzierungen panellirt u. mit den Statuen u. Wappenschilden der englischen Herrscher von Wilhelm dem Eroberer bis zur Gegenwart geziert ist. Das Ganze ist von 3 Haupt- u. 14 kleinern Thürmen geschmückt. Der prächtigste Saal des ganzen Gebäudes ist der Sitzungssaal des Oberhauses (The House of Peers), 97 Fuß lang, 45 Fuß breit, 45 Fuß hoch; der Saal des Unterhauses (The House of Commons), ist 62 Fuß lang, 45 Fuß breit, 45 Fuß hoch. Die eigentliche Westminsterhall, nach welcher der ganze Gebäudecomplex den Namen hat, ist ein 1097–98 von Wilhelm II. erbautes Gebäude mit gothischem Portal, in ihr ein großer, 275 Fuß langer, 90 Fuß hoher, 70 Fuß breiter Saal, wo Richard II. einst mit 10,000 Menschen speiste u. alle folgende Könige ihren Krönungsschmaus hielten, Karl I. verurtheilt wurde u. noch jetzt die Peers verhört werden; hier auch, in den Hinter- u. Seitengebäuden, die drei höchsten Gerichtshöfe, der Court of Exchequer, der Court of common Pleas u. die Queen's (sonst King's) Bench. Ein anderes ähnliches Gebäude das Haus der Ostindischen Compagnie (The East India House) in der Leadenhall-Street, City, von der Ostindischen Gesellschaft 1726 gebaut, 1798 erweitert u. restaurirt, mit vielen Sälen, Bureaux u. Schulen für Hindus, Malaien, Chinesen, Japanesen u.a. Südasiaten, mit Kunst-, Curiositäten-, Bücher- u. Manuscriptensammlungen, wurde nach Aufhebung der Gesellschaft 1860 verkauft, die Kunst- u. literarischen Schätze in das Britische Museum gebracht u. für die Bureaux soll ein neues Gebäude in der Nähe der Downing-Street gebaut werden. Das Südseehaus, der Südseecompagnie gehörig. Guildhall, das Rathhaus, mit großer Halle, worin Raum für 6–7000 Menschen zum Stehen, 1000 zum Sitzen ist, zu den großen Festen der City, zu großen Schmäusen für die Parlamentsglieder, großen Festen für die Königin; hier Marmormonumente für Nelson, die beiden Pitts u. Beckford, sowie Gog u. Magog (s.d.). Mansionhouse, die Wohnung des jedesmaligen Lordmayor. Die Guildhall für Westminster, südlich der Admiralität. Die große Wasserkunst an der Londonbridge, 1582 angelegt, versorgt einen großen Theil Londons mit Wasser. Die Townhall, das Stadthaus für Southwark. Das Trinityhouse, seit 1515 in Besitz einer Corporation von 1 Director (Master), 4 Aufsehern, 8 Assistenten u. 16 älteren Brüdern, welche aus Flottenoffizieren gewählt werden, ansehnliche Einkünfte beziehen u. die Aufsicht über Flottensachen bilden, in diesem Fache Licenzen ertheilen u. dgl. Lambethpalast, auf dem Lambethplatz in Lambeth ander Themse, Wohnung des Primas des Reichs, des Erzbischofs von Canterbury, mit Bibliothek u. Park Dort ist auch der Lollhardsthurm, sonst Gefängniß der Wiclefiten.

[501] Von Privatplästen (Houses od. Terraces) sind merkwürdig außer Cambridge House u. Gloucester House. nach den Eigenthümern, den Herzögen von Cambridge u. der Herzogin von Gloucester, genannt, Apsley House, welches der Herzog von Wellington bewohnt; der Northumberlandpalast, die städtische Residenz des Herzogs von Northumberland, mit einem großen vergoldeten Löwen auf der höchsten Zinne, das schönste Privathaus des Stadt, mit Gemäldegallerie; der Palast Adelsi, von den vier Brüdern Adams 1770 erbaut u. zum Andenken an ihre Einigkeit so benannt, später Eigenthum von Garrick, jetzt Local mehrer Gesellschaften; die Richmond Terrace, Sutherlandhouse, Burlingtonhouse, Spencerhouse, Chesterfieldhouse etc. Die meisten anderen Privatpaläste liegen an Squares od. am Regentspark, wo in der Albany- u. Clarencestreet reiche Privaten od. auch die hohe Aristokratie Paläste auf Speculation gebaut u. diese wieder in einzelne Häuser mit besonderen Thilren getheilt hat, welche einzeln vermiethet werben, wie York-, Hanover-, Cambridge-, Chester-, Cumberland-, Cornwall-, Ulster-Terrace, Sussexhouse, Brunswick-House auf der Südseite (brannte 1850 ab).

In L. befinden sich die höchsten Gerichtshöfe des Staates, die Court of Chancery, die Court of Exchequer, die Queen's Bench u. die Court of Common Pleas, sämmtlich in Westminsterhall, sie bezieht sich aber mehr auf das englische Staatsleben im Allgemeinen, als speciell auf L.; ebenso die Exchequer Chamber, ein Appellationsgericht für einige Fälle von beiden letzteren, u. der Court of Admiralty, welcher über Verbrechen auf der See, u. Doctor commons, das über Abfall vom Christenthum, Ehescheidung, Ehebruch, Testamente, Vermächtnisse u. dgl. in ganz England richtet. Mehr Bezug auf das Specielle haben der Bankrupt Court für Handelsangelegenheiten, Betrug u. Bankerotte, die Courts of Request für Bagatellsachen, Marshalsea Court, für geringe Sachen 12 englische Meilen um L., Old Bailey Sessions, die für Criminalfälle in der City u. Middlesex berufene Jury. Friedensrichter, Sherifs u. in der City der Lordmayor u. die Albermen entscheiden in Mansionhouse u. Guildhall in Polizeisachen auf der Stelle; sie werden hierin von zwei Marschällen u. acht Untermarschällen unterstützt. Auch Southwart u. mehrere Theile der Grafschaft Midblesex stehen unter der Jurisdiction der City, welcher ein Steward, der dem Court of record, dem Gerichtshof für diesen Stadttheil, vorsteht u. einen Bailiff dort ernennt. Die Polizei ist seit 1829 durch R. Peel umgeformt; sonst mußten die Hausbesitzer u. Miether Polizeidienste thun od. Stellvertreter bezahlen, jetzt werden nur bei außerordentlichen Fällen einige tausend Bürger zum Constablerdienst verpflichtet. Die gesammte Londoner Polizei zerfällt in die City-Polizei u. die Metropolitan-Polizei; die City-Polizei steht unter 1 Commissär, hat 13 Inspectoren, 47 Sergeanten u. 520 Constabler, u. theilt sich in 6 Divisionen; die Metropolitan-Polizei steht unter 2 Commissären, hat 110 Inspectoren, 465 Sergeanten u. 3900 Constabler, u. ist in Divisionen eingetheilt, welche im ihrer Größe der Zahl der Inspectoren u. Constabler verschieden sind. Jede Division hat ein Wachthaus (Station od. Watchouse), 8 Sectionen u. die Sectivn 8 Untersectionen (Beats). Die Constablers tragen blane Fracks mit Stehkragen, auf welchen die Buchstaben ihrer Sergeantschaft u. ihre Nummern in der City mit gelber (außer dem Wappen der Stadt L.), in Westminster mit weißer Wolle, bei den Offizieren von Gold od. Silber gestickt sind, eben solche Knöpfe u. runde Hüte, bei ranhem Wetter dunkle, langhaarige Civilüberrocke u. bei Regen u. Schnee Wachstuchkragenmäntel. Sie sind nicht bewaffnet, sondern tragen nur einen 11/2 Fuß langen Stab mit Blei ausgeschlagen u. den kleinen Constablerstab mit der Krone von Messing. Sie patrouilliren Tag u. Nacht, vercheilen sich auch einzeln (können sich jedoch gegenseitig sogleich signalisiren), helfen an den Straßenecken das Gewirr der Wagen entwirren, beobachten Verdächtige, verhüten Scandale, verhaften die wider das Gesetz Handelnden, Betrunkenen u. Diebe, führen die Aufsicht bei den Feuersbrünsten, steuern der Schamlosigkeit der Nachtwandlerinnen u. dgl. Sie sind für Fremde höchst gefällig. Außer ihnen bestehen in dem größten Theile von L. noch die Nachtwächter (Watchmen), welche in kleinen tragbaren Häusern (Box) die Nacht durch campiren u. Stunde u. Wetter anzeigen; sie tragen große Schnarren (Rattles), womit sie ihre Kameraden zu Hülfe rufen. Eine reitende Polizei (Horse Patrol) durchstreift bes. die Umgegend L-s bewaffnet u. eine Themsepolizei, welche die Themse auf Kähnen zur Nachtzeit abpatrouillirt, sucht die sehr häufigen Diebstähle zu Wasser zu vermeiden. Die Polizei leitet auch die gut organisirten Feuerlöschanstalten. Geheime Polizei kennt man nicht; als sie 1816 errichtet werden sollte, fanden sich keine Individuen zu Polizeispionen. Gefängnisse: Newgate ist das älteste u. dient zur Verwahrung der Criminalverbrecher; zum Tode Verurtheilte werden in finsteren Kerkern abgesondert aufbewahrt. Andre Gefängnisse sind: Giltspur-Gefängniß bei Newgate, Borough Compten, für Southwark, Surrey County Gaol, für Surrey, Totthill Fields, Bridewell -, New-Bridewell Prison, Clerkenwell Prison, Cold-Bath-Fields (Correctionshaus), mit Tretmühle für Widerspenstige Zuchthäuser nach dem Isolirungssystem sind: Penitentiary Millbank, angelegt am Südende von Westminster, u. bes. das 1542 erbaute Pentonvillegefängniß (s. über dieses unter Gefängniß D) b). Schuldgefängnisse sind: Kingsbench (jetzt Queens-Prison), in Southwark gelegen, worin außer Schuldnern auch noch wegen Preßvergehen verurtheilte Libellisten verwahrt werden; die Kosten des Anfnahme in dies Gefängniß betragen 3 Sovereignes; die Gefangenen treiben in Kingsbench ihre Beschäftigung fort, können auch von Frau u. Kindern besucht werden. Auch Personen, welche Verhaftung wegen Schulden fürchten, flüchten sich hierher, indem sie hier nicht verhaftet werden dürfen Die Kingsbench wird jährlich von beinahe 3000 Insassen bewohnt. Man findet daselbst Kaffee-, Wein- u. Speisehäuser, Theater, auch eine Kirche. Jeder Gefangene erhält 4 Pence täglich von seinen Gläubiger zu seinem Unterhalt; sind diese Sonn abends früh nicht da, so wird der Gefangene freigelassen; alle 7 Jahre werden Schuldner, welche unter 500 Pfd. St, schuldig sind, durch einen Gnadenact befreit. Ferner sind Schuldgefängnisse: Flee-Prison u. New Debfors Prison für 400 Pensionäre. Für Schuldgefangene, welche noch Mittelhaben, sich ein leidliches Loos zu verschaffen, bestehen noch die Sheriffs Office Houses (Spunging [502] Houses), welche die Sheriffs halten u. worin Schuldner wohnen, bis sie ihren Gläubigern gerecht geworden sind od. sich in ein öffentliches Gefängniß begeben. Todesstrafen finden seit 1829 nicht so häufig mehr Statt, wie sonst. Die Hinrichtung wird stets in dem Gefängniß Newgate vollzogen, wo ein Fenster zur Thür umgewandelt ist u. der Verbrecher Morgens 5 Minuten vor 8 Uhr mit überzogener Nachtmütze über das Gesicht auf eine hölzerne Brücke tritt; mit dem letzten Schlag 8 Uhr auf der Paulskirche wird die Stütze weggezogen u. der Verbrecher hängt.

Wissenschaftliche u. Kunstsammlungen. Das British Museum, die großbritannische Nationalsammlung für Wissenschaft u. Kunst; es liegt in Westend, Great Russel Street; über die Geschichte u. Schätze desselben s. den eignen Artikel Britisch Museum. Nächstdem ist die Nationalgallerie auf Trafalgar Square höchst bedeutend; sie wurde 1837 vollendet u. enthält viele treffliche Gemälde u. Antiquitäten. Die Angersteinsche Sammlung von Gemälden bildet die Grundlage dazu u. das Parlament hat dazu ansehnliche Bewilligungen gemacht. Andere Kunstsammlungen sind: Gemäldegallerie in Buckinghamhouse, in Clevelandhouse, Northumberlandhouse, die Sammlung John Leicesters, die Bridgewatergallerie, die Gallerie des Marquis of Westminster, die des Grafen Grosvenor, Hopes Sammlung von Gemälden u. Vasen, Wests Gemäldegallerie mit 100 Bildern von West u. mit dessen Porträt von Lawrence, Soanes Museum, meist Privatsammlungen; für specielle Fächer das Phelloplastische Museum, Backles Glasmalereien, Bullocks Museum von mexicanischen Basreliefs, Gemälden u. Naturalien, Belzonis Cabinet ägyptischer Alterthümer etc. Von naturhistorischen Sammlungen sind außer dem Londoner Museum u. außer der Sammlung ausgestopfter Thiere der Zoologischen Gesellschaft, der dieser gehörige Zoologicalgarden im Norden vom Regentspark, welcher die merkwürdigsten Thiere lebend enthält, u. der kleinere Surrey Zoological Garden, die Botanischen Gärten zu Kensington u. dem nahen Kew (s. b.) zu bemerken. Bibliotheken bestehen sehr viele, darnuter die bei der Paulskirche, im Lambethpalast, im Britischen Museum, die Bibliotheca regis, die Parlamentsbibliothek, die Guildhallbibliothek u. viele Bibliotheken von Gesellschaften u. Privatpersonen. Gelehrte Gesellschaften: die Königliche Gesellschaft für Wissenschaft u. Alterthümer (Royal Society) in Somersethouse (s.u. Akademie V. A) a), die Königliche Gesellschaft für Antiquitäten (s.u. Alterthumsvereine), die Königliche Gesellschaft für Literatur, 1823 unter Georg III. errichtet, gibt ältere Werke heraus, welche keinen Verleger finden, belohnt ausgezeichnete literarische Verdienste u. unterhält Verbindung mit Gelehrten des In- u. Auslandes; die Royal Institution, 1800 unter dem Patronat Georgs III. gestiftet, sucht Wissenschaft u. Aufklärung, bes. in Mechanik u. Naturkunde, zu verbreiten, bat Laboratorium, Bibliothek, Theater für Vorstellungen u. Lesezimmer. Für einzelne Fächer wirken die Zoologische Gesellschaft, die Linnéische Gesellschaft für Botanik u. Mineralogie, gestiftet von Bruth, gibt eine fortlaufende Schrift über ihre Forschungen heraus; die Gartenbaugesellschaft, seit 1730, der Ackerbauverein (Board of agriculture), die Mineralogische Gesellschaft, die für Geologie, die für Physik, die für Chemie, die Astronomische, die Meteorologische Gesellschaft, das Collegium der Ärzte, das Collegium der Wundärzte, die Medicinische Gesellschaft, mit Bibliothek, die Medicinisch-botanische, hält Vorlesungen u. macht Experimente, die Medicinisch-chirurgische, die Huntersche Gesellschaft, die Phrenologische, die Philosophische, welche sich mit Physik beschäftigt, die für Apotheker (zugleich für Ackerbau), die Mathematische, die Königliche Geographische Gesellschaft (s.u. Geographische Gesellschaften b), die Königliche Asiatische Gesellschaft (s.u. Asiatische Gesellschaften A) b), die zur Untersuchung von Afrika, läßt zu diesem Zweck reisen, die Palästinagesellschaft, zur Untersuchung Syriens Behufs der Bibelerklärung, die Ägyptische Gesellschaft, zu Erklärung der Hieroglyphen; Shakspearesche Gesellschaft seit 1841 (s.u. Shakspeare). Es gibt ferner mehre Literarische u. Belletristische Vereine, von denen viele auch mit Vorlesungen u. mit gemeinnützigen Zwecken (für Erziehung u. dgl.) verbunden sind: dergleichen sind: die Königliche Gesellschaft für Klassische u. Schöne Literatur, die Philologische, die London Literary and Scientific Society, die London Institution, mit Gebäude u. Lesecabinet, Bibliothek u. Journalisticum, die Russel Institution, die London literary Institution, mit dem Gresham College, von T. Gresham, Behufs lateinischer u. englischer Vorlesungen über mehre Zweige des Wissens, verbunden; die Naval and Military Library and Museum (hat auch Sammlungen für Seeleute u. Offiziere), Western Literary Institution, für Kaufleute u. Gewerbtreibende, Mary le Bono Literary Institution, Surrey Institution, Athenaeum, Red-Cross Street Library, für protestantische Geistliche, mit Bibliothek, Law Institutions, für Rechtsgelehrte, mit Bibliothek u. Theater für Vorlesungen, u. viele andere ähnliche. Für die Künste sorgen die Königliche Akademie der Maler- u. Bildhauerkunst, 1765 von Josua Reynolds gestiftet, wo Unterricht ertheilt u. im Gebäude der Nationalgallerie (sonst in Somersethouse) jährlich Ausstellungen gehalten werden; das Britische Institut hat Sammlungen u. veranstaltet Ausstellungen der Werke britischer Künstler; die Gesellschaft der Künste, die Gesellschaft britischer Künstler, Gesellschaften von Malern, welche Arbeiten lebender Künstler zur Schau stellen, die Gesellschaft für Kupferstiche, Gesellschaften für Architektur, Gesellschaft für Civilingenieure, für Schiffbaukunde etc.; für Musik besteht die Cäciliengesellschaft, die Royal Academy of Music, die Philharmonische Gesellschaft u. v. a. Für Gewerbe wirken bes. die Königliche Gesellschaft von Großbritannien, welche Erfindungen u. Verbesserungen auszubreiten strebt; die Gesellschaft für Kunst u. Gewerbthätigkeit, seit 1743, welche die Erfindung neuer Instrumente befördert; sie hat Sammlungen von Kunstsachen u. Modellen; die Gesellschaft für Beförderung der Künste u. des Handels.

Von Unterrichtsanstalten hat L. 58 Freischulen, durch fromme Stiftungen gegründet, worin über 6000 Kinder Unterricht empfangen, 29 Schulen für verlassene u. arme Kinder, mehr als 300 Kirchspielsschulen, die von freiwilligen Beiträgen erhalten werden u. in denen über 20,000 Knaben u. Mädchen gekleidet u. erzogen werden. Auch das Militärwaisenhaus zu Chelsea für 1000 Kinder, das Asylum, ein 1785 gestiftetes Waisenhaus[503] für Mädchen, das London-Waisenhaus, 1813 gestiftet, sind hierher zu rechnen Außerdem gibt es noch gegen 50 Lancaster- u. Nationalschulen, von denen jede 200–1000 Kinder, u. die im Ganzen 30,000 Kinder nach der Bell-Lancasterschen Methode unterrichten; etwa 500 Sonntagsschulen mit etwa 65,000 Zöglingen u. über 5000 Privatschulen. Auch mehrere Taubstummen- u. Blindeninstitute, viele Infant Schools (Kleinkinderschulen) etc. hat L. Die Institute u. Pensionen (Boarding Schools) sind von untergeordnetem Werthe. Höhere Zwischenschulen sind 20 Lateinische (Gelehrten-) Schulen u. Seminarien, 16 Rechtsschulen, 5 Collegien für Theologen, 3 für Mediciner, 1 Veterinärschule, 1 Schule für junge Seeleute zu Chelsea. Von den öffentlichen Schulen, welche zum Theil bis zur eigentlichen Mathematik, zum Theil bis zu den klassischen Sprachen gehen, sind die angesehensten: Christ's Hospital (von der alten Tracht der Schüler, blaue Kutten, gelbe Hosen, kleines Barret u. rother Gürtel Blue-Coat-School), für 1200 freigehaltene Knaben u. einige Mädchen in einem nahen Erziehungshaus, Charter House, in einem ehemaligen Karthäuserkloster, minder zahlreich, jedoch dem vorigen ähnlich; Westminster School, 1560 von der Königin Elisabeth für 40 Freistellen gestiftet, bes. von dem Adel besucht; St. Pauls School, seit 1509, Merchant Tailors Schools, von der Schneiderzunft gestiftet, u. City of London School. Die Universität ist ein neues Institut. 1825 wurde vom Dichter Thomas Campbell die Idee gefaßt, durch Privatassociation in L. eine Universität nach dem Vorbilde der deutschen Hochschulen zu gründen u. durch diese die im Hochkirchenthum verkommenen Universitäten Oxford u. Cambridge zu überholen; das Unternehmen wurdedurch den damaligen Lordkanzler Brougham sehr begünstigt u. ein Actienverein gegründet, 1827 der Grundstein zum Gebäude gelegt u. die Anstalt am 1. Oct. 1828 eröffnet. Die Theologie ist von der Universität ausgeschlossen; auch hat sie nicht das Recht zu graduiren (promoviren). Eine zweite Universität (King's College) ist als Gegengewicht jener von den Orthodoxen 1831 in Somersethouse gegründet worden, hat aber bis jetzt wenig Erfolg gehabt. Auch sie ist auf Actien errichtet. Die Inns of court, wo sich Rechtsgelehrte, die als Gesellschaft zusammenwohnen u. speisen, praktisch bilden, sind nicht eigentliche Lehranstalten. Es sind deren zwei im Tempel, mit Kapelle, Garten, Terrassen, Alleen, eine in Lincoln's Inn, mit Bibliothek, welche Handschriften umfaßt, die nach Vorschrift des Stifters nie gedruckt werden dürfen, eine in Gray's Inn u. zwei in Serjeant's Inn; alle andern Inns of court sind nur Zweiggesellschaften der drei ersten. Auch sind noch eine königliche Militärakademie für 1250 Schüler, ein Orientalisches Collegium für junge Indier, Malaien, Chinesen, Japaner etc., ein musikalisches Conservatorium u. mehrere jüdische Schulen vorhanden. Mehrere Gesellschaften in L. befördern den Elementarunterricht auch auswärts, so die Hiberniangesellschaft zu Beförderung des Schulunterrichts in Irland, die zu Vereinigung des britischen u. auswärtigen Erziehungssystems in den Colonien, die britische u. auswärtige Schulgesellschaft, die jährlich gegen 5000 Kinder erzieht etc.

Fromm e u. Wohlthätigkeitsanstalten hat L. in großer Zahl, u. die milden Stiftungen im Allgemeinen dürften gegen 2000 betragen, die gesammte Armenpflege beschäftigt gegen 50,000 Beamte. Man zählt mehrere Marine- u. Militärhospitäler (so das zu Chelsea für 336 Invaliden), außerdem 22 für Kranke u. Gebrechliche, 107 Almosenhäuser für Alte u. Dürftige, 18 zur Unterstützung für Bedürftige aller Art, 30 Häuser, wo Arzneien unentgeldlich ertheilt werden, überhaupt gegen 250 Hospitäler. Das Bartholomäushospital, 1102 unter Heinrich I. gestiftet, versorgt gegen 4000 Kranke in, eben so viel außer dem Hause u. dient zugleich zur Bildungsanstalt für junge Arzte u. Chirurgen; das Thomashospital, mit 16 Krankensälen u. 430 Betten, versorgt jährlich gegen 9000 Kranke; das Guyhospital, 1721 vom Buchhändler Thomas Guy gestiftet, fast gleiche Zahl; das großartige Chelseahospital, das königliche Military Asylum ebenda, das Kinderblatterspital, das Spital der Königin für Gebärende, das britische Entbindungshaus, das Spital Charity, das allgemeine Entbindungshaus (letztere drei nehmen nur Verheirathete auf), das Findlingshospital, für 400 Kinder; das Magdalenenhospital, für reuige Freudenmädchen, die 1807 gestiftete weibliche Penitentiary, von ähnlichem Zweck, sorgen für Frauen; das Bedlam (Bethlemhospital), ein Irrenhaus, früher in Bishopsgate, seit 1675 in Moorsfield in der City, 1838 erweitert u. jetzt so gut geleitet, daß jährlich ein großer Theil als geheilt entlassen werden können; das Lukashospital, das Königliche Spital für Kinder unter 12 Jahren, das Asyl weiblicher Waisen, Hahnemann. Hospital (worin auch die Homöopathie gelehrt wird); Zufluchtshaus für alte u. verarmte Buchhändler u. Buchhändlergehülfen; Deutsches Hospital (seit 1847); das Hospitalschiff (Blockschiff) u. die Marinegesellschaft für Seeleute etc. Auch bestehen seit neuester Zeit (u. zwar 1850 bereits 10) öffentliche Bade- u. Waschanstalten. Fromme Zwecke verfolgen die Protestantische Gesellschaft zu Erhaltung der Religionsfreiheit, die Gesellschaft für Fortpflanzung der Christlichen Religion, gestiftet 1795, hat Missionen in allen Welttheilen; die für Verbreitung besserer Erkenntniß des Chrïstenthums auf den Schottischen Inseln; die Gesellschaft für Verbreitung der Gebet- u. Andachtsbücher; außerdem bestehen noch eine Bibelgesellschaft (s.d.) seit 1780, der Mittelpunkt für alle ähnlichen Anstalten; Gesellschaften zur Verhütung von Verbrechen u. Falschspielen, gegen Laster u. Unsittlichkeit; die 1835 gestiftete Gesellschaft zum Schutze junger Frauenzimmer, die 1845 gestiftete Gesellschaft der Freunde hülfsbedürftiger Fremder u. die seit 1785 bestehende Gesellschaft zur Unterstützung mittelloser Fremder etc. Alle diese milden Anstalten unterstützen jährlich gegen 150,000 Personen, die städtische Armenpflege aber an 180,000 Personen.

Der Kunstfleiß L-s erstreckt sich auf Verfertigung aller Arten von Waaren; bes. viel in Seide, Baumwolle, Leder, Luxuswaaren, Porzellan, Holzgeräthschaften, Buchbinderarbeit, Tapeten, Segeltuch etc., alles gut u. dauerhaft gearbeitet. Vorzüglich bedeutend sind die Bierbrauereien, bes. für Ale u. Porter (110 größere), in der von Barclay, Perkins u. Comp. (der größten Brauerei der Welt) werden außer den vielen Maschinen (worunter 2 große Dampfmaschinen) über 300 Arbeiter u. 160 Pferde beschäftigt, das Bier wird in 126 Fässern, durchschnittlich 30 Fuß im Durchmesser[504] u. 40 Fuß hoch u. 3800 Eimer enthaltend, aufbewahrt; die Gebäude erstrecken sich über 10 Acker. Auch die Branntweinbrennereien, Weinfabriken, Tafelglas-, Eisenwaaren- u. Maschinenfabriken, die Fabriken musikalischer Instrumente u. m. sind wichtig.

Der Handel u. die Schifffahrt hat eine unermeßliche Höbe erreicht u. erstreckt sich fast durch die ganze Welt; er umfaßt 3/4 des ganzen britischen. Die Anzahl der täglich auf der Themse zwischen L. u. der Mündung fahrenden Dampfboote ist über 300, der jährlich ein- u. auslaufenden großen Seeschiffe über 12,000, der Küstenfahrer über 8000, die der mit Aus- u. Einladen, Führen der Reisenden etc. beschäftigten Boote u. Kähne u. dgl. über 15,000; die Menge des täglich ausgegebenen Geldes wird zu 7 Mill. Thalern, das Capital der Kaufleute zu 3000 Mill. Thalern, die jährliche Ausfuhr zu 600 Mill. Thalern, die Zölle zu 70–80 Mill. Thalern angeschlagen. Vor allem dient die Themse den Handel zu heben. Schon eine geographische Meile oberhalb dem äußersten Punkt von L. beginnt der Hafen (Pool) von L. Am Anfange desselben längs des linken Ufers liegen stets 6–800 Newcastler Kohlenschiffe zu 6 u. 8 in einer Reihe mit breiten Zwischenräumen vor Anker; der Platz am rechten Ufer bleibt aber als Wasserstraße frei von ankernden Schiffen. Je näher man L. kommt, desto dichter werden die Schiffe, bis man vor der Londonbridge, bis wohin die größten Schiffe gehen, aufgehalten wird, u. wo der die Themse aufwärts ankommende Reisende aussteigt u. sein Gepäck auf dem Customhouse (s. oben) visitirt wird. Aber nur die Paketboote u. Dampfschiffe legen hier an, die größern laden meist in den Docksaus u. ein, welche sämmtlich dicht an der Themse u. zwar meist an deren linken Ufer liegen u. durch kurze Kanäle mitderselben in Verbindung stehen. Die ersten, auf die man themseaufwärts am linken Themseufer trifft, sind die Ostindischen Docks (East Indian Docks), 1806–1809 erbaut, sie fassen nuretwa 50 Schiffe u. enthalten zwei kleine viereckige Bassins hinter einander. Die nach diesen stromaufwärts kommenden sind die Westindischen Docks (West Indian Docks), sie sind 2600 Fuß lang, 400 u. 410 Fuß breit u. 29 Fuß tief, u. füllen, nebst dem Ein- u. Ausfuhrbassin, den Zwischenraum zwischen einer Biegung der Themse nach Greenwich hin aus; beide sind 1799 gebaut. Noch höher hinauf kommen die London Docks (Wapping Docks), aus einem großen viereckigen Bassin u. einem kleinern, den New Docks, davor bestehend; ersteres ist 1262 Fuß lang, 700 Fuß breit u. 27 Fuß tief, mit großen Schuppen an der Seite. Dicht bei diesen liegen die Katharinen Docks, aus einem inneren Bassin u. zwei abgestumpften Vierecken bestehend; sie sind die kleinsten, aber auch die lebhaftesten. Auf dem rechten Themseufer liegen die mit einander zusammenhängenden, aus 5 Bassins bestehenden Commercial Docks u. die Grand Surrey u. Outer Docks. Unter den nach allen Richtungen hin führenden Eisenbahnen sind die sieben Hauptbahnen: a) nach Greenwich, Reigate, Dover u. Canterbury (South Eastern Railway), b) nach Brighton, Portsmuth u. Hastings (South Coast Railway), c) nach Southampton, mit Seitenbahn nach Portsmouth (South Western Railway), d) nach Bath u. Bristol (Great Western Railway), e) nach Birmingham, Liverpool u. Manchester (North Western Railway), f) nach York, Hull etc. (Great Northern-Railway), g) nach Cambridge, Ely, Norwich u. Yarmouth (Northern and Eastern Railway). Diese verschiedenen Eisenbahnen, welche zum Theil über die Häuser u. Straßen der Stadt geführt sind, haben innerhalb L-s selbst 12 Hauptbahnhöfe u. mehr als 100 Stationen; außerdem vermitteln noch den innern Personenverkehr über 12,000 Omnibus, Cabs u. Hackneys, wieden innern Waarenverkehr zahllose Fracht- u. Lastfuhrwerke. Den innern Geldverkehr befördert bes. in L. die Bank für England, in einem Gebäude in der City; darin werden in einer mit der Bildsäule Wilhelms III gezierten Halle der Umsatz in Banknoten. Ein- u. Auszahlungen, die Zinsenberichtigung der Staatsschulden, in einer andern Rotunde Wechsel- u. Ausgleichungsgeschäfte der Banquiers gemacht; außerdem bestehen gegen 80 Privatbanken. Die Stock Exchange. der Bank von England gegenüber, ist der Sammelplatz der Mäkler, welche nur hier Geschäfte machen dürfen. Die Börse (Royal Exchange). 1766 gestiftet, bestehend aus einem großen viereckigen Hofe mit Arkaden nach Innen u. den Bildsäulen der englischen Könige. Lloyds Kaffeehaus (s.d.) in dem obern Stock, brannte 1838 ab, wurde aber wieder aufgebaut u. 1844 wieder eröffnet. Fernere Handelsgebäude sind: die Verkaufshalle (Comercial Hall). zu Erleichterung des Colonialhandels; Corn Exchange, New Corn Exchange, Exeterhalle u. m. a. Assecuranzen (2 privilegirte, sonst noch 12–16 private, für Waaren, Schiffe, Menschenleben), Handelsgesellschaften (Ostindische Compagnie, Südsee-, Levante-, Hudsonsbai-, Afrikanische, Häringsfischereigesellschaft u. m. dgl.) befördern den Handel; außerdem gibt es noch zahlreiche Assecuranzen aller Art, Feuerversicherungs-, Lebensversicherungsgesellschaften u. dgl Assecuranzen (s.d.). Das Postwesen ist in der höchsten Vollkommenheit, bes. ist die Stadtpost gut organisirt, s.u. Post. Bei diesem großen Verkehr sind Banquerote häufig, jedoch unter den großen City-Häusern nur höchst selten. Der Kleinhandel wird in ungemeiner Betriebsamkeit betrieben, die Lebensmittel u. dgl. werden auf Conventgarden u.a. Märkten sorgfältig arrangirt herausgestellt; die Fisch- u. Austerläden stehen geschmückt bis früh am Morgen offen, die Fleisch- u. Brodläden sind ausgeputzt, die Branntweinpaläste glänzen von Mahagoni u. Vergoldungen, die Kaufläden von Cornhill bis Charing Croß in Regents- u. New Bondstreet bieten geschmackvolle Ausstellungen von Shawls, Modestoffen, Gold- u. Silber-, Eisen- u. Stahlwaaren etc. Ausgezeichnet durch Eleganz sind die Magazine auf Piccadilly, Pall Mall, St. Jamesstreet, im ganzen nördlichen Westminster u. im Westend. Größere Verkaufsanstalten sind in den Bazars, großen Hallen, welche durch den Zusammentritt der verschiedensten Waarenhändler gebildet sind, wo Alles, was der Elegant wünscht, zu haben ist; die schönsten sind: Queens Bazar in Oxfordstreet, der Bazar auf Sohosquare, Western exchange, Bazar français, Horse Bazar. Die Arkaden, weniger elegant, als die Bazars, gleichen den französischen Passagen u. sind Durchgänge von einer Straße zur andern, dergleichen sind die Burlington Arcade in Piccadilly, 630 Fuß lang, mit 72 Läden, Lowther Arcade am Strand etc. Auch permanente [505] Ausstellungen von Kunst- u. Gewerbsgegenständen finden Statt, wo auch Erfindungen producirt werden, so das Polytechnische Institut, die Adelaidengallerie, die Nationalgallerie praktischer Wissenschaften. Der Buchhandel wird von mehr als 1000 wirklichen Buchhandlungen u. 700 Buchdruckereien betrieben; außerdem gibt es eine Menge Kunsthandlungen, über 6000 kleine Buch- u. Zeitungshandlungen, über 60 berühmte Lesebibliotheken. Periodische Schriften erscheinen gegen 200, worunter 71 Zeitungen, darunter die Times, Courier, Morning Chronicle, Morning Herald, Morning Post, Standard, Globe, Sun, Atlas, Examiner, Observer u. v. a. Literaturzeitungen hat L. drei, doch viele monatlich od. vierteljährig erscheinende Reviews u. Magazine.

Unter den öffentlichen Vergnügungen L-s nehmen die Theater eine bedeutende Stelle ein: Drurylane, nach der Straße Drurylane benannt, unter Jakob I. ein Schauplatz für Hahnenkämpfe, wurde 1662 erbaut, brannte 1672 ab, wurde wieder erbaut. 1754 u. 1762 vom Pöbel, weil französische Seiltänzer darin spielten u. die Preise erhöht waren, demolirt, von John Kemble 1788 umgebaut, brannte 1808 wieder ab, wurde 1812 neu errichtet, enthält die Statue Shakespeares im Porticus u. innen in einer Rotunde; es faßt 3611 Menschen; Coventgarden, auf dem gleichnamigen Markte, 1733 erbaut, 1763 vom Pöbel zerstört, weil kein halber Preis nach 9 Uhr mehr geduldet werden sollte; brannte 1808 ab, wurdewieder 1812 vom Pöbel wegen der höhern verlangten Preise demolirt, u. faßt 2200 Personen. Das Queenstheater (Italienische Oper), der Sammelplatz der großen u. eleganten Welt, 1700 gebaut, 1789 abgebrannt, 1820 in seinem jetzigen Bestand gebaut, es faßt auf 22 Parterrebänken u. 6 Reihen Logen 2000 Menschen. In diesen sämmtlichen drei Theatern, bes. aber in letzterem, erscheint man in dem ersten Range im Frack, auch wohl Schuhen u. Strümpfen, weißen Handschuhen u. mit schwarzen Hüten, die Damen im ausgesuchtesten Putz. Alle drei Theater spielen nur während der Season, wo die seine Gesellschaft in L. ist, von Februar bis Mitte August, u. heißen königliche Theater, ohne etwas mit dem Hofe zu thun zu haben. Das Theater beginnt um 7 Uhr u. endet nach Mitternacht, indem nach Beendigung des Hauptstücks noch ein kleineres, Ballet u. dgl. um halben Preis gegeben wird. Alle Theater haben Salons, wo Erfrischungen gegeben werden u. hier u. in den Gängen hinter den Logen ist der Tummelplatz der Phrynen erster Klasse. Theater zweiten Ranges sind: Das königliche Englische Opernhaus (Lyceum), 1830 abgebrannt, aber wieder gebaut; Haymarket (The little Theatre), nach der Straße benannt, 1821 in den jetzigen Stand gesetzt, u. bes. zu Lustspielen u. Vaudevilles bestimmt; es wird blos im Sommer gespielt; Cobourg Theatre, 1817 eröffnet, für Melodramen, Spectakelstücke u. Farcen, spielt blos im Sommer; das Adelphitheater, ein kleines Theater, 1802 für Burlesken u. Ballets gebaut, 1840 neu decorirt, gibt jetzt englische, italienische u. deutsche Stücke, faßt 600 Menschen; Royal Victoria Theatre, gibt Dramas u. Vaudevilles, Royal Fitzroy od. Queens Theatre, gibt Lustspiele u. Burlesken; The Royal Circus (Surreytheater), gibt Melodramen, Ballete u. equestrische Vorstellungen; Astleytheater (Royal Amphitheatre), nach seinem Besitzer Ph. Astley benannt, seit 1780 bestehend, gibt Melodramen, Pantomimen, Reiterkünste; hunderte von Reitern u. Menschen, Geschütze, wilde Thiere kommen hier aufs Theater; es wird nur während der Saison gespielt. Theater dritten Ranges sind: Pavillon Theatre, im Westend, gibt allerhand; meist für die niedere Klasse bestimmt, ebenso das Olympic Theatre, Royal Clarence Theatre, New Queen's Theatre, Dibdin's Sanssouci, London bridge Theatre, Ducrow Olympic Circle, Garricks Theatre, mehrere Liebhabertheater, so wie endlich viele Pennytheater, mit 1 Penny (8 Pfennige) Entree, für Handwerker u. die Proletarier, wo während der Vorstellung Bier u. Branntwein getrunken u. geraucht wird. Auch Concerte werden großentheils auf den Theatern gegeben, bes. im Italienischen Opernhaus, doch auch außerdem; in den Hannover Square Rooms u. in den Localen der Almacks geringer. Von anderen öffentlichen Vergnügungen bietet L. verhältnißmäßig wenig dar, zu Promenaden dienen die Parks u. einige Gärten, wie Kensington, für die nächsten Umwohner auch die Squares; unter den öffentlichen Gärten ist bes. der White conduit garden in Islington, zu Spiel u. Tanz, zu bemerken, das sonst so hochberühmte Vauxhall (s.d.) ist eingegangen; zahlreich sind noch die Tea gardens, in denen Leute vom niederen Mittelstande im Sommer Thee u. Kaffee trinken. Das Colosseum im Regentspark, 1827 für ein Panorama von L. erbaut, ist eine große Rotunde mit Glaskuppel, in dem untern Stock werden kleine Vorstellungen von Kunststücken u. dgl. gegeben; Dioramen sind im Regentspark, andere Panoramen, Mikrokosmen, Kosmoramen etc. an mehren Orten in Westend. Die Clubhouses sind Locale mit Journalen, Eß-, Spiel-, Billardsälen, Bibliothek, für geschlossene Gesellschaften, wo Unverheirathete oft den ganzen Tag zubringen. Die meisten Clubs liegen in Westminster od. in Westend, einer der berühmtesten ist Crockford's Clubb, bekannt durch hohes Spiel, höchsten Luxus u. gastronomische Genüsse; der Travellers Club (Club von Reisenden) ist auch für Fremde, bes. für Weitgereiste, offen; das Athenäum, zur Förderung des persönlichen Verkehrs zwischen Männern, wo man bes. Leute von wissenschaftlichen u. literärischen Kenntnissen, ausgezeichnete Künstler, so Beschützer der Wissenschaft, Kunst u. Literatur bekannt sind, findet; fremde literarische u. Kunstnotabilitäten werden hier u. in andern Clubs als Ehrenmitglieder für die Dauer ihres Aufenthalts aufgenommen. Oft sind solche Clubs nicht für besondere Stände, sondern für politische Nüancen gestiftet. So die Disscussion-Rooms, wo gebildete Männer aller Stände u. Nationen (also auch dem Fremden zugängig) zusammenkommen, um rauchend u. trinkend über politische Tagesgegenstände zu disputiren. Das Thema (Question) wird am Schaufenster des Clubhauses bekannt gemacht, dann Abends unter dem Präsidium des Chairman von dem Opener in einer Rede begründet, worauf die anderen Anwesenden sich für od. gegen aussprechen. Es gibt an 100 solcher Discussion-Rooms in L. in verschiedenen Theilen der Stadt u. für die verschiedenen politischen Parteien. Von den Gasthäusern in L. sind die größeren (Hotels, Family Hotels), bes. in Westend, sehr theuer (oft 25–30 Thlr. täglich für eine Person); doch logirt u. speist man in denselben[506] allerdings auch den Ansprüchen des höchsten Luxus entsprechend, es gibt deren 200; die Jnns od. Taverns sind etwas wohlfeiler, aber 7–8 Thlr. braucht man täglich doch, es sind deren gegen 700. Für Reisende des Mittelstandes sind die Boarding (Boarding and lodging houses), Häuser, welche zu Chambres garnies eingerichtet sind, wo man verhältnißmäßig wohlfeile Wohnung u. auch Hausmannskost nach englischer Weise haben kann. Kaffeehäuser (Coffeehouses) sind Logir-, Speise- u. Kaffeehäuser zugleich. Die Zimmer zur Unterhaltung sind außer einem breiten Gang in der Mitte, senkrecht auf diesem Gang, durch 8–10 hohe, gebohnte od. Mahagonywände in kleine Abtheilungen getheilt, in denen ein langer, viereckiger Tisch u. gepolsterte Bänke od. Stühle stehen, an welchen sich die zusammen ankommende Gesellschaft setzt, ohne von andern behelligt zu werden Journale findet man allenfalls, Billards höchst selten. Außerdem hat man noch Speisehäuser (Dining, Eating Rooms), eben so Souper Rooms, in großer Menge, wo man wie in den Kaffeehäusern zu Mittag speisen kann. Größere Kaffeehäuser u. Lesecabinete, in denen geraucht werden darf, sind die Cigars Divans, theils nach englischer, theils nach orientalischer Weise eingerichtet. Publichouses od. Ale-houses, unsern Bierhäusern ähnlich, doch das Parlour (Sprechzimmer) meist von der Einrichtung wie bei den Kaffeehäusern, gibt es in L. an 7000, in den bessern ist der Taproom, wo sich die ordinäre Gesellschaft aufhält, von dem Parlour, wo die bessere ist, geschieden; außen vor denselben, od. auch wohl im untern Stock, ist die Bar, wo das Volk abgefertigt u. der Handverkauf betrieben wird. Eben so finden sich viele Branntweinhäuser, oft palastartig gebaut u. auf das Eleganteste eingerichtet. Der Londoner, wie der Engländer liebt das Spiel ungemein, daher sind viele Spielhäuser, bes. in Westend, vorhanden, wo hohe Hazardspiele, obgleich das Spiel verboten ist, gespielt werden. Man klopft an ein solches, das Abends stets verschlossen ist, an u. wird dann eingelassen. Die Polizei fürchtet man nicht, da diese ohne besondere Veranlassung nicht in das Haus eines Engländers eindringen darf. Eins der elegantesten Spielhäuser ist der Piccadilly Saloon, wo die junge u. elegante Welt ißt, trinkt, spielt u. sich die schönen Phrynen betrachtet, die sehr zahlreich in diesem Saloon auf Abenteuer ausgehen; zwar geht es in dem Saloon selbst anständig zu, aber draußen warten Miethwagen, welche die Pärchen zu ihren Wohnungen bringen. Ungeheuer ist die Prostitution in L. Man rechnet über 30,000 Freudenmädchen, doch wenn man alle Unterhaltenen, Tänzerinnen, Schauspielerinnen etc. u. die verheiratheten Frauen, welche aus der Prostitution ein Gewerbe machen, mitzählt, so soll ihre Zahl wohl 60–80,000 betragen. Bordells sind nicht privilegirt, existiren aber doch; die Polizei kümmert sichauch nicht um die Gesundheit der Straßendirnen, welche daher schnell herabsinken, oft erkranken, u. von denen vielleicht ein Drittheil obdachlos bis zum Morgen umherirrt, od unter einem Vordache Schutz sucht. Auch der Bettler gibt es in L. sehr viele; doch ist das Bettlerunwesen seit Einführung einer reguläreren Polizei durch Rob. Peel nicht mehr so arg als früher. Fast den Bettlern gleichen die Straßenkehrer, die Herumträger, die Zettelträger u. dgl., auch die hessischen Vesenmädchen (Broom girls), bes. aus der Gegend von Butzbach, welche man in L. sehr häufig sieht u. die ihre Waaren verkaufen, hauptsächlich um zu betteln.

Für die Londoner wird es spät Tag. In der Zeit von 4–8 im Sommer schläft noch Alles, erst gegen 9 Uhr gehen od. fahren die Angestellten u. Comptoiristen in ihre Comptoirs, um 10 Uhr aber werden die Hauptstraßen erst lebendig, vom Mittag bis um 4 Uhr Nachmittags wird das Gewühl außerordentlich, bes. auf den Hauptstraßen, auf den zu ihnen u. den Brücken führenden Straßen u. auf den 4 in Southwark u. Lambeth. Außerordentlich groß ist aber das Gedränge der Wagen an Punkten, wo sich Hauptstraßen durchschneiden u. die Constablers haben alle Mühe dort die 40–50 Wagen, welche sich dort stopfen, friedlich auseinander zu wirren. Bes. sind die Omnibus, Hackney-coaches u. Cabs thätig. Dabei preisen Höcker u. Ausrufer Lebensmittel od. Waaren an, od. rufen irgend etwas aus, drücken Knaben dem Vorübereilenden Zettel, welche wieder Anpreisungen enthalten, in die Hände, fallen allenthalben Zettel aller Art, welche die Straßenecken mit ellenlangen Buchstaben bedecken, u. selbst auf eigenen vierseitigen, 12–16 Fuß hohen Karren, an welchen sie dicht an einander angeklebt sind, langsam herumgefahren werden in die Augen. In Westminster u. in Westend nimmt der Straßenlärm allmälig ab u. die fashionable Welt tritt gegen Mittag auf; Dandies u. Elegants flaniren von Laden zu Laden, bes. in St. Jamesstreet, Bondstreet, Pall Mall, Piccadilly u. Oxfordstreet, u. besehen die neuen Moden, auch die Vornehmsten trifft man hier zu Fuß, Damen aber mit einem Cortège von Herren, von Reitknechten in weiter Entfernung gefolgt, reiten vorbei u. Wagen mit Wappenschilden bedeckt eilen vorüber; die Parade der Garden zieht im St. Jamespark auf, u. hierauf sammelt sich die elegante Welt gegen 4 Uhr im Hydepark u. begibt sich um 6 Uhr od. später zum Diner, noch später aber ins Theater od. um Mitternacht in die Clubs, Routs od. Almacks, wo man bis gegen Morgen weilt u. erst um 2 od. 3 Uhr zu Bette geht. Aber nicht immer ist das Westende so belebt, nur während der Season, vom März bis August, ist Alles in L., die übrige Zeit, gerade die rauhe, bringt die hohe Aristokratie auf ihren Gütern zu. Die militärische Besatzung von L. besteht aus 3 Regimentern Fußgarde (zusammen 5000 Mann) u. 3 Regimentern Gardecavallerie (zusammen 1200 Mann), doch dürfen diese Truppen ohne besondere Erlaubniß des Lordmajors die City nicht betreten, auch außerhalb des Dienstes durchaus keine Waffen tragen. Außerdem gibt es noch ein Corps Yeomen of the Guard, 140 Mann stark, ein Überbleibsel königlicher Fußgarden des 16. Jahrh., deren Uniform sie noch tragen; 100 Mann versehen den Dienst im St. James Palast, 40 Mann sind im Tower casernirt.

L. soll nach der Sage 1108 v. Chr. erbaut u. vom britischen Lhong (Schiff) u. Dinas (Stadt), also Schiffsstadt, nach And. von Llhwn (Wald) od. Llyn (breite Wasserfläche) genannt worden sein. Zu der Römer Zeit hieß L. Londinum (Londinium), war eine Stadt der Cantier u. eine der bedeutendsten der Insel; Ammianus Marcellinus nennt sie Augusta Trinobantum u. schreibt sie den Trinobanten zu, also war sie schon damals auf beiden Ufern der Themse gebaut. Englische Antiquare[507] suchen die alte Stadt auf dem Platze vom Tower bis Wallbrock u. Ludgate u. von der Themse bis zum London Wall. Sie hob sich, obgleich sie keine römische Colonie war, bald zu einer blühenden u. volkreichen Handelsstadt, wurde aber bei dem Aufstande unter Boadicea gegen die Römer zerstört, aber wieder aufgebaut u. war unter Antoninus Pius wieder bedeutend, da sich hier alle durch die Insel gezogenen Straßen vereinigten; Constantin der Große umgab es mit Mauern, nach And. geschah dies erst unter dem Feldherrn Theodosius, welcher von L. aus alle seine Operationen auf der Insel begann. Nach der Einführung des Christenthums wurde L. Sitz eines Bischofs. Es gehörte unter die ersten Städte, welche Vortiger den Sachsen übergab. 449 setzten sich Hengist u. Horsa in den Besitz L-s. Zur Zeit der Heptarchie war L. Sitz der Könige von Essex. Im 9. Jahrh. wurde es von den Dänen zweimal genommen u. verherrt, u. deren König Swen vertrieb den englischen König Ethelred II. von hier. 884 eroberte es Alfred der Große wieder, erhob es zur Hauptstadt seines Reichs u. gab ihm große Freiheiten.1013 plünderten es die Dänen; 1016 nahm es Kanut, Sohn Alfreds, ein u. ließ sich 1018 daselbst krönen. Auch Wilhelm der Eroberer von der Normandie wurde 1066 in L. gekrönt u. er bestätigte 1067 in einem noch vorhandenen Freibriefe L. die Freiheiten, welche Alfred der Große gegeben hatte, u. baute 1078 den Tower u. residirte. dort; Wilhelm II. umgab den Tower 1099 mit Mauern. König Johann gab der Stadt 1210 die Grundzüge ihrer jetzigen Verfassung. In dem Streitzwischender Krone u. den Baronen stand L. auf der Seite der Letzteren, u. Johann mußte daher in der Magna Charta ausdrücklich versprechen der Stadt ihre Privilegien zu erhalten. Nach 1216 trat das Oberhaus in L. zum ersten Mal zusammen.11. Sept. 1217 Friede zu Lambeth zwischen König Heinrich III. u. dem Prinzen Ludwig von Frankreich, s.u. England (Gesch.) IX. A). 1258 große Hungersnoth u. 1264 Judenverfolgung zu L. Bei den Kämpfen der Rothen u. Weißen Rose nahm L. Theil für das Haus York. Am 7. Aug. 1514 ward hier ein Friedens- u. Freundschaftsvertrag zwischen Heinrich VIII. u. Ludwig XII. von Frankreich abgeschlossen. Von der Zeit der Reformation an wuchs L. außerordentlich, u. schon zu den Kriegen mit Spanien stellte L. 20,000 Mann u. rüstete 38 Kriegsschiffe aus; 7. Aug. 1641 wurde in Westminster Frieden mit den rebellischen Schotten geschlossen u. 1649 Karl I. hier hingerichtet. Am 15. April 1654 hier Abschluß des Friedens zwischen England u. der Niederlande, s. England (Gesch.) XI. B). Unter Karl II. (am 2. Sept. 1666) brannten über 13,000 Häuser ab. Mit der zunehmenden Macht Englands war L. oft der Sitz von Unterhandlungen, so 16. Jan.1756 Defensivbündniß zwischen England u. Preußen gegen Österreich u. Frankreich; 1793 Allianztractate Englands gegen Frankreich, 4. März mit Hannover, 25. März mit Rußland, 10. April mit Hessen, 30. August mit Österreich u. 26. September mit Portugal; der letzte wurde 22. October 1807 erneuert u. 14. Januar 1809 ein Subsidienvertrag mit Spanien abgeschlossen u. der Vertrag vom 6. Juli 1827 zwischen England, Frankreich u. Rußland, wodurch dieselben sich verpflichteten, den Frieden zwischen den Türken u. Griechen herzustellen. Vom 1. Novbr. 1830 bis 15. Febr. 1831 wurden hier die Londoner Conferenzen zwischen den Gesandten der Großmächte u. der Niederlande wegen der Lostrennung Belgiens von Holland gehalten (s. Belgien, Gesch VI. u. VII.). Den 7. Mai 1832 Vertrag zwischen England, Frankreich, Rußland u. Baiern über die Thronfolge des neuerrichteten Königreichs Griechenland. Den 22. April 1834 Quadruplevertrag zwischen England, Frankreich, Spanien u. Portugal die Herstellung der Ruhe in Spanien u. Portugal betreffend (wo Don Carlos u. Don Miguel von der Thronfolge ausgeschlossen wurden). Den 19. April 1839 Friede zwischen Belgien u. Holland, welchem die Großmächte beitraten u. wo die Trennung Belgiens von den Niederlanden angenommen wurde. Julivertrag (am 15. Juli 1840) zwischen den Großmächten England, Rußland, Österreich u. Preußen u. der Pforte wegen Pacification des Orients, s.u. Ägypten (Gesch.) IX. Den 13. Juli 1841 Vertrag zwischen den Großmächten England, Rußland, Frankreich, Österreich u. Preußen die Dardanellensperre betreffend; 17. Nov. 1843 Conferenzprotokoll wegen Anerkennung der Integrität u. wegen Erhaltung des Türkischen Reichs durch die drei Schutzmächte; 21. Mai 1847 Unterzeichnung des Protokolls der vier Mächte England, Frankreich, Spanien u. Portugal über die Anwendung der Bestimmungender Quadruplealliance vom 22. April 1834; seit Juni 1859 Conferenzen zwischen den Großmächten, Dänemark u. Schweden wegen Dänemark u. der Herzogthümer Schleswig u. Holstein; 8. Juli u. 2. Aug. durch die Bevollmächtigten Englands, Rußlands u. Frankreichs Unterzeichnung der Protokolle in dieser Angelegenheit, denen dann Österreich beitrat, s. Dänemark (Gesch.) IV. B). Am 20. Aug. 1846 wurde hier der große Evangelische Bund (s.d. 2) gestiftet. Im Juli 1851 hielt der Friedenscongreß seine Versammlung in Exeterhall; vom 1. Mai bis 15. Oct. 1851 war die Weltausstellung (s. Industrieausstellung) in dem Glaspalaste, welcher nachher in Sydenham für eine permanente Ausstellung aufgestellt wurde (s. Krystallpalast); 8. Mai 1852 Unterzeichnung des Protokolls über die dänische Thronfolge durch die Bevollmächtigten der Großmächte, u. am 10. April 1854 Unterzeichnung eines Offensiv- u. Defensiv-Alliancevertrags zwischen England u. Frankreich. Vgl. London, Lpz. 1812–14, 5 Hfte., Fol.; L. zu Anfang des Jahres 1817, ebd. 1817; L. u. seine Bewohner, aus dem Französischen von H. Döring, Weim. 1818, 2 Thle.; L. wie es ist, aus dem Englischen, Lpz. 1826; Allen, History of L., Lond. 1829, 4 Bde.; A. Jäger, Neuestes Gemälde von L., Hamb. 1839, 2 Bde.; J. F. Neigebauer u. E. A. Moriarty, London, ein Handbuch für Reisende, Lpz. 1843; Cruchley, Picture of L.; Lond. 1851; Seyffarth, Führer durch L. u. Umgegend, Lpz. 1851; Illustrirter Londonführer, Lpz. 1851; Thimm's London, Lond. 1856; Plan von L., von Heck, Lpz. 1851.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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